- Der Nachbesserungsanspruch des Käufers ist erst dann erfüllt, wenn der Mangel vollständig und dauerhaft beseitigt ist. Mit einer nur vorübergehenden Besserung ist dem Käufer nicht gedient.
- Aus der Art der Sache oder des Mangels sowie aus den sonstigen Umständen kann sich ergeben, dass ein Käufer mehr als zwei Nachbesserungsversuche abwarten muss, bevor er vom Vertrag zurücktreten kann. Bei technisch besonders komplizierten Geräten oder schwer zu behebenden Mängeln können einem Verkäufer mehr als zwei Versuche zuzubilligen sein.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2007 – I-1 U 59/07
Sachverhalt: Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückabwicklung eines Neuwagenkaufs in Anspruch. Außerdem begehrt er die Feststellung, dass sich der Beklagte sich mit der Rücknahme des gelieferten Fahrzeugs im Verzug befinde.
Dem Streit liegt im Wesentlichen folgender Sachverhalt zugrunde:
Am 14.01.2004 bestellte der Kläger bei dem Beklagten, der ein Citroën-Autohaus betreibt, einen fabrikneuen Pkw zum Preis von insgesamt 25.695 €. Im Kaufpreis nicht enthalten war eine Citroën-Garantie für 48 Monate bzw. 70.000 km. Hierfür bezahlte der Kläger gesondert 600 € brutto.
Am 25.02.2004 wurde das Fahrzeug an den Kläger ausgeliefert.
Im Juni 2004 sowie im Oktober 2004 war der Wagen in der Werkstatt des Beklagten. Um welche Mängel es dabei ging, ist zwischen den Parteien streitig gewesen.
Mit Anwaltsschreiben vom 14.03.2005 erklärte der Kläger den Rücktritt vom Kaufvertrag. Zur Begründung gab er an, ihm sei ersichtlich ein „Montagsauto“ geliefert worden; weitere Mängelbeseitigungsversuche seien ihm nicht zumutbar.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und dazu im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe nicht das Recht, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Er habe dem Beklagten zu keinem Zeitpunkt eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt, und eine Fristsetzung sei auch nicht entbehrlich gewesen. Insbesondere sei die Nacherfüllung nicht fehlgeschlagen; es habe allenfalls einen erfolglosen Nachbesserungsversuch gegeben.
Die Berufung des Klägers hatte Erfolg.
Aus den Gründen: II. … 1. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist der Kläger zum Rücktritt vom Kauf berechtigt (§§ 437 Nr. 2, 323 I BGB). Dass der Neuwagen bei Gefahrübergang (Übergabe am 25.02.2004) nicht mangelfrei war, steht nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts fest. Das Fahrzeug „ruckelte“ und nahm phasenweise kein Gas an. Damit entspricht es nicht derjenigen Beschaffenheit, die der Kläger von einem Neufahrzeug erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Dass der Mangel unerheblich ist (§ 323 V 2 BGB), kann der Senat nicht feststellen.
a) Allerdings hat der Kläger dem Beklagten keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt. Unter den besonderen Umständen des Streitfalls ist dies jedoch ausnahmsweise entbehrlich gewesen (§ 440 BGB). Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt eine Nachbesserung nach dem erfolglosen zweiten Versuch als fehlgeschlagen, wenn sich nicht insbesondere aus der Art der Sache oder des Mangels oder den sonstigen Umständen etwas anderes ergibt.
Der Senat geht aus den nachfolgenden Gründen von einem „Fehlschlagen“ der Nachbesserung aus:
Wie im Senatstermin geklärt werden konnte, war der Wagen bereits am 16.06.2004 bei Kilometerstand 5.394 nicht nur wegen der Quietschgeräusche beim Bremsen, sondern auch wegen der vom Kläger geltend gemachten „Motorprobleme“ in der Werkstatt des Beklagten. Dies ergibt sich aus der Eintragung in dem Werkstattauftrag, der sich in Kopie bei der Akte befindet. In der Spalte „Bezeichnung der Arbeiten“ ist unter anderem notiert: „Fernladen + Initialisierung“. Das und die darüber stehenden Zahlen und Abkürzungen deuten auf die Prüfung eines Elektronikproblems hin, so wie es die Ehefrau des Klägers bei ihrer Zeugenvernehmung geschildert hat. Nachdem das Auto etwa 5.000 km gelaufen sei, seien Probleme aufgetreten. Der Wagen habe zunächst kein Gas angenommen und dann geruckelt. Jedenfalls sei er nicht normal gefahren. Sodann habe man ihn in die Werkstatt gebracht. Dabei handelt es sich nach Ansicht des Senats um den Werkstattaufenthalt im Juni 2004, nicht etwa um den Termin im Oktober 2004.
Wie die Ehefrau des Klägers bei ihrer erstinstanzlichen Zeugenvernehmung weiter berichtet hat, sei das Problem nach Abholung des Fahrzeugs aus der Werkstatt zunächst verschwunden gewesen. Mit fortschreitender Kilometerzahl, etwa alle 5.000 km, sei es jedoch wieder aufgetreten. Das deckt sich mit der Eintragung in dem zweiten Werkstattauftrag (Annahmetermin: 06.10.2004) bei Kilometerstand 9.600. Dort ist in der Rubrik „Bezeichnung der Arbeiten“ ausdrücklich vermerkt, dass das Fahrzeug „ruckelt“, und zwar im kalten Zustand. Hinzugefügt ist das Wort „Fehlzündungen“.
Daraus folgt, dass der erste Versuch im Juni 2004 ohne nachhaltigen Erfolg geblieben ist. Auch der zweite Versuch im Oktober 2004 brachte keine dauerhafte Verbesserung im Sinne einer endgültigen Mängelbeseitigung. Das ergibt sich nicht zuletzt aus den Feststellungen des Sachverständigen D. Er hat das Fahrzeug am 19.01.2006 bei Kilometerstand 25.194 überprüft. Dabei hat er festgestellt, dass das Fahrzeug nur verzögert Gas annimmt. Im betriebswarmen Zustand des Motors seien „deutliche Störungen im Motorbetrieb“ feststellbar. Bei seiner Anhörung hat der Sachverständige von einem nicht normalen Fahrbetrieb gesprochen. Bei einer Nachuntersuchung stellte er erneut ein „Ruckeln“ fest.
Bestätigt wird das Vorhandensein eines Elektronikproblems im Wiederholungsfall durch die Feststellungen, die das Autohaus K im April und im September 2005 getroffen hat. Dass der Motor nicht „rund“ lief, folgt schließlich auch aus der Expertise des Sachverständigen S vom 02.05.2005. Dieser Sachverständige hat den Wagen am 28.04.2005 bei Kilometerstand 16.414 geprüft. Erst nach dem zweiten Startversuch sei der Wagen angesprungen. Beim leichten Gasgeben und Anfahren habe er kein Gas angenommen, der Motorlauf sei sofort unruhig gewesen. Die Beschleunigung des Fahrzeuges sei mit Verzögerung erfolgt. Erst bei höherer Drehzahl habe das Fahrzeug problemlos beschleunigt. Nach einer Phase der Abkühlung des Motors hat der Sachverständige S einen zweiten Versuch durchgeführt. Hierbei seien die gleichen Fehler aufgetreten.
Nach alledem steht fest, dass es dem Beklagten bei zwei Versuchen (Juni und Oktober 2004) nicht gelungen ist, die Motorstörungen dauerhaft zu beseitigen. Der Senat vermag der Einschätzung des Landgerichts nicht zu folgen, wonach der Werkstattaufenthalt im Juni 2004 als erfolgreicher Mängelbeseitigungsversuch zu werten ist. Das Gegenteil ist der Fall. Der Versuch war erfolglos, denn derselbe Mangel ist bald darauf wieder aufgetreten. Was bei dem Aufenthalt im Oktober 2004 Gegenstand der Bemühungen des Beklagten war – das „Ruckeln“ zu beheben –, war nicht etwa ein neuer Mangel, sondern der bereits im Juni 2004 gerügte Mangel. Eine nur kurzfristige Behebung eines Elektronikproblems stellt keine Mängelbeseitigung dar, zu der ein Neufahrzeugverkäufer verpflichtet ist. Erfüllt ist der Anspruch des Käufers auf Nachbesserung erst dann, wenn der Mangel vollständig und dauerhaft beseitigt ist. Mit einer nur vorübergehenden Besserung ist dem Käufer nicht gedient. Ein nur von Zeit zu Zeit auftretender Motordefekt kann erst dann als beseitigt gelten, wenn die Ursache für das Wiederkehren behoben ist. Das ist dem Beklagten weder im Juni 2004 noch bei dem zweiten Versuch im Oktober 2004 gelungen. Weitere Versuche des Beklagten musste sich der Kläger nicht mehr gefallen lassen.
Allerdings handelt es sich bei der Zwei-Versuche-Regel des § 440 BGB nur um eine allgemeine Richtschnur, von der Abweichungen in beide Richtungen im Einzelfall möglich sind. Wie dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten zuzugeben ist, kann sich je nach Art der Sache und auch nach der Art des Mangels oder aus den sonstigen Umständen ergeben, dass ein Käufer mehr als zwei Nachbesserungsversuche abwarten muss, bevor er vom Vertrag zurücktreten kann. Bei technisch besonders komplizierten Geräten oder bei schwer behebbaren Mängeln können einem Verkäufer in der Tat mehr als zwei Versuche zuzubilligen sein (BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VIII ZR 166/06, NJW 2007,504).
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nach Ansicht des Senats nicht vor. Der Beklagte ist ein Vertragshändler der Marke Citroën. Als solchem steht ihm das technische Know-how des Herstellers zur Verfügung. Abgesehen davon kann er beim Hersteller Regress nehmen. Vor diesem Hintergrund sieht der Senat keine Veranlassung, die in § 440 BGB vorgesehene Zwei-Versuche-Regel zugunsten des insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten zu modifizieren. Damit würden berechtigte Interessen des Klägers verletzt. Auch unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit geht es nicht an, den Kläger weiterhin auf seinen Nacherfüllungsanspruch zu verweisen. Dem steht nicht entgegen, dass er mit dem streitgegenständlichen Fahrzeug inzwischen mehr als 42.000 km zurückgelegt hat. Mit welchen Schwierigkeiten das verbunden gewesen ist, ergibt sich für den Senat nachvollziehbar aus den anschaulichen Schilderungen der Ehefrau und der Tochter des Klägers.
b) Da der Rücktritt nach alledem gerechtfertigt ist, ist der Vertrag gemäß § 346 BGB rückabzuwickeln. Folglich hat der Beklagte den Kaufpreis zurückzuzahlen. Unstreitig beläuft er sich auf 25.695 €. Zwar gibt es Anhaltspunkte dafür, dass der Kaufpreis ganz oder teilweise von der Citroën-Bank finanziert worden ist. Daraus haben die Parteien aber mit Blick auf die Rückabwicklung des Vertrags keine rechtlichen Konsequenzen gezogen, sodass der Senat keinen Grund sieht, bei der Bestimmung der Rückzahlungspflicht des Beklagten darauf einzugehen.
Abzuziehen sind die Gebrauchsvorteile, die der Kläger durch die Benutzung des Fahrzeugs gezogen hat. Wie er im Senatstermin erklärt hat, lässt er sich einen Betrag von 4.316,76 € anrechnen. Dem zugrunde liegt eine Fahrleistung von 42.064 km. Ein höherer Abzug ist nicht gerechtfertigt. Er wird von dem Beklagten auch nicht geltend gemacht.
Damit ergibt sich ein Anspruch des Klägers auf Zahlung von 21.378,24 €.
2. Hinzu kommt ein Betrag in Höhe von 600 € als Entgelt für die Citroën-Garantie. Gerechtfertigt ist dieser Anspruch zwar nicht unter dem Gesichtspunkt des Verwendungsersatzes (§ 347 II BGB). Er hat seine Grundlage jedoch in § 437 Nr. 3 BGB i. V. mit § 284 BGB. Es handelt sich um eine für den Kläger nutzlose Aufwendung. Dass der Beklagte weder den Mangel noch das Fehlschlagen der Nachbesserung zu vertreten hat, ist nicht dargetan, jedenfalls ist die Verschuldensvermutung nicht widerlegt …