- Von einem Dritten für eine Vielzahl von Kfz-Kaufverträgen vorformulierte Vertragsbedingungen in einem im Internet zum Download bereitgestellten Vertragsformular sind auch dann Allgemeine Geschäftsbedingungen i. S. von § 305 I 1 BGB, wenn die Vertragspartei, die die Klauseln im Sinne dieser Vorschrift stellt, sie nur in einem einzigen Vertrag verwenden will (s. zum „Stellen“ von Vertragsbedingungen unter Privatleuten BGH, Urt. v. 17.02.2010 – VIII ZR 67/09, BGHZ 184, 259). Ein in einem solchen Vertragsformular enthaltener Gewährleistungsausschluss muss deshalb, um wirksam zu sein, einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff. BGB standhalten.
- Ein für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierter umfassender Gewährleistungsausschluss in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag, nach dem die Haftung des Verkäufers auch für Körper- und Gesundheitsschäden und für sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden ausgeschlossen ist, ist wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB unwirksam (im Anschluss an OLG Hamm, Urt. v. 10.02.2005 – 28 U 147/04, NJW-RR 2005, 1220, 1221).
- Der Käufer eines Gebrauchtwagens muss sich dann nicht vorwerfen lassen, er habe bei Abschluss des Kaufvertrags einen Mangel des Fahrzeugs (hier: einen Defekt der Bremsanlage) gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt, wenn ihn das Aufleuchten einer Kontrollleuchte bei der Probefahrt wegen einer beschwichtigenden Erklärung des Verkäufers nicht argwöhnisch gemacht hat.
- Es ist nach einem Rücktritt des Käufers von einem Kfz-Kaufvertrag Sache des – insoweit darlegungs- und beweisbelasteten – Verkäufers, unter Angabe der maßgeblichen Berechnungsgrundlagen eine Nutzungsentschädigung für die mit dem Fahrzeug zurückgelegten Kilometer geltend zu machen.
OLG Koblenz, Urteil vom 05.06.2013 – 5 U 38/13
Sachverhalt: Der Kläger kaufte von dem Beklagten mit schriftlichem Vertrag vom 26.02.2012 einen knapp acht Jahre alten Pkw BMW X5, der eine Laufleistung von 177.000 km aufwies. Der Kaufpreis betrug 13.600 €.
In dem Kaufvertragsformular, das der Sohn des Beklagten S aus dem Internet heruntergeladen und ausgefüllt hatte, heißt es vorgedruckt:
„Der Verkäufer verkauft hiermit an den Käufer das Fahrzeug in gebrauchtem Zustand, wie besichtigt, nach Probefahrt unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung und keiner Rücknahme.“
Vor Abschluss des Kaufvertrags hatte der Kläger eine Probefahrt mit dem BMW X5 unternommen, bei der die Bremskontrollleuchte aufgeleuchtet hatte. Auf Befragen hatte der Beklagte erklärt, dass er kürzlich – so der Kläger – oder vor etwa eineinhalb Jahren – so der Beklagte – die Bremsbeläge gewechselt habe. Der Kläger behauptet, der Beklagte habe davon gesprochen, dass die Bremskontrollleuchte defekt sei, und Zusagen hinsichtlich der grundlegenden Verkehrssicherheit des Fahrzeugs gemacht.
Nachdem der Pkw dem Kläger übergeben worden war, kam es zu einem Verlust von Bremsflüssigkeit. Der Kläger suchte deshalb Werkstätten auf, um das Fahrzeug untersuchen zu lassen, und lies ein schadhaftes Stück einer Bremsleitung erneuern. Außerdem holte der Kläger wegen des Bremsflüssigkeitsverlusts ein Sachverständigengutachten ein. Darin wurden eine Durchrostung der nach hinten führenden Bremsleitung und der Austritt von Bremsflüssigkeit auf den Unterboden und die Hinterachse attestierte; die Verkehrssicherheit des Pkw wurde verneint.
Vor diesem Hintergrund forderte der Kläger den Beklagten unter dem 07.03.2012 – erfolglos – zur Mängelbeseitigung auf und erklärte schließlich& mit Schreiben vom 20.03.2012 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Daran anknüpfend hat der Kläger den Beklagten in dem vorliegenden Rechtsstreit auf Rückzahlung des Kaufpreises (13.600 €) sowie auf Erstattung von Kosten in Anspruch genommen, die er für die Untersuchung und des BMW X5 und Reparaturen aufwenden musste (457,78 €). Außerdem hat der Kläger die Feststellung begehrt, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befinde, und den Ersatz vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 876,73 € verlangt.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat gemeint, der Beklagte habe seine Haftung für Mängel des Fahrzeugs wirksam ausgeschlossen und weder dem Kläger falsche Zusicherungen gemacht noch sich arglistig verhalten. Demgegenüber sei dem Kläger, der durch das Aufleuchten der Bremskontrollleuchte gewarnt gewesen sei, der Defekt des Pkw bekannt gewesen. Unabhängig davon scheitere der Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag daran, dass die Reparaturkosten, die der Kläger aufgewandt habe, gering seien.
Mit seiner Berufung hat der Kläger – wie schon in erster Instanz – geltend gemacht, dass der im Kaufvertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss unwirksam sei. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Aus den Gründen: 2. … Die Berufung führt in Änderung des angefochtenen Urteils zum Zuspruch der Klage.
a) Der Kaufvertrag der Parteien ist rückabzuwickeln, weil der verkaufte Wagen bei seiner Übergabe mangelbehaftet war und der Kläger deshalb nach einer erfolglosen Aufforderung zur Nachbesserung den Rücktritt erklärt hat (§§ 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323 I, 346 I BGB). Der Beklagte hat die vorliegenden privatgutachterlichen Feststellungen, die nach hinten führende Bremsleitung sei durchrostet und leck gewesen, sodass das Auto nicht verkehrssicher sei, nicht infrage gestellt. Dass sich dieser – auch für ein nahezu acht Jahre altes Gebrauchtfahrzeug – nicht hinnehmbare, weil die bestimmungsgemäße Verwendung ausschließende Umstand erst nach Gefahrübergang ergeben hätte, ist weder behauptet noch sonst ersichtlich. Dagegen spricht nachdrücklich, dass die Bremskontrollanzeige bereits vor Abschluss des Kaufvertrags aufleuchtete.
b) Der vom Beklagten eingewandte Mängelgewährleistungsausschluss greift nicht. Denn er ist ohne Einschränkung gefasst und lässt damit keinen Raum für die in § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB beschriebene Haftung wegen einer schuldhaften Schädigung von Leben, Körper oder Gesundheit oder wegen vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen; damit ist er insgesamt nichtig (OLG Hamm, Urt. v. 10.02.2005 – 28 U 147/04, NJW-RR 2005, 1220, 1221). Eine geltungserhaltende Reduktion kommt nicht in Betracht.
Allerdings setzt das Nichtigkeitsverdikt die Einordnung der Gewährleistungsregelung als Allgemeine Geschäftsbedingung voraus, die der Beklagte verwandt hat (§ 305 I BGB). Das ist indessen der Fall. Es handelt sich um einen im Internet verbreiteten und damit erkennbar für eine mehrfache Benutzung bestimmten Text. Wie oft der Beklagte selbst davon Gebrauch machen wollte, ist ohne Belang. Die Einbeziehung des Textes in den Vertrag wurde nicht von dritter Seite initiiert (vgl. dazu Palandt/Grüneberg, BGB, 72. Aufl., § 305 Rn. 12), sondern vom Beklagten veranlasst. Nach der Darstellung des Zeugen S hatte sich der Kläger damit begnügen wollen, mündlich und insofern nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu kontrahieren. Es war der Beklagte, der eine schriftliche Vereinbarung wünschte und sich dann zur Umsetzung dieses Wunsches der Hilfe des Zeugen S bediente.
Die Qualifizierung der Regelung als Allgemeine Geschäftsbedingung scheitert nicht an § 305 I 3 BGB. Der Gewährleistungsausschluss war formularmäßig vorgegeben. Dafür, dass er von dem Beklagten ernsthaft zur Disposition gestellt worden wäre (dazu Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 305 Rn. 20), ist kein substanziieller Vortrag gemacht.
c) Genauso wenig wie die Einstandspflicht des Beklagten durch den verabredeten Gewährleistungsausschluss gehindert wird, steht ihr § 442 I BGB entgegen. Das Landgericht hat diese Vorschrift herangezogen, indem es gemeint hat, der Kläger habe von dem Bremsleitungsdefekt gewusst. Davon kann indessen keine Rede sein. Dem Kläger ist dieserhalb weder eine positive Kenntnis noch eine grobe Fahrlässigkeit anzulasten. Es ist unwiderlegt, dass die Bremskontrollanzeige, aus der das Landgericht auf eine Bösgläubigkeit des Klägers geschlossen hat, von dem Beklagten mit einem Übertragungsdefekt erklärt worden war. Der Zeuge Z hat eine entsprechende Mitteilung des Beklagten während der gemeinsamen Probefahrt der Parteien bekundet, ohne dass das durch den Zeugen S, der nicht an der Fahrt teilnahm, falsifiziert worden wäre. Im Hinblick darauf gibt es keine tragfähige Grundlage dafür, dass der Kläger im Hinblick auf die Mangelhaftigkeit der Bremsleitung ohne Weiteres hätte Argwohn schöpfen müssen.
d) Schließlich besteht entgegen der Auffassung des Landgerichts auch keine Veranlassung dazu, das Vertragsrücktrittsrecht des Klägers unter dem Gesichtspunkt des § 323 V 2 BGB mit der Begründung zu verneinen, dass die im Raum stehende, mit dem Mangel verbundene Pflichtverletzung des Beklagten geringfügig sei. Zur Schadensbehebung sind nicht allein die bereits vom Kläger getätigten Reparaturaufwendungen von 189,08 € erforderlich, auf die der Beklagte verweist. Diese Aufwendungen betreffen nur ein Teilstück. Insgesamt fällt ein Betrag von 1.687,50 € an. Das entspricht den in erster Instanz unbestrittenen privatgutachterlichen Erkenntnissen; mit seinem erst im Berufungsverfahren vorgetragenen Einwand, die gutachterlich genannten Kosten seien überhöht, ist der Beklagte präkludiert (§ 531 II ZPO).
Der Betrag von 1.687,50 € überschreitet die Geringfügigkeitsgrenze in der Relation zu dem vereinbarten Kaufpreis deutlich (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, NJW 2011, 2872 Rn. 19 ff.; Otto/Schwarze, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2009, § 323 Rn. C 27). Für die Erheblichkeit des Mangels spricht zudem, dass eine Funktionsbeeinträchtigung von Gewicht vorliegt (vgl. dazu BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VIII ZR 166/07, NJW 2009, 508 Rn. 18 ff.; OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.01.2008 – I-17 U 2/07, NJW-RR 2008, 1230, 1231).
e) Der nach alledem wirksame Vertragsrücktritt des Klägers führt gemäß § 346 I BGB zum Rückaustausch (§ 348 BGB) der jeweils erbrachten Vertragsleistungen, nämlich einerseits der Kaufpreiszahlung des Klägers von 13.600 € und andererseits der Übertragung des Pkw. Außerdem hat der Kläger nach § 347 II 1 BGB Anspruch auf den Ausgleich der Kosten von insgesamt 457,78 €, die er aufwenden musste, um den vorhandenen Defekt des Wagens festzustellen und soweit zu beheben, dass eine – jedenfalls vorsichtige – Nutzung des Fahrzeugs erreicht werden konnte.
Gegenforderungen auf Nutzungsvergütung hat der Beklagte nicht geltend gemacht. Es wäre seine Sache gewesen, dazu seinerseits betragsmäßig unter Angabe der maßgeblichen Berechnungsgrundlagen vorzutragen (Eyinck, in: Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., § 346 BGB Rn. 5; Erman/Röthel, BGB, 13. Aufl., § 346 Rn. 46). Das ist nicht geschehen. Der Beklagte hat sich nur allgemein zur Rechtslage geäußert (Schriftsatz vom 20.06.2012, S. 2). Zudem hat er prozessual notwendige Erklärungen gemäß § 320 BGB (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16.10.2009 – V ZR 203/08, NJW 2010, 146 Rn. 20) oder § 388 BGB vermissen lassen.
Des Weiteren sind dem Kläger 876,73 € an vorgerichtlichen Anwaltskosten zu erstatten; das bleibt hinter den entstandenen Gebühren von 899,40 € zurück. Die Ersatzfähigkeit ergibt sich, da der Beklagte der fernmündlichen Aufforderung des Klägers zur Nacherfüllung nicht entsprochen hatte, aus §§ 280 I, II, 286 I 1 BGB.
Zinsen schuldet der Beklagte gemäß § 288 I 1, § 291 BGB.
Darüber hinaus ist mit Blick auf §§ 756, 765 ZPO festzustellen, dass sich der Beklagte mit der Rücknahme des Autos in Annahmeverzug befindet (§§ 295, 298 BGB).
f) Der Kostenausspruch beruht auf § 91 I 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision fehlen.