Ein durch­schnitt­lich in­for­mier­ter und ver­stän­di­ger Au­to­käu­fer er­war­tet von ei­nem Fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung be­rech­tig­ter­wei­se, dass es fa­brik­neu ist. Dar­an fehlt es ins­be­son­de­re, wenn zwi­schen Her­stel­lung des Fahr­zeugs und Ab­schluss des Kauf­ver­trags mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160).

LG Ber­lin, Ur­teil vom 31.07.2014 – 5 O 90/13

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te nach ei­nem Ver­kaufs­ge­spräch am 23.11.2012 bei der Be­klag­ten, die ge­werb­lich mit Fahr­zeu­gen han­delt, ei­nen Pkw Chev­ro­let Or­lan­do 1.8 zu ei­nem Kauf­preis von 19.850 € brut­to (inkl. Über­füh­rungs­kos­ten).

Bei dem Ver­kaufs­ge­spräch wur­de dem Klä­ger un­ter an­de­rem ein Fly­er zu dem Fahr­zeug, der spä­ter als An­la­ge zum Be­stell­for­mu­lar ge­nom­men wur­de, vor­ge­legt. Der Fahr­zeug­brief und das zum Fahr­zeug ge­hö­ren­de Ser­vice­heft wur­den dem Klä­ger nicht ge­zeigt.

Bei dem be­stell­ten Fahr­zeug han­delt es sich nach dem Be­stell­for­mu­lar um ein EU-Im­port-Fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung und Her­stel­ler­ga­ran­tie. Sei­ne Aus­stat­tung er­gibt sich aus dem als An­la­ge zur Be­stel­lung ge­nom­me­nen Fly­er; als Son­der­aus­stat­tung wur­den un­ter an­de­rem ein Satz Win­ter­rei­fen so­wie ei­ne Frei­sprech­ein­rich­tung be­stellt.

Der Klä­ger leis­te­te auf den ver­ein­bar­ten Kauf­preis von 19.850 € ei­ne An­zah­lung von 14.000 € und hol­te das be­stell­te Fahr­zeug am 29.11.2012 bei der Be­klag­ten ab. Bei Über­ga­be wies das Fahr­zeug ei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung von 104 km auf. Aus der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I, die der Klä­ger er­hielt, er­gab sich, dass es be­reits am 19.04.2011 erst­mals zu­ge­las­sen wor­den war. Der Klä­ger wand­te sich des­halb zu­nächst an ei­nen Chev­ro­let-Händ­ler, der ihm an­hand der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­ka­ti­ons­num­mer die Aus­kunft gab, dass es sich um ein am 16.12.2010 in Deutsch­land ge­bau­tes Fahr­zeug han­de­le, das zu­nächst an ei­nen drit­ten Händ­ler aus­ge­lie­fert wor­den sei.

Der Klä­ger be­auf­trag­te dar­auf­hin die Rechts­an­wäl­te R, die mit Schrei­ben vom 10.12.2012 ge­gen­über der Be­klag­ten die An­fech­tung we­gen Arg­list und hilfs­wei­se we­gen Irr­tums er­klär­ten. Die Be­klag­te wies die An­fech­tung un­ter dem 13.12.2012 man­gels Voll­machts­vor­la­ge zu­rück.

Mit Schrei­ben vom 28.01.2013 er­klär­ten die jet­zi­gen Pro­zess­be­voIl­mäch­tig­ten des Klä­gers ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt des Klä­gers vom Kfz-Kauf­ver­trag we­gen ei­nes Sach­man­gels und setz­ten der Be­klag­ten – er­folg­los – ei­ne Frist zur Rück­ab­wick­lung bis zum 04.02.2013.

Die im We­sent­li­chen auf Rück­zah­lung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung re­du­zier­ten Kauf­prei­ses ge­rich­te­te Kla­ge hat­te größ­ten­teils Er­folg. Die Wi­der­kla­ge, mit der die Be­klag­te haupt­säch­lich die Ver­ur­tei­lung des Klä­gers zur Zah­lung wei­te­rer 5.850 € er­rei­chen woll­te, war dem­ge­gen­über er­folg­los.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger kann ge­mäß §§ 434, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323 BGB von der Be­klag­ten die Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags und da­mit Rück­zah­lung des ge­zahl­ten Kauf­prei­ses ab­züg­lich ge­zo­ge­ner Nut­zun­gen, Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des ge­kauf­ten Pkw, ver­lan­gen.

1. Der Klä­ger konn­te mit Schrei­ben sei­ner Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 28.01.2013 wirk­sam den Rück­tritt von dem mit der Be­klag­ten un­ter dem 23.11.2012 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag er­klä­ren. Der Kauf­ver­trag war zu die­sem Zeit­punkt nicht in­fol­ge der mit Schrei­ben der ehe­ma­li­gen Rechts­an­wäl­te des Klä­gers vom 10.12.2012 er­klär­ten An­fech­tung nich­tig ge­mäß §§ 123, 119, 142 BGB, weil die Be­klag­te die An­fech­tung man­gels Voll­machts­vor­la­ge zu­rück­ge­wie­sen hat (§ 174 BGB).

2. Das Fahr­zeug ist man­gel­haft i. S. des § 434 I 1 BGB. Das Fahr­zeug weist nicht die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit ei­ner „Ta­ges­zu­las­sung“ auf und ist nicht „neu­wer­tig“. Die­ses stellt ei­nen er­heb­li­cher Sach­man­gel i. S. des § 434 I BGB dar.

Ge­gen­stand des Kauf­ver­trags vom 23.11.2012 war die „Be­stel­lung für ein EU-Im­port­fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung“. Bei ei­nem Fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung ist es üb­lich, dass das Fahr­zeug in sei­ner Be­schaf­fen­heit fa­brik­neu ist (Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl., Rn. 640; BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04, NJW 2005, 1422, 1423).

Ein un­be­nutz­tes Kraft­fahr­zeug ist re­gel­mä­ßig noch fa­brik­neu, wenn und so­lan­ge das Mo­dell die­ses Fahr­zeugs un­ver­än­dert wei­ter­ge­baut wird, und wenn zwi­schen Her­stel­lung des Fahr­zeugs und Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen (BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160).

Bei ei­ner Stand­zeit von zwölf Mo­na­ten sind min­des­tens 10 % der mut­maß­li­chen Nut­zungs­dau­er ei­nes Pkw be­reits er­reicht. Der Wert­ver­lust ei­nes Pkw be­ruht zu je 50 % auf dem Al­ter und der bis­he­ri­gen Lauf­leis­tung. Ei­ne La­ger­zeit von mehr als zwölf Mo­na­ten be­sei­tigt da­her die Fa­brik­neu­heit, da im Hin­blick auf den Al­te­rungs­pro­zess und die da­mit be­ding­ten Be­gleit­erschei­nun­gen wie Ma­te­ri­al­er­mü­dung, Oxi­da­ti­on und an­de­re phy­si­ka­li­sche Ver­än­de­run­gen ei­ne lan­ge Stand­dau­er für ei­nen Neu­wa­gen­käu­fer ein wert­min­dern­der Fak­tor ist.

Der die­ser Ent­schei­dung des BGH zu­grun­de lie­gen­de tra­gen­de Ge­dan­ke der Fa­brik­neu­heit ist auf die Be­zeich­nung „EU-Im­port­fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung“ über­trag­bar. Ta­ges­zu­las­sun­gen sind ei­ne be­son­de­re Form des Neu­wa­gen­ge­schäfts. Ab­zu­stel­len ist auf den durch­schnitt­lich in­for­mier­ten und ver­stän­di­gen Au­to­käu­fer, der bei dem Be­griff „Ta­ges­zu­las­sung“ er­war­tet, auch in die­sem Fall ein fa­brik­neu­es Fahr­zeug zu er­wer­ben (BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04, NJW 2005, 1422, 1423).

Die kurz­fris­ti­ge Zu­las­sung auf den Händ­ler dient, an­ders als bei so­ge­nann­ten Vor­führ­wa­gen, nicht der Nut­zung des Fahr­zeugs, son­dern der Stei­ge­rung der Ab­nah­me­men­gen. Das ist dem po­ten­zi­el­len Au­to­käu­fer be­wusst, der weiß, dass ei­ne Ta­ges­zu­las­sung aus den ge­nann­ten Grün­den nur rein for­mal er­folgt, oh­ne dass sich die Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs als Neu­fahr­zeug da­durch än­dert, es ins­be­son­de­re nicht be­nutzt wor­den ist (BGH, Urt. v. 13.01.2000 – I ZR 253/97, NJW 2000, 2821 [un­ter II 2b aa]). Ein Käu­fer, der ein Fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung und da­mit als „fa­brik­neu“ kauft, geht da­von aus, dass die­ser Pkw nicht mit wert­min­dern­den Fak­to­ren wie ei­ner lan­gen Stand­zeit be­haf­tet ist, die sei­ne Ei­gen­schaft als „Neu­wa­gen“ be­ein­träch­ti­gen.

So ver­hält es sich hier. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wur­de am 16.12.2010 in Deutsch­land her­ge­stellt, am 19.04.2011 er­folg­te die Erst­zu­las­sung. Letzt­lich ver­kauft und dem Klä­ger über­ge­ben wur­de das Fahr­zeug dann En­de No­vem­ber 2012. Da­mit la­gen zwi­schen der Her­stel­lung und dem Kauf­ver­trags­schluss 23 Mo­na­te. Mit der Stand­zeit von 23 Mo­na­ten geht auch ei­ne Ver­kür­zung der Her­stel­ler­ga­ran­ti­en um 19 Mo­na­te ein­her. Die durch die Erst­zu­las­sung am 19.04.2011 be­ding­te Ver­kür­zung wä­re dann nicht von we­sent­li­cher Be­deu­tung, wenn der Ver­kauf kur­ze Zeit nach der Erst­zu­las­sung er­folgt wä­re, sich al­so auf nur we­ni­ge Ta­ge be­schränkt und die Her­stel­ler­ga­ran­tie um nicht mehr als zwei Wo­chen ver­kürzt hät­te, was hier nicht der Fall ist.

Zu­dem be­wirbt die Be­klag­te selbst auf ih­rer In­ter­net­sei­te … die von ihr an­ge­bo­te­nen Im­port­fahr­zeu­ge als Neu­fahr­zeu­ge. Die­ses ist in­so­weit zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig.

Auch das als An­la­ge K 1 ein­ge­reich­te For­mu­lar – „Be­stel­lung für ein EU-Im­port­fahr­zeug“ – lässt den Rück­schluss dar­auf zu, dass ein so­ge­nann­tes Neu­fahr­zeug be­stellt wird. Dem Klä­ger wur­de dort ein „Im­port­fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung“ an­ge­bo­ten. Als Lie­fer­ter­min (lt. Her­stel­ler­an­ga­ben) wur­de „schnellst­mög­lich in­klu­si­ve Über­füh­rungs­kos­ten“ ver­ein­bart, so als wür­de das Fahr­zeug di­rekt vom Her­stel­ler be­zo­gen. Der Kauf­preis wur­de als „Son­der­preis“ aus­ge­wie­sen, sug­ge­rier­te al­so, ge­gen­über dem in der An­la­ge zu Be­stel­lung an­ge­ge­be­nen un­ver­bind­li­chen Preis des Her­stel­lers mit cir­ca 23.250 € (Neu­fahr­zeug­preis) be­son­ders güns­tig zu sein …

3. Die Rech­te des Klä­gers sind auch nicht ge­mäß § 442 I 1 BGB aus­ge­schlos­sen. Die Be­klag­te hat nicht un­ter Be­weis­an­tritt dar­le­gen kön­nen, dass der Klä­ger das Da­tum der Erst­zu­las­sung be­reits bei Ver­trags­schluss kann­te. So­weit die Be­klag­te be­haup­tet, der Zeu­ge Z ha­be dem Klä­ger be­reits vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung ge­ge­ben und die­ser ha­be „die Da­ten durch­ge­le­sen“ bzw. „durch­le­sen kön­nen“ (Schrift­satz vom 25.04.2013, S. 4), so stellt die­ses ei­ne rei­ne Ver­mu­tung der Kennt­nis­nah­me dar. Da­für, dass der Klä­ger das Da­tum tat­säch­lich auch zur Kennt­nis ge­nom­men ha­ben soll, trägt der Be­klag­te kei­ne An­halts­punk­te vor. Folg­lich hät­te die Be­klag­te sich an­ge­sichts der Be­deu­tung die­ser Ei­gen­schaft des Kauf­ge­gen­stands ver­ge­wis­sern müs­sen, dass der Klä­ger das Zu­las­sungs­da­tum tat­säch­lich auch zur Kennt­nis ge­nom­men hat und die­ses nicht (grob) fahr­läs­sig un­ter­blie­ben ist. Da die Be­klag­te die­ses un­ter­las­sen hat, hat sie als Ver­käu­fe­rin die­sen Man­gel dann arg­lis­tig ver­schwie­gen (§ 442 I 2 BGB).

4. Das Fahr­zeug hat­te mehr als ei­nen Vor­haf­ter bzw. -be­sit­zer, was als wei­te­rer Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB an­zu­se­hen ist.

Zu der Eig­nung zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung ge­hört ei­nem Fahr­zeug grund­sätz­lich auch die An­zahl der Vor­be­sit­zer (Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 71. Aufl., § 434 Rn. 29). Die An­ga­be über Vor­be­sit­zer ist ein sol­cher für den Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens we­sent­li­cher Um­stand, wenn der Ver­käu­fer das Fahr­zeug selbst – wie hier – kurz zu­vor von ei­nem Zwi­schen­händ­ler er­wor­ben hat. In ei­nem sol­chen Fall ist der Ver­käu­fer zur Auf­klä­rung ver­pflich­tet, denn oh­ne ei­nen ent­spre­chen­den Hin­weis geht der Käu­fer da­von aus, dass der Ver­trags­part­ner das Fahr­zeug von dem­je­ni­gen über­nom­men hat, der als letz­ter Hal­ter in dem Kraft­fahr­zeug­brief ein­ge­tra­gen ist (BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VI­II ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 16; OLG Bre­men, Urt. v. 08.10.2003 – 1 U 40/03, NJW 2003, 3713 f.).

5. Ei­ne Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung durch Nach­bes­se­rung be­durf­te es nicht, weil der Man­gel bzw. die Män­gel vor­lie­gend nicht­be­heb­bar sind (§ 326 V BGB). Durch ei­ne Nach­bes­se­rung lässt sich der Cha­rak­ter des Fahr­zeugs nicht kor­ri­gie­ren. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wird nicht mehr zum Neu­wa­gen. Die in der Lie­fe­rung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung ist schließ­lich nicht un­er­heb­lich, so­dass dem Rück­tritt auch nicht § 323 V 2 BGB ent­ge­gen­steht.

6. Auf­grund des Rück­tritts kann der Klä­ger von der Be­klag­ten ge­mäß §§ 346 I, 348 BGB die Rück­zah­lung des an­ge­zahl­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 14.000 € ver­lan­gen. Der Klä­ger muss al­ler­dings nach § 346 II Nr. 2 BGB für die mit dem Fahr­zeug wäh­rend sei­nes Be­sit­zes ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen Wert­er­satz leis­ten bzw. sich sol­che auf den zu­rück­zu­zah­len­den Kauf­preis an­rech­nen las­sen.

Die im Fal­le der Rück­ab­wick­lung ei­nes (ge­wan­del­ten) Kauf­ver­trags über ein Kraft­fahr­zeug nach § 346 I BGB ge­schul­de­te Ver­gü­tung für die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen, al­so der aus­zu­keh­ren­de Wert ei­nes tat­säch­lich er­folg­ten Ge­brauchs, ist über § 287 II ZPO zu schät­zen. Da­bei ist nach all­ge­mei­ner Mei­nung der kor­rek­te An­knüp­fungs­punkt ei­ner­seits der Brut­to­kauf­preis, da die­ser dem ge­sam­ten Nut­zungs­wert des Fahr­zeugs ent­spricht (BGH, Urt. v. 22.06.1983 – VI­II ZR 91/82, NJW 1983, 2194, 2195). An­de­rer­seits stellt die im Ein­zel­fall un­ter ge­wöhn­li­chen Um­stän­den zu er­zie­len­de Ge­samt­fahr­leis­tung den Ge­samt­ge­brauchs­wert dar (BGH, Urt. v. 22.06.1983 – VI­II ZR 91/82, NJW 1983, 2194, 2195). Wei­ter be­steht Ei­nig­keit dar­in, dass der Ge­brauchs­wert ei­nes Fahr­zeu­ges li­ne­ar auf­ge­zehrt wird (BGH, Urt. v. 22.06.1983 – VI­II ZR 91/82, NJW 1983, 2194, 2195). Den von Fahr­zeug zu Fahr­zeug un­ter­schied­li­chen Ab­schrei­bungs­wer­ten wird da­bei durch die pro­zen­tua­le An­leh­nung an den je­weils ge­zahl­ten Kauf­preis Rech­nung ge­tra­gen (OLG Hamm, Urt. v. 20.03.1980 – 27 U 201/79, BB 1981, 1853). Un­ter Be­ach­tung die­ser Ge­sichts­punk­te er­weist sich die An­zahl der mit dem Fahr­zeug durch den Käu­fer zu­rück­ge­leg­ten Ki­lo­me­ter als we­sent­li­cher Maß­stab in An­knüp­fung an den ge­zahl­ten Kauf­preis und die für das be­trof­fe­ne Fahr­zeug zu er­war­ten­de Ge­samt­lauf­leis­tung, so­dass mit der herr­schen­den Mei­nung (vgl. Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 10. Aufl., Rn. 465 m. w. Nachw.) die ma­the­ma­ti­sche For­mel zur Be­rech­nung der Ge­brauchs­vor­tei­le wie folgt lau­tet:

\text{Gebrauchsvorteil} = {\frac{\text{Bruttoverkaufspreis}\times\text{gefahrene Kilometer}}{\text{Gesamtfahrleistung}}}

Der BGH (vgl. Urt. v. 17.05.1995 – VI­II ZR 70/94, DAR 1995, 323) ver­wen­det für die Be­rech­nung der Ge­brauchs­vor­tei­le bei Kauf­ver­trä­gen über Ge­braucht­fahr­zeu­ge eben die­se For­mel mit der Maß­ga­be, dass der Di­vi­sor in der vor­aus­sicht­li­chen Rest­lauf­leis­tung be­steht. Die Rest­lauf­leis­tung ist die Dif­fe­renz zwi­schen Ge­samt­fahr­leis­tung und ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern.

Bei dem vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug Chev­ro­let Or­lan­do ist bei nor­ma­len Fahr­ver­hal­ten und re­gel­mä­ßi­ger War­tung in der Re­gel ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km an­zu­neh­men. So­weit die Be­klag­te die­ses nur ein­fach be­strei­tet, ist die­ses nicht aus­rei­chend. Sie hät­te viel­mehr qua­li­fi­ziert be­strei­ten müs­sen, in­dem sie im Ein­zel­nen dar­legt, wie hoch die Ge­samt­fahr­leis­tung bei Fahr­zeu­gen wie die­sen ent­spre­chend aus­fal­len soll. Dar­auf ist der Be­klag­ten­ver­tre­ter im Ter­min am 19.06.2014 hin­ge­wie­sen wor­den.

Bei Über­ga­be des Fahr­zeugs be­trug die Lauf­leis­tung 104 km, so­dass sich ei­ne Rest­lauf­leis­tung von 249.896 km er­gibt. Der Ki­lo­me­ter­stand am 12.06.2014 be­trug 10.033 km. So­weit die Be­klag­te be­strei­tet, dass der Klä­ger mit dem Fahr­zeug 10.033 km ge­fah­ren sei, so ist die­ses ein­fa­che Be­strei­ten nicht aus­rei­chend und da­mit un­er­heb­lich. Es war der Be­klag­ten un­be­nom­men, sich – nach­dem sie be­reits zur Ent­ge­gen­nah­me des Fahr­zeugs auf­ge­for­dert wor­den war – selbst von der tat­säch­li­chen Fahr­leis­tung zu über­zeu­gen.

Bei An­wen­dung der zu­vor aus­ge­führ­ten For­mel er­gibt sich hier ein von den ge­zahl­ten 14.000 € ab­zu­zie­hen­der Ge­brauchs­vor­teil von 796,62 €.

Der Klä­ger kann von der Be­klag­ten den Er­satz der Kos­ten für die fäl­li­ge Haupt- und Ab­gas­un­ter­su­chung in Hö­he von 130,45 € als wert­er­hal­ten­de Auf­wen­dung ge­mäß §§ 347 II 1 BGB er­setzt ver­lan­gen. Es han­delt sich hier­bei um ge­wöhn­li­che Er­hal­tungs­kos­ten (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 73. Aufl., § 347 Rn. 3). Auch in­so­weit ist das ein­fa­che Be­strei­ten der Be­klag­ten in Hin­blick auf die Not­wen­dig­keit und die Hö­he der an­ge­fal­le­nen Kos­ten un­be­acht­lich. Sie hät­te viel­mehr als fach­kun­di­ge Ver­käu­fe­rin des Fahr­zeugs qua­li­fi­ziert dar­le­gen müs­sen, aus wel­chem Grund zu wel­chem an­de­ren Zeit­punkt die­se Un­ter­su­chun­gen er­for­der­lich ge­wor­den wä­ren und wel­che ab­wei­chen­den Kos­ten die­ses ver­ur­sacht hät­te.

Nicht zu er­stat­ten wa­ren die Kos­ten für die Rei­ni­gung in­nen und au­ßen in Hö­he von 54 € net­to so­wie für ei­nen Miet­wa­gen in Hö­he von 25 € net­to, ins­ge­samt 94,01 € brut­to. Ei­ne An­spruchs­grund­la­ge hier­für ist nicht er­sicht­lich; ins­be­son­de­re han­delt es sich nicht um er­stat­tungs­fä­hi­ge wert­er­hal­ten­de Auf­wen­dun­gen.

III. Der Fest­stel­lungs­an­trag ist be­grün­det. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes An­nah­me­ver­zu­ges nach § 293 BGB lie­gen vor. Die Be­klag­te be­fin­det sich seit dem 05.02.2013 im An­nah­me­ver­zug. Der Klä­ger hat die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 28.01.2013 auf­ge­for­dert, das Fahr­zeug bis zum 04.02.2013 ge­gen Rück­zah­lung der an­ge­zahl­ten Kauf­preis­sum­me ab­zu­ho­len, und da­mit die Leis­tung so an­ge­bo­ten, wie sie zu be­wir­ken war. Der Leis­tungs­ort für Rück­ge­währan­sprü­che liegt an dem Ort, an dem sich die Sa­che ver­trags­ge­mäß be­fin­det (BGH, Urt. v. 09.03.1983 – VI­II ZR 11/82, BGHZ 87, 104, 109 f.). Die Be­klag­te hat die an­ge­bo­te­ne Leis­tung nicht an­ge­nom­men.

IV. Der Klä­ger kann von der Be­klag­ten da­ne­ben den an­rech­nungs­frei­en Teil der an­walt­li­chen Ge­büh­ren für sei­ne au­ßer­ge­richt­li­che Ver­tre­tung un­ter Ver­zugs­ge­sichts­punk­ten in Hö­he von 899,40 € ent­spre­chend der Rech­nung vom 06.02.2013 ver­lan­gen (§ 280 I BGB).

V. Die zu­läs­si­ge Wi­der­kla­ge ist un­be­grün­det.

Aus den vor­ge­nann­ten Grün­den kann die Be­klag­te von dem Klä­ger we­der die Zah­lung des Rest­kauf­prei­ses in Hö­he von 5.850 € ge­mäß § 433 II BGB noch den Er­satz der au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 459,40 € ge­mäß § 280 BGB ver­lan­gen. …

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