1. Ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­ner Neu­wa­gen (hier: ein VW Cad­dy) ist i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB man­gel­haft. Denn zum ei­nen weist das Fahr­zeug kei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei ver­gleich­ba­ren Fahr­zeu­gen üb­lich ist und die der Käu­fer er­war­ten kann. Viel­mehr ist es bei ver­gleich­ba­ren Fahr­zeu­gen an­de­rer Her­stel­ler nicht be­kann­ter­ma­ßen üb­lich, dass ei­ne Soft­ware zum Ein­satz kommt, die für ei­ne Ver­rin­ge­rung der Stick­oxid­emis­sio­nen sorgt, so­bald das Fahr­zeug auf ei­nem Prüf­stand ei­nem Emis­si­ons­test un­ter­zo­gen wird (im An­schluss an LG Braun­schweig, Urt. v. 12.10.2016 – 4 O 202/16). Zum an­de­ren eig­net sich ein vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nes Fahr­zeug nicht zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung, da es zwin­gend um­ge­rüs­tet wer­den muss, um kei­ne Nach­tei­le bis hin zum Ver­lust der all­ge­mei­nen Be­triebs­er­laub­nis zu er­lei­den (im An­schluss an LG Ol­den­burg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16).
  2. Die Pflicht­ver­let­zung des Ver­käu­fers, die in der Lie­fe­rung ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs liegt, ist nicht un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB, wenn und so­lan­ge nicht aus­ge­schlos­sen ist, dass der Markt ei­nem vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeug ei­nen ge­rin­ge­ren Wert bei­misst als ei­nem ver­gleich­ba­ren nicht vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeug (Ri­si­ko des mer­kan­ti­len Min­der­werts).
  3. Hin­sicht­lich ei­nes vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fe­nen Fahr­zeugs ist ei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung von mehr als zwei Mo­na­ten an­ge­mes­sen. Dar­an än­dert nichts, dass ei­ne Viel­zahl an Fahr­zeu­gen be­trof­fen ist. Denn zum ei­nen er­for­dert die Nach­bes­se­rung ei­nes ein­zel­nen Fahr­zeugs – wie die Volks­wa­gen AG gel­tend macht – nur ei­nen ge­rin­gen Zeit- und Kos­ten­auf­wand, und zum an­de­ren steht der Mas­se an be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen ei­ne enor­me In­fra­struk­tur der Volks­wa­gen AG ge­gen­über.

LG Re­gens­burg, Ur­teil vom 15.12.2016 – 1 O 638/16

Sach­ver­halt: Der Klä­ger ver­langt die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­tra­ges.

Er kauf­te von der Be­klag­ten mit Ver­trag vom 20.03.2014 ei­nen Neu­wa­gen (VW Cad­dy Soc­cer Trend­li­ne) zum Preis von 20.050,05 €. Den Kauf­preis be­glich der Klä­ger in vol­ler Hö­he, als ihm das Fahr­zeug im Ju­ni 2014 über­ge­ben wur­de.

Der Mo­tor des Pkw ist mit ei­nem Die­sel­mo­tor vom Typ EA189 aus­ge­stat­tet. In dem Fahr­zeug kommt ei­ne so­ge­nann­te Ab­schalt­soft­ware zum Ein­satz, die er­kennt, ob sich das Fahr­zeug auf dem Prüf­stand be­fin­det, und in die­sem Fall den Aus­stoß von Stick­oxi­den re­du­ziert. Im Stra­ßen­be­trieb ist der Aus­stoß von Stick­oxi­den des­halb hö­her als auf dem Prüf­stand und ins­be­son­de­re hö­her als die vom Her­stel­ler an­ge­ge­ben.

Der Klä­ger sieht dar­in ei­nen Man­gel und for­der­te die Be­klag­te mit An­walts­schrei­ben vom 11.12.2015 auf, die­sen Man­gel bis zum 05.01.2016 zu be­sei­ti­gen. Mit Schrei­ben vom 22.12.2015 lehn­te die Be­klag­te ei­ne Nach­bes­se­rung bis zum 05.01.2016 ab. Ei­ne Nach­bes­se­rung ist bis­lang nicht er­folgt.

Mit an­walt­li­chen Schrei­ben vom 25.02.2016 er­klär­te der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Be­klag­te auf, ihm den Kauf­preis Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Fahr­zeugs zu­rück­zu­zah­len. Die Be­klag­te lehn­te ei­ne Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges mit Schrei­ben vom 02.03.2016 ab.

Der Klä­ger meint, dass er der Be­klag­ten kei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ha­be set­zen müs­sen, weil – so be­haup­tet er – ei­ne Nach­bes­se­rung un­mög­lich sei. Je­den­falls aber sei es ihm un­zu­mut­bar, ei­ne tech­ni­sche Über­ar­bei­tung sei­nes Fahr­zeugs im Rah­men der ge­plan­ten und be­reits an­ge­lau­fe­nen Rück­ruf­ak­ti­on der Volks­wa­gen AG ab­zu­war­ten. Au­ßer­dem, so be­haup­tet der Klä­ger wei­ter, sei bei ei­nem Wei­ter­ver­kauf des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs mit ho­hen fi­nan­zi­el­len Ein­bu­ßen zu rech­nen, weil der VW Cad­dy vom VW-Ab­gas­skan­dal be­trof­fen sei.

Die Kla­ge hat­te weit über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Dem Klä­ger steht ge­gen­über der Be­klag­ten ein An­spruch auf Zah­lung von 19.211,96 € Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs VW Cad­dy ge­mäß §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I, 346 BGB zu. Im Üb­ri­gen war die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

1. Die Par­tei­en ha­ben im März 2014 ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen VW Cad­dy zum Kauf­preis von 20.050,05 € ge­schlos­sen. Wenn der Klä­ger ei­nen hö­he­ren Kauf­preis, näm­lich 23.140,89 € an­gibt, ist zu be­ach­ten, dass der Sach­vor­trag der Par­tei im Zu­sam­men­hang mit dem an­ge­bo­te­nen Be­weis (An­la­ge K 2) zu se­hen ist, aus dem sich ein­deu­tig ein Kauf­preis in Hö­he von 20.050,05 € er­gibt. Die Kla­ge­for­de­rung ist da­her, so­weit sie den Be­trag von 20.050,05 € über­steigt, wi­der­sprüch­lich und da­her un­schlüs­sig.

In Hö­he von 20.050,05 € ab­züg­lich des Er­sat­zes für die vom Klä­ger ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen ist die Kla­ge aber schlüs­sig und be­grün­det. Der Klä­ger ist wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten. Ge­mäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2 Fall 1, 323 BGB kann der Käu­fer vom Kauf­ver­trag durch Er­klä­rung zu­rück­tre­ten, wenn die Kauf­sa­che man­gel­haft ist, dem Ver­käu­fer ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt wur­de und es sich nicht um ei­nen un­er­heb­li­chen Man­gel han­delt. Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen im hier streit­ge­gen­ständ­li­chen Fall vor.

2. Die im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug in­stal­lier­te Soft­ware zur Be­ein­flus­sung der Schad­stoff­emis­si­on im Test­be­trieb stellt ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar.

Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist der Kauf­ge­gen­stand frei von Sach­män­geln, wenn er sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, wel­che bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Die im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ein­ge­bau­te Ab­schalt­soft­ware ist kei­ne Be­schaf­fen­heit, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach Art der Sa­che auch er­war­ten kann. Die In­stal­la­ti­on und Ver­wen­dung ei­ner so­ge­nann­ten Ab­schalt­soft­ware ist bei Fahr­zeu­gen an­de­rer Her­stel­ler in ei­ner ver­gleich­ba­ren Fahr­zeug­klas­se je­den­falls nicht be­kann­ter­ma­ßen üb­lich (so auch LG Braun­schweig, Urt. v. 12.10.2016 – 4 O 202/16). Auch er­war­tet ein Durch­schnitts­käu­fer nicht, dass die ge­setz­lich vor­ge­ge­be­nen Ab­gas­wer­te nur des­halb ein­ge­hal­ten und ent­spre­chend at­tes­tiert wer­den, weil ei­ne Soft­ware in­stal­liert wor­den ist, die da­für sorgt, dass der Prüf­stand­lauf er­kannt und über ent­spre­chen­de Pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rung in ge­setz­lich un­zu­läs­si­ger Wei­se ins­be­son­de­re der Stick­oxid­aus­stoß re­du­ziert wird. In­so­weit re­sul­tiert die Man­gel­haf­tig­keit nicht et­wa dar­aus, dass die un­ter La­bor­be­din­gun­gen ge­mes­se­nen Wer­te im all­täg­li­chen Stra­ßen­ver­kehr nicht ein­ge­hal­ten wer­den. Denn für den Klä­ger als Käu­fer und Er­klä­rungs­emp­fän­ger war er­kenn­bar, dass die An­ga­ben zum Schad­stoff­aus­stoß auf ei­ner ob­jek­ti­vie­ren­den Grund­la­ge be­ru­hen und nicht den Ab­gas­wer­ten im rea­len Fahr­be­trieb ent­spre­chen wer­den. Die Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs ba­siert viel­mehr dar­auf, dass der Mo­tor die Vor­ga­ben im Prüf­stand­lauf nur auf­grund der ma­ni­pu­lier­ten Soft­ware ein­hält (LG Müns­ter, Urt. v. 14.03.2016 – 11 O 341/15; LG Ol­den­burg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16).

Auch eig­net sich das Fahr­zeug nicht zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung. Zwar ist der Be­klag­ten­sei­te zu­zu­ge­ste­hen, dass der Klä­ger der­zeit das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug un­ein­ge­schränkt nut­zen kann. Al­ler­dings muss das Fahr­zeug un­strit­tig im Rah­men ei­ner Rück­ruf­ak­ti­on um­ge­rüs­tet wer­den, um mit­tel­fris­tig kei­ne Nach­tei­le, wie Pro­ble­me bei der Ein­fahrt in Um­welt­zo­nen, steu­er­li­che Nach­tei­le oder gar den Ver­lust der all­ge­mei­nen Be­triebs­er­laub­nis, zu er­lei­den. Wenn es dem Klä­ger al­so nicht frei­steht; dem Rück­ruf sei­nes Fahr­zeugs Fol­ge zu leis­ten und des­sen Zu­las­sung im Stra­ßen­ver­kehr zu er­hal­ten, dann kann nicht von ei­ner ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dungs­mög­lich­keit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs aus­ge­gan­gen wer­den (LG Ol­den­burg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16).

3. Der Klä­ger hat der Be­klag­ten auch ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­mäß § 323 I BGB ge­setzt, so­dass es auf die Fra­ge, ob ei­ne Nach­er­fül­lung über­haupt mög­lich und ei­ne Frist­set­zung ge­mäß § 326 V BGB ent­behr­lich ist, nicht an­kommt.

Ei­ne Frist­set­zung war auch nicht ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB ent­behr­lich, weil dem Klä­ger die ihm zu­ste­hen­de Art der Nach­er­fül­lung, so­weit die­se mög­lich ist, zu­zu­mu­ten ist. Zwar hat die Be­klag­te den Klä­ger arg­lis­tig ge­täuscht. Al­ler­dings führt nicht je­de arg­lis­ti­ge Täu­schung zwangs­wei­se zu ei­nem voll­stän­di­gen Ver­trau­ens­ver­lust auf Käu­fer­sei­te (BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371 Rn. 18). Ei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung durch den Ver­käu­fer liegt vor, wenn die­ser Vor­satz in Be­zug auf die Un­kennt­nis des Käu­fers vom Man­gel und des­sen an­der­wei­ti­ge Dis­po­si­ti­on bei Kennt­nis des Man­gels ge­habt hat. Da­bei ist aus­rei­chend, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel nur für mög­lich hält. Da­mit lässt sich auch dann Arg­list be­ja­hen, wenn die Be­klag­te ihr Vor­ge­hen für recht­mä­ßig er­ach­tet hat. Die Be­klag­te nahm bil­li­gend in Kauf, dass der Käu­fer den Man­gel über­sieht und den Ver­trag in Kennt­nis des Man­gels nicht ge­schlos­sen hät­te. Den­noch kann nicht von ei­nem voll­stän­di­gen Ver­trau­ens­ver­lust auf Klä­ger­sei­te aus­ge­gan­gen wer­den. Denn durch die Täu­schung mag der Klä­ger An­lass ha­ben, nicht mehr den Ver­kaufs­ar­gu­men­ten der Be­klag­ten hin­sicht­lich Ver­brauch oder Schad­stoff­aus­stoß zu trau­en; dies führt aber nicht da­zu, dass der Klä­ger nicht mehr an ei­ne ord­nungs­ge­mä­ße Nach­er­fül­lung durch die Be­klag­te glau­ben kann.

Der Be­klag­ten zu­zu­ge­ben ist, dass die Frist­set­zung aus dem Schrei­ben des Klä­ger­ver­tre­ters vom 11.12.2015 bis zum 05.01.2016 auch ge­ra­de im Hin­blick auf die an­ste­hen­den Fei­er­ta­ge und den Jah­res­wech­sel als zu kurz und da­her nicht an­ge­mes­sen an­zu­se­hen ist. Setzt der Käu­fer ei­ne zu kur­ze Nach­er­fül­lungs­frist, läuft al­ler­dings au­to­ma­tisch ei­ne ob­jek­tiv an­ge­mes­se­ne Frist. Da­für, dass der Klä­ger bei der Frist­set­zung un­red­lich ver­fah­ren ist, so­dass die Frist­set­zung als Gan­zes un­wirk­sam ist, hat die Be­klag­te kei­ne Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen. Ge­ra­de vor dem Hin­ter­grund, dass die Be­klag­te den ge­rin­gen Nach­er­fül­lungs­auf­wand im­mer wie­der be­tont hat, ist ei­ne Nach­frist­set­zung von mehr als drei Wo­chen nicht als rechts­miss­bräuch­lich an­zu­se­hen.

Ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist ist zum Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung am 25.02.2016 be­reits ab­ge­lau­fen ge­we­sen.

Bei der Be­stim­mung der An­ge­mes­sen­heit der Frist­set­zung ist auf den Sinn und Zweck der Frist­set­zung ab­zu­stel­len. Die Frist soll dem Schuld­ner ei­ne letz­te Ge­le­gen­heit zur Ver­trags­er­fül­lung er­öff­nen. Für ei­ne län­ge­re Nach­er­fül­lungs­frist zu­guns­ten der Be­klag­ten spricht, dass ei­ne Viel­zahl an Fahr­zeu­gen be­trof­fen ist, so­dass ei­ne ge­wis­se Ko­or­di­na­ti­on der Nach­er­fül­lungs­leis­tun­gen er­for­der­lich ist. Zu­dem ist die Rück­ruf­ak­ti­on von der be­hörd­li­chen Mit­wir­kung des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes ab­hän­gig. Doch wie auch schon von der Volks­wa­gen AG vor­ge­tra­gen, ist der Auf­wand der Man­gel­be­sei­ti­gung im Ein­zel­nen we­der lang­wie­rig noch teu­er. Dann kann aber die Viel­zahl der be­trof­fe­nen Fahr­zeu­ge nicht sehr ins Ge­wicht fal­len, denn der Mas­se an be­trof­fe­nen Fahr­zeu­gen steht ei­ne enor­me In­fra­struk­tur an Ver­trags­händ­lern, tech­ni­schem Per­so­nal und Res­sour­cen auf­sei­ten der Volks­wa­gen AG ge­gen­über. Da­mit scheint ei­ne Nach­er­fül­lungs­frist von über zwei Mo­na­ten an­ge­mes­sen.

4. Das Rück­tritts­recht des Klä­gers ist auch nicht ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen, da der vor­lie­gen­de Man­gel nicht un­er­heb­lich ist.

Ge­mäß § 323 V 2 BGB ist der Rück­tritt aus­ge­schlos­sen, wenn der Schuld­ner ei­ne Schlecht­leis­tung er­bracht hat, die Pflicht­ver­let­zung je­doch un­er­heb­lich ist. Be­weis­be­las­tet hier­für ist die Be­klag­te als Rück­tritts­geg­ne­rin (MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl. [2016], § 323 Rn. 254).

Ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung er­gibt sich aus ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf Grund­la­ge der Um­stän­de des Ein­zel­falls.

Für die Be­klag­te spricht, un­ter­stellt man ihr Vor­brin­gen als rich­tig, dass der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand im Ver­hält­nis zum Kauf­preis sehr ge­ring ist. Nimmt man mit der Be­klag­ten an, der Man­gel sei be­heb­bar und in we­ni­ger als ei­ner Stun­de zu Kos­ten un­ter 100 € zu be­sei­ti­gen, lä­ge der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand bei ge­ra­de ein­mal 0,5 % des Kauf­prei­ses. Bei ei­nem be­heb­ba­ren Man­gel geht die Recht­spre­chung je­den­falls dann von ei­ner Un­er­heb­lich­keit nicht mehr aus, wenn der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand ei­nen Be­trag von 5 % des Kauf­prei­ses über­steigt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VI­II ZR 94/13 Rn. 30). Da­mit lä­ge im vor­lie­gen­den Fall nur ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung vor. Trotz­dem war über den Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand kein Be­weis zu er­he­ben, da es für die Be­ant­wor­tung der Fra­ge nach der Er­heb­lich­keit nicht al­lein auf das Ver­hält­nis des Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wands zum Kauf­preis an­kommt, son­dern viel­mehr ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung sämt­li­cher Um­stän­de des Ein­zel­falls durch­zu­füh­ren ist. Die­se er­gibt aber im Er­geb­nis, dass der Man­gel er­heb­lich ist.

Ge­gen die Be­klag­te spricht näm­lich, dass die­se den Klä­ger bei Ver­trags­schluss arg­lis­tig ge­täuscht hat. Bei Arg­list ist ei­ne un­er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung in der Re­gel aber zu ver­nei­nen. Zu­dem ist nicht si­cher, ob die ge­plan­ten tech­ni­schen Maß­nah­men den Man­gel tat­säch­lich be­sei­ti­gen und sich nicht an­der­wei­tig ne­ga­tiv auf Schad­stoff­aus­stoß, Leis­tung oder Fahr­ver­hal­ten aus­wir­ken. Es ist nicht nach­zu­voll­zie­hen, wie durch ei­nen solch ge­rin­gen Auf­wand der Man­gel be­ho­ben wer­den soll und da­bei kei­ner­lei Nach­tei­le bei Leis­tung, Kraft­stoff­ver­brauch oder CO2-Emis­si­on ent­ste­hen. Wa­re ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gung so ein­fach mög­lich, fragt sich, war­um dann der Ein­satz rechts­wid­ri­ger Soft­ware an­fangs von­nö­ten ge­we­sen ist.

Un­ab­seh­bar für den Klä­ger ist eben­falls, ob und in wel­chem Um­fang sich auf­grund des Man­gels ein mer­kan­ti­ler Min­der­wert rea­li­sie­ren wird. Der „Ab­gas­skan­dal“ ist Ge­gen­stand um­fas­sen­der Me­di­en­be­richt­er­stat­tung. Es ist da­her nicht aus­ge­schlos­sen, dass sich Me­di­en­be­rich­te ne­ga­tiv auf den Wert des Fahr­zeugs aus­wir­ken. Be­reits die Ge­fahr ei­nes blei­ben­den mer­kan­ti­len Min­der­werts führt da­zu, dass von ei­ner un­er­heb­li­chen Pflicht­ver­let­zung nicht mehr aus­ge­gan­gen wer­den kann.

5. Mit dem Schrei­ben vom 25.02.2016 hat der Klä­ger den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag wirk­sam er­klärt (§ 349 BGB).

6. Al­ler­dings war vom zu­rück­zu­ge­wäh­ren­den Kauf­preis in Hö­he von 20.050,05 € noch der Er­satz für die vom Klä­ger ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen in Hö­he von 838,09 € in Ab­zug zu brin­gen. Der Klä­ger hat da­mit le­dig­lich ei­nen An­spruch auf Zah­lung von 19.211,96 €.

Ge­mäß § 346 I BGB sind in­fol­ge des Rück­tritts die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen zu­rück­zu­ge­wäh­ren und die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen her­aus­zu­ge­ben. Die Be­klag­te muss da­her den er­lang­ten Kauf­preis in Hö­he von 20.050,05 € Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs zu­rück­zah­len. Von die­sem Be­trag ist al­ler­dings der Wert­er­satz­an­spruch für die Nut­zung des Fahr­zeugs ge­mäß § 346 II 1 Nr. 1 BGB ab­zu­zie­hen. Bei­de For­de­run­gen wer­den oh­ne Wei­te­res sal­diert, ei­ner Auf­rech­nung be­darf es hier­für nicht. Die Hö­he des Wert­er­satz­an­spru­ches wird an­hand des Brut­to­kauf­prei­ses, der ge­fah­re­nen Ki­lo­me­ter und der zu er­war­ten­den Rest­lauf­leis­tung auf Grund­la­ge li­nea­rer Wert­min­de­rung er­mit­telt (MünchKomm-BGB/Gai­er, 7. Aufl. [2016], § 346 Rn. 27). Der Klä­ger ist mit dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug un­strit­tig 10.450 km seit Über­ga­be ge­fah­ren. Zu­dem ist bei dem Fahr­zeug mit ei­ner Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km zu rech­nen. Da­mit er­gibt sich ein Nut­zungs­vor­teil, der mit 838,09 € zu er­set­zen ist

\left({\frac{\text{20.050,05 € (Brut­to­kauf­preis)}\times\text{10.400 km (ge­fah­re­ne Ki­lo­me­ter)}}{\text{250.000 km (er­war­te­te Ge­samt­lauf­leis­tung)}}}\right).

Dem Klä­ger steht da­nach ein Kauf­preis­rück­zah­lungs­an­spruch in Hö­he von 19.211,96 € zu. Im Üb­ri­gen war die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus §§ 346 I, IV, 280 I, II, 286 I, II Nr. 3, 288 I BGB. Die Be­klag­te be­fin­det sich seit dem 03.03.2016 ge­mäß §§ 298, 293 BGB in An­nah­me­ver­zug. Es kann da­hin­ge­stellt blei­ben, ob der Klä­ger der Be­klag­ten die Leis­tung so, wie sie ge­schul­det ist, am 25.02.2016 an­ge­bo­ten hat. Denn ein wört­li­ches An­ge­bot der Leis­tung ge­mäß § 295 BGB ist ent­behr­lich, wenn der Gläu­bi­ger er­ken­nen lässt, dass er un­ter kei­nen Um­stän­den be­reit ist, die Leis­tung an­zu­neh­men (vgl. BGH, Urt. v. 09.10.2000 – II ZR 75/99). Die Be­klag­te hat mit Schrei­ben vom 02.03.2016 jeg­li­che Rück­ab­wick­lung des Ver­tra­ges ab­ge­lehnt und den Klä­ger auf die Rück­ruf­ak­ti­on ver­wie­sen. Die Be­klag­te be­fin­det sich da­her seit 03.03.2016 in An­nah­me­ver­zug.

III. Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist be­grün­det. Die Be­klag­te be­fin­det sich seit dem 03.03.2016 ge­mäß §§ 298, 293 BGB in An­nah­me­ver­zug. Der Klä­ger hat auch ein In­ter­es­se an der Fest­stel­lung ge­mäß § 256 ZPO, weil die­se der er­leich­ter­ten Voll­stre­ckung des gel­tend ge­mach­ten Leis­tungs­an­spruchs dient und hier­zu er­for­der­lich ist (§ 756 ZPO; vgl. BGH, Urt. v. 13.12.2001 – VII ZR 27/00, ju­ris Rn. 27).

IV. Der Klä­ger hat – man­gels nach­ge­wie­se­ner Zah­lung an sei­nen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten – auch ei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von vor­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten in Hö­he von 1.171,67 € ge­mäß §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 3, 280 I, 249 I, 325 BGB

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