1. Ein Rück­tritts­recht des Käu­fers be­steht grund­sätz­lich nur, wenn der Käu­fer dem Ver­käu­fer er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat. Was an­ge­mes­sen ist, hängt von der Art des Sach­man­gels ab. Setzt der Käu­fer dem Ver­käu­fer ei­ne un­an­ge­mes­sen kur­ze Frist, so ver­liert er da­durch sein Rück­tritts­recht noch nicht. Er muss aber ei­ne an­ge­mes­se­ne Zeit ab­war­ten, be­vor er zu­rück­tritt; ein ver­früh­ter Rück­tritt ist un­wirk­sam.
  2. Ein Fahr­zeug kann nur als „Mon­tags­au­to“ ein­ge­stuft wer­den, wenn hin­rei­chen­der An­lass zu der An­nah­me be­steht, dass ihm ei­ne Feh­l­er­ge­neigt­heit in­ne­wohnt, auf­grund de­rer das Fahr­zeug als ins­ge­samt man­gel­be­haf­tet und nicht nach­bes­se­rungs­fä­hig zu gel­ten hat.

OLG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 30.07.2003 – I-3 U 4/03

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te mit schrift­li­chem Ver­trag vom 22.04.2002 bei der be­klag­ten BMW-Ver­trags­händ­le­rin ei­nen neu­en BMW 525i Tou­ring für 45.400 €. Das Fahr­zeug wur­de am 28.05.2002 zu­ge­las­sen und dem Klä­ger über­ge­ben.

Der Klä­ger be­haup­tet, be­reits kurz nach Über­nah­me hät­ten sich an dem Pkw zahl­rei­che gra­vie­ren­de Män­gel ge­zeigt, die die Be­klag­te über­wie­gend nicht be­sei­tigt ha­be. Er mach­te mit An­walts­schrei­ben vom 21.08.2002 „von dem ihm zu­ste­hen­den Wand­lungs­recht Ge­brauch“ und for­der­te die Be­klag­te un­ter Frist­set­zung zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung des Fahr­zeugs auf. Die Be­klag­te wies die­ses An­sin­nen un­ter dem 26.08.2002 zu­rück, da die an­ge­führ­ten Män­gel zum Teil be­ho­ben, an­de­re erst durch das Schrei­ben vom 21.08.2002 be­kannt­ge­ge­ben wor­den sei­en, hin­sicht­lich der be­an­stan­de­ten Mo­tor­ge­räu­sche ei­ne „ziel­füh­ren­de Re­pa­ra­tur“ an­ge­bo­ten wor­den sei und noch kei­ne Re­pa­ra­tur­ver­su­che vor­ge­nom­men wor­den sei­en.

Das Land­ge­richt hat die auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­grün­dung un­ter an­de­rem aus­ge­führt: Zwar sei ein Käu­fer ge­mäß §§ 437, 439 BGB grund­sätz­lich be­rech­tigt, nach sei­ner Wahl Män­gel­be­sei­ti­gung oder Neu­lie­fe­rung zu ver­lan­gen. Die hier vom Klä­ger zu­nächst ver­lang­te Neu­lie­fe­rung kön­ne der Ver­käu­fer al­ler­dings „nach § 429 III BGB“ ver­wei­gern, wenn sie nur mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten mög­lich ist, was bei ver­lang­ter Neu­lie­fe­rung ei­nes Pkw an­zu­neh­men sei. Hin­zu kom­me, dass auf die von der Be­klag­ten an­ge­bo­te­ne Art der Nach­er­fül­lung, (Män­gel­be­sei­ti­gung) oh­ne er­heb­li­che Nach­tei­le zu­rück­ge­grif­fen wer­den kön­ne, weil der Klä­ger als Neu­wa­gen­käu­fer des vor­lie­gen­den Fahr­zeugs un­be­strit­ten bei Re­pa­ra­tu­ren über zwei Stun­den An­spruch auf Stel­lung ei­nes kos­ten­lo­sen Er­satz­fahr­zeugs ha­be. Da­mit sei der Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Klä­gers auf Män­gel­be­sei­ti­gung be­schränkt. Ab­ge­se­hen da­von feh­le es an der für den Rück­tritt er­for­der­li­chen Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung (§ 323 BGB). Die­se sei auch nicht ge­mäß § 440 BGB ent­behr­lich.

Die Be­ru­fung des Klä­gers hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … Das Land­ge­richt hat die Be­klag­te zu Recht nicht für ver­pflich­tet ge­hal­ten, dem Klä­ger den Kauf­preis Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des er­wor­be­nen Fahr­zeugs zu­rück­zu­zah­len.

1. Ei­ne „Wand­lung“ des Kauf­ver­trags – wie sie der Klä­ger mit An­walts­schrei­ben vom 21.08.2002 er­klärt hat – sieht das ab 01.01.2002 gel­ten­de neue Schuld­recht nicht mehr vor.

2. Da der Klä­ger in dem vor­be­zeich­ne­ten Schrei­ben ein­deu­tig er­klärt hat, mit Rück­sicht auf die von ihm dort dar­ge­stell­ten Män­gel nicht am Kauf­ver­trag fest­hal­ten zu wol­len, son­dern „Rück­ab­wick­lung“ des­sel­ben ver­langt, kann sei­ne Er­klä­rung zwang­los als Rück­tritt (nach neu­em Recht) auf­ge­fasst wer­den.

a) aa) Das Rück­tritts­recht des Käu­fers nach § 437 Nr. 2 BGB ist ein Ge­stal­tungs­recht, das der Käu­fer nach § 349 BGB durch Er­klä­rung ge­gen­über dem Ver­käu­fer aus­übt, was zur Fol­ge hat, dass mit Zu­gang der Er­klä­rung beim Ver­käu­fer (§ 130 I 1 BGB) das ver­trag­li­che Kauf­ver­hält­nis in ein ge­setz­li­ches Rück­ab­wick­lungs­ver­hält­nis (§§ 346 ff. BGB) um­ge­wan­delt wird. Der Käu­fer hat dann An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses ab­züg­lich ge­zo­ge­ner Ge­brauchs­vor­tei­le (§§ 346 I, 100 BGB) Zug um Zug ge­gen Rück­über­eig­nung der Kauf­sa­che (§§ 346 I, 348, 320, 322 BGB).

bb) Nach §§ 437 Nr. 2, 440, 323, 326 V BGB setzt das Rück­tritts­recht des Käu­fers ne­ben dem Vor­lie­gen ei­nes Sach­kaufs das Vor­han­den­sein ei­nes Sach­man­gels bei Ge­fahr­über­gang vor­aus, der stets als Ver­trags­ver­let­zung an­zu­se­hen ist. Wei­ter muss dem Ver­käu­fer Ge­le­gen­heit und Zeit ge­ge­ben wer­den, man­gel­frei zu er­fül­len. Der Käu­fer muss dem Ver­käu­fer ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt ha­ben (§ 439 BGB), de­ren Dau­er von der Art des Sach­man­gels ab­hängt. Setzt der Käu­fer ei­ne un­an­ge­mes­sen kur­ze Frist, so ver­liert er da­durch sein Rück­tritts­recht noch nicht, muss in­des ei­ne an­ge­mes­se­ne Zeit ab­war­ten, be­vor er zu­rück­tritt. Der ver­früh­te Rück­tritt ist un­wirk­sam.

In ei­ni­gen Fäl­len darf der Käu­fer oh­ne Nach­frist­set­zung vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, näm­lich

  • wenn der Ver­käu­fer die Nach­er­fül­lung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert (§ 323 II Nr. 1 BGB)
  • beim ab­so­lu­ten Fix­kauf (§ 323 II Nr. 2 BGB)
  • wenn be­son­de­re Grün­de un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen den so­for­ti­gen Rück­tritt recht­fer­ti­gen (§ 323 II Nr. 3 BGB)
  • wenn der Ver­käu­fer bei­de Ar­ten der Nach­er­fül­lung nach § 439 III BGB zu Recht ver­wei­gert (§ 440 Satz 1 BGB)
  • wenn die ge­schul­de­te Art der Nach­bes­se­rung fehl­ge­schla­gen ist (§ 440 Satz 1 BGB), wo­bei die­sel­be nach dem zwei­ten er­folg­lo­sen Nach­bes­se­rungs­ver­such im Re­gel­fall als fehl­ge­schla­gen gilt (§ 440 Satz 2 BGB)
  • wenn der Ver­käu­fer nach § 275 BGB zur Nach­er­fül­lung nicht ver­pflich­tet ist, weil die­se un­mög­lich ist, ei­nen un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Auf­wand er­for­dert oder aus be­son­de­ren Grün­den nicht zu­mut­bar ist ( § 326 V BGB)

(vgl. hier­zu Schell­ham­mer, MDR 2002, 301 ff.)

b) Die Rück­tritts­vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend in­des nicht ge­ge­ben.

aa) Der Klä­ger hat­te zwar zum Zeit­punkt der Ab­ga­be bzw. des Zu­gangs sei­ner mit An­walts­schrei­ben vom 21.08.2002 er­folg­ten Rück­tritts­er­klä­rung Män­gel des ihm am 28.05.2002 ge­lie­fer­ten BMW ge­gen­über der Be­klag­ten gel­tend ge­macht, näm­lich Be­schä­di­gun­gen an den Ein­stiegs­leis­ten, Klap­per­ge­räu­sche am Mo­tor, Quietsch- und Klap­per­ge­räu­sche im Be­reich von Tür und Fens­ter links, ins­be­son­de­re bei Näs­se, so­wie Un­dich­tig­keit des Schein­wer­fers und Funk­ti­ons­stö­run­gen des Au­to­te­le­fons.

Die Ein­stiegs­leis­ten sind un­strei­tig er­neu­ert wor­den. Der ur­sprüng­li­che Vor­trag des Klä­gers, wo­nach die­sel­ben nun­mehr Auflösungs­er­schei­nun­gen zei­gen, er­scheint un­sub­stan­zi­iert. Das Be­schä­di­gungs­bild ist hier­mit in An­se­hung des be­strei­ten­den Vor­trags der Be­klag­ten nicht hin­rei­chend be­schrie­ben. Dies gilt um­so mehr, als der Klä­ger selbst von ei­ner er­folg­rei­chen Re­pa­ra­tur spricht und von ei­nem fort­be­ste­hen­den oder wie­der auf­ge­tre­te­nen Man­gel in dem Rück­tritts­schrei­ben nicht die Re­de ist. So­weit der Klä­ger nun­mehr in sei­nem Schrift­satz vom 21.07.2003 aus­führt, die Buch­sta­ben des in den Ein­stiegs­leis­ten vor­han­de­nen Schrift­zu­ges „BWM“ lös­ten sich nach oben ab, so­dass die Ge­fahr des Auf­tre­tens von Krat­zern an der Tür be­ste­he, ent­hält der Vor­trag zwar ei­ne Prä­zi­sie­rung des be­haup­te­ten Scha­dens­bilds, lässt in­des die An­ga­be ver­mis­sen, wann die­ser Feh­ler auf­ge­tre­ten sei. Des­halb lässt sich – ab­ge­se­hen von der Be­wer­tung, ob ein wei­te­rer Nach­bes­se­rungs­ver­such zu­mut­bar ge­we­sen wä­re (es han­delt sich bei dem ge­rüg­ten Man­gel of­fen­bar nicht um ei­nen Mon­ta­ge­feh­ler), und ab­ge­se­hen von der pro­zes­sua­len Fra­ge der Recht­zei­tig­keit die­ses Vor­brin­gens – nicht fest­stel­len, dass ein sol­cher Man­gel den Rück­tritt über­haupt hät­te stüt­zen kön­nen.

Die an­geb­li­chen Quietsch- und Klap­per­ge­räu­sche konn­ten bis­lang nicht ob­jek­ti­viert wer­den. Wenn der Klä­ger sie nicht vor­füh­ren kann, so ist es für die Be­klag­te nicht mög­lich zu eru­ie­ren, ob es sich um „Be­find­lich­kei­ten“ des Klä­gers oder um ei­nen Man­gel han­delt.

Ent­spre­chen­des gilt für den an­geb­lich be­schla­gen­den Schein­wer­fer. Hier­zu hat die Be­klag­te laut Pro­to­koll vom 16.08.2002 kei­ne Fest­stel­lun­gen, ins­be­son­de­re nicht sol­che im Sin­ne ei­nes Man­gels, tref­fen kön­nen. Es hät­te für den Klä­ger nä­her ge­le­gen, der Be­klag­ten das Fahr­zeug im Zu­stand des sicht­ba­ren Man­gels vor­zu­füh­ren als ihr im Nach­hin­ein vor­zu­hal­ten, die Durch­füh­rung von „Ver­su­chen mit Was­ser“ un­ter­las­sen zu ha­ben.

Die im Zu­sam­men­hang mit dem Au­to­te­le­fon laut Auf­trags­be­richt vom 16.08.2002 vom Klä­ger er­ho­be­nen Be­an­stan­dun­gen sind be­ar­bei­tet und als „i. O.“ ge­kenn­zeich­net wor­den.

Die Re­pa­ra­tur zur Be­he­bung der Klap­per­ge­räu­sche im Mo­tor­be­reich (Hy­dro­stö­ßel und AT-Ge­trie­be) hat der Klä­ger am 16.08.2002 aus­drück­lich ab­ge­lehnt.

bb) Der Klä­ger hat der Be­klag­ten ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung nicht ge­setzt (§ 439 BGB).

cc) Um­stän­de, die ei­ne Nach­frist­set­zung ent­behr­lich ma­chen, sind nicht ge­ge­ben.

Be­son­de­re Grün­de, die un­ter Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen den so­for­ti­gen Rück­tritt recht­fer­ti­gen (§ 323 II Nr. 3 BGB), ins­be­son­de­re In­ter­es­sen­fort­fall, sind we­der gel­tend ge­macht noch sonst er­sicht­lich.

Die von der Be­klag­ten ge­schul­de­te Art der Nach­bes­se­rung kann auch nicht als fehl­ge­schla­gen gel­ten (§ 440 Satz 1 BGB). Letz­te­res wird in der Re­gel nach dem zwei­ten er­folg­lo­sen Nach­bes­se­rungs­ver­such ver­mu­tet (§ 440 Satz 2 BGB). Hin­sicht­lich des gra­vie­ren­den Man­gels, der ei­ne Er­neue­rung der Hy­dro­stö­ßel und den Aus­tausch des Ge­trie­bes er­for­dert, ist bis­lang ein Nach­bes­se­rungs­ver­such nicht un­ter­nom­men, son­dern ein sol­cher ge­ra­de ab­ge­lehnt wor­den. Die Nach­bes­se­rung durch ei­ne Ver­trags­werk­statt ist in­so­weit oh­ne Wei­te­res zu­mut­bar und führt – ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klä­gers – bei ord­nungs­ge­mä­ßer Durch­füh­rung we­der zu ei­nem tech­ni­schen noch zu ei­nem wirt­schaft­li­chem Wert­ver­lust und ist beim Ver­kauf des Fahr­zeugs auch nicht of­fen­ba­rungs­pflich­tig. Hin­sicht­lich der üb­ri­gen gel­tend ge­mach­ten Män­gel kann die Nach­bes­se­rung gleich­falls nicht als fehl­ge­schla­gen gel­ten. Auch und ge­ra­de die Gel­tend­ma­chung von zwei­fel­haf­ten Män­gel er­for­dert die Nach­frist­set­zung.

Das Fahr­zeug kann nach dem ge­gen­wär­ti­gen Stand (bis auf Mo­tor/Ge­trie­be, des­sen oh­ne Wei­te­res durch­zu­füh­ren­de Re­pa­ra­tur der Klä­ger ver­wei­gert, weist es kei­ne gra­vie­ren­den Män­gel auf) schließ­lich – ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klä­gers – nicht als „Mon­tags­au­to“ ein­ge­stuft wer­den. Denn es be­steht kein hin­rei­chen­der An­lass zu der An­nah­me, dass dem in Re­de ste­hen­den BMW ei­ne Feh­l­er­ge­neigt­heit in­ne­wohnt, auf­grund de­rer al­lein das Fahr­zeug als ins­ge­samt man­gel­be­haf­tet und nicht nach­bes­se­rungs­fä­hig zu gel­ten hat …

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