Gewährt ein Fahrzeughersteller Neuwagenkäufern zusätzlich zu den gesetzlichen Gewährleistungsrechten formularmäßig eine Garantie für die Haltbarkeit des Fahrzeugs (hier: Durchrostungsgarantie), liegt eine unangemessene Benachteiligung der Kunden (§ 307 I BGB) nicht darin, dass der Hersteller die Leistungen aus der Garantie zum Zweck der Kundenbindung von der regelmäßigen Wartung des Fahrzeugs in seinen Vertragswerkstätten abhängig macht.
BGH, Urteil vom 12.12.2007 – VIII ZR 187/06
Sachverhalt: Der Kläger nimmt die Beklagte aufgrund einer Garantie wegen Rostschäden an seinem Pkw in Anspruch. In einem von der Beklagten herausgegebenen Prospekt mit dem Titel „mobilo-life – Das Langzeit-Garantiepaket für Mobilität und Werterhaltung“ heißt es:
„Beim Kauf eines neuen Mercedes bekommen Sie jetzt etwas, das Sie nirgendwo sonst bekommen. Das einzigartige Garantie- und Mobilitätspaket mobilo-life ist ab dem 24.10.1998 mit dem Start der neuen S-Klasse serienmäßig in jedem neuen Mercedes-Benz-Pkw. mobilo-life gilt lebenslang für Ihren Mercedes, laut Gesetzgeber bedeutet dies 30 Jahre. Damit können Sie sicher sein, daß Ihre Mobilität nicht auf der Strecke bleibt.
Bei einer fälligen Garantie- oder Kulanzreparatur hilft Ihnen mobilo-life während der ersten vier Jahre weiter … Zum Nulltarif für Sie …
Neben dem Mobilitätspaket garantieren wir Ihnen – ebenfalls mit Einführung der neuen S-Klasse – für Ihren ab dem 24.10.1998 ausgelieferten Mercedes-Pkw, dass keine Durchrostung von innen nach außen auftreten wird. Diese Garantie gilt für die gesamte Lebensdauer Ihres Mercedes, also bis zu 30 Jahre. Für den außergewöhnlichen Fall, dass doch irgendwo an Karosserie oder Unterboden eine Stelle von innen nach außen durchrostet, wird die Sache ohne Berechnung von Lohn und Material durch eine Mercedes-Benz-Werkstatt instandgesetzt …“
Nach einer Übersicht über die einzelnen Garantieleistungen heißt es in dem Prospekt unter der Überschrift „Voraussetzungen für mobilo-life“ weiter:
„mobilo-life gilt in Ergänzung zu den Gewährleistungsregelungen der Daimler-Benz-Neufahrzeug-Verkaufsbedingungen lebenslang bis 30 Jahre für alle Mercedes-Benz-Pkw. Immer unter der Voraussetzung, dass ab dem 5. Jahr nach der Erstauslieferung durch die Mercedes-Benz-Organisation die Wartungsdienste nach Hersteller-Vorgaben in Mercedes-Benz Werkstätten ausgeführt werden. Der letzte Wartungsdienst darf zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme nicht länger als 2 Jahre zurückliegen.“
Der Kläger kaufte sein Fahrzeug im Jahr 2002 als Gebrauchtwagen. Unstreitig ließ er ab 2003 die Wartungsdienste nicht bei einer Mercedes-Benz-Werkstatt, sondern bei einem anderen Kfz-Meisterbetrieb durchführen.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die fachgerechte Reparatur der nach seiner Behauptung durchgerosteten Heckklappe. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Aus den Gründen: [7] I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[8] Dem Kläger stehe der geltend gemachte Anspruch aus der „mobilo-life“-Garantie aus § 443 I BGB zu. Es komme nicht darauf an, ob er die Wartungsdienste nach Herstellervorgaben in Mercedes-Benz-Werkstätten durchgeführt habe. Die dahin gehende Formularklausel sei als Allgemeine Geschäftsbedingung der Inhaltskontrolle des § 307 BGB unterworfen. Es handele sich nicht um eine negative Leistungsbeschreibung durch Formulierung einer Anspruchsvoraussetzung, sondern um eine Einschränkung der versprochenen Garantieleistung.
[9] Die Klausel halte der Inhaltskontrolle gemäß § 307 I BGB nicht stand. Sie benachteilige den Kläger unangemessen, indem sie die Beklagte von ihrer Leistungspflicht ohne Rücksicht darauf freistelle, ob der Verstoß des Kunden gegen seine Obliegenheit zur Durchführung der Wartungsdienste nach Herstellervorgaben in Mercedes-Benz-Werkstätten für den reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden sei.
[10] II. Diese Beurteilung hält einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Kläger hat keinen Anspruch auf kostenlose Reparatur der Heckklappe seines Pkw aus der „mobilo-life“-Garantie.
[11] 1. Ob zwischen den Parteien ein Garantievertrag mit dem Inhalt der „mobilo-life“-Garantie zustande gekommen ist, kann dahinstehen. Ein Anspruch des Klägers kommt auch bei Bestehen eines Garantievertrages nicht in Betracht, weil die im Prospekt formulierte Voraussetzung, dass ab dem fünften Jahr nach der Erstauslieferung durch die Mercedes-Benz-Organisation die Wartungsdienste nach Hersteller-Vorgaben in Mercedes-Benz-Werkstätten ausgeführt werden, nicht erfüllt ist.
[12] 2. Es bedarf auch keiner Entscheidung, ob die entsprechende Klausel der Inhaltskontrolle gemäß §§ 307 ff. BGB unterliegt oder ob es sich – wie die Revision meint – um eine Leistungsbeschreibung handelt, die der Inhaltskontrolle entzogen ist (§ 307 III BGB).
[13] 3. Denn die Klausel hält jedenfalls einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB stand. Die Vertragspartner der Beklagten werden nicht unangemessen benachteiligt.
[14] a) Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH ist eine AGB-Klausel unangemessen, mit der der Verwender missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen (BGHZ 89, 206 [210 f.]; BGH, Urt. v. 13.02.1985 – VIII ZR 154/84, WM 1985, 542 [unter II 1c bb]. Der Senat hat dies für eine Klausel in einem Garantievertrag bejaht, nach der die Garantiegeberin, die Verschleißschutz-Produkte für Gebrauchtwagen vertreibt, unter anderem dann von der Leistungspflicht frei sein sollte, wenn die werksseitig vorgeschriebenen Inspektionen nicht durchgeführt wurden. Die Klausel lasse die Interessen des Kunden deshalb außer Acht, weil sie die Garantiegeberin von ihrer Leistungsverpflichtung ohne Rücksicht darauf freistelle, ob der Verstoß des Kunden gegen seine Obliegenheit zur Durchführung der Inspektionen für den reparaturbedürftigen Schaden ursächlich geworden ist (Senat, Urt. v. 24.04.1991 – VIII ZR 180/90, NJW-RR 1991, 1013 [unter III 1 und 2c]).
[15] Im Schrifttum und in der Rechtsprechung der Obergerichte wird indessen die Auffassung vertreten, bei Herstellergarantien für Neufahrzeuge führten solche einschränkenden Klauseln nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Kunden. Stelle der Hersteller in seinen Garantiebedingungen klar, dass er dem Käufer zusätzliche Rechte neben den Gewährleistungsansprüchen gegen den Verkäufer gewährt, sei er in der Ausgestaltung der Kundenrechte frei. Es sei nicht Zweck der Regelungen über Allgemeine Geschäftsbedingungen, dem Käufer neben den für ihn bedeutsamen Ansprüchen gegen den Verkäufer auch ein Mindestmaß an Rechten aus einer daneben gegebenen Garantie zu sichern (OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 1464; OLG Nürnberg, NJW 1997, 2186).
[16] Teilweise wird eine derart umfassende Gestaltungsfreiheit bei Herstellergarantien abgelehnt. Es sei denkbar, dass Kunden bereit seien, für ein mit einer langfristigen Garantie versehenes Produkt einen höheren Preis zu zahlen. Sie müssten vor einer Aushöhlung von Garantiezusagen durch einschränkende Nebenbestimmungen geschützt werden. Gleichwohl stelle das Erfordernis der Vornahme von Inspektionen in verkehrsüblichen Intervallen bei Neuwagen-Garantien eine zulässige Einschränkung dar (Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Recht, 10. Aufl., Anh. § 310 BGB Rn. 363).
[17] Diese Auffassung trifft zu. Mit Klauseln, wie sie hier im Streit stehen, wird in zulässiger Weise eine Bindung des Kunden an bestimmte Werkstätten bezweckt (vgl. OLG Karlsruhe, NJW-RR 2006, 1464; OLG Nürnberg, NJW 1997, 2186; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 9. Aufl., Rn. 692, 713). Auch die Revision macht geltend, die Beklagte habe ein berechtigtes Interesse daran, dass die Wartungsdienste nach ihren Vorgaben in Mercedes-Benz-Werkstätten durchgeführt würden. Damit ist zum einen gemeint, dass durch die regelmäßigen Wartungsdienste in Vertragswerkstätten das Risiko von Garantiefällen vermindert werden soll. Dieser Aspekt hat allerdings im Streitfall nur untergeordnete Bedeutung, weil Rostschäden in der Regel auch durch regelmäßige Inspektionen nicht verhindert werden können. Hinzu kommt aber das Interesse der Beklagten, Eigentümer von Mercedes-Fahrzeugen dazu zu bewegen, ihre Autos in Mercedes-Benz-Werkstätten warten zu lassen, also eine langfristige Bindung an das Vertragswerkstättennetz der Beklagten zu erreichen. Die Beklagte bietet dem Kunden mit der langfristigen „mobilo-life“-Garantie gegen Durchrostung eine zusätzliche Leistung zum Fahrzeugkauf an, mit der sie ein absatzförderndes Qualitätsmerkmal für die Fahrzeuge schaffen will (vgl. BGHZ 104, 82 [91]). Die langfristige Garantie soll dem Kunden nur „um den Preis“ der regelmäßigen Durchführung der Wartungsdienste in den Vertragswerkstätten zustehen, sodass – bei wirtschaftlicher Betrachtung – von einer „Gegenleistung“ gesprochen werden kann, die für die Garantie gefordert wird.
[18] Die Interessen des Kunden werden dadurch nicht unangemessen beeinträchtigt. Er kann sich die Ansprüche aus der Garantie bis zu einer Dauer von 30 Jahren erhalten, indem er die – ohnehin regelmäßig notwendigen – Wartungsarbeiten nach Herstellervorgaben in Mercedes-Benz-Werkstätten durchführen lässt. Ihm selbst ist die Entscheidung überlassen, ob und ab wann er – etwa im Hinblick auf das Alter des Fahrzeugs – von den regelmäßigen Wartungen Abstand nimmt oder diese bei anderen (preisgünstigeren) Werkstätten durchführen lässt. Anders als in den bisher vom Senat entschiedenen Fällen, in denen dritte Unternehmen (also nicht die Fahrzeughersteller) Garantiegeber waren (Senat, Urt. v. 24.04.1991 – VIII ZR 180/90, NJW-RR 1991; Urt. v. 17.10.2007 – VIII ZR 251/06 [unter II 2b]), liegt hier keine unangemessene Benachteiligung der Kunden darin, dass der Verlust der Garantieansprüche auch dann eintritt, wenn das Unterlassen der Wartungsdienste bzw. die Durchführung bei anderen Werkstätten für den Garantiefall nicht ursächlich war. Dies rechtfertigt sich durch das legitime Interesse der Beklagten als Fahrzeugherstellerin, eine Kundenbindung an ihr Vertragswerkstättennetz zu erreichen …
[20] III. Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben (§ 562 I ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu entscheiden, da keine weiteren Feststellungen erforderlich sind und die Sache damit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 III ZPO). Da die Klage unbegründet ist, ist die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil erster Instanz zurückzuweisen.