Neh­men die Par­tei­en ei­nes Kfz-Kauf­ver­trags das Mo­dell­jahr des Fahr­zeugs in den Ver­trag auf, so ist der Zeit­raum der Her­stel­lung des Fahr­zeugs ge­nau kon­kre­ti­siert und be­schreibt ei­ne ex­ak­te Be­schaf­fen­heit des Kauf­ge­gen­stands. Stammt das Fahr­zeug tat­säch­lich nicht aus dem ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Mo­dell­jahr, liegt ein nicht un­er­heb­li­cher Sach­man­gel vor, der den Käu­fer zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag be­rech­tigt.

OLG Nürn­berg, Ur­teil vom 21.03.2005 – 8 U 2366/04

Sach­ver­halt: Der Klä­ger macht An­sprü­che aus ei­nem Kauf­ver­trag über ei­nen ge­brauch­ten Pkw gel­tend. Die Par­tei­en strei­ten ins­be­son­de­re dar­über, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug man­gel­haft ist, weil es nicht zu dem Mo­dell­jahr 2002, son­dern zum Mo­dell­jahr 2001 ge­hört, und ob des­we­gen der Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt wer­den kann.

Am 01./02.09.2003 schlos­sen die Par­tei­en ei­nen schrift­li­chen Kauf­ver­trag über ei­nen Pkw zu ei­nem Kauf­preis von 23.200 € (brut­to). Un­ter an­de­rem ist an­ge­ge­ben, dass es sich bei dem durch die Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer ge­nau be­zeich­ne­ten Fahr­zeug um ein „Mo­dell­jahr 2002“ han­delt. Wie am 11.09.2003 ver­ein­bart, wur­de der Wa­gen am 12.09.2003 für ei­ne Pau­scha­le von 100 € an den Klä­ger ge­lie­fert und ihm über­ge­ben, wo­bei der Klä­ger al­ler­dings nur ei­nen Schlüs­sel und ei­ne Fern­be­die­nung er­hielt, ob­wohl zu dem Fahr­zeug zwei Schlüs­sel, zwei Fern­be­die­nun­gen und ein so­ge­nann­ten Werk­statt­schlüs­sel ge­hö­ren. Der Klä­ger be­zahl­te bei Lie­fe­rung den Ge­samt­be­trag von 23.300 €. In der Fol­ge über­sand­te der Be­klag­te Schlüs­sel und Fern­be­die­nung an den Klä­ger, der je­doch fest­stell­te, dass der Schlüs­sel das Fahr­zeug nicht star­te­te und die Fern­be­die­nung funk­ti­ons­un­tüch­tig war, da es sich nicht um das Ori­gi­nal­zu­be­hör des Kfz han­del­te. Der Klä­ger küm­mer­te sich dann sel­ber um den Ver­bleib von Schlüs­sel und Fern­be­die­nung und er­hielt die­se am 02.10.2003 vom Vor­be­sit­zer über­sandt.

Es stell­te sich her­aus, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nicht Mo­dell­jahr 2002, son­dern Mo­dell­jahr 2001 ist. Erst­mals mit Schrei­ben vom 23.09.2003 ver­lang­te der Klä­ger Nach­lie­fe­rung ei­nes ver­trags­ge­mä­ßen Pkw Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs. Nach­dem der Be­klag­te hier­auf nicht re­agier­te, ver­lang­te der Klä­ger mit Schrei­ben vom 15.10.2003 Leis­tung von Scha­dens­er­satz Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Pkw und setz­te hier­für ei­ne Frist bis 27.10.2003. Der Be­klag­te ging auf das Ver­lan­gen des Klä­gers nicht ein.

Mit sei­ner Kla­ge ver­langt der Klä­ger Be­zah­lung der für ein ver­gleich­ba­res Fahr­zeug an­fal­len­den Kos­ten, Nut­zungs­aus­fall für fünf­zehn Ta­ge, Er­satz der auf­ge­wen­de­ten An­mel­de­kos­ten und Er­stat­tung ei­nes ein­ge­tre­te­nen Zins­aus­fall­scha­dens. Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen, ob­wohl es das ab­wei­chen­de Mo­dell­jahr als Man­gel an­ge­se­hen hat. Es hält den Rück­tritt für aus­ge­schlos­sen, weil die Pflicht­ver­let­zung i. S. von § 323 V 2 BGB un­er­heb­lich sei. Dar­über hin­aus sieht es in dem Rück­tritts­ver­lan­gen des Klä­gers ei­ne un­zu­läs­si­ge Rechts­aus­übung i. S. von § 242 BGB. Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te im We­sent­li­chen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Der Klä­ger hat we­gen sei­nes wirk­sam er­klär­ten Rück­tritts vom Kauf­ver­trag An­spruch auf Zah­lung von Scha­dens­er­satz Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Pkw.

a) Zwi­schen den Par­tei­en ist ein Kauf­ver­trag ge­mäß § 433 BGB zu­stan­de ge­kom­men.

b) Das ge­lie­fer­te Fahr­zeug ist man­gel­haft i. S. von § 434 I BGB, da die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit „Mo­dell­jahr 2002“ nicht vor­liegt.

Un­ter Be­schaf­fen­heit ist der tat­säch­li­che Zu­stand des Kauf­ge­gen­stan­des zu ver­ste­hen und die mit ihm ver­bun­de­nen Ei­gen­schaf­ten. Mit der An­ga­be des Mo­dell­jah­res wird zum Aus­druck ge­bracht, dass das Fahr­zeug in­ner­halb ei­nes be­stimm­ten Zeit­rau­mes pro­du­ziert wur­de und die bis zum Be­ginn des be­zeich­ne­ten Mo­dell­jah­res vom Her­stel­ler vor­ge­nom­me­nen tech­ni­schen Ver­än­de­run­gen be­inhal­tet. Es ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig, dass Fahr­zeu­ge des Mo­dell­jah­res 2002 in der Zeit KW 35/01 bis KW 34/02 pro­du­ziert wur­den und sol­che des Mo­dell­jah­res 2001 von der KW 20/00 bis zur KW 34/01.

Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug mit Erst­zu­las­sungs­da­tum 23.09.2002, das aus dem Mo­dell­jahr 2001 stammt, kann da­her bes­ten­falls – wenn es in der letz­ten Ka­len­der­wo­che des Mo­dell­jah­res 2001 pro­du­ziert wur­de – in der Wo­che vom 20.08. bis 26.08.2001 das Her­stel­ler­werk ver­las­sen ha­ben; es kann aber auch be­reits in der Wo­che vom 15.05. bis 21.05.2000 her­ge­stellt wor­den sein. Im Zeit­punkt der Erst­zu­las­sung am 23.09.2002 war es da­her min­des­tens schon ein Jahr und ei­nen Mo­nat alt. Der Ver­kauf an den Klä­ger er­folg­te fast ein gan­zes Jahr spä­ter. Wä­re das Fahr­zeug, wie ver­trag­lich ver­ein­bart, Mo­dell­jahr 2002, wä­re es im Zeit­punkt des Er­werbs durch den Klä­ger schlech­tes­ten­falls zwei Jah­re und bes­ten­falls ein Jahr alt ge­we­sen.

Die La­ger­dau­er ei­nes Fahr­zeu­ges ist aber für die Wert­schät­zung ei­nes Fahr­zeugs von we­sent­li­cher Be­deu­tung. Die vom BGH (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160) zur Fra­ge der Fa­brik­neu­heit ent­wi­ckel­te Recht­spre­chung kann hier in­so­weit auch An­wen­dung fin­den, als es dem Käu­fer ei­nes Fahr­zeu­ges mit ei­ner Lauf­leis­tung von 600 km und ei­nem Erst­zu­las­sungs­da­tum von knapp ei­nem Jahr vor Ver­trags­ab­schluss und An­ga­be ei­nes Mo­dell­jah­res er­sicht­lich dar­auf an­kommt, dass das Fahr­zeug nicht äl­ter ist als nach die­ser Be­schrei­bung mög­lich. Denn auch hier wirkt sich der Al­te­rungs­pro­zess, der mit dem Ver­las­sen des Her­stel­lungs­be­trie­bes be­ginnt, aus. Der Zu­stand ei­nes Fahr­zeu­ges ver­schlech­tert sich auf­grund von Ma­te­ri­al­er­mü­dung und phy­si­ka­li­schen Ver­än­de­run­gen. Dar­über hin­aus ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass wäh­rend ei­nes Mo­dell­jah­res, was der Be­klag­te auch nicht be­strei­tet, Ver­än­de­run­gen in tech­ni­scher Hin­sicht vor­ge­nom­men wer­den. Ins­be­son­de­re auf dem elek­tro­ni­schen Sek­tor fin­det ei­ne stän­di­ge und schnel­le Ent­wick­lung statt, die im­mer wie­der zu Mo­di­fi­zie­run­gen am Fahr­zeug füh­ren. Wä­re der streit­ge­gen­ständ­li­che Vol­vo tat­säch­lich aus dem Mo­dell­jahr 2002, so wä­re er mit all den tech­ni­schen Ver­än­de­run­gen aus­ge­stat­tet, die zu­min­dest bis 26.08.2001 vom Her­stel­ler vor­ge­nom­men wur­den.

Grund­sätz­lich kann ein Käu­fer ei­nes Kfz, wenn nichts Nä­he­res im Kauf­ver­trag an­ge­ge­ben ist, nicht oh­ne Wei­te­res da­von aus­ge­hen, dass das Fahr­zeug so­fort nach der Her­stel­lung zum Stra­ßen­ver­kehr zu­ge­las­sen wor­den ist. Ein Käu­fer darf aber dar­auf ver­trau­en, dass zwi­schen Her­stel­lung und Erst­zu­las­sung ein re­la­tiv über­schau­ba­rer Zeit­raum liegt. Wenn Ver­trags­par­tei­en das Da­tum der Erst­zu­las­sung in den Kauf­ver­trag auf­neh­men, liegt dar­in die kon­klu­den­te Ver­ein­ba­rung, dass das Da­tum der Her­stel­lung je­den­falls nicht meh­re­re Jah­re da­von ab­weicht (vgl. OLG Karls­ru­he, Urt. v. 26.05.2004 – 1 U 10/04, VersR 2005, 234). Neh­men die Ver­trags­par­tei­en so­gar das Mo­dell­jahr im Kauf­ver­trag auf, so ist der Zeit­raum der mög­li­chen Her­stel­lung ge­nau kon­kre­ti­siert und be­schreibt da­mit ei­ne ex­ak­te Be­schaf­fen­heit des Kauf­ge­gen­stands.

Das vom Klä­ger er­wor­be­ne Kfz hat­te nicht die im Kauf­ver­trag ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit und war da­her man­gel­haft. Der Klä­ger konn­te aus die­sem Grund ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 434, 440, 323 BGB vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten. Es kommt hier­bei nicht dar­auf an, von wem die An­ga­be im Kauf­ver­trag ur­sprüng­lich stammt, da der Be­klag­te un­strei­tig den Ver­trag un­ter­schrie­ben hat und als Kfz-Händ­ler auch weiß, was mit Mo­dell­jahr ge­meint ist. Ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss wur­de nicht ver­ein­bart, so­dass es auf die Fra­ge arg­lis­ti­ger Täu­schung nicht an­kommt.

c) Der Rück­tritt ist auch nicht ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen, weil die Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist.

Die Schlechter­fül­lung stellt ei­nen Grund für den To­tal­rück­tritt dar, wenn die Pflicht­ver­let­zung nicht un­er­heb­lich ist. Es kommt hier­bei nicht auf ei­nen Ver­stoß ge­gen Ver­hal­tens­pflich­ten und des­sen „Er­heb­lich­keit“ an, son­dern auf die ob­jek­ti­ve Stö­rung, al­so auf den Man­gel (MünchKomm-BGB, 4. Aufl. [2003], § 323 Rn. 243). Wie bei § 281 I 3 BGB be­darf es ei­ner um­fas­sen­den In­ter­es­sen­ab­wä­gung, bei der auch der für ei­ne Män­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­che Auf­wand zu be­rück­sich­ti­gen ist. Ei­ne Män­gel­be­sei­ti­gung ist im vor­lie­gen­den Fall über­haupt nicht mög­lich. Es kommt aber auch nicht dar­auf an, ob der ob­jek­ti­ve Markt­wert – der durch ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten fest­zu­stel­len wä­re – des Mo­dell­jah­res 2002 von dem des Mo­dell­jah­res 2001 ab­weicht. Viel­mehr ist dar­auf ab­zu­stel­len, dass das Mo­dell­jahr für das Al­ter und den tech­ni­schen Zu­stand be­zo­gen auf die Her­stel­lung von er­heb­li­cher Be­deu­tung ist, was für den Käu­fer ein we­sent­li­ches Kri­te­ri­um für die Kauf­ent­schei­dung sein kann und für den Klä­ger nach sei­nem Vor­trag auch ge­we­sen ist. Es ist hier­bei zu be­rück­sich­ti­gen, dass in zu­neh­men­dem Ma­ße in den Pres­se­ver­öf­fent­li­chun­gen und auch in Kauf­an­zei­gen ins­be­son­de­re auch im In­ter­net die Fra­ge des Mo­dell­jah­res the­ma­ti­siert wird und ein­zel­ne Mo­dell­jah­re ei­nes be­stimm­ten Fahr­zeug­typs mit­ein­an­der ver­gli­chen wer­den. Auch die Au­to­in­dus­trie sel­ber gibt, zum Bei­spiel aus An­lass der IAA in Frank­furt, be­kannt, wel­che Ver­än­de­run­gen im neu­en Mo­dell­jahr vor­ge­nom­men wer­den. Das Mo­dell­jahr stellt da­her auch in der öf­fent­li­chen Mei­nung ver­mehrt ei­nen wert­bil­den­den Fak­tor dar. Wird das Mo­dell­jahr – wie vor­lie­gend – un­zu­tref­fend an­ge­ge­ben, so stellt dies nach Auf­fas­sung des Se­nats ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung i. S. von § 323 V 2 BGB dar.

d) Ei­ne Frist­set­zung war ge­mäß §§ 440, 323 II BGB ent­behr­lich, da ei­ne Män­gel­be­sei­ti­gung nicht mög­lich ist.

e) Die Aus­übung des Rück­tritts­rech­tes ver­stößt auch nicht, wie das Erst­ge­richt meint, ge­gen Treu und Glau­ben. Dass der Klä­ger das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug trotz er­klär­ten Rück­tritts wei­ter­hin be­nutzt, liegt in der Na­tur der Sa­che, da es ja zu die­sem Zwe­cke an­ge­schafft wur­de und auf­grund sei­nes Wer­tes auch nicht ein­fach durch ei­nen an­de­ren Pkw er­setzt wer­den kann. Es kommt hier auf ei­ne Ab­wä­gung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­par­tei­en an. In al­ler Re­gel wird dem Käu­fer die blo­ße, den Rah­men des Üb­li­chen nicht über­schrei­ten­de Wei­ter­be­nut­zung des Wa­gens nicht als il­loya­les, wi­der­sprüch­li­ches Ver­hal­ten vor­ge­wor­fen wer­den kön­nen, weil dies für ihn güns­ti­ger als die Be­schaf­fung ei­nes Er­satz­fahr­zeugs sein wird. Die In­ter­es­sen des Ver­käu­fers wer­den da­durch ge­wahrt, dass er An­spruch auf Wert­er­satz für die vom Käu­fer ge­nos­se­nen Ge­brauchs­vor­tei­le er­he­ben kann (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160).

Auch der Um­stand, dass das Mo­dell­jahr ei­ne von 21 Ei­gen­schaf­ten des Fahr­zeugs ist ge­mäß dem Kauf­ver­trag, lässt die Aus­übung des Rück­trit­tes nicht treu­wid­rig i. S. von § 242 BGB er­schei­nen. Re­gu­la­tiv ist hier die Fra­ge der Er­heb­lich­keit ge­mäß § 323 V 2 BGB. Die An­zahl der aus­ge­führ­ten Be­schrei­bungs­merk­ma­le des Kauf­ge­gen­stands spielt kei­ne Rol­le.

2. Ge­mäß § 346 I BGB sind die emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen zu­rück­zu­ge­wäh­ren und die ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen her­aus­zu­ge­ben. Je­doch ist ge­mäß § 325 BGB das Recht, Scha­dens­er­satz zu ver­lan­gen, nicht aus­ge­schlos­sen. Der Klä­ger kann da­her ge­mäß § 281 BGB Scha­dens­er­satz­an­sprü­che gel­tend ma­chen. Im Ein­zel­nen hat er fol­gen­de An­sprü­che:

a) Für fünf­zehn Ta­ge, in de­nen der Klä­ger das Fahr­zeug we­gen Feh­lens des kom­plet­ten Schlüs­sel­sat­zes nicht nutz­te, kann er Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung in Hö­he von 65 € pro Tag, ins­ge­samt al­so 975 € ver­lan­gen.

Der Be­klag­te schul­de­te dem Klä­ger auf­grund des Kauf­ver­trags die Lie­fe­rung des Kraft­fahr­zeugs in­klu­si­ve al­ler da­zu­ge­hö­ren­den Schlüs­sel. Un­strei­tig wur­de der Vol­vo am 12.09.2003 le­dig­lich mit ei­nem Schlüs­sel und ei­ner Fern­be­die­nung an den Klä­ger über­ge­ben, ob­wohl zum Fahr­zeug zwei Schlüs­sel, zwei Fern­be­die­nun­gen und ein so­ge­nann­ter Werk­statt­schlüs­sel ge­hö­ren. So­lan­ge der Klä­ger nicht im Be­sitz al­ler Schlüs­sel ist, be­steht die Ge­fahr, dass das Fahr­zeug von Drit­ten, die über die Schlüs­sel ver­fü­gen, ge­nutzt und schlimms­ten­falls ent­wen­det wird. Wenn sich der Klä­ger vor die­ser nicht aus­schließ­ba­ren Ge­fahr da­durch schützt, dass er das Fahr­zeug an ei­nem si­che­ren, für Frem­de un­zu­gäng­li­chen Ort ver­wahrt und auf die Nut­zung ver­zich­tet, so stellt dies ei­nen Scha­den dar, der ihm auf­grund der un­voll­stän­di­gen Lie­fe­rung des Kraft­fahr­zeugs durch den Be­klag­ten ent­stan­den ist. Der Klä­ger hat den Be­klag­ten auch zur so­for­ti­gen Nach­lie­fe­rung der Schlüs­sel auf­ge­for­dert. Die­ser ist dem aber nicht, zu­min­dest nicht ord­nungs­ge­mäß, nach­ge­kom­men, wes­halb der Klä­ger nur durch ei­ge­ne In­itia­ti­ve in den Be­sitz der Schlüs­sel und da­mit des voll­stän­di­gen Kauf­ge­gen­stands ge­kom­men ist.

Die Hö­he der Nut­zungs­aus­fall­ent­schä­di­gung von 65 € pro Tag er­gibt sich aus der Ta­bel­le von San­den/Ber­ner/Kü­pers­busch und wur­de vom Be­klag­ten auch nicht sub­stan­zi­iert be­strit­ten.

b) Der Klä­ger kann den Be­trag als Scha­dens­er­satz ver­lan­gen, der für ein Fahr­zeug wie im Ver­trag be­schrie­ben im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses üb­lich und an­ge­mes­sen war. Der Be­klag­te be­strei­tet nicht, dass der Markt­preis da­mals 30.802 € be­tra­gen hat. Viel­mehr trägt er so­gar sel­ber vor, dass der Kauf­preis von 23.200 € min­des­tens 5.000 € bis 6.000 € un­ter dem Markt­preis lag. Der Klä­ger ist im We­ge des Scha­dens­er­sat­zes so zu stel­len, wie er ge­stan­den hät­te, wenn der Ver­trag ord­nungs­ge­mäß er­füllt wor­den wä­re. Er kann da­her den orts­üb­li­chen und an­ge­mes­se­nen Markt­preis er­setzt ver­lan­gen. Die­ser be­trägt un­strei­tig 30.802 €.

c) Die Kos­ten für die An­mel­dung des Pkw in Hö­he von 48,20 € sind vom Klä­ger un­nütz auf­ge­wen­det wor­den, da er das Fahr­zeug zu­rück­gibt und ein neu­es er­neut an­mel­den muss.

d) Der Klä­ger hat dar­über hin­aus auch An­spruch auf Er­satz des gel­tend ge­mach­ten Zins­aus­fall­scha­dens, da der Kauf­preis erst fäl­lig ge­we­sen wä­re mit Über­ga­be des voll­stän­di­gen Schlüs­sel­sat­zes al­so am 02.10.2003. Ein Zins­satz von 1 % ist an­ge­mes­sen. Der Zins­aus­fall­scha­den be­trägt so­mit 12,94 €.

e) Der Klä­ger lässt sich die an­zu­rech­nen­den Nut­zungs­vor­tei­le ab­zie­hen.

Die im Fal­le der Rück­ab­wick­lung ei­nes Kauf­ver­trags über ein Kraft­fahr­zeug ge­mäß § 346 I BGB ge­schul­de­te Ver­gü­tung der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen, al­so der aus­zu­keh­ren­de Wert ei­nes tat­säch­lich er­folg­ten Ge­brauchs, ist über § 287 II ZPO zu schät­zen. Da­bei ist An­knüp­fungs­punkt ei­ner­seits der ge­zahl­te Brut­to­kauf­preis; denn die­ser ver­kör­pert den ge­sam­ten Nut­zungs­wert des Fahr­zeu­ges. An­de­rer­seits stellt die im Ein­zel­fall un­ter ge­wöhn­li­chen Um­stän­den zu er­zie­len­de Ge­samt­fahr­leis­tung den Ge­samt­ge­brauchs­wert dar. Wei­ter­hin steht fest, dass der Ge­brauchs­wert ei­nes Fahr­zeugs „li­ne­ar“ auf­ge­zehrt wird, al­so nicht so wie ein Wert­ver­lust, wel­cher be­kann­ter­ma­ßen ei­nen de­gres­si­ven Ver­lauf nimmt. Zu ver­gü­ten sind die Ge­brauchs­vor­tei­le bis zur Rück­ga­be des Fahr­zeugs …

Was nun die Be­stim­mung der Ge­samt­fahr­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs an­geht, müs­sen die ver­schie­de­nen Halt­bar­keits­kri­te­ri­en ge­wich­tet und so ei­ne Pro­gno­se an­ge­stellt wer­den. Bei ei­nem Fahr­zeug der Mar­ke Vol­vo und hier dem Mo­dell V70 han­delt es sich ge­richts­be­kann­ter Ma­ßen um ein so­li­des und lang­le­bi­ges Kraft­fahr­zeug. Ei­ne Fahr­leis­tung von 250.000 km stellt bei nor­ma­len Fahr­ver­hal­ten und re­gel­mä­ßi­ger War­tung die Re­gel dar. Der Se­nat geht da­her von ei­ner er­wart­ba­ren Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km aus. Dann er­gibt sich ein an­zu­set­zen­der Ge­brauchs­vor­teil mit 0,4 % des Brut­to­kauf­prei­ses pro 1.000 km, das ist ein Wert von 93 € je 1.000 km oder 0,093 € je Ki­lo­me­ter.

Der Se­nat hält es hier­bei für recht­lich un­be­denk­lich und für die Par­tei­en hilf­reich, die ex­ak­te Hö­he der Ge­brauchs­ver­gü­tung nicht (be­zo­gen auf den Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung) selbst aus­zu­rech­nen und so­dann vom aus­zu­rech­nen­den Kauf­preis ab­zu­zie­hen, son­dern le­dig­lich die (ein­fach durch­zu­füh­ren­de) Ab­zugs­be­rech­nung vor­zu­ge­ben. Der voll­streck­ba­re In­halt ei­nes sol­chen Ur­teils ist ein­deu­tig. Bei der Durch­füh­rung des Ur­teils­aus­spruchs wird auf die­se Wei­se durch die Par­tei­en bzw. ge­ge­be­nen­falls den Ge­richts­voll­zie­her dann stets be­ach­tet, dass die Ge­brauchs­vor­tei­le grund­sätz­lich bis zum Ta­ge der Rück­ga­be zu ver­gü­ten sind. Der Sa­che nach geht es in die­sem Zu­sam­men­hang nicht et­wa nur um die Ver­mei­dung an­sons­ten ein­tre­ten­der klei­ne­rer Un­ge­nau­ig­kei­ten, son­dern es wer­den zwi­schen dem Schluss der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung und der Voll­stre­ckung häu­fig ein­tre­ten­de er­heb­li­che Än­de­run­gen qua­si au­to­ma­tisch be­rück­sich­tigt (vgl. hier­zu auch OLG Karls­ru­he, Urt. v. 07.03.2003 – 14 U 154/01, NJW 2003, 1950) …

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