Die län­ge­re Ver­wen­dung ei­nes Ge­braucht­wa­gens, an dem zur Leis­tungs­stei­ge­rung ein Chip­tu­ning durch­ge­führt wur­de, kann den nicht aus­zu­räu­men­den Ver­dacht ei­nes er­höh­ten Ver­schlei­ßes des Mo­tors und an­de­rer für den Fahr­zeug­be­trieb be­deu­ten­der Bau­tei­le be­grün­den. Ein sol­ches Fahr­zeug weist des­halb ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf (Fort­füh­rung von OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 16.10.2009 – 22 U 166/08).

OLG Hamm, Ur­teil vom 09.02.2012 – I-28 U 186/10

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin nimmt die be­klag­te Kfz-Händ­le­rin aus ab­ge­tre­te­nem Recht auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags in An­spruch und ver­langt Scha­dens­er­satz.

Der Sohn der Klä­ge­rin und die Be­klag­te schlos­sen am 25.10.2008 ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen Ge­braucht­wa­gen zum Preis von 16.980 €. An dem Fahr­zeug war durch den Vor­ei­gen­tü­mer im Mai 2006 bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 26.729 ein – im Kauf­ver­trag nicht er­wähn­tes – Chip­tu­ning durch­ge­führt wor­den. Am 03.07.2009 er­litt das Fahr­zeug ei­nen Mo­tor­scha­den. Ob die­ser auf das Chip­tu­ning zu­rück­zu­füh­ren ist, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te teil­wei­se Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Die Kla­ge ist teil­wei­se be­grün­det.

1. Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten … Zah­lung in Hö­he von 7.166,51 € Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen [Fahr­zeugs] ver­lan­gen. Der An­spruch er­gibt sich aus den §§ 346, 323, 437 Nr. 2, 434 BGB i. V. mit § 398 BGB.

Der zwi­schen dem Sohn der Klä­ge­rin, dem Zeu­gen S, und der Be­klag­ten am 25.10.2008 ge­schlos­se­ne Fahr­zeug­kauf­ver­trag ist in ein Rück­ge­währ­schuld­ver­hält­nis um­ge­wan­delt wor­den.

a) Es kann da­hin­ste­hen, ob in dem An­walts­schrei­ben der Klä­ge­rin vom 07.10.2009, mit dem sie die An­fech­tung des Ver­trags er­klärt hat, ei­ne kon­klu­den­te Rück­tritts­er­klä­rung ent­hal­ten ist. Die­se Wil­lens­er­klä­rung war we­der als An­fech­tung noch als Rück­tritt wirk­sam. Denn die Klä­ge­rin, die nicht die Ver­trags­part­ne­rin der Be­klag­ten ist, war zu die­sem Zeit­punkt nicht zur Aus­übung die­ser Ge­stal­tungs­rech­te be­rech­tigt.

In der Kla­ge­schrift vom 04.06.2010 ist in­des­sen ei­ne kon­klu­den­te Er­klä­rung des Rück­tritts ent­hal­ten. Die Klä­ge­rin hat dar­in zum Aus­druck ge­bracht, dass an dem Kauf­ver­trag nicht fest­ge­hal­ten wer­den soll. Zu die­sem Zeit­punkt war sie auf­grund Rechts­über­tra­gung durch den Käu­fer zur Er­klä­rung des Rück­tritts be­rech­tigt. Die – weit for­mu­lier­te – Ab­tre­tungs­ver­ein­ba­rung vom 19.10.2009 um­fasst nach ih­rem Sinn und Zweck auch die Be­fug­nis, den Ver­trags­rück­tritt zu er­klä­ren.

b) Ein Rück­tritts­grund liegt vor.

aa) Das an den Sohn der Klä­ge­rin ver­kauf­te Fahr­zeug wies im Zeit­punkt der Über­ga­be ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf.

An dem Fahr­zeug war durch ei­nen Vor­hal­ter im Mai 2006 bei ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 26.729 km ei­ne leis­tungs­stei­gern­de Maß­nah­me in Form ei­nes so­ge­nann­ten Chip­tu­ning durch­ge­führt wor­den. In­fol­ge­des­sen wies der Pkw im Zeit­punkt des Ver­kaufs an den Zeu­gen S nicht die Be­schaf­fen­heit auf, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann.

Es ist all­ge­mein an­er­kannt, dass nicht nur über­mä­ßi­ger Ver­schleiß, son­dern schon das Ri­si­ko er­höh­ten Ver­schlei­ßes durch ei­ne be­son­de­re Art der Vor­nut­zung ei­nen Sach­man­gel be­grün­den kann, so zum Bei­spiel die län­ge­re Ver­wen­dung als Ta­xi oder Fahr­schul­wa­gen (vgl. BGH, Urt. v. 12.05.1976 – VI­II ZR 33/74, MDR 1976, 1012 = BeckRS 1976, 311221; OLG Köln, Urt. v. 20.11.1998 – 19 U 53/98, NZV 1999, 338; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 16.10.2009 – 22 U 166/08; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl. [2012], Rn. 3207).

Die län­ge­re Ver­wen­dung des Fahr­zeugs mit ei­nem zum Zweck der Leis­tungs­stei­ge­rung durch­ge­führ­ten Tu­ning – hier über ei­ne Lauf­stre­cke von ca. 60.000 km – be­grün­det den nicht aus­ge­räum­ten Ver­dacht ei­nes er­höh­ten Ver­schlei­ßes des Mo­tors und wei­te­rer für den Fahr­zeug­be­trieb be­deu­ten­der Bau­tei­le wie zum Bei­spiel des Ge­trie­bes und des An­triebs­strangs (zum nicht aus­räum­ba­ren Ver­dacht als Sach­man­gel sie­he auch OLG Naum­burg, Urt. v. 06.11.2008 – 1 U 30/08, OLGR 2009, 284 m. w. Nachw.). Dies hat der Sach­ver­stän­di­ge Dipl.-Ing. T in sei­ner münd­li­chen An­hö­rung vor dem Se­nat über­zeu­gend aus­ge­führt. Wird die Leis­tungs­stei­ge­rung auch nur in ein­zel­nen Fahr­si­tua­tio­nen – ins­be­son­de­re beim Be­schleu­ni­gen – aus­ge­nutzt, kann es zu ei­ner er­höh­ten ther­mi­schen Be­las­tung und in­fol­ge­des­sen zum vor­zei­ti­gen Ver­schleiß zahl­rei­cher Bau­tei­le kom­men. Es leuch­tet ein, dass da­mit das Chip­tu­ning das er­höh­te Ri­si­ko ei­ner ver­kürz­ten Ge­samt­lauf­leis­tung des Mo­tors und wei­te­rer Be­stand­tei­le be­grün­det und die­se Ge­fahr schon im Zeit­punkt der Über­ga­be an den spä­te­ren Käu­fer be­steht.

Mit ei­nem sol­chen von der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ei­nes Ge­braucht­wa­gens nach­tei­lig ab­wei­chen­den Zu­stand muss der Käu­fer re­gel­mä­ßig nicht rech­nen.

bb) Es be­darf da­her kei­ner Fest­stel­lun­gen, ob der am 03.07.2009 auf­ge­tre­te­ne Mo­tor­scha­den auf dem Chip­tu­ning be­ruht.

cc) Ein ge­währ­leis­tungs­pflich­ti­ger Sach­man­gel schei­det in­des­sen dann aus, wenn der chip­ge­tun­te Zu­stand im Sin­ne ei­ner ne­ga­ti­ven Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung zum Ge­gen­stand der kauf­ver­trag­li­chen Ei­ni­gung ge­wor­den ist. Dass dies hier der Fall ist, hat die Be­weis­auf­nah­me aber nicht er­ge­ben.

Der schrift­li­che Kauf­ver­trag, der die Ver­mu­tung der Voll­stän­dig­keit und Rich­tig­keit in sich trägt, ent­hält kei­nen Hin­weis der Be­klag­ten auf das an dem Fahr­zeug durch­ge­führ­te Chip­tu­ning. Au­ßer­dem ha­ben die Klä­ge­rin in ih­rer per­sön­li­chen An­hö­rung so­wie der un­eid­lich vom Se­nat ver­nom­me­ne Zeu­ge S glaub­haft be­kun­det, dass in den Kauf­ver­trags­ver­hand­lun­gen nicht über das Chip­tu­ning ge­spro­chen wur­de. Zu ei­ner Ver­neh­mung des ge­gen­be­weis­lich be­nann­ten Zeu­gen G, der für die Be­klag­te die Ver­trags­ge­sprä­che führ­te, ist es nicht ge­kom­men, weil die Be­klag­te den ge­for­der­ten Aus­la­gen­vor­schuss nicht ein­ge­zahlt hat.

dd) Dem Rück­tritt steht nicht ent­ge­gen, dass es an ei­ner ver­geb­li­chen Nach­er­fül­lungs­auf­for­de­rung mit Frist­set­zung fehlt.

(1) Das Schrei­ben vom 15.07.2009 ent­hält kei­ne wirk­sa­me Auf­for­de­rung zur Män­gel­be­sei­ti­gung bin­nen be­stimm­ter Frist. Ab­ge­se­hen da­von, dass dar­in gar kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung, son­dern zur Er­klä­rung der Be­reit­schaft zur Be­sei­ti­gung des nach­träg­lich auf­ge­tre­te­nen Mo­tor­scha­dens ge­setzt wor­den ist, er­folg­te die­se Auf­for­de­rung nicht durch die be­rech­tig­te Per­son. Es ist im Na­men der Klä­ge­rin ver­fasst, die zu je­nem Zeit­punkt noch nicht In­ha­be­rin der kauf­ver­trag­li­chen Ge­währ­leis­tungs­rech­te war.

(2) Ei­ne Nach­er­fül­lungs­auf­for­de­rung mit Frist­set­zung war je­doch ent­behr­lich.

Zum ei­nen er­gibt sich das aus der un­ter­las­se­nen Auf­klä­rung über die im Haus der Be­klag­ten un­strei­tig be­kann­te Tu­ningmaß­nah­me. Ver­schweigt der Ver­käu­fer dem Käu­fer ei­nen Man­gel arg­lis­tig, ist re­gel­mä­ßig an­zu­neh­men, dass er da­mit die Ver­trau­ens­grund­la­ge für ei­ne wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit zer­stört hat (BGH, Urt. v. 09.01.2008 – VI­II ZR 210/06, NJW 2008, 1371). Zum an­de­ren ist die Nach­er­fül­lungs­auf­for­de­rung we­gen der Un­mög­lich­keit der Män­gel­be­sei­ti­gung ent­behr­lich (§ 326 V BGB). Der Man­gel lässt sich nicht mit der Be­sei­ti­gung des Chips oder Neu­pro­gram­mie­rung der Mo­tor­steue­rung be­he­ben. Da­durch wird der Ver­dacht, dass die be­triebs­we­sent­li­chen Bau­tei­le des Fahr­zeugs durch die Vor­be­nut­zung im ge­tun­ten Zu­stand über­mä­ßig ver­schlis­sen sind, nicht aus­ge­räumt.

ee) Da die in der Aus­lie­fe­rung des chip­ge­tun­ten Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung auch nicht als un­er­heb­lich i. S. des § 323 V BGB ein­zu­ord­nen ist, kann die Klä­ge­rin die Rück­ab­wick­lung ver­lan­gen.

Sie muss sich aber für die nach Über­ga­be er­folg­te Nut­zung des Fahr­zeugs Ge­brauchs­vor­tei­le an­rech­nen las­sen (§ 346 I BGB). Un­ter Zu­grun­de­le­gung der – un­strei­ti­gen – vor­aus­sicht­li­chen Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km und dem Brut­to­kauf­preis von 16.980 € er­rech­net sich für die Lauf­leis­tung von 94.205 km ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung von 9.813,49 €. Es bleibt ein Zahl­be­trag von (16.980 € − 9.813,49 € =) 7.166,51 €.

ff) Die Be­klag­te kann dem Zah­lungs­an­spruch nicht mit Er­folg die Ein­re­de der Ver­jäh­rung ent­ge­gen­hal­ten.

Da­bei kann da­hin­ste­hen, ob die All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten in den Ver­trag ein­be­zo­gen wur­den und ob sie … die Ge­währ­leis­tungs­frist wirk­sam auf ein Jahr ab Ab­lie­fe­rung ver­kür­zen. Die Ver­jäh­rungs­frist wur­de vor Ab­lauf ei­nes Jah­res ab Über­ga­be am 25.10.2008 durch Ein­lei­tung des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens … gem. § 204 I Nr. 7 BGB ge­hemmt. Der An­trag in je­nem Ver­fah­ren ist der Be­klag­ten aus­weis­lich des Emp­fangs­be­kennt­nis­ses ih­rer Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten am 19.10.2009 zu­ge­stellt wor­den. An die­sem Tag war die Klä­ge­rin zur Gel­tend­ma­chung der Rech­te aus dem von ih­rem Sohn ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag be­rech­tigt; die Ab­tre­tungs­ver­ein­ba­rung kam an dem­sel­ben Tag zu­stan­de.

2. Der Zins­an­spruch er­gibt sich ab dem 24.06.2010 aus den §§ 291, 288 I BGB. Das wei­ter­ge­hen­de Zins­ver­lan­gen, wel­ches auf den Ge­sichts­punkt des Ver­zugs ge­mäß den §§ 286, 288 I BGB ge­stützt wird, ist un­be­grün­det. Durch die Nicht­be­fol­gung der Zah­lungs­auf­for­de­rung der Klä­ge­rin vom 07.10.2009 ge­riet die Be­klag­te nicht in Ver­zug, weil die Klä­ge­rin zu die­sem Zeit­punkt noch nicht An­spruchs­in­ha­be­rin war.

3. Die Be­klag­te be­fin­det sich mit der Rück­nah­me des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs in An­nah­me­ver­zug, was an­trags­ge­mäß fest­zu­stel­len war (§ 256 I ZPO).

4. Un­be­grün­det ist das wei­te­re Zah­lungs­ver­lan­gen der Klä­ge­rin in Hö­he von ins­ge­samt 7.264,36 €.

a) Die Klä­ge­rin kann von der Be­klag­ten nicht Er­stat­tung der Kos­ten für den Aus­tausch des Mo­tors in Hö­he von 6.053,97 € ver­lan­gen. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes An­spruchs auf Ver­wen­dungs­er­satz ge­mäß den §§ 347 II 1, 346, 323, 437 Nr. 2, 434 BGB i. V. mit § 398 BGB lie­gen nicht vor.

Nach die­ser Re­ge­lung kann der rück­tritts­be­rech­tig­te Käu­fer Er­satz der auf die Kauf­sa­che ge­tä­tig­ten not­wen­di­gen Ver­wen­dun­gen ver­lan­gen. Hier­zu zäh­len auch Kos­ten für ei­ne not­wen­di­ge Re­pa­ra­tur, un­ab­hän­gig da­von, ob sie durch ei­nen Sach­man­gel ver­ur­sacht wor­den sind. Al­ler­dings sind hier die Ver­wen­dun­gen in Form der Re­pa­ra­tur­kos­ten nicht zu er­set­zen. Die Ar­bei­ten am Mo­tor sind nicht vom Fahr­zeug­käu­fer, son­dern von der Klä­ge­rin im ei­ge­nen Na­men bei dem Au­to­haus A in Auf­trag ge­ge­ben und be­zahlt wor­den.

aa) Aus ei­ge­nem Recht kann die Klä­ge­rin von der Be­klag­ten nicht Kos­ten­er­stat­tung ver­lan­gen, weil sie nicht Ver­trags­part­ne­rin der Be­klag­ten ist und das Ge­setz kei­ne Re­ge­lung ent­hält, wo­nach ein Drit­ter sei­ne auf ei­ne Kauf­sa­che ge­tä­tig­ten Ver­wen­dun­gen vom Ver­käu­fer er­setzt ver­lan­gen kann, wenn der Ver­trag auf­grund wirk­sa­men Rück­tritts rück­ab­zu­wi­ckeln ist.

bb) Der An­spruch der Klä­ge­rin er­gibt sich auch nicht aus ab­ge­tre­te­nem Recht des Zeu­gen S. Weil der Ab­tre­ten­de, der Sohn der Klä­ge­rin, kei­ne ei­ge­nen Ver­wen­dun­gen auf das Fahr­zeug ge­tä­tigt hat­te, gab es kei­nen An­spruch, den er auf sei­ne Mut­ter über­tra­gen konn­te.

Das im Rah­men des Scha­dens­er­satz­rechts ent­wi­ckel­te Rechts­in­sti­tut der Dritt­scha­dens­li­qui­da­ti­on führt hier – ent­ge­gen der An­sicht der Klä­ge­rin – zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis.

Die­ses Rechts­in­sti­tut gilt für Fall­kon­stel­la­tio­nen, in de­nen es zu ei­ner zu­fäl­li­gen Scha­dens­ver­la­ge­rung kommt. Es greift ein, wenn das je­weils ge­schütz­te In­ter­es­se in­fol­ge be­son­de­rer Rechts­be­zie­hun­gen zwi­schen dem aus dem Ver­trag be­rech­tig­ten Gläu­bi­ger und dem Trä­ger des In­ter­es­ses der­ge­stalt auf den Drit­ten ver­la­gert ist, dass der Scha­den – aus Sicht des Schä­di­gers zu­fäl­lig – ihn und nicht den Gläu­bi­ger trifft (BGH, Urt. v. 07.05.2009 – III ZR 277/08, DSt­RE 2010, 193 [198] m. w. Nachw.). In der­ar­ti­gen Fäl­len darf der Schuld­ner kei­nen Vor­teil dar­aus zie­hen, dass sein Ver­trags­part­ner kei­nen ei­ge­nen Scha­den er­lit­ten hat und der­je­ni­ge, bei dem die schä­di­gen­de Hand­lung sich aus­ge­wirkt hat, zu ihm in kei­nen recht­li­chen Be­zie­hun­gen steht. Zu den an­er­kann­ten Fall­grup­pen der Dritt­scha­dens­li­qui­da­ti­on ge­hört die mit­tel­ba­re Stell­ver­tre­tung (BGH, Urt. v. 08.12.1996 – II ZR 2/86, NJW-RR 1987, 880 [881], Urt. v. 04.12.1997 – IX ZR 41/97, NJW 1998, 1864 [1865], je­weils m. w. Nachw.). Da­bei schließt ei­ne Par­tei ei­nen Ver­trag im ei­ge­nen Na­men, aber im In­ter­es­se und auf Rech­nung ei­nes Drit­ten ab (MünchKomm-BGB/Schramm, 6. Aufl. [2012], Vor­bem. § 164 Rn. 13, Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 71. Aufl. [2012], Einf. v. § 164 Rn. 6).

Die­se Grund­sät­ze sind nicht auf die vor­lie­gen­de Fall­ge­stal­tung über­trag­bar.

Zum ei­nen han­delt es sich bei dem An­spruch aus § 347 II BGB nicht um ei­nen Scha­dens­er­satz-, son­dern um ei­nen Ver­wen­dungs­er­satz­an­spruch. Die In­ter­es­sen­la­ge ist ei­ne an­de­re. Bei ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch geht es um den Er­satz für un­frei­wil­li­ge Ver­mö­gens­ein­bu­ßen, wäh­rend Ver­wen­dun­gen wil­lent­lich ge­tä­tig­te Ver­mö­gens­auf­wen­dun­gen sind.

Zum an­de­ren lie­gen im kon­kre­ten Fall gar nicht die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner mit­tel­ba­ren Stell­ver­tre­tung vor, und die Ver­la­ge­rung der Kos­ten auf die Klä­ge­rin er­folg­te nicht zu­fäl­lig im Sin­ne der Drittschadensliquidation.​Der Zeu­ge S hat den Fahr­zeug­kauf­ver­trag mit der Be­klag­ten zwar auf Rech­nung der Klä­ge­rin ge­schlos­sen, aber nicht in de­ren, son­dern in sei­nem ei­ge­nen In­ter­es­se. Un­strei­tig war das Fahr­zeug zur Be­nut­zung durch ihn selbst be­stimmt. Die Ver­la­ge­rung des Kos­ten­auf­wands für die Mo­tor­re­pa­ra­tur auf die Mut­ter be­ruh­te nicht „zu­fäl­lig“ dar­auf, dass der Sohn den Kauf­ver­trag in ei­ge­nem Na­men ge­schlos­sen hat­te, son­dern dar­auf, dass die Klä­ge­rin spä­ter aus frei­en Stü­cken auch für die Re­pa­ra­tur­kos­ten auf­kam.

Man­gels Ver­gleich­bar­keit der In­ter­es­sen­la­gen be­steht kein An­lass, das Rechts­in­sti­tut der Dritt­scha­dens­li­qui­da­ti­on er­wei­ternd auf die vor­lie­gen­de Kon­stel­la­ti­on an­zu­wen­den.

b) Mit dem wei­te­ren Zah­lungs­ver­lan­gen in Hö­he von 1.210,39 € dringt die Klä­ge­rin gleich­falls nicht durch.

In­so­weit fehlt es be­reits an ei­nem zu­läs­si­gen Be­ru­fungs­an­griff ge­gen die Ab­wei­sung die­ser Kla­ge­for­de­run­gen. Die Be­ru­fungs­be­grün­dung ver­hält sich zu die­sen An­sprü­chen nicht. Bei ei­ner Mehr­heit mit der Be­ru­fung ver­folg­ter An­sprü­che ist aber grund­sätz­lich ei­ne Be­grün­dung für je­den nö­tig. Der An­griff ge­gen ei­nen Rechts­grund ge­nügt, wenn die­ser im an­ge­foch­te­nen Ur­teil hin­sicht­lich al­ler An­sprü­che als für die Ab­wei­sung als durch­grei­fend an­ge­se­hen wur­de. So war es hier aber nicht. Das Land­ge­richt hat die vor­ste­hen­den Kla­ge­po­si­tio­nen nicht des­halb ab­ge­wie­sen, weil es an ei­nem An­fech­tungs- oder Rück­tritts­grund feh­le, son­dern weil sie nicht schlüs­sig dar­ge­legt wor­den sind. Dem ist die Klä­ge­rin in der Be­ru­fungs­be­grün­dung nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten.

5. Der An­spruch auf Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten in Hö­he von 1.178,91 € nebst Zin­sen ist un­be­grün­det. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs aus den §§ 280 I, 281, 437 Nr. 3, 434 BGB i. V. mit § 398 BGB lie­gen nicht vor.

Ei­ge­ne ver­trag­li­che An­sprü­che ge­gen die Be­klag­te hat die Klä­ge­rin nicht. Sie kann die Er­stat­tung auch nicht aus ab­ge­tre­te­nem Recht des Zeu­gen S ver­lan­gen. Die Kos­ten sind nicht dem Zeu­gen, son­dern der Klä­ge­rin selbst ent­stan­den. Die Vor­aus­set­zun­gen der Dritt­scha­dens­li­qui­da­ti­on lie­gen nicht vor. Wie be­reits aus­ge­führt, han­delt es sich ins­be­son­de­re nicht um ei­nen Fall der mit­tel­ba­ren Stell­ver­tre­tung.

6. Wei­ter­ge­hen­de An­sprü­che der Klä­ge­rin er­ge­ben sich auch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt der un­ge­recht­fer­tig­ten Be­rei­che­rung, der ein­greift, wenn der Kauf­ver­trag in­fol­ge ei­ner An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung nich­tig ist …

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