1. Ein Kauf­ver­trag über ei­nen Neu- oder Ge­braucht­wa­gen, der zwi­schen ei­nem Un­ter­neh­mer und ei­nem Ver­brau­cher un­ter aus­schließ­li­cher Ver­wen­dung von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln ge­schlos­sen wird, ist nur dann kein Fern­ab­satz­ver­trag i. S. von § 312b I 1 BGB, wenn der Un­ter­neh­mer – was er dar­le­gen und be­wei­sen muss – kein für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­tes Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tem nutzt. Der Un­ter­neh­mer nutzt ein für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­tes Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tem, wenn er Fahr­zeu­ge auf ei­ner In­ter­net­platt­form wie „mobile.​de“ zum Kauf an­bie­tet und sei­nen Be­trieb so or­ga­ni­siert hat, dass er re­gel­mä­ßig im Fern­ab­satz zu tä­ti­gen­de Ge­schäf­te be­wäl­ti­gen kann.
  2. Die Aus­übung ei­nes fern­ab­satz­recht­li­chen Wi­der­rufs­rechts ist nicht schon des­halb rechts­miss­bräuch­lich (§ 242 BGB), weil der Käu­fer – sei es aus Un­wis­sen­heit oder aus Be­quem­lich­keit – die tat­säch­lich be­ste­hen­de Mög­lich­keit, den Kauf­ge­gen­stand (hier: ein Kraft­fahr­zeug) vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags zu be­sich­ti­gen und den Kauf­ver­trag „vor Ort“ zu schlie­ßen, nicht wahr­ge­nom­men hat.

LG Sten­dal, Ur­teil vom 23.01.2007 – 22 S 138/06

Sach­ver­halt: Der Klä­ger, der mit der be­klag­ten Kfz-Händ­le­rin ei­nen Kauf­ver­trag ge­schlos­sen hat, nimmt die­se auf Rück­zah­lung ei­ner An­zah­lung in An­spruch.

Das Amts­ge­richt hat die Kla­ge nach ei­ner Be­weis­auf­nah­me ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat es im We­sent­li­chen aus­ge­führt, der Wi­der­ruf des Klä­gers sei­ner auf den Ab­schluss des Kfz-Kauf­ver­trags ge­rich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung sei ins Lee­re ge­gan­gen, weil die­ser Ver­trag kein Fern­ab­satz­ver­trag sei. Hin­sicht­lich der Män­gel, die der Klä­ger ge­rügt ha­be (Lack, Front­schei­be, In­nen­aus­stat­tung), ha­be ihn die Be­klag­te nicht arg­lis­tig ge­täuscht. Den For­de­run­gen des Klä­gers kön­ne die Be­klag­te da­her ei­nen An­spruch auf pau­scha­lier­ten Scha­dens­er­satz we­gen der Nicht­ab­nah­me des Fahr­zeugs und ei­nen An­spruch auf Er­satz von Rechts­an­walts­kos­ten ent­ge­gen­set­zen.

Da­ge­gen rich­tet sich die Be­ru­fung des Klä­gers. Er macht un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung sei­nes erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens gel­tend, ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Amts­ge­richts ha­be er sei­ne auf den Ab­schluss des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kfz-Kauf­ver­trags ge­rich­te­te Wil­lens­er­klä­rung wirk­sam wi­der­ru­fen. Denn die­ser Ver­trag sei ein Fern­ab­satz­ver­trag. Die Be­klag­te un­ter­hal­te, wie auch ein von ihm nach­träg­lich mit­hil­fe ei­nes Be­kann­ten vor­ge­nom­me­ner Test­kauf ge­zeigt ha­be, ein für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­tes Ver­triebs­sys­tem. Das Amts­ge­richt ha­be bei sei­ner ge­gen­tei­li­gen Be­ur­tei­lung sei­nen dies­be­züg­li­chen Vor­trag nicht voll­stän­dig zur Kennt­nis ge­nom­men und die von ihm er­klär­ten Wi­der­ru­fe un­be­ach­tet ge­las­sen. Dass die Be­klag­te den Zu­gang des un­ter dem 12.08.2005 ver­sand­ten Wi­der­rufs be­strei­te, sei an­ge­sichts der vor­ge­leg­ten Be­le­ge (Te­le­fax-Sen­de­be­richt, Ein­schrei­ben-Aus­lie­fe­rungs­be­leg) un­er­heb­lich. Au­ßer­dem – so macht der Klä­ger wei­ter gel­tend – hät­ten die Par­tei­en den Kauf­ver­trag ein­ver­nehm­lich auf­ge­ho­ben, als er in den Ge­schäfts­räu­men der Be­klag­ten er­schie­nen sei, um das ge­kauf­te Fahr­zeug ab­zu­ho­len. Dies er­ge­be sich ins­be­son­de­re aus der Aus­sa­ge des Zeu­gen Z. Dar­über hin­aus ha­be er sei­ne Ver­trags­er­klä­rung wirk­sam an­ge­foch­ten, weil die Be­klag­te ihn über den Zu­stand des Fahr­zeugs arg­lis­tig ge­täuscht ha­be. Der Ver­kaufs­mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten V ha­be in Be­zug auf den Zu­stand des Fahr­zeugs An­ga­ben „ins Blaue hin­ein“ ge­macht. In die­sem Zu­sam­men­hang ha­be sich das Amts­ge­richt nicht ge­nü­gend mit der Aus­sa­ge des Zeu­gen Z aus­ein­an­der­ge­setzt und die Aus­sa­ge des Zeu­gen V feh­ler­haft aus­ge­wer­tet. Ei­nen An­spruch auf pau­scha­lier­ten Scha­dens­er­satz ha­be die Be­klag­te schon man­gels ei­ner ent­spre­chen­den Ver­ein­ba­rung nicht; ih­re All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen sei­en nicht Be­stand­teil des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags ge­wor­den. Die Er­stat­tung von Rechts­an­walts­kos­ten kön­ne die Be­klag­te man­gels ei­ner ent­spre­chen­den ge­setz­li­chen An­spruchs­grund­la­ge nicht mit Er­folg ver­lan­gen.

Die Be­klag­te macht gel­tend, der zwi­schen den Par­tei­en zu­stan­de ge­kom­me­ne Kauf­ver­trag sei kein Fern­ab­satz­ver­trag. Sie schlie­ße nur ganz aus­nahms­wei­se Kauf­ver­trä­ge un­ter aus­schließ­li­chem Ein­satz von Fern­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mit­teln; dies stel­le in ih­rem Ge­schäfts­be­s­trieb ei­ne ab­so­lu­te Aus­nah­me dar. Des­halb un­ter­hal­te sie auch kei­ne für den Fern­ab­satz ty­pi­sche „Hot­line“, son­dern le­dig­lich ei­ne nach dem Ge­setz not­wen­di­ge „In­fo­li­ne“. Der streit­ge­gen­ständ­li­che Kauf­ver­trag sei dem­entspre­chend nicht un­ter stan­dar­di­sier­ten Be­din­gun­gen ge­schlos­sen wor­den; viel­mehr sei­en so­wohl fern­münd­lich als auch fern­schrift­lich in­di­vi­du­el­le Ab­spra­chen ge­trof­fen wor­den. Der Klä­ger ha­be an­läss­lich der letzt­lich ge­schei­ter­ten Über­ga­be des Fahr­zeugs auch zahl­rei­che Nach­bes­se­rungs­wün­sche an­ge­mel­det, und der Kauf­ver­trag sei auf sei­nen aus­drück­li­chen Wunsch wie ge­sche­hen ge­schlos­sen wor­den. Des­halb ver­hal­te sich der Klä­ger rechts­miss­bräuch­lich, wenn er nun gel­tend ma­che, die Par­tei­en hät­ten ei­nen Fern­ab­satz­ver­trag ge­schlos­sen. Der Test­kauf, den der Klä­ger ver­an­lasst ha­be, sei zum ei­nen ein pro­zes­su­al ver­spä­te­tes und zum an­de­ren ein rechts­miss­bräuch­li­ches An­griffs­mit­tel. Selbst­ver­ständ­lich hät­te der Klä­ger das in Re­de ste­hen­de Fahr­zeug, das im Üb­ri­gen le­dig­lich nor­ma­le Ge­brauchs­spu­ren auf­ge­wie­sen ha­be, auch be­sich­ti­gen kön­nen. Den Riss in der Front­schei­be des Pkw ha­be V le­dig­lich über­se­hen, ihn dem Klä­ger aber nicht arg­lis­tig ver­schwie­gen. V ha­be auch kei­ne An­ga­ben „ins Blaue hin­ein“ ge­macht. Die Aus­sa­ge des Zeu­gen Z sei in­so­weit sub­st­an­z­arm, und aus sei­ner Aus­sa­ge kön­ne auch nicht ge­schlos­sen wer­den, dass die Par­tei­en den streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag ein­ver­ständ­lich auf­ge­ho­ben hät­ten. Dies sei al­len­falls der sub­jek­ti­ve Ein­druck des Zeu­gen.

Die Be­ru­fung hat­te im We­sent­li­chen Er­folg.

Aus den Grün­den: Das Ur­teil des Amts­ge­richts be­ruht auf ei­ner ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­ver­let­zung nach § 546 ZPO, so­dass die nach § 529 I Nr. 1 ZPO zu­grun­de zu le­gen­den Tat­sa­chen ei­ne an­de­re Ent­schei­dung recht­fer­ti­gen.

Zu Recht macht der Klä­ger gel­tend, dass er ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung der von ihm ge­leis­te­ten An­zah­lung in Hö­he von 3.000 € ge­mäß §§ 433, 312b I 1, 312d I 1, 355, 357 I 1, 346 ff. BGB; Art. 229 § 5 EGBGB in der Fas­sung nach dem 01.01.2002 hat.

Ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung des Amts­ge­richts ist fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te in Hin­blick auf den streit­be­fan­ge­nen Kauf­ver­trag ge­mäß § 312b I 1 BGB den Re­ge­lun­gen über Fern­ab­satz­ver­trä­ge un­ter­wor­fen ge­we­sen ist. Bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag han­delt es sich um ei­nen Fern­ab­satz­ver­trag, weil die Be­klag­te als ge­werb­li­che Un­ter­neh­me­rin i. S. des § 14 BGB mit dem Klä­ger als Ver­brau­cher i. S. des § 13 BGB ei­nen Ver­trag über die Lie­fe­rung ei­ner Wa­re mit den Mit­teln des Fern­ab­sat­zes i. S. des § 312b II BGB ge­schlos­sen hat.

Ins­be­son­de­re kön­nen auch Neu- und Ge­braucht­fahr­zeu­ge Ge­gen­stand ei­nes Fern­ab­satz­ver­trags sein, wie sich un­mit­tel­bar aus dem Nor­men­be­fund der §§ 312b I 1, III, 312d IV Nr. 1 BGB er­gibt. Denn ein Kraft­fahr­zeug mag zwar ein in­di­vi­du­el­ler Kauf­ge­gen­stand sein. Er ist aber re­gel­mä­ßig im We­sent­li­chen nicht nach der Kun­den­spe­zi­fi­ka­ti­on an­ge­fer­tigt oder al­lein auf des­sen in­di­vi­du­el­le Be­dürf­nis­se zu­ge­schnit­ten, da er grund­sätz­lich – und so auch hier – an­der­wei­tig oh­ne nen­nens­wer­ten Ver­lust in­fol­ge in­di­vi­du­el­ler Kun­den­wün­sche ab­ge­setzt wer­den kann (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 65. Aufl., § 312d Rn. 9).

Ei­ne An­wend­bar­keit die­ser Vor­schrift ist – wo­bei die Be­weis­last bei der Be­klag­ten liegt – nur dann aus­ge­schlos­sen, wenn ein Ver­trags­schluss nicht im Rah­men ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tems er­folgt. Letz­te­res aber ist nur der Fall, wenn der ein La­den­ge­schäft un­ter­hal­ten­der An­bie­ter kei­ner­lei or­ga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men für ei­nen Ab­satz im We­ge von Fern­ab­satz­ver­trä­gen trifft, son­dern al­len­falls ge­le­gent­lich im Rah­men sei­nes La­den­ge­schäfts te­le­fo­nisch Be­stel­lun­gen an­nimmt und aus­führt (vgl. Pa­landt/Hein­richs, BGB, 65. Aufl., § 312b Rn. 11). Wird hin­ge­gen ein Ab­satz der Wa­ren ins­be­son­de­re auch durch ei­ne Prä­sen­ta­ti­on im In­ter­net vor­ge­nom­men, so sind die Re­ge­lun­gen über Fern­ab­satz­ver­trä­ge un­ein­ge­schränkt an­wend­bar (Pa­landt/Hein­richs, a. a. O., § 312b Rn. 11). Be­dient sich da­her ein ge­werb­li­cher An­bie­ter ei­ner In­ter­net­platt­form zum Ab­satz sei­ner Wa­ren, muss er ei­nem Ver­brau­cher ein Wi­der­rufs- und Rück­ga­be­recht ein­räu­men und den Ver­brau­cher hier­über im Rah­men sei­nes An­ge­bots be­leh­ren (vgl. LG Mem­min­gen, Urt. v. 23.06.2004 – 1H O 1016/04, NJW 2004, 2389, 2390 f.).

Ge­mes­sen dar­an hat die vom Amts­ge­richt durch­ge­führ­te Be­weis­auf­nah­me den hin­rei­chend si­che­ren Schluss für das Be­ste­hen ei­nes Fern­ab­satz­ver­trags nicht er­schüt­tert. Denn vor­lie­gend ist der Ver­trags­schluss auf­grund der An­prei­sun­gen der Be­klag­ten über die In­ter­net­platt­form „mobile.​de“ in Form ei­ner in­vi­ta­tio ad of­fe­ren­dum ein­ge­lei­tet und so­dann da­durch be­grün­det wor­den, dass der Klä­ger, oh­ne dass er zu die­sem Zeit­punkt das Fahr­zeug kör­per­lich be­sich­tigt hat­te, mit­tels ei­nes Fax­schrei­bens der Be­klag­ten ein Kauf­an­ge­bot un­ter­brei­tet hat, wel­ches die Be­klag­te ih­rer­seits durch ein Fax­schrei­ben an­ge­nom­men hat. Den der Be­klag­ten da­nach ob­lie­gen­den Be­weis, dass der Ver­trags­schluss nicht im Rah­men ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tems er­folgt ist, hat sie auf­grund der Be­weis­auf­nah­me nicht er­bracht.

Ge­mäß § 286 ZPO kann das Ge­richt im We­ge der frei­en Be­weis­wür­di­gung ei­ne Be­haup­tung dann als be­wie­sen an­se­hen, wenn es von der Wahr­heit über­zeugt ist. Hier­für ge­nügt – da ei­ne ab­so­lu­te Ge­wiss­heit nicht zu er­rei­chen und die Mög­lich­keit des Ge­gen­teils nie gänz­lich aus­zu­schlie­ßen ist – ein für das Le­ben prak­ti­scher Grad an Ge­wiss­heit, ein für ei­nen ver­nünf­ti­gen, den Le­bens­sach­ver­halt klar über­schau­en­den Men­schen so ho­her Grad von Wahr­schein­lich­keit, dass er den Zwei­feln Schwei­gen ge­bie­tet, oh­ne sie völ­lig aus­zu­schlie­ßen (vgl. u. a. BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, BGHZ 53, 245, 255 f. – Ana­st­a­sia; Urt. v. 06.06.1973 – IV ZR 164/71, BGHZ 61, 165, 169).

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung des­sen ist das Feh­len ei­nes für den Fern­ab­satz or­ga­ni­sier­ten Ver­triebs- oder Dienst­leis­tungs­sys­tems nicht an­zu­neh­men. Denn der Zeu­ge B hat im Rah­men sei­ner Ver­neh­mung be­stä­tigt, dass die Be­klag­te pro Jahr un­ge­fähr zehn bis zwan­zig Kraft­fahr­zeu­ge nach den beim Klä­ger zur An­wen­dung ge­kom­me­nen Mo­dus ver­kauft. Hier­mit im Zu­sam­men­hang ste­hend und die An­ga­ben des Zeu­gen B stüt­zend steht die Aus­sa­ge des Zeu­gen V, dass ei­ne Be­stel­lung per Fax zwar vor­kom­me, aber – sei­ner An­sicht nach – ex­trem sel­ten sei. Da­mit ist der durch die Zeu­gen be­wie­se­ne Sach­ver­halt – ge­le­gent­lich Wa­ren über die In­ter­net­platt­form an­zu­bie­ten und an­schlie­ßend durch Fax­schrei­ben zu be­stä­ti­gen – für die An­wen­dung der Re­ge­lun­gen über Fern­ab­satz­ver­trä­ge auf die Be­klag­te aus­rei­chend (vgl. zur ähn­li­chen Fall­kon­stel­la­ti­on LG Mem­min­gen, Urt. v. 23.06.2004 – 1H O 1016/04, NJW 2004, 2389). Denn auch in ei­nem sol­chen Fall wie dem zu ent­schei­den­den er­gibt sich die Schutz­be­dürf­tig­keit des Ver­brau­chers aus der „Un­sicht­bar­keit des Ver­trags­part­ners und des Pro­duk­tes“ (vgl. BGH, Urt. v. 21.10.2004 – III ZR 380/03, BGHZ 160, 393, 398 f. = NJW 2004, 3699, 3700).

Dem ste­hen auch die wei­te­ren Ein­wän­de der Be­klag­ten da­hin ge­hend, dass fern­münd­lich und -schrift­lich in­di­vi­du­el­le Ab­spra­chen und Ver­ein­ba­run­gen ge­trof­fen wor­den sei­en, der Klä­ger Nach­bes­se­rungs­wün­sche an­ge­mel­det ha­be und je­der Kraft­fahr­zeug­kauf in­di­vi­du­ell sei, nicht ent­ge­gen. Denn auf die von der Be­klag­ten schrift­sätz­lich her­aus­ge­stell­te um­fas­sen­de Stan­dar­di­sie­rung kommt es nach Maß­ga­be der obi­gen Aus­füh­run­gen nur in dem von der Kam­mer fest­ge­leg­ten Um­fang an.

Auch die Tat­sa­che, dass die Art des Ver­trags­schlus­ses dem aus­drück­li­chen Wunsch des Klä­gers ent­spro­chen hat, führt nicht da­zu, dass sein Be­ru­fen auf ei­nen Fern­ab­satz­ver­trag als rechts­miss­bräuch­lich i. S. des § 242 BGB zu be­wer­ten wä­re. Dass sich der durch das Fern­ab­satz­recht ge­schütz­te Kun­de sei­nes Rechts auf Be­sich­ti­gung der Wa­re vor Ab­schluss des Ver­trags – sei es aus Be­quem­lich­keit oder aus Un­wis­sen­heit – be­gibt, be­grün­det für sich ge­nom­men noch nicht den Vor­wurf ei­nes rechts­miss­bräuch­li­chen Ver­hal­tens. Dies wä­re nur dann an­zu­neh­men, wenn aus sei­nem Ver­hal­ten auf das be­wuss­te Her­bei­füh­ren ei­ner Rechts­aus­nut­zungs­si­tua­ti­on ge­schlos­sen wer­den könn­te, wo­für im Streit­fall in­des kei­ne zu­rei­chen­den An­knüp­fungs­tat­sa­chen be­ste­hen.

Der Ver­kauf des streit­be­fan­ge­nen Fahr­zeugs über das In­ter­net und an­schlie­ßen­de Fax­schrei­ben stellt da­her ei­nen Fern­ab­satz­ver­trag ge­mäß § 312b I 1 BGB dar. Da­mit hat der Klä­ger als Ver­brau­cher grund­sätz­lich ein Wi­der­rufs- oder Rück­ga­be­recht ge­mäß § 312d I BGB.

Über die­ses Recht ist der Klä­ger in­des von der Be­klag­ten nicht be­lehrt wor­den, so­dass das Wi­der­rufs­recht erst sechs Mo­na­te nach Ver­trags­schluss ge­mäß § 355 III BGB er­lö­schen konn­te. Auf­grund des noch­mals mit an­walt­li­chem Schrift­satz vom 26.08.2005 er­klär­ten Wi­der­rufs ist der am 02.08.2005 ge­schlos­se­ne Kauf­ver­trag wirk­sam und frist­ge­recht wi­der­ru­fen wor­den. Da­her kann es da­hin­ste­hen, ob die Be­klag­te den Zu­gang des pri­vat­schrift­li­chen Wi­der­rufs des Klä­gers vom 11.08.2005 trotz des vor­ge­leg­ten Aus­lie­fe­rungs­be­legs aus­rei­chend be­strit­ten hat, weil je­den­falls der zwei­te Wi­der­ruf des Klä­gers recht­zei­tig er­folgt und der Be­klag­ten zu­ge­gan­gen ist.

Nach § 346 I BGB hat die Be­klag­te da­her die von dem Klä­ger er­hal­te­ne An­zah­lung von 3.000 € an die­sen her­aus­zu­ge­ben.

Hin­sicht­lich der wei­te­ren An- und Ab­mel­de­kos­ten so­wie der Kos­ten der Rück­sen­dung des Kraft­fahr­zeug­briefs an die Be­klag­te hat der Klä­ger kei­nen An­spruch auf Er­satz die­ser Kos­ten ge­mäß § 357 III BGB. Da­nach sind ins­be­son­de­re An­sprü­che auf Scha­dens­er­satz we­gen ei­ner schuld­haf­ten Pflicht­ver­let­zung nach § 280 I BGB aus­ge­schlos­sen. Da­her ist es recht­lich nicht von Be­lang, ob ge­ge­be­nen­falls die Be­klag­te durch ei­ne feh­ler­haf­te An­prei­sung des Kraft­fahr­zeugs in Be­zug auf den Zu­stand den Wi­der­ruf des Klä­gers ver­ur­sacht hat.

Wei­ter­ge­hen­de An­sprü­che aus ei­nem Ver­schul­den bei Ver­trags­schluss nach §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB oder ei­ner sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung nach § 826 BGB be­ste­hen zu­guns­ten des Klä­gers gleich­falls nicht, weil die An­prei­sun­gen der Be­klag­ten auch dann kei­ne arg­lis­ti­ge Täu­schung i. S. des § 123 I BGB dar­stel­len, wenn ein Riss in der Front­schei­be tat­säch­lich nicht mit­ge­teilt wor­den ist und dar­über hin­aus in Be­zug auf die Del­len und Lack­schä­den ein an­de­rer Ein­druck bei dem Klä­ger her­vor­ge­ru­fen wor­den sein mag. Die­se Um­stän­de recht­fer­ti­gen noch nicht das Un­wert­ur­teil ei­ner sit­ten­wid­ri­gen vor­sätz­li­chen Schä­di­gung, weil es sich da­bei mit Blick auf den Kon­sum­ge­gen­stand – Kraft­fahr­zeug – und den feh­len­den Nach­weis für ein vor­sätz­li­ches oder leicht­fer­ti­ges Ver­schwei­gen um Mar­gi­na­li­en im Hin­blick auf den Ge­samt­wert des Kraft­fahr­zeugs han­delt, wo­bei dar­über hin­aus zu­min­dest der Riss in der Front­schei­be un­pro­ble­ma­tisch im We­ge der Nach­er­fül­lung nach § 439 I BGB zu be­he­ben ge­we­sen ist. Dies gilt auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der An­ga­ben des Zeu­gen Z, der ne­ben dem Riss in der Front­schei­be letzt­lich auch nicht mehr als Ge­brauchs­spu­ren be­kun­det hat, wenn­gleich er ih­nen ei­nen an­de­ren Stel­len­wert als die Kam­mer bei­ge­mes­sen ha­ben mag.

So­weit die Be­klag­te ge­gen­über dem An­spruch des Klä­gers ih­rer­seits mit An­sprü­chen auf Er­satz ih­res pau­scha­lier­ten Scha­dens ge­mäß §§ 433 II, 280 I, III, 281, 387 BGB i. V. mit Ab­schnitt IV Nr. 2 ih­rer All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen und der Rechts­an­walts­kos­ten … auf­ge­rech­net hat, greift dies nicht Platz. Da der Klä­ger sein Wi­der­rufs­recht nach § 312d BGB wirk­sam aus­ge­übt hat, liegt ein Ver­schul­den ge­gen sei­ne Ab­nah­me­ob­lie­gen­heit kraft Ge­set­zes nicht vor.

Der Zins­an­spruch ist hin­sicht­lich der Ver­zugs­zin­sen ge­mäß §§ 286 I, 288  BGB; Art. 229 § 1 I 3, § 5 EGBGB in der seit dem 01.01.2002 gül­ti­gen Fas­sung be­grün­det.

Die Kos­ten­ent­schei­dung rich­tet sich nach § 92 I ZPO, weil die Zu­viel­for­de­rung des Klä­gers zwar ge­ring­fü­gig ge­we­sen ist, aber Mehr­kos­ten ver­ur­sacht hat. …

Die Ent­schei­dung über die Nicht­zu­las­sung der Re­vi­si­on be­ruht auf § 543 II 1 ZPO, weil die Rechts­sa­che kei­ne grund­sätz­li­che Be­deu­tung hat so­wie die Fort­bil­dung des Rechts oder die Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung ei­ne Ent­schei­dung des Re­vi­si­ons­ge­richts nicht er­for­dert. Ei­ne grund­sätz­li­che, rechts­fort­bil­den­de oder rechts­si­chern­de Be­deu­tung er­gibt sich nicht dar­aus, dass für die kon­kre­te Fall­kon­stel­la­ti­on noch kei­ne Ent­schei­dung des BGH vor­liegt. Die­ses wä­re nur dann von Be­lang, wenn di­ver­gie­ren­de Ent­schei­dun­gen un­ter­schied­li­cher In­stanz­ge­rich­te vor­lie­gen wür­den, was in­des nicht der Fall ist. Fer­ner­hin bleibt durch die Rechts­an­wen­dung der Kam­mer der fern­münd­li­che oder -schrift­li­che Er­werb ei­nes Kraft­fahr­zeugs ent­ge­gen der Mei­nung der Be­klag­ten recht­lich und tat­säch­lich mög­lich, da die­ser Ver­trag un­schwer nach Maß­ga­be des Fern­ab­satz­ver­trags ab­ge­schlos­sen wer­den kann.

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