1. Ein ver­stän­di­ger Neu­wa­gen­käu­fer weiß zwar, dass der tat­säch­li­che Kraft­stoff­ver­brauch ei­nes Fahr­zeugs von zahl­rei­chen Ein­flüs­sen – ins­be­son­de­re von der in­di­vi­du­el­len Fahr­wei­se – ab­hängt und des­halb nicht mit dem vom Her­stel­ler an­ge­ge­be­nen Kraft­stoff­ver­brauch gleich­ge­setzt wer­den darf. Er darf je­doch i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB i. V. mit § 434 I 3 BGB er­war­ten, dass sich die vom Her­stel­ler an­ge­ge­be­nen Ver­brauchs­wer­te un­ter Test­be­din­gun­gen re­pro­du­zie­ren las­sen.
  2. Weicht der un­ter Test­be­din­gun­gen er­mit­tel­te „kom­bi­nier­te“ Kraft­stoff­ver­brauch ei­nes Neu­wa­gens um mehr als zehn Pro­zent zum Nach­teil des Käu­fers vom an­ge­ge­be­nen „kom­bi­nier­ten“ Ver­brauch ab, liegt ein er­heb­li­cher Man­gel vor, der den Käu­fer grund­sätz­lich zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt.

LG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 30.08.2016 – 15 O 425/13

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin er­warb von der Be­klag­ten, ei­ner ge­werb­li­chen Kfz-Händ­le­rin, am 03.04.2013 ei­nen Neu­wa­gen (Kia cee’d) zum Preis von 15.990,01 €. Das Fahr­zeug wur­de der Klä­ge­rin noch am sel­ben Ta­ge über­ge­ben. Sei­nen Kraft­stoff­ver­brauch gibt die Fahr­zeug­her­stel­le­rin wie folgt an:

Kraft­stoff­ver­brauch (l/100 km)
in­ner­orts au­ßer­orts kom­bi­niert
7,2 5,1 5,8

Die Klä­ge­rin be­haup­te­te in der Fol­ge­zeit, das Fahr­zeug ver­brau­che mehr Kraft­stoff als an­ge­ge­ben. Sie for­der­te die Be­klag­te des­halb mit Schrei­ben vom 13.08.2013 zur Nach­er­fül­lung auf und setz­te ihr hier­für – er­folg­los – ei­ne Frist bis zum 28.08.2013.

Am 11.09.2013 führ­te ein Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten mit der Klä­ge­rin ei­ne zwei­ein­halb­stün­di­ge Test­fahrt durch. Da­bei wur­den ins­ge­samt nur 114 Ki­lo­me­ter zu­rück­legt, aber nied­ri­ge­re Ver­brauchs­wer­te er­zielt, als sie die Klä­ge­rin in der Ver­gan­gen­heit er­zielt hat­te.

Am 17.09.2013 be­auf­trag­te die Klä­ge­rin ih­re spä­te­ren Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten mit der Durch­set­zung ih­rer Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­gen­über der Be­klag­ten. Die Rechts­an­wäl­te der Klä­ge­rin er­klär­ten mit Schrei­ben vom 18.09.2013 den Rück­tritt der Klä­ge­rin vom Kauf­ver­trag und for­der­ten die Be­klag­te – er­folg­los – zur Rück­ab­wick­lung die­ses Ver­trags bis zum 10.10.2013 auf.

Die Klä­ge­rin be­haup­tet, der Kraft­stoff­ver­brauch ha­be in den ers­ten Mo­na­ten nach der Fahr­zeug­über­ga­be cir­ca 11,5 l/100 km be­tra­gen und sei in der Fol­ge­zeit kon­stant bei et­wa 8,3 l/100 km ge­blie­ben. Durch­schnitt­lich ver­brau­che das Fahr­zeug des­halb mehr als acht Li­ter Kraft­stoff auf 100 Ki­lo­me­ter, so­dass der Kraft­stoff­ver­brauch den sei­tens der Fahr­zeug­her­stel­le­rin an­ge­ge­be­nen Ver­brauch um mehr als zehn Pro­zent über­schrei­te.

Im Ein­zel­nen will die Klä­ge­rin den Kraft­stoff­ver­brauch ih­res Fahr­zeugs wie folgt er­mit­telt ha­ben:

05.06.2013 205 km 18,80 l rei­ne Au­to­bahn­fahrt
13.06.2013 264 km 23,64 l  
13.07.2013 520 km 43,28 l  
14.07.2013 bis 05.08.2013 603 km 53,88 l  
12.08.2013 455 km 37,70 l  
02.09.2013 762 km 44,51 l  
07.09.2013 570 km 43,87 l  
09.09.2013 99 km 8,47 l  
11.09.2013 54 km 9,30 l  
14.09.2013 103 km 7,80 l oh­ne Kli­ma­an­la­ge

Über­dies be­haup­tet die Klä­ge­rin, sie ha­be Mit­te Ok­to­ber und im No­vem­ber 2013 wei­te­re Män­gel be­merkt; na­ment­lich sei­en wäh­rend der Fahrt das Ra­dio, die Frei­sprech­an­la­ge und das Na­vi­ga­ti­ons­ge­rät kurz­fris­tig aus­ge­fal­len.

Über die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses hin­aus ver­langt die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten die Zah­lung von 3.374,68 €. Die­ser Be­trag setzt sich wie folgt zu­sam­men:

Fahrt­kos­ten/scha­dens­be­ding­ter Mehr­auf­wand 247,20 €
Mehr­kos­ten durch über­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauch + 1.296,00 €
Kos­ten für ei­ne Achs­ver­mes­sung + 187,00 €
Kos­ten für Win­ter­rei­fen + 564,48 €
Auf­wands­ent­schä­di­gung + 1.080,00 €
Sum­me 3.374,68 €

Die Klä­ge­rin be­haup­tet, für Fahr­ten zur Be­klag­ten, die we­gen der In­stal­la­ti­on ei­ner neu­en Tem­po­mat­soft­ware und we­gen des de­fek­ten Na­vi­ga­ti­ons­ge­räts er­for­der­lich ge­we­sen sei­en, ha­be sie Kos­ten von ins­ge­samt 76,80 € auf­wen­den müs­sen. Die am 11.09.2013 un­ter­nom­me­ne Test­fahrt (114 km) ha­be Kos­ten von 64,80 € ver­ur­sacht. Im Zu­sam­men­hang mit der Achs­ver­mes­sung sei­en ihr – der Klä­ge­rin – Fahrt­kos­ten von 48 € ent­stan­den, und mit den Fahr­ten zum ge­richt­li­chen Sach­ver­stän­di­gen sei­en Kos­ten von 57,60 € ver­bun­den ge­we­sen. Die Fahrt­kos­ten hat die Klä­ge­rin je­weils auf der Grund­la­ge von 0,40 €/km be­rech­net.

Sie meint, für ih­ren Zeit­auf­wand in Hö­he von ins­ge­samt et­wa 27 Stun­den ste­he ihr ei­ne Ent­schä­di­gung von 40 € pro Stun­de zu, so­dass sie von der Be­klag­ten ins­ge­samt ei­ne Ent­schä­di­gung von 1.080 € ver­lan­gen kön­ne. Au­ßer­dem macht die Klä­ge­rin gel­tend, dass ihr an­ge­sichts ei­nes Kraft­stoff­mehr­ver­brauchs von rund 2,7 l/100 km in den letz­ten 30 Mo­na­ten, in de­nen sie rund 30.000 Ki­lo­me­ter zu­rück­ge­legt ha­be, bei ei­nem Kraft­stoff­preis von durch­schnitt­lich 1,60 €/l ein Scha­den von 1.296 € ent­stan­den sei.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: I. 1. Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten Rück­zah­lung von 12.045,81 € Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs aus §§ 346 I, 433, 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 440 BGB ver­lan­gen.

a) Das ge­setz­li­che Rück­tritts­recht folgt dar­aus, dass dem von der Klä­ge­rin ge­kauf­ten Pkw ei­ne Be­schaf­fen­heit ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB und § 434 I 3 BGB fehlt, die die Klä­ge­rin nach den Her­stel­ler­an­ga­ben er­war­ten darf.

Auch wenn die Par­tei­en die An­ga­ben des Her­stel­ler­pro­spekts nicht als Be­schaf­fen­heit i. S. von § 434 I 1 BGB ver­ein­bart ha­ben, sind die im Her­stel­ler­pro­spekt ent­hal­te­nen An­ga­ben zu dem Kraft­stoff­ver­brauch des Neu­fahr­zeugs zu­min­dest öf­fent­li­che Äu­ße­run­gen mit der Fol­ge, dass die ge­wöhn­li­che Be­schaf­fen­heit des Wa­gens i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB durch die­se An­ga­ben be­stimmt wird (vgl. nur LG Bo­chum, Urt. v. 12.04.2012 – 4 O 250/10, BeckRS 2012, 16579).

Aus dem Pro­spekt er­gibt sich, dass das Fahr­zeug nach dem dort be­schrie­be­nen Ver­fah­ren 5,8 Li­ter kom­bi­niert bzw. 7,2 Li­ter in­ner­orts und 5,1 Li­ter au­ßer­orts auf 100 Ki­lo­me­ter ver­brau­chen soll. Dar­aus folgt zwar nicht zwangs­läu­fig ei­ne Soll-Be­schaf­fen­heit in dem Sin­ne, dass die­se Ver­brauchs­wer­te im All­tags­ge­brauch des kon­kret er­wor­be­nen Fahr­zeugs er­reicht wer­den müss­ten. Denn – wor­auf auch die Be­klag­te ab­hebt – ein ver­stän­di­ger Käu­fer weiß, dass die tat­säch­li­chen Ver­brauchs­wer­te von zahl­rei­chen Ein­flüs­sen und der in­di­vi­du­el­len Fahr­wei­se des Nut­zers ab­hän­gen und des­halb nicht mit den Pro­spekt­an­ga­ben gleich­ge­setzt wer­den dür­fen, die auf ei­nem stan­dar­di­sier­ten Mess­ver­fah­ren be­ru­hen. Der Käu­fer kann je­doch er­war­ten, dass die im Pro­spekt an­ge­ge­be­nen Wer­te un­ter Test­be­din­gun­gen re­pro­du­zier­bar sind (vgl. zum Gan­zen nur OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, ju­ris Rn. 36 f.).

Dies ist bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug nach der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me zur Über­zeu­gung des Ge­richts nicht der Fall (§ 286 ZPO). Der zum Sach­ver­stän­di­gen be­stell­te Dipl.-Ing. G hat zu­sam­men mit ei­nem TÜV-Sach­ver­stän­di­gen den Kraft­stoff­ver­brauch des Fahr­zeugs auf ei­nem Test­ge­län­de auf der Grund­la­ge der ein­schlä­gi­gen eu­ro­päi­schen Vor­ga­ben über­prüft. Da­bei ha­ben die Sach­ver­stän­di­gen, bei­de be­ruf­lich re­gel­mä­ßig mit der Durch­füh­rung von Ver­brauchs­tests be­fasst, sämt­li­che er­for­der­li­chen Er­he­bun­gen ein­schließ­lich der Er­mitt­lung des Roll­wi­der­stands bei ei­nem Aus­roll­ver­such so­wie ei­ner Prüf­stand­mes­sung bei vor­he­ri­ger Achs­ver­mes­sung durch­ge­führt und sind bei der la­bor­tech­ni­schen Un­ter­su­chung zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass das Fahr­zeug in­ner­orts 9,4 Li­ter an­statt 7,2 Li­ter – da­mit 30,5 % mehr –, au­ßer­orts 5,9 Li­ter an­statt 5,1 Li­ter – das heißt 15,7 % mehr – und kom­bi­niert 7,2 Li­ter an­statt 5,8 Li­ter – da­her 24,1 % mehr – ver­braucht.

Die­ses Gut­ach­ten und ins­be­son­de­re den La­bor­be­richt hat der Sach­ver­stän­di­ge auf die Ein­wen­dun­gen der Be­klag­ten hin in der Sit­zung vom 16.06.2016 noch­mals aus­führ­lich er­läu­tert. Da­bei hat er sich mit sämt­li­chen be­klag­ten­seits er­ho­be­nen Ein­wen­dun­gen, un­ter an­de­rem zum Ein­fluss der Be­rei­fung, zum War­tungs­zu­stand und zu der Lauf­leis­tung, aus­führ­lich aus­ein­an­der­ge­setzt und die­se – nach sorg­fäl­ti­ger Ter­mins­vor­be­rei­tung und vor­he­ri­ger Rück­spra­che mit dem wei­te­ren Sach­ver­stän­di­gen – je­weils nach­voll­zieh­bar ent­kräf­tet und da­bei si­gni­fi­kan­te Ab­wei­chun­gen aus tech­nisch-sach­ver­stän­di­ger Sicht de­fi­ni­tiv aus­ge­schlos­sen. Ins­be­son­de­re wa­ren der War­tungs­zu­stand des Fahr­zeugs nicht zu be­an­stan­den, sämt­li­che War­tungs­in­ter­val­le ein­ge­hal­ten und die Be­rei­fung we­der un­zu­läs­sig noch von re­le­van­tem ne­ga­ti­vem Ein­fluss. Dies be­trifft nach den sach­ver­stän­di­gen Aus­füh­run­gen aus­drück­lich auch et­was brei­te­re Rei­fen mit grö­ße­ren Quer­schnitts­ver­hält­nis­sen und hö­he­rer Walk­ar­beit. Im Üb­ri­gen ha­be der Prü­fer, der das Fahr­zeug zu dem Ge­län­de über­führt hat – oh­ne be­reits wei­ter­ge­hen­de Prü­fun­gen vor­ge­nom­men zu ha­ben –, den Ein­druck ge­won­nen, dass das Fahr­zeug et­was „trä­ger“ er­schei­ne als ver­gleich­ba­re Fahr­zeu­ge. Auch sämt­li­che Un­wäg­bar­kei­ten zu­guns­ten der Be­klag­ten un­ter­stellt, sei­en aus sach­ver­stän­di­ger Sicht kei­ne für die Be­klag­te güns­ti­ge­ren Ver­brauchs­wer­te dis­ku­ta­bel. Die­sen sorg­fäl­ti­gen und nach­voll­zieh­ba­ren Aus­füh­run­gen des in die­sem Be­reich er­fah­re­nen Sach­ver­stän­di­gen schließt sich das Ge­richt nach ei­ge­ner Prü­fung an, und hier­ge­gen hat nach­fol­gend auch kei­ne der Par­tei­en – we­der im Ter­min noch in­ner­halb der nach­ge­las­se­nen Schrift­satz­frist – Ein­wen­dun­gen er­ho­ben.

b) Nach die­sem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me steht au­ßer­dem fest, dass die Aus­lie­fe­rung des Klä­ger­fahr­zeugs mit den er­höh­ten Ver­brauchs­wer­ten ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung i. S. von § 323 V 2 BGB dar­stellt, die die Klä­ge­rin zum Rück­tritt be­rech­tigt.

Ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung ist re­gel­mä­ßig dann an­zu­neh­men, wenn der im Ver­kaufs­pro­spekt an­ge­ge­be­ne kom­bi­nier­te Ver­brauchs­wert – wie hier – um mehr als zehn Pro­zent über­schrit­ten wird (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VI­II ZR 19/05, NJW 2007, 2111 Rn. 3 f.; OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, ju­ris Rn. 50; Urt. v. 09.06.2011 – I-28 U 12/11, ju­ris Rn. 7; OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 22.12.2011 – 25 U 162/10, ju­ris Rn. 49; vgl. auch OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 18.08.2008 – I-1 U 238/07, ju­ris R. 38 ff., das bei Neu­fahr­zeu­gen be­reits ei­ne Ab­wei­chung von 8 % als nicht mehr to­le­ra­bel an­sieht). Die Gren­ze von zehn Pro­zent ist nach der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung ei­ner­seits prak­ti­ka­bel, sie trägt an­de­rer­seits der in Zei­ten stei­gen­der Kraft­stoff­prei­se, er­höh­ten Um­welt­be­wusst­seins und des ho­hen tech­ni­schen Stan­dards der heu­ti­gen Au­to­pro­duk­ti­on ver­stärk­ten Be­deu­tung des Kraft­stoff­ver­brauchs Rech­nung, oh­ne all­zu klein­li­chen Ge­währ­leis­tungs­wün­schen der Käu­fer­sei­te Vor­schub zu leis­ten (BGH, Urt. v. 18.06.1997 – VI­II ZR 52/96, NJW 1997, 2590, 2591).

c) Der Rück­tritt ist von den Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten der Klä­ge­rin mit Schrift­satz vom 18.09.2013 ge­mäß § 349 BGB nach er­folg­lo­ser vor­he­ri­ger Frist­set­zung ge­gen­über der Be­klag­ten wirk­sam er­klärt wor­den.

d) Hin­sicht­lich des von der Be­klag­ten zu­rück­zu­zah­len­den Kauf­prei­ses von 15.990,01 € ist ge­mäß § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB ein Ab­zug vor­zu­neh­men, in­dem die Klä­ge­rin ei­ne Ent­schä­di­gung für die bis­he­ri­ge Nut­zung zu leis­ten hat. Das Ge­richt be­rech­net den Ge­brauchs­vor­teil nach der ver­brei­te­ten For­mel

{\frac{\text{Kauf­preis}\times\text{zu­rück­ge­leg­te Fahr­stre­cke}}{\text{vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung}}}

(vgl. nur statt vie­ler OLG Ko­blenz, Urt. v. 16.04.2009 – 6 U 574/08, ju­ris Rn. 39 f.). [Die vor­aus­sicht­li­che Ge­samt­lauf­leis­tung] schätzt das Ge­richt (§ 287 ZPO) bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­dell mit 150.000 km (vgl. auch OLG Ko­blenz, Urt. v. 16.04.2009 – 6 U 574/08, ju­ris Rn. 45). Bei rund 37.000 ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern er­rech­net sich da­mit ein Ab­zug von … von 3.944,20 €, ins­ge­samt ein Rück­zah­lungs­be­trag von (15.990,01 € − 3.944,20 € =) 12.045,81 €.

e) Wei­ter­ge­hen­de Ab­zü­ge von dem von der Be­klag­ten zu­rück­zu­er­stat­ten­den Kauf­preis sind nicht vor­zu­neh­men.

So­weit die Be­klag­te erst­ma­lig mit Schrift­satz vom 03.08.2016 ei­ne wei­te­re Auf­rech­nung we­gen an­geb­li­cher Schä­den des Fahr­zeugs … in Hö­he von ins­ge­samt 695 € er­klärt, ist die­ses Vor­brin­gen … au­ßer­halb der münd­li­chen Ver­hand­lung ver­spä­tet und recht­fer­tigt de­ren Wie­der­er­öff­nung nicht (§§ 296a, 156 ZPO). … Un­ge­ach­tet des­sen ist auch nicht hin­rei­chend dar­ge­tan, in­wie­weit es sich bei den Krat­zern an Schei­ben und Fel­gen tat­säch­lich um der Klä­ge­rin an­zu­las­ten­de Schä­den und nicht nur – wie von ihr … gel­tend ge­macht – um blo­ße Ge­brauchs­spu­ren han­delt, und ob und in­wie­weit sie nur ei­nen be­haup­te­ter­ma­ßen un­voll­stän­di­gen Schlüs­sel­satz vor­hal­ten soll und die Schließ­an­la­ge des­halb zu er­neu­ern ist. An hin­rei­chen­den dies­be­züg­li­chen Be­weis­an­trit­ten fehlt es über­dies.

2. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te au­ßer­dem ei­nen wei­te­ren Zah­lungs­an­spruch in Hö­he von ins­ge­samt 1.405,74 €.

a) Als Kos­ten für den Ben­zin­mehr­ver­brauch kann die Klä­ge­rin un­ter dem Ge­sichts­punkt des Scha­dens­er­sat­zes ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, § 280 I BGB ei­nen Be­trag von 751,10 € be­an­spru­chen. Wei­ter­ge­hen­de Schä­den durch er­höh­ten Ben­zin­ver­brauch sind je­doch nicht dar­ge­legt.

Nach den sach­ver­stän­di­gen Fest­stel­lun­gen ist bei dem maß­geb­li­chen kom­bi­nier­ten Ver­brauch von ei­nem Mehr­ver­brauch von 1,4 l/100 km aus­zu­ge­hen. In­so­weit schätzt das Ge­richt den durch­schnitt­li­chen Ben­zin­preis über den mehr als drei­jäh­ri­gen Zeit­raum un­ter Be­rück­sich­ti­gung ver­schie­de­ner Preis­schwan­kun­gen an­hand der jähr­li­chen Ben­zin­preis­sta­tis­ti­ken – die für das Jahr 2013 ei­nen Preis von rund 1,60 €/l aus­wei­sen, wäh­rend der Preis für das Jahr 2015 bei 1,39 €/l und in die­sem Jahr bis­lang durch­schnitt­lich bei 1,27 €/l lag – auf ins­ge­samt rund 1,45 €/l, oh­ne dass die Klä­ge­rin in­so­weit zur hin­rei­chen­den Dar­le­gung ih­res Scha­dens für den ge­sam­ten Zeit­raum sämt­li­che Tan­k­quit­tun­gen vor­le­gen müss­te. Dass die Klä­ge­rin mit dem Fahr­zeug in­zwi­schen be­reits rund 37.000 km zu­rück­ge­legt hat, ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig. Da­her er­gibt sich ein Ge­samt­be­trag von (37.000 km : 100 × 1,45 € × 1,4 l =) 751,10 €.

b) Dar­über hin­aus kann die Klä­ge­rin als Scha­dens­er­satz we­gen der ab­ge­lehn­ten Nach­bes­se­rung und des be­rech­tig­ten Rück­tritts die durch die vor­ge­leg­ten Rech­nun­gen be­leg­ten und un­be­strit­ten ge­blie­be­nen Kos­ten der Achs­ver­mes­sung von ins­ge­samt 187 € von der Be­klag­ten ver­lan­gen.

c) Auch hat die Klä­ge­rin ei­nen An­spruch auf Er­stat­tung der von ihr im Ein­zel­nen für je­de Fahrt mit dem Zweck und der kon­kre­ten Ent­fer­nung sub­stan­zi­iert dar­ge­leg­ten und er­for­der­lich ge­wor­de­nen Fahrt­kos­ten in Hö­he von 185,40 €. Die­se hat die Be­klag­te bis zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung gar nicht und nach­fol­gend über­dies nicht mit der er­for­der­li­chen Sub­stanz be­strit­ten. Das Ge­richt setzt al­ler­dings bei sei­ner Schät­zung ei­nen auch an­der­wei­tig ge­bräuch­li­chen Ki­lo­me­ter­be­trag von 0,30 € an (618 km × 0,30 € = 185,40 €).

d) We­gen der An­schaf­fung der Win­ter­rei­fen für 564,48 € im Lau­fe des Jah­res 2013 kann die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 2, § 284 BGB die Er­stat­tung ver­geb­li­cher Auf­wen­dun­gen in Hö­he von 282,24 € ver­lan­gen.

Die­se sind je­doch nur er­stat­tungs­fä­hig, so­weit sie tat­säch­lich ver­geb­lich wa­ren, das heißt ei­ne Nut­zungs­mög­lich­keit we­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs an den Ver­käu­fer vor der an­zu­neh­men­den Rest­lauf­zeit auf­ge­ho­ben ist oder ein vom Käu­fer an­ge­schaff­tes Zu­be­hör­teil von ihm nicht be­stim­mungs­ge­mäß ge­nutzt wer­den kann. Der Er­satz­an­spruch ist da­her um die Dau­er der Nut­zung der In­ves­ti­tio­nen zu kür­zen (vgl. zum Gan­zen nur OLG Dres­den, Urt. v. 23.02.2012 – 10 U 916/11, BeckRS 2013, 01701, das die üb­li­che Nut­zungs­dau­er in dem Fall bei der Nut­zung über vier Win­ter­pe­ri­oden be­reits als weit­ge­hend er­reicht an­ge­se­hen hat). Auch nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen des Vor­teils­aus­gleichs min­dert sich der Er­satz­an­spruch durch die Nut­zung bis zur Rück­ga­be (vgl. nur Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 74. Aufl., § 284 Rn. 5).

Aus­ge­rich­tet an die­sen Grund­sät­zen be­steht ein An­spruch der Klä­ge­rin, die zwar kei­nen Be­leg für den Kauf vor­ge­legt hat, die je­doch zu dem Kauf eben­so wie der feh­len­den Ver­wen­dungs­mög­lich­keit für ein Er­satz­fahr­zeug un­be­strit­ten vor­ge­tra­gen hat. Da die Rei­fen in­des nach ih­ren ei­ge­nen An­ga­ben be­reits seit 2013 – und da­mit über drei Win­ter – in Be­nut­zung sind und das Fahr­zeug in­zwi­schen ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von rund 37.000 km auf­weist, ist der An­spruch um die Hälf­te zu kür­zen.

e) Ein zu­sätz­li­cher An­spruch der Klä­ge­rin ge­gen die Be­klag­te auf Zah­lung von 1.080 € we­gen ei­nes Zeit­auf­wands von 27 Stun­den bei ei­nem Stun­den­satz von 40 € we­gen der durch­ge­führ­ten Fahr­ten be­steht da­hin­ge­gen nicht.

Nutz­los auf­ge­wand­te Zeit ist grund­sätz­lich nicht zu er­set­zen (OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 18.08.2008 – I-1 U 238/07, ju­ris Rn. 59). In­so­weit fehlt es hier auch an der hin­rei­chen­den Dar­le­gung ei­nes Scha­dens. Dass der Klä­ge­rin er­stat­tungs­fä­hi­ger Ge­winn ent­gan­gen wä­re oder sie fest­stell­ba­re zu er­stat­ten­de ei­ge­ne Ar­beits­leis­tun­gen mit ei­nem Markt­wert er­bracht hät­te (vgl. auch Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 249 Rn. 67 f.), ist nicht vor­ge­tra­gen oder an­der­wei­tig er­sicht­lich, wie es auch sonst dies­be­züg­lich an hin­rei­chen­den Grund­la­gen auch für ei­ne Schät­zung, zu­mal für ei­nen Stun­den­satz von 40 €, gänz­lich man­gelt.

3. Der An­spruch auf Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten … folgt eben­so wie der Zins­an­spruch in Hö­he der be­rech­tig­ten Haupt­for­de­rung un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­zugs aus §§ 280 I, II, 286 I 1 und 288 I BGB.

Das Fest­stel­lungs­be­geh­ren ist im Hin­blick auf die Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung ge­mäß § 756 I, § 765 Nr. 1 ZPO ge­recht­fer­tigt. Die Be­klag­te be­fand sich in­fol­ge der er­folg­lo­sen Nach­bes­se­rungs­auf­for­de­rung nach der Lie­fe­rung ei­nes man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs auch in An­nah­me­ver­zug. …

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