- Ein Rücktrittsrecht ist nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, wenn sich ein Mangel an einem Fahrzeug, das 17.000 € gekostet hat, beheben lässt und die Reparaturkosten lediglich 500 € betragen.
- Dass ein als Jahreswagen verkauftes Fahrzeug zuvor als Mietwagen verwendet wurde, muss der Verkäufer nicht offenbaren. Das Verschweigen der Mietwageneigenschaft berechtigt deshalb nicht zu einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.
LG Kaiserslautern, Beschluss vom 25.03.2009 – 2 O 498/08
Sachverhalt: Die Klägerin begehrte die Rückabwicklung eines am 25.03.2008 zwischen den Parteien geschlossenen Kaufvertrags über einen Opel Astra. Diesen erwarb sie als Jahreswagen, wobei sie ein anderes Fahrzeug zum Preis von 2.000 € in Zahlung gab. Der vereinbarte restliche Kaufpreis in Höhe von 17.071,59 € wurde bislang nicht gezahlt.
Nach Ansicht der Klägerin ist das Fahrzeug mangelhaft, weil – wie sie behauptet – der Kofferraum undicht ist und es dadurch zu einer Durchfeuchtung des Kofferraumteppichs gekommen ist. Im Übrigen will die Klägerin nach Erhalt des Fahrzeugs festgestellt haben, dass das Fahrzeug zuvor als Mietfahrzeug genutzt wurde. Sie sei über diese Eigenschaft nicht informiert worden, obwohl sie darauf hingewiesen habe, dass sie nur einen von einem Opel-Mitarbeiter gefahrenes Jahreswagen erwerben wolle. Daher sei die Beklagte auch der ihr obliegenden Aufklärungspflicht nicht nachgekommen und habe sie, die Klägerin, arglistig über das Vorliegen der Mietwageneigenschaft getäuscht. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass die Mietwageneigenschaft im Kaufvertragsformular nicht angekreuzt worden sei.
In der mündlichen Verhandlung vom 04.03.2009 schlossen die Parteien einen Vergleich, mit dem die Ansprüche der Klägerin erledigt wurden. Die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs wurden der Klägerin auferlegt.
Aus den Gründen: Nach derzeitigem Sach- und Streitstand wäre die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit vollumfänglich unterlegen gewesen. Ihr hätte weder ein Anfechtungsrecht gemäß § 123 I BGB noch ein Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2, 434, 323 BGB zugestanden.
1. Der von ihr vorgetragene Mangel, dass der Kofferraum undicht sei, ist im Laufe des Prozesses unstreitig behoben worden, sodass auf ihn das Rücktrittsbegehren nicht mehr hätte gestützt werden können. Im Übrigen hätte ein Rücktrittsrecht allein aufgrund dieses Mangels auch deswegen nicht bestanden, da er unerheblich war. Nach eigenem Vortrag der Klägerin hätten die Reparaturkosten lediglich ca. 500 € betragen, sodass eine Reparatur auch durch die Beklagte ohne großen Aufwand möglich gewesen wäre. Diese wäre der Klägerin unter Berücksichtigung eines Kaufpreises von ca. 17.000 € auch zuzumuten gewesen.
2. Ein Anfechtungsgrund gemäß § 123 I BGB bestand nicht, da eine arglistige Täuschung durch die Beklagte nicht vorliegt. Die Mietwageneigenschaft des Fahrzeugs ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht offenbarungspflichtig.
a) Sie stellt entgegen der Ansicht des OLG Stuttgart (Urt. v. 31.07.2008 – 19 U 54/08) nämlich keine atypische Nutzung mehr dar, da ein immer größerer Anteil an fabrikneuen Fahrzeugen zunächst als Mietfahrzeug genutzt wird, bevor er an Privatpersonen weiterverkauft wird (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn. 1594 ff.). Daher gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Fahrzeugen, die ursprünglich einmal als Mietfahrzeug genutzt worden sind.
b) Dass ein Fahrzeug früher als Mietfahrzeug genutzt worden ist, verschlechtert dessen Wert aber auch nicht dergestalt, dass dies einen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB darstellen würde, der dann offenbarungspflichtig wäre. Zwar geht die Vorstellung des Käufers eines vorher als Mietwagen genutzten Fahrzeugs dahin, dass dieses deswegen weniger Wert sei, da die Gefahr von Schäden durch sorglose Nutzung und Fahr- und Bedienungsfehler erhöht sei. Entscheidendes Kriterium für die Wertbildung eines Kraftfahrzeugs auch für den Kunden ist aber die Anzahl der gefahrenen Kilometer des Fahrzeugs. Diese war der Klägerin unstreitig bei Abschluss des Kaufvertrags bekannt. Hinzu kommt, dass gerade die Mietwagenfirmen wegen der oben geschilderten Marktsituation ein eigenes Interesse haben, Fahrzeuge in einem guten Zustand wieder auf den Markt zu bringen, um einen möglichst hohen Verkaufspreis erzielen zu können. Zu diesem Zweck werden Mietfahrzeuge genauso regelmäßig gewartet wie privat genutzte Fahrzeuge. Auch das Risiko der unsachgemäßen Nutzung ist nicht höher einzuschätzen als das bei einem vormals privat genutzten Fahrzeug, da auch dieses von einem ungeübten oder sorglosen Fahrer gefahren werden kann, was der Käufer ebenfalls nicht feststellen kann. Soweit ein erhöhter Verschleiß durch eine überdurchschnittlich hohe Kilometerzahl angeführt wird, kann auch dies kein Grund sein, einen Mangel anzunehmen, da die Kilometerleistung hier unstreitig bekannt war. Daher ist der Verschleiß in der Regel bei einem vormals als Mietwagen genutzten Fahrzeug nicht höher als bei einem mit vormaliger privater Nutzung bei regelmäßiger Wartung und gleicher Kilometerzahl (vgl. Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1598).
c) Eine Offenbarungspflicht ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin angeblich darauf hingewiesen hat, dass sie ein Mitarbeiterfahrzeug und kein Mietfahrzeug kaufen wolle. Denn eine solche Äußerung hat sich nicht aus der Beweisaufnahme vom 22.10.2008 ergeben. Zwar hat die Klägerin vorgebracht, darauf hingewiesen zu haben, jedoch sind ihre Angaben von dem Zeugen I nicht bestätigt worden. Das Gericht kann aufgrund der mangels weiterer objektiver Anhaltspunkte verbleibenden Restzweifel nicht entscheiden, welcher der beiden Aussagen der Vorzug zu geben ist, sodass die insoweit beweisbelastete Klägerin die negativen Folgen der Nichterweislichkeit treffen. Eine Beweislastumkehr ergibt sich auch nicht aus der Kaufvertragsurkunde. Zwar ist dort nicht angekreuzt, dass es sich bei dem Fahrzeug um ein Mietfahrzeug handelt, es ist jedoch auch nicht angekreuzt – was ebenfalls möglich gewesen wäre – dass es sich um kein Mietfahrzeug handelt …
3. Ein Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2, 434, 323 BGB hätte der Klägerin ebenfalls nicht zugestanden, da ein Sachmangel nicht gegeben ist.
a) Ein Sachmangel aufgrund einer Beschaffenheitsvereinbarung i. S. des § 434 I 1 BGB ist nicht gegeben, da eine solche nicht vorliegt. Zwar hat die Klägerin vorgebracht, dass sie in den Kaufvertragsverhandlungen darauf hingewiesen hat, lediglich ein Mitarbeiterfahrzeug, aber keinen Mietwagen erwerben zu wollen, jedoch hat die Beweisaufnahme ihr Vorbringen nicht bestätigt. Insbesondere ergibt sich eine solche Vereinbarung nicht aus der Kaufvertragsurkunde, da diese mangels Vollständigkeit keinen Anschein der Vollständigkeit und Richtigkeit in sich trägt. Im Übrigen ist bezüglich der Mietwageneigenschaft weder „ja“ noch „nein“ angekreuzt worden, woraus sich gerade nicht herleiten lässt, dass das Fahrzeug kein Mietwagen sein sollte. Da die Klägerin die Beweislast für das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung trifft, gehen die negativen Folgen der Nichterweislichkeit zu ihren Lasten.
b) Ein Sachmangel gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt ebenfalls nicht vor, da eine atypische Vorbenutzung nicht gegeben ist …