1. Ein Fahr­zeug ist re­gel­mä­ßig „fa­brik­neu“, wenn und so­lan­ge das ent­spre­chen­de Mo­dell un­ver­än­dert wei­ter ge­baut wird, das Fahr­zeug kei­ne durch län­ge­re Stand­zeit be­ding­ten Män­gel auf­weist, und wenn zwi­schen Her­stel­lung des Fahr­zeugs und Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen.
  2. Von ei­ner Her­stel­lung des Fahr­zeugs kann aber nicht schon dann aus­ge­gan­gen wer­den, wenn le­dig­lich das Chas­sis für ein Wohn­mo­bil an den des­sen Her­stel­ler aus­ge­lie­fert und erst dort – mög­li­cher­wei­se un­ter Be­rück­sich­ti­gung be­stimm­ter Son­der­wün­sche des Kun­den – mit dem Fahr­zeug­auf­bau ver­se­hen wird.

OLG Bran­den­burg, Ur­teil vom 17.01.2008 – 12 U 107/07

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt die Be­klag­te auf Min­de­rung, hilfs­wei­se auf Scha­dens­er­satz, aus ei­nem Kauf­ver­trag über ein Wohn­mo­bil in An­spruch. We­sent­li­cher Streit­punkt zwi­schen den Par­tei­en ist, ob es sich bei dem vom Klä­ger er­wor­be­nen Wohn­mo­bil um ein Neu­fahr­zeug han­delt oder ob dies des­halb nicht der Fall ist, weil das Fahr­zeug – wie der Klä­ger be­haup­tet – be­reits am 30.11.2004 in Spa­ni­en erst­zu­ge­las­sen bzw. hin­sicht­lich sei­ner we­sent­li­chen Be­stand­tei­le (Chas­sis) fer­tig­ge­stellt wor­den ist. Da das Fahr­zeug auf der Grund­la­ge ei­nes am 26.11.2005 ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags erst am 26.06.2006 aus­ge­lie­fert wor­den ist, han­delt es sich nach Auf­fas­sung des Klä­gers nicht mehr um ein Neu­fahr­zeug.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Die Kla­ge ist un­be­grün­det. Ein An­spruch aus § 437 Nr. 2, §§ 434, 441 BGB be­steht nicht. Zwar ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Be­klag­te zu­ge­si­chert hat, das von ihr an den Klä­ger ver­kauf­te Fahr­zeug sei fa­brik­neu. Die­ser Ge­sichts­punkt ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig und er­gibt sich auch aus den auf der Rück­sei­te der Be­stel­lung be­find­li­chen All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen „für den Ver­kauf von fa­brik­neu­en Kraft­fahr­zeu­gen“ so­wie aus dem Über­ga­be­pro­to­koll vom 02.06.2006. Es kann je­doch nicht da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass das vom Klä­ger er­wor­be­ne Wohn­mo­bil die­se zu­ge­si­cher­te Ei­gen­schaft nicht auf­weist.

Fa­brik­neu ist ein Neu­wa­gen re­gel­mä­ßig, wenn und so­lan­ge das Mo­dell des Kraft­fahr­zeugs un­ver­än­dert wei­ter ge­baut wird, wenn es kei­ne durch län­ge­re Stand­zeit be­ding­ten Män­gel auf­weist, und wenn zwi­schen Her­stel­lung und Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen (BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160, 161; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 9. Aufl., Rn. 256). Vor­lie­gend be­ruft sich der Klä­ger ins­be­son­de­re dar­auf, dass zwi­schen Her­stel­lung und Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen. So­weit der Klä­ger an­fangs be­haup­tet hat, das Fahr­zeug sei be­reits am 30.11.2004 in Spa­ni­en erst­zu­ge­las­sen wor­den, und sich hier­zu auf ein Schrei­ben des Au­to­hau­ses R vom 07.07.2006 be­ru­fen hat, mit dem dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de, dass das Wohn­mo­bil schon am 30.11.2004 ei­ne Zu­las­sungs­mel­dung in Spa­ni­en er­hal­ten ha­be, ist die­ser Vor­trag da­hin zu ver­ste­hen, dass es sich nicht um ei­ne im Kraft­fahr­zeug­brief do­ku­men­tier­te ei­gent­li­che Erst­zu­las­sung des Fahr­zeugs ge­han­delt hat, son­dern um ei­ne Zu­las­sung des Fahr­ge­stells mit Füh­rer­haus und An­triebs­strang (Chas­sis), wie sei­tens des Klä­gers in der Be­ru­fungs­be­grün­dung prä­zi­siert wur­de. Vor die­sem Hin­ter­grund kommt es letzt­lich nur ent­schei­dend auf die Be­ant­wor­tung der Fra­ge an, ob be­reits das vom Werk am 30.11.2004 an die Fir­ma B aus­ge­lie­fer­te Chas­sis ge­eig­net ist, die vom BGH zu­grun­de ge­leg­te Jah­res­frist in Lauf zu set­zen.

So­weit das Land­ge­richt dies mit der Be­grün­dung, die Jah­res­frist sei be­reits des­halb ge­wahrt, weil der Kauf­ver­trag be­reits am 25./26.11.2005 ge­schlos­sen wor­den sei, of­fen­ge­las­sen hat, er­scheint dies be­denk­lich. Rich­tig ist, dass der BGH in sei­ner zu­vor zi­tier­ten Ent­schei­dung ein Fahr­zeug nicht mehr als fa­brik­neu be­trach­tet, wenn zwi­schen Her­stel­lung des Fahr­zeugs und Ab­schluss des Kauf­ver­trags mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen. Die da­hin ge­hen­de For­mu­lie­rung er­scheint aber miss­ver­ständ­lich, denn der BGH geht im Rah­men sei­ner Ent­schei­dung von ei­ner La­ger­zeit von neun­zehn Mo­na­ten aus, die sich nur dann er­rech­net, wenn man den Zeit­raum zwi­schen der Her­stel­lung des Fahr­zeugs und der Über­ga­be zu­grun­de legt, wäh­rend die Be­stel­lung des Fahr­zeugs et­wa sechs Wo­chen vor der spä­te­ren Über­ga­be vor­ge­nom­men wur­de. Un­ab­hän­gig da­von, ob der BGH auf den Ab­schluss des Kauf­ver­trags hat ab­stel­len wol­len oder auf den Zeit­punkt der Über­ga­be, kann je­den­falls un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Be­son­der­hei­ten des hier zur Ent­schei­dung ste­hen­den Falls ei­ne Neu­wer­tig­keit nicht des­halb ver­neint wer­den, weil zwi­schen der Her­stel­lung des Chas­sis oh­ne voll­stän­di­ge Fer­tig­stel­lung des Fahr­zeugs und der Über­ga­be des Wohn­mo­bils letzt­lich et­wa acht­zehn Mo­na­te ver­gan­gen wa­ren. An­ders als in dem der BGH-Ent­schei­dung zu­grun­de lie­gen­den Fall han­delt es sich vor­lie­gend nicht um ei­nen be­reits acht­zehn Mo­na­te vor Aus­lie­fe­rung voll­stän­dig fer­tig ge­stell­ten Pkw, der … wäh­rend die­ses Zeit­raums beim Händ­ler „auf Hal­de“ ge­stan­den hat, son­dern um ein Wohn­mo­bil, für das aus­weis­lich der von der Be­klag­ten vor­ge­leg­ten Do­ku­men­ta­ti­on vom 05.09.2006 … als so­ge­nann­tes „CCF-Da­tum“ der 30.11.2004 ver­merkt ist. Die Be­klag­te räumt letzt­lich ein, dass sich dar­aus er­gibt, dass zu die­sem Zeit­punkt das Chas­sis vom Fahr­zeug­her­stel­ler an den Rei­se­mo­bil­her­stel­ler aus­ge­lie­fert wur­de. Da­bei soll nicht ver­kannt wer­den, dass das Chas­sis be­reits we­sent­li­che Tei­le des letzt­lich noch ins­ge­samt fer­tig­zu­stel­len­den Wohn­mo­bils ent­hält, die durch­aus dem vom BGH ge­nann­ten Al­te­rungs­pro­zess un­ter­lie­gen und hin­sicht­lich de­rer zum Bei­spiel auch ei­ne Ma­te­ri­al­er­mü­dung al­lein durch Zeit­ab­lauf ein­tre­ten kann. Dar­aus folgt aber nicht, dass ein Fahr­zeug al­lein des­halb nicht mehr als fa­brik­neu an­ge­se­hen wer­den kann, weil be­stimm­te – auch we­sent­li­che – Ein­zel­tei­le des Fahr­zeugs bei Aus­lie­fe­rung, nicht schon im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses, be­reits vor mehr als ei­nem Jahr her­ge­stellt wor­den sind. Von ei­ner Her­stel­lung des Fahr­zeugs, ab der die Frist von zwölf Mo­na­ten be­gin­nen soll, kann nicht aus­ge­gan­gen wer­den, wenn le­dig­lich das Chas­sis an den Wohn­mo­bil­her­stel­ler aus­ge­lie­fert wird und erst dort – mög­li­cher­wei­se un­ter Be­rück­sich­ti­gung be­stimm­ter Son­der­wün­sche des Kun­den – mit dem Fahr­zeug­auf­bau ver­se­hen und da­mit end­gül­tig zu ei­nem Wohn­mo­bil zu­sam­men­ge­setzt wird. So liegt der Fall auch hier, wo­bei zu be­rück­sich­ti­gen ist, dass es ge­ra­de die vom Klä­ger be­stell­te Son­der­aus­stat­tung war, die die Fer­tig­stel­lung und Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs zu ei­nem frü­he­ren Zeit­punkt ver­zö­ger­te. Ei­ne län­ge­re Stand­zeit des ins­ge­samt fer­tig­ge­stell­ten Wohn­mo­bils hat es im vor­lie­gen­den Fall nicht ge­ge­ben. Hier­auf ist je­doch zu­nächst ein­mal ab­zu­stel­len. Ab wel­chem kon­kre­ten Zeit­raum ein Fahr­zeug mög­li­cher­wei­se auch dann nicht mehr fa­brik­neu ist, wenn we­sent­li­che Ein­zel­tei­le weit vor Aus­lie­fe­rung des erst spä­ter ins­ge­samt fer­tig­ge­stell­ten Fahr­zeugs her­ge­stellt wor­den sind, be­darf im vor­lie­gen­den Fall kei­ner ab­schlie­ßen­den Ent­schei­dung, da der hier zu be­wer­ten­de Zeit­raum es je­den­falls noch nicht recht­fer­tigt, dem Fahr­zeug die ver­trag­lich zu­ge­si­cher­te Fa­brik­neu­heit ab­zu­spre­chen.

Ver­fehlt sind in die­sem Zu­sam­men­hang auch die Aus­füh­run­gen des Klä­gers zu ei­ner Ver­kür­zung der Ga­ran­tie­zeit. Maß­geb­lich für den Lauf der Ge­währ­leis­tungs­frist sind die ge­setz­li­chen Be­stim­mun­gen bzw. die ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen den Par­tei­en, wo­nach An­sprü­che we­gen Sach­män­gel zwei Jah­re nach Ab­lie­fe­rung des Kauf­ge­gen­stands ver­jäh­ren. Es kann des­halb kei­ne Re­de da­von sein, dass die Ge­währ­leis­tungs­frist be­reits am 30.11.2004 zu lau­fen be­gon­nen hat, son­dern selbst­ver­ständ­lich erst mit Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs im Ju­ni 2006. Durch die Fer­tig­stel­lung des Chas­sis am 30.11.2004 hat der Klä­ger des­halb kei­ne Ge­währ­leis­tungs­rech­te ver­lo­ren bzw. sind sol­che auch nicht zeit­lich ver­kürzt wor­den.

So­weit an dem Wohn­mo­bil Män­gel zu­ta­ge ge­tre­ten sind, die in­zwi­schen sei­tens der Be­klag­ten ab­ge­stellt wur­den, trägt der Klä­ger, wie das Land­ge­richt zu Recht aus­ge­führt hat, kei­nen kon­kre­ten Hin­weis dar­auf vor, dass es sich um Män­gel ge­han­delt hat, die auf ei­ne zu lan­ge vor­he­ri­ge La­ge­rung des Fahr­zeugs bzw. des Chas­sis zu­rück­zu­füh­ren sind. Des­halb kann vom Vor­lie­gen von durch ei­ne län­ge­re Stand­zeit be­ding­ten Män­geln nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Dar­über hin­aus ist auch der Vor­trag des Klä­gers, das Fahr­zeug wer­de nicht mehr in un­ver­än­der­ter Form her­ge­stellt und ha­be von der be­haup­te­ten Erst­zu­las­sung an bis zur Aus­lie­fe­rung Ver­än­de­run­gen er­fah­ren, un­sub­stan­zi­iert. Der Klä­ger kann sei­nen pau­scha­len Vor­trag zu an­geb­li­chen Än­de­run­gen am Mo­tor und an der Aus­stat­tung nicht mit Er­folg da­mit recht­fer­ti­gen, dass er als tech­ni­scher Laie nicht mehr als nach sei­nen Er­kun­di­gun­gen vor­tra­gen kön­ne. Wel­che kon­kre­ten Er­kun­di­gun­gen sei­nen Be­haup­tun­gen zu­grun­de lie­gen, bleibt of­fen. Rich­tig ist le­dig­lich, dass ein Neu­fahr­zeug, um als fa­brik­neu be­wer­tet zu wer­den, kei­ne Än­de­run­gen in Tech­nik und Aus­stat­tung im Ver­gleich zur lau­fen­den Mo­dell­rei­he auf­wei­sen darf (BGH, Urt. v. 06.02.1980 – VI­II ZR 275/78, NJW 1980, 1097). Das be­rech­tigt den Käu­fer aber nicht, nicht wei­ter be­leg­te Ver­än­de­run­gen in den Raum zu stel­len, oh­ne dar­zu­le­gen, wor­aus er sei­ne Er­kennt­nis­se her­lei­tet, um es letzt­lich dem Ge­richt zu über­las­sen, durch Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens ei­ne Klä­rung der auf­ge­stell­ten Be­haup­tun­gen her­bei­zu­füh­ren. Für ei­ne da­hin ge­hen­de Aus­for­schung ist kein Raum. …

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