Ei­ne bei ei­nem Neu­wa­gen nicht zu­veläs­sig funk­tio­nie­ren­de Start-Stopp-Au­to­ma­tik ist ein Sach­man­gel (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB), der den Käu­fer grund­sätz­lich zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt.

LG It­ze­hoe, Ur­teil vom 07.05.2014 – 4 O 34/13

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te von der Be­klag­ten am 21.03.2011 ei­nen Al­fa Ro­meo Gi­uli­et­ta 1.4 16V Tu­ris­mo mit Ta­ges­zu­las­sung zum Preis von 19.600 €. Die­ses Fahr­zeug wur­de am 25.03.2011 auf den Klä­ger zu­ge­las­sen.

Nach zwei­mo­na­ti­gem Ge­brauch des Fahr­zeugs funk­tio­nier­te die Start-Stopp-Au­to­ma­tik nicht mehr; wur­de der Pkw an­ge­hal­ten, so lief der Mo­tor un­ver­än­dert im Leer­lauf wei­ter. Der Klä­ger wur­de des­halb mehr­fach bei der Be­klag­ten vor­stel­lig, oh­ne dass die­se das Pro­blem be­he­ben konn­te. Am 12.11.2012 un­ter­nah­men der Werk­statt­meis­ter der Be­klag­ten und der Klä­ger ei­ne Pro­be­fahrt, bei der der rech­te Au­ßen­spie­gel des Pkw mit ei­nem Putz­lap­pen ab­ge­deckt war. Dies wur­de ge­gen­über dem Klä­ger da­mit be­grün­det, dass sich dort ein Sen­sor be­fin­de, der für die Funk­ti­on der Start-Stopp-Au­to­ma­tik zu­stän­dig sei. Wäh­rend der Pro­be­fahrt funk­tio­nier­te die Start-Stopp-Au­to­ma­tik ord­nungs­ge­mäß. Nach­dem die Ab­de­ckung des Au­ßen­spie­gels ent­fernt wor­den war und der Klä­ger mit sei­nem Fahr­zeug das Ge­län­de der Be­klag­ten ver­las­sen hat­te, funk­tio­nier­te die Start-Stopp-Au­to­ma­tik je­doch nicht mehr. Der Klä­ger brach­te sein Fahr­zeug des­halb so­fort in die Werk­statt der Be­klag­ten zu­rück. Seit­her, al­so seit dem 12.11.2012, be­fin­det es sich auf dem Be­triebs­ge­län­de der Be­klag­ten.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 18.01.2013 er­klär­te der Klä­gers ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te sie – er­folg­los – auf, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ge­gen Rück­zah­lung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ver­min­der­ten Kauf­prei­ses zu­rück­zu­neh­men.

Die Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ab­züg­lich ge­zo­ge­ner Nut­zun­gen in Hö­he von ins­ge­samt 18.424 €. Dies folgt aus §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 434 I, 323 I, 346 I BGB.

Die Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen sind ge­ge­ben. Ent­spre­chend sind ge­mäß § 346 I BGB die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen zu­rück­zu­ge­wäh­ren und die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen her­aus­zu­ge­ben.

Es liegt bei dem Kauf­ge­gen­stand ein Sach­man­gel i. S. des § 434 I BGB vor. Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist, so­weit ei­ne Be­schaf­fen­heit nicht ver­ein­bart ist, ei­ne Sa­che frei von Sach­män­geln, wenn sie für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung ge­eig­net ist und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann. Nach § 434 I 1 BGB ist ei­ne Sa­che frei von Sach­män­gel, wenn sie bei Ge­fahr­über­gang die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat.

Un­ab­hän­gig da­von, dass nicht be­kannt ist, ob die Start-Stopp-Au­to­ma­tik mit­be­stellt wor­den war und so­mit ei­ne ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit dar­stellt, ist ein Man­gel auf je­den Fall nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ge­ge­ben. Denn das Fahr­zeug hat bei Ge­fahr­über­gang nicht die Be­schaf­fen­heit auf­ge­wie­sen, die bei Sa­chen glei­cher Art üb­lich ist und er­war­tet wer­den darf. Bei Kraft­fahr­zeu­gen mit ei­ner Start-Stopp-Au­to­ma­tik darf er­war­tet wer­den, dass die­se auch funk­tio­niert, und zwar zu­ver­läs­sig im­mer, so­lan­ge kei­ne Ab­bruch­kri­te­ri­en vor­lie­gen.

Das Ge­richt geht auf­grund der über­zeu­gen­den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen hier da­von aus, dass ei­ne zu­ver­läs­si­ge Funk­ti­ons­wei­se der Start-Stopp-Au­to­ma­tik nicht ge­ge­ben ist und ent­spre­chend ein Man­gel vor­liegt. So hat der Sach­ver­stän­di­ge in nicht zu be­an­stan­den­der Wei­se ver­sucht zu er­mit­teln, nach wel­chen Kri­te­ri­en die Start-Stopp-Au­to­ma­tik nicht funk­tio­niert. Da­bei hat er auch die ent­spre­chen­den Richt­li­ni­en des Her­stel­lers be­rück­sich­tigt. Den­noch ist der Sach­ver­stän­di­ge nicht zu ei­nem nach­voll­zieh­ba­ren Sys­tem ge­kom­men, wo­nach die Start-Stopp-Au­to­ma­tik nicht funk­tio­niert. Ins­be­son­de­re, wenn der Sach­ver­stän­di­ge be­kann­te Ab­bruch­kri­te­ri­en durch­ge­führt hat, führ­te das nicht zu ei­nem ent­spre­chen­den An­stieg bei der Feh­ler­zäh­lung im Sys­tem. So funk­tio­nier­te die Start-Stopp-Au­to­ma­tik manch­mal, wenn der Sach­ver­stän­di­ge fuhr, manch­mal nicht. Sie funk­tio­nier­te manch­mal, wenn der Klä­ger selbst fuhr, manch­mal nicht. Auch ein Bei­be­hal­ten der Sitz­ein­stel­lung zeig­te kei­ne Än­de­rung. Le­dig­lich das be­wuss­te Her­bei­füh­ren von Ab­bruch­kri­te­ri­en führ­te zu­ver­läs­sig zu ei­nem Nicht­funk­tio­nie­ren. Es bleibt da­mit fest­zu­hal­ten, dass die Start-Stopp-Au­to­ma­tik hier in nicht nach­voll­zieh­ba­rer Wei­se nicht zu­ver­läs­sig re­gel­mä­ßig funk­tio­niert, wenn die Au­ßen­be­din­gun­gen stim­men.

Ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen i. S. des § 439 I BGB kann hier als ge­schei­tert an­ge­se­hen wer­den. Meh­re­re Be­he­bungs­ver­su­che sei­tens der Be­klag­ten­sei­te schlu­gen fehl, das Fahr­zeug be­fin­det sich seit No­vem­ber 2012 un­be­wegt auf dem Be­triebs­ge­län­de der Be­klag­ten. Dem Klä­ger ste­hen des­halb auch die Rech­te aus § 437 Nr. 2 BGB zu. Der Klä­ger durf­te da­her nach §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I BGB vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten. Die Vor­aus­set­zun­gen des § 323 I BGB lie­gen eben­falls vor. Da­nach kann ein Gläu­bi­ger vom Ver­trag zu­rück­tre­ten, wenn der Schuld­ner bei ei­nem ge­gen­sei­ti­gen Ver­trag ei­ne fäl­li­ge Leis­tung nicht ver­trags­ge­mäß er­brin­get und der Gläu­bi­ger er­folg­los ei­nes an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung be­stimmt hat, es sei denn, die Frist­set­zung ist ent­behr­lich. Dies ist hier der Fall, da die Be­klag­te mitt­ler­wei­le die Leis­tung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert.

Als Rechts­fol­ge sind da­her die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen zu­rück­zu­ge­wäh­ren und die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen her­aus­zu­ge­ben. Dies folgt aus § 346 I BGB. Ei­ne Leis­tung und Ver­ur­tei­lung Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be des Fahr­zeugs ist hier ent­behr­lich, da sich das Fahr­zeug be­reits bei der Be­klag­ten be­fin­det. Ent­spre­chend be­fin­det sich die Be­klag­te aber auch nicht im An­nah­me­ver­zug. …

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