Hat der Verkäufer eines Gebrauchtwagens dem Käufer ein mit nicht vorschriftsmäßigen Hinterreifen versehenes Fahrzeug übereignet, so kann der Käufer gegen den Verkäufer Schadensersatzansprüche wegen einer Eigentumsverletzung haben, wenn diese Reifen später einen Unfallschaden an dem Fahrzeug selbst verursachen.
BGH, Urteil vom 05.07.1978 – VIII ZR 172/77
Sachverhalt: Der Kläger kaufte am 21.01.1975 von der Beklagten, einer Renault-Vertragshändlerin, einen gebrauchten Sportwagen Renault Alpine A310 zum Preis von 14.700 DM. Auf der „Bestellung“, die formularmäßig die Übernahme des Kraftfahrzeugs „gebraucht, wie besichtigt, und unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ vorsah, war unter anderem handschriftlich vermerkt, das Fahrzeug werde „in einwandfreiem technischen Zustand übergeben“.
In den auf der Rückseite des Formulars abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten heißt es unter VII (Gewährleistung):
„1. Für den Kaufgegenstand wird keine Gewähr geleistet. Dies gilt nicht, wenn und soweit der Verkäufer schriftlich in einem gesonderten Garantieschein eine Gewährleistung übernimmt.
2. Ein Anspruch auf Wandlung, Minderung oder Schadensersatz besteht nicht.“
Am 28.03.1975 erlitt der Kläger mit dem Pkw einen Unfall, der – wie in der Berufungsinstanz unstreitig geworden ist – auf die nicht vorschriftsmäßige Beschaffenheit eines geplatzten Hinterreifens zurückzuführen ist. Der frühere Halter hatte anstelle der vorhandenen und im Fahrzeugbreif vorgeschriebenen Hinterreifen 185 HR 13 solche von dem Typ 165 SR 13 aufziehen lassen.
Der Kläger erfuhr im September 1975 auf seine Antrage von der Reifenherstellerin, dass der geplatzte Reifen für die Felgen des Pkw nicht zugelassen war. Mit seiner der Beklagten am 25.02.1976 zugestellten Klage verlangt der Kläger den Ersatz seines – In der Berufungsinstanz mit 16.527,39 DM bezifferten und der Höhe nach unstreitigen – Unfallschadens (Reparaturkosten, Wertminderung, Nutzungsausfall, Gutachterkosten und Unkostenpauschale). Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten, die damit weiterhin die Abweisung der Klage erreichen wollte, hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: I. Sie wendet sich allerdings zu Recht gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, die Beklagte hafte dem Kläger gemäß § 463 Satz 1 BGB auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung; denn dieser Anspruch ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts verjährt.
1. a) Ohne Rechtsfehler sieht das Berufungsgericht in der Erklärung, der Pkw werde in technisch einwandfreiem Zustandübergeben, die Zusicherung einer Eigenschaft i. S. von § 459 II BGB, nämlich die Übernahme der Gewähr dafür, dass das Fahrzeug bei der Übergabe technisch in Ordnung, betriebsbereit und betriebssicher sei.
Ob derartige Angaben über die Kaufsache in einem Kaufvertrag lediglich deren Beschreibung dienen (§ 459 I BGB) oder mit ihnen eine Eigenschaft zugesichert wird (§ 459 II BGB), ist, soweit es sich – wie hier – nicht um typische, regelmäßig bei solchen Geschäften abgegebene Erklärungen handelt, eine Frage der tatrichterlichen Auslegung im Einzelfall.
Die vom Berufungsgericht vertretene Auslegung ist möglich, hält sich im Rahmen der von der Rechtsprechung zur Frage der Zusicherung von Eigenschaften entwickelten Grundsätze (vgl. Senat, Urt. v. 05.07.1972 – VIII ZR 74/71, BGHZ 59, 158 [160], Urt. v. 25.06.1975 – VIII ZR 244/73, WM 1975, 895 = NJW 1975, 1693; Urt. v. 17.03.1976 – VIII ZR 208/74, TVM 1976, 614 [615]) und ist mithin für das Revisionsgericht bindend. Sie ist darüber hinaus aber auch naheliegend. Wer von einem Vertragshändler einer bestimmten Herstellerfirma einen Gebrauchtwagen gerade dieses Fabrikats erwirbt, legt vor allem Wert darauf, dass der Wagen zumindest den amtlichen Zulassungsvorschriften entspricht (§§ 18 ff. StVZO) und damit bedenkenfrei in Betrieb genommen werden kann. Bestätigt ihm der Gebrauchtwagenhändler entgegen den sonst üblichen Gepflogenheiten im Gebrauchtwagenhandel überdies, dass der Wagen sich in technisch einwandfreiem Zustand befindet, so liegt es zumindest nahe, dass er damit die Verpflichtung übernimmt, für einen etwa entstehenden Schaden einzustehen, wenn diese Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Ansicht der Revision, es könne unmöglich angenommen werden, dass die Beklagte eine haftungsbegründende Gewähr für den technisch einwandfreien Zustand sämtlicher Teile des Gebrauchtwagens habe übernehmen wollen, weil damit der Kläger weitaus besser als bei einem Neuwagenkauf gestellt würde, geht ins Leere, weil das Berufungsgericht die vertragliche Erklärung der Beklagten ersichtlich nicht in einem derart umfassenden Sinne verstanden wissen will, sondern ihren maßgeblichen Sinn in der Zusicherung der Betriebsbereitschaft und Betriebssicherheit sieht und auch sehen durfte. Soweit schließlich die Revision meint, mit ihrer vorgenannten Erklärung habe die Beklagte zwar die dem Gesetz entsprechende Gewährleistung wiederherstellen und damit den Haftungsausschluss beseitigen, nicht aber darüber hinaus die Eigenschaft zusichern wollen, versucht sie, in rechtlich unzulässiger Weise ihre eigene Auslegung an die Stelle derjenigen des Berufungsgerichts zu setzen; im Übrigen würde es auch für eine derartige Auslegung an jedem Anhaltspunkt fehlen.
Da mit dem Aufziehen von Reifen, die der Betriebserlaubnis nicht entsprechen, diese für das hier streitige Fahrzeug erloschen war (§§ 18 I, 19 II 1, 21 StVZO) und überdies das Fahrzeug nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts mit den von der Norm abweichenden Reifen auch nicht mehr betriebssicher war, haftet mithin die Beklagte dem Kläger auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 463 Satz 1 BGB).
b) Beizutreten ist dem Berufungsgericht auch darin, dass die Haftung der Beklagten für die zugesicherte Eigenschaft weder durch die Formularbestimmung „gebraucht, wie besichtigt, und unter Ausschluss jeder Gewährleistung“ noch durch den in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Rückseite des Formulars enthaltenen Gewährleistungsausschluss abbedungen worden ist.
Der formularmäßige Gewährleistungsausschluss erfasst, wie der Senat wiederholt ausgeführt hat, die Haftung des Verkäufers für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft gerade nicht (Senat, Urt. v. 29.05.1968 – VIII ZR 77/66, BGHZ 50, 200 [206 f.]; Urt. v. 05.07.1972 – VIII ZR 74/71, WM 1972, 969 [insoweit in BGHZ 59, 158 nicht abgedruckt]; Urt. v. 17.03.1976 – VIII ZR 208/74, TVM 1976, 614 [615]; vgl. jetzt auch § 11 Nr. 11 AGBG). Hat der Verkäufer nicht den Willen, das Haftungsrisiko entsprechend der gesetzlichen Regelung zu behalten, so muss er dies unmissverständlich sowie für den Käufer deutlich – und zwar bezogen gerade auf die abgegebene Zusicherung – im Vertragstext oder sonst bei Vertragsabschluss zum Ausdruck bringen (Senat, Urt. v. 10.10.1977 – VIII ZR 110/76, WM 1977, 1351). Das ist hier nicht geschehen. Die Beklagte kann sich deshalb auch nicht darauf berufen, ihre als Zusicherung zu wertende Erklärung sei nicht in der gemäß VII Nr. 1 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgeschriebenen Form („in einem gesonderten Garantieschein“) abgegeben worden (vgl. Senat, Urt. v. 25.06.1975 – VIII ZR 244/73, WM 1975, 895 = NJW 1975, 1693; Urt. v. 17.03.1976 – VIII ZR 208/74, TVM 1976, 614 [615]).
2. Die dem Kläger mithin gemäß § 463 Satz 1 BGB an sich zustehenden Schadensersatzansprüche sind jedoch verjährt. Zwar meint das Berufungsgericht, die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 477 I BGB habe erst begonnen, als der Kläger aus der schriftlichen Auskunft des Reifenherstellers vom 23.09.1975 mit der erforderlichen Sicherheit die Unfallursache habe erkennen können. Diese Ansicht ist jedoch rechtsirrig.
a) Allerdings hat der erkennende Senat in mehreren Entscheidungen – ohne dass es allerdings letztlich darauf angekommen wäre – die Frage aufgeworfen, ob zur Vermeidung grober Unbilligkeiten und einer Rechtsverkürzung auf selten des Käufers die Verjährung von gewährleistungsrechtlichen Schadensersatzansprüchen im weitesten Sinn unter Umständen nicht schon mit der Ablieferung der Kaufsache, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt – etwa dem Entstehen des Schadens, seiner Erkennbarkeit durch den Käufer oder ganz allgemein der Möglichkeit, derartige Ansprüche im Einzelfall in verjährungsunterbrechender Weise geltend zu machen – beginnt (Senat, Urt. v. 01.12.1971 – VIII ZR 143/70, WM 1972, 161; Urt. v. 29.11.1972 – VIII ZR 233/71, BGHZ 60, 9 [13], Urt. v. 14.03.1973 – VIII ZR 137/71, WM 1973, 730 [732] = NJW 1973, 843; Urt. v. 11.01.1978 – VIII ZR 1/77, WM 1978, 328; vgl. auch Larenz, Schuldrecht II, 11. Aufl. § 41 II e [S. 62]). Diese Erwägungen betrafen jedoch ausnahmslos die Haftung für sogenannte Mangelfolgeschäden, die typischerweise häufig erst längere Zeit nach der Ablieferung der Kaufsache an anderen Rechtsgütern des Käufers sichtbar werden oder gar erst zu diesem Zeitpunkt entstehen.
Hier handelt es sich dagegen ausschließlich um den Ersatz des reinen Nichterfüllungsschadens. Das bedarf hinsichtlich der Reparaturkosten, des Minderwerts und des Nutzungsausfalls keiner näheren Darlegung; aber auch die Gutachterkosten zur Feststellung der Mängel gehören hierzu, denn sie sind zwangsläufig die Folge des Mangels, stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit der Mangelbeseitigung und vermindern – letztlich nicht anders als der infolge der Mangelhaftigkeit entgangene Gewinn (dazu Senat, Urt. v. 02.02.1972 – VIII ZR 103/70, WM 1972, 558 [560]) – den Nutzwert der vom Käufer für seinen Kaufpreis in Empfang genommenen Gegenleistung (BGH, Urt. v. 22.10.1970 – VII ZR 71/69, BGHZ 54, 352 [358]; Peters, NJW 1978, 665 [668]; Rengier, Die Abgrenzung des positiven Interesses vom negativen Vertragsinteresse und vom Integritätsinteresse, 1977, S. 83; Schlechtriem, VersR 1973, 581 [593]; Todt, BB 1971, 680 [683 Fn. 69]).
b) Ob auch bei derartigen Mängeln trotz des insoweit eindeutigen Wortlauts des § 477 I BGB unter Umständen für eine Verschiebung des Beginns der Verjährungsfrist auf einen späteren Zeitpunkt als den der Ablieferung der Kaufsache Raum ist, mag hier dahinstehen (vgl. dazu Senat, Urt. v. 21.12.1960 – VIII ZR 9/60, LM BGB § 477 Nr. 4; Schubert, JR 1977, 458 [460]; Rengier, JZ 1977, 346 [347]). Denn auch wenn man das zugunsten des Klägers annehmen wollte, so wäre doch jedenfalls im vorliegenden Fall die Verjährung eingetreten.
Dem Kläger war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kurze Zeit nach dem Unfall vom 28.03.1975 der Umfang des Schadens bekannt. Der von ihm sogleich eingeschaltete Kfz-Sachverständige hatte ihm im Zusammenhang mit der Erstattung des Gutachtens vom 25.06.1975 den „allgemeinen Hinweis“ gegeben, der Unfall könne etwas mit der Bereifung zu tun haben. Der Kläger hatte also in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall hinreichende Kenntnis von allen Umständen, die eine Inanspruchnahme der Beklagten nahelegten. Das Erlangen dieser Kenntnis war aber der letztmögliche Zeitpunkt, an dem die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Schadensersatz – wenn überhaupt erst später als mit Ablieferung des Pkw – zu laufen begann. Spätestens im Juni/Juli 1975 begann mithin hier der Lauf der sechsmonatigen Verjährungsfrist und nicht etwa erst, wie das Berufungsgericht meint, mit dem Zugang des Schreibens des Reifenherstellers vom 23.09.1975. Wie der Senat bereits in dem Urteil vom 11.01.1978 (VIII ZR 1/77, WM 1978, 328) klargestellt hat, verfolgen die erwähnten Erwägungen in Rechtsprechung und Schrifttum, den Beginn der Verjährungsfrist für die Haftung bei bestimmten Schäden gegebenenfalls auf einen späteren Zeitpunkt als den der Übergabe zu verschieben, nicht den Zweck, dem Käufer Gelegenheit zu geben, vor Fristbeginn auch seine Beweislage zu verbessern.
II. Damit sind vertragliche Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte verjährt, sodass die vom Berufungsgericht gegebene Begründung das angefochtene Urteil nicht trägt. Die Entscheidung stellt sich aber aus anderen Gründen als richtig dar. Der Klageanspruch ist nämlich aus unerlaubter Handlung (§ 823 I BGB) begründet; insoweit greift, da der Deliktsanspruch nicht der kurzen Verjährung unterliegt (§ 852 BGB; Senat, Urt. v. 24.05.1976 – VIII ZR 10/74, BGHZ 66, 315), auch die Verjährungseinrede nicht durch.
1. Das Berufungsgericht äußert gegen einen Anspruch aus unerlaubter Handlung – ohne ihn näher zu prüfen – Bedenken, weil der Kläger den Pkw bereits in mangelhaftem Zustand erworben habe. Sein Eigentum sei von Anfang an mit der Gefahr weiterer Schäden durch einen Unfall belastet gewesen. Die Verwirklichung dieser Gefahr sei keine selbstständige Eigentumsverletzung. Dem kann nicht gefolgt werden.
a) In der vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Entscheidung BGHZ 39, 366 (BGH, Urt. v. 30.05.1963 – VII ZR 236/61) hat der BGH allerdings den auf die mangelhafte Erstellung eines Bauwerks gerichteten Anspruch eines Bauherrn aus Eigentumsverletzung (§ 823 I BGB) gerade hinsichtlich dieses Bauwerks verneint, wenn die im Bau verwendeten Materialien mangelhaft waren und mit fortschreitenden Bauarbeiten jeweils ein weiterer mangelhaft erstellter Teil in das Eigentum des Grundstückseigentümers überging (vgl. zu diesem Fragenkreis auch RG, JW 1905, 367; BGH, Urt. v. 14.03.1957 – VII ZR 268/56, LM BGB § 830 Nr. 4; Urt. v. 04.03.1971 – VII ZR 40/70, BGHZ 55, 392 [398]; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 07.03.1956 – 5 W 226/55, NJW 1956, 913; OLG Stuttgart, Urt. v. 29.07.1966 – 10 U 1/66, NJW 1967, 572; OLG München, Urt. v. 06.10.1976 – 15 U 4854/75, NJW 1977, 438; Wilts, VersR 1967, 817; Freund/Barthelmess, NJW 1975, 281; Kötz, Deliktsrecht, 1976, S. 41 f.). Diesen Fällen ist wesentlich, dass der Mangel der übereigneten Sache von vornherein insgesamt anhaftete, diese damit für den Eigentümer von Anfang an schlechthin unbrauchbar war und sich der Mangel mit dem geltend gemachten Schaden deckt (vgl. dazu Dunz/Kraus, Haftung für schädliche Ware, 1969, S. 66).
b) Hiervon hat der erkennende Senat in seinem Urteil vom 24.11.1976 (VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359) einen Fall abgegrenzt, in dem der Verkäufer dem Käufer Eigentum an einer Anlage verschaffte, die im übrigen einwandfrei war und lediglich ein – funktionell begrenztes – schadhaftes Steuergerät (Sicherheitsschalter) enthielt, dessen Versagen nach der Eigentumsübertragung einen weiteren Schaden an der gesamten Anlage hervorgerufen hatte. Der Senat hat eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung bejaht. Er hat dabei entscheidend darauf abgestellt, dass die in der Mitlieferung des schadhaften Schalters liegende Gefahrenursache sich erst nach Eigentumsübertragung zu einem über diesen Mangel hinausgehenden Schaden realisiert habe und dadurch das im Übrigen mangelfreie Eigentum des Erwerbers an der Anlage insgesamt verletzt worden sei. Rengier (JZ 1977, 346) und Schubert (JR 1977, 458) halten dieser Entscheidung entgegen, auch kleine, begrenzte Fehler machten die gesamte Kaufsache von Anfang an mangelhaft und wegen der damit verbundenen Gefahr einer Zerstörung unbrauchbar. Weitnauer (Arztrecht 1978, 38) bezweifelt nicht die – tatbestandsmäßig rechtswidrige – Eigentumsverletzung, meint jedoch, es fehle an einem Schaden bei späterer Zerstörung der Anlage; dieses Ereignis habe nämlich lediglich einen bereits vorher eingetretenen Schaden sichtbar gemacht. Der Wert einer Anlage, mit deren Selbstzerstörung infolge eines Fehlers gerechnet werden müsse, sei von vornherein „Null“.
Diese – im Grunde auf das Gleiche hinauslaufenden – Einwände vermögen nach Ansicht des Senats nicht zu überzeugen und geben keinen Anlass, von der in BGHZ 67, 359 vertretenen Auffassung abzugehen. Es ist vor allem nicht richtig, dass im Verkehr einer gefahrbehafteten Anlage kein Wert beigemessen werde. Davon könnte allenfalls die Rede sein, wenn der infrage stehende Mangel schlechthin unentdeckbar ist und in jedem Fall zu einer Zerstörung der Gesamtanlage führen muss. Um solche Fälle geht es hier aber nicht. Dass, wie Rengier (JZ 1977, 346) und Schubert (JR 1977, 458) hervorheben, im Einzelfall die Abgrenzung zwischen einem die übereignete Sache von vornherein insgesamt umfassenden Mangel und einem begrenzten Fehler, der erst später einen zusätzlichen Schaden an der sonst mangelfreien Sache hervorgerufen hat, auf Schwierigkeiten stoßen kann, hat der Senat bereits in seinem Urteil vom 24.11.1976 (VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359) herausgestellt; die dortige eindeutige Fallgestaltung nötigte jedoch nicht dazu, nähere Abgrenzungskriterien aufzustellen. Nicht zu überzeugen vermag auch die von Rengier (JZ 1977, 346) und Schubert (JR 1977, 458) vertretene Ansicht, mit der Gewährung eines deliktischen Anspruchs unterlaufe der BGH die kaufrechtlichen Bestimmungen über Schadensersatz wegen Nichterfüllung (§ 463 BGB) bzw. die Verjährungsregelung des § 477 BGB. Zwischen dem Schadensersatzanspruch aus Vertragsverletzung und demjenigen aus unerlaubter Handlung, bei dem – sieht man von den Besonderheiten der Produzentenhaftung ab – der Geschädigte im Gegensatz zur vertraglichen Haftung (§ 282 BGB) für das Verschulden des Schädigers beweispflichtig ist, besteht eine echte Anspruchskonkurrenz mit der Folge, dass jeder Anspruch der ihm eigenen gesetzlichen Regelung folgt (Senat, Urt. v. 24.05.1976 – VIII ZR 10/74, BGHZ 66, 315). Es ist in Fällen, wie der Senat ihn in BGHZ 67, 359 zu entscheiden hatte, kein Grund ersichtlich, dem Geschädigten das Zurückgreifen auf deliktische Ansprüche abzuschneiden und den Schädiger damit besser zu stellen als einen Dritten, der in die gekaufte Sache nach deren Übergabe an den Käufer ein mangelhaftes, zu ihrer Zerstörung führendes Einzelteil eingebaut hat.
c) Der jetzt zu entscheidende Fall – die Beschädigung eines gekauften Kraftfahrzeugs infolge eines Unfalls, der auf eine unzulässige Bereifung zurückzuführen ist – muss nach Auffassung des Senats im Ergebnis genauso behandelt werden. Zwar war der Pkw, den der Kläger bei der Beklagten erwarb, im Hinblick auf die hintere Bereifung mangelhaft. Der Wagen blieb aber als Ganzes ein wertvolles Vermögensstück. Erst nach Eigentumsübergang hat sich eine aus diesem Mangel entspringende Gefahrenursache zu einem im Vergleich zu diesem Mangel anderen und ungleich höheren Schaden infolge eines Unfalls in einer konkreten Verkehrssituation realisiert. Bei anderweitigem Verlauf, insbesondere bei rechtzeitigem Auswechseln der Reifen, wäre dieser, mit den unvorschriftsmäßigen Reifen nicht stoffgleiche Schaden vermieden worden. Eine rechtswidrige Verletzung des Eigentums des Klägers durch die Beklagte ist also zu bejahen (Dunz/Kraus, a. a. O., S. 66; vgl. auch Schlechtriem, Vertragsordnung und außervertragliche Haftung, 1972, S. 299, der in einer durch Unfall verursachten Zerstörung eines Kfz, sofern dieser Unfall auf den Defekt einer Radfelge zurückzuführen ist, eine Sachbeschädigung sieht; einschränkend allerdings ders., VersR 1973, 581 [589]). Ersichtlich ist auch der VI. Zivilsenat des BGH in seinem zur Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 30.05.1978 – VI ZR 113/77 – von der vorgenannten Rechtsauffassung des Senats ausgegangen.
2. a) Ob ein Verschulden der Beklagten vorliegt, hat das Berufungsgericht – von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig – offengelassen. Der Senat kann diese Frage jedoch, da insoweit keine Feststellungen mehr zu treffen sind, selbst abschließend beantworten. Sie ist inÜbereinstimmung mit der Ansicht des Landgerichts zu bejahen, weil die Beklagte als Renault-Vertragshändlerin zumindest verpflichtet war, den Gebrauchtwagen dahin zu überprüfen, ob er den Zulassungsvorschriften entsprach und insbesondere in Einzelteilen nicht so verändert war, dass die Betriebserlaubnis erloschen war. Bei einer solchen, auch nur flüchtigen Prüfung hätte ihr aber auffallen müssen, daß die durch Beschriftung deutlich gekennzeichneten Hinterreifen nicht den Angaben im Kraftfahrzeugbrief entsprachen.
b) Ein Mitverschulden des Klägers hat das Berufungsgericht, wenn auch in anderem Zusammenhang, deswegen verneint, weil er sich auf eine sorgfältige Untersuchung durch die Beklagte habe verlassen können. Auch das lässt im Hinblick darauf, dass der Kläger sich an die Beklagte gerade als Vertragshändlerin für Renault-Fahrzeuge gewandt und diese ihm den technisch einwandfreien Zustand des gebrauchten Fahrzeugs noch ausdrücklich zugesichert hatte, keinen Rechtsfehler erkennen.
3. Schließlich kann sich die Beklagte gegenüber dem Schadensersatzanspruch des Klägers aus unerlaubter Handlung (§ 823 I BGB) auch nicht auf den formularmäßigen Haftungsausschluss (Abschnitt VII der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten) und den Umstand berufen, dass der Kläger das Fahrzeug „wie besichtigt“ gekauft hatte.
Zwar entspricht im Gebrauchtwagenhandel ein möglichst weitgehender Haftungsausschluss den üblichen Gepflogenheiten dieses Geschäftszweigs; der Senat hat ihn bereits früher als „geradezu ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft“ bezeichnet (Senat, Urt. v. 21.03.1966 – VIII ZR 44/64, WM 1966, 473 [474]). Andrerseits hatte die Beklagte hier durch Individualerklärung den „einwandfreien technischen Zustand“ des Gebrauchtwagens ausdrücklich zugesichert. Wollte sie gleichwohl sich auch gegenüber derartigen Schadensersatzansprüchen aus unerlaubter Handlung freizeichnen und damit ihre Zusicherung auch in diesem Haftungsbereich weitgehend gegenstandslos und damit für den Käufer wertlos machen, so hätte sie dies unmissverständlich klarstellen müssen. Der bloße, im Rahmen der Regelung über die vertragliche Gewährleistung gemachte formularmäßige Hinweis, dass ein „Anspruch auf … Schadensersatz“ nicht bestehe, reichte jedenfalls bei den Besonderheiten des vorliegenden Falles für einen derart umfassenden Haftungsausschluss nicht aus. Die weitere Frage, ob allgemein, auch ohne dass eine besondere Zusicherung vorliegt, Haftungsfreizeichnungsklauseln der hier verwendeten Art im Gebrauchtwagenhandel auch deliktische Schadensersatzansprüche umfassen, kann daher auf sich beruhen (vgl. dazu auch BGH, Urt. v. 24.11.1976 – VIII ZR 137/75, BGHZ 67, 359 [366]).
III. Nach allem war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.