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Heißt es in einem Gebrauchtwagenkaufvertrag, das Fahrzeug habe – soweit dem Verkäufer bekannt – in der seiner Besitzzeit vorgelagerten Zeit keinen Unfallschaden erlitten, liegt keine positive Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts vor, dass das Fahrzeug unfallfrei ist. Eine negative Beschaffenheitsvereinbarung des Inhalts, dass das verkaufte Fahrzeug möglicherweise nicht unfallfrei ist, liegt ebenfalls nicht vor. Vielmehr haben die Parteien schlicht offengelassen, ob das Fahrzeug vor der Besitzzeit des Verkäufers einen Unfallschaden erlitten hat.
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Ein Gebrauchtwagenkäufer handelt nicht deshalb grob fahrlässig i. S. des § 442 I 2 BGB, weil er das Fahrzeug vor Abschluss des Kaufvertrags nicht begutachten lässt, obwohl er weiß, dass es einen Unfall erlitten hat, dessen Schwere ihm unbekannt ist (im Anschluss an OLG Koblenz, Beschl. v. 27.02.2015 – 3 U 993/14, MDR 2015, 886).
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Der für eine arglistige Täuschung (mindestens) erforderliche Eventualvorsatz ist nicht schon dann gegeben, wenn sich dem Verkäufer das Vorliegen von Tatsachen, die einen Mangel der Kaufsache begründen, hätte aufdrängen müssen. Denn ließe man das ausreichen, würde die Arglist vom Vorsatz abgekoppelt und der Sache nach durch leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis ersetzt. Leichtfertige oder grob fahrlässige Unkenntnis genügt indes nicht, um das Tatbestandsmerkmal der Arglist zu erfüllen.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 21.10.2015 – 2 U 63/14
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Einer Kfz-Käuferin kann das Wissen ihres Lebensgefährten, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen Unfallwagen handelt, nach dem Rechtsgedanken des § 166 I BGB oder in analoger Anwendung des § 31 BGB zuzurechnen sein.
LG Erfurt, Urteil vom 27.08.2015 – 10 O 1179/14
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Auf einen vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschluss darf sich nur der Verkäufer gemäß § 444 Fall 1 BGB nicht berufen, der selbst arglistig gehandelt, sich die Arglist eines Mitverkäufers nach § 166 BGB zurechnen lassen muss oder rechtsgeschäftlich die Haftung für eine Arglist übernommen hat.
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§ 249 II 2 BGB gilt zwar unmittelbar nur, wenn wegen der Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist. Die Vorschrift ist indes entsprechend anwendbar, wenn ein Käufer einen auf den Ersatz der voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten gerichteten vertraglichen Schadensersatzanspruch (§§ 437 Nr. 3, 280 I, III, 281 I 1 BGB)geltend macht.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 17.06.2015 – 2 U 84/13
(nachfolgend: BGH, Versäumnisurteil vom 08.04.2016 – V ZR 150/15)
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Bei einem Gebrauchtwagenkauf ist die Nacherfüllung durch Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (§ 439 I Fall 2 BGB) zwar nicht stets ausgeschlossen. Eine Ersatzlieferung kommt aber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn sich der Käufer erst aufgrund des bei einer Besichtigung gewonnenen Gesamteindrucks dafür entschieden hat, ein bestimmtes Fahrzeug zu kaufen. Denn in diesem Fall ist das Fahrzeug in der Gesamtheit seiner Eigenschaften nicht gegen ein anderes – gleichartiges und gleichwertiges – Fahrzeug austauschbar (im Anschluss an BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, juris Rn. 23 ff.).
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Ficht der Käufer eines Gebrauchtwagens seine auf den Abschluss des Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung (§ 123 I Fall 1 BGB) an und beruft er sich darauf, der Vertrag sei deshalb als von Anfang an nichtig anzusehen, ist eine gleichzeitig „vorsorglich“ erklärte Aufforderung zur Nacherfüllung wegen widersprüchlichen Verhaltens unwirksam.
OLG Dresden, Beschluss vom 19.05.2015 – 10 U 1617/14
(nachfolgend: OLG Dresden, Beschluss vom 03.06.2015 – 10 U 1617/14)
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Den Gebrauchtwagenhändler trifft keine generelle, anlassunabhängige Obliegenheit, das Fahrzeug vor dem Verkauf umfassend zu untersuchen. Vielmehr kann er zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein. Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) verpflichtet (Bestätigung und Fortführung von Senat, Urt. v. 19.06.2013 – VIII ZR 183/12, NJW 2014, 211 Rn. 24; Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, BGHZ 168, 64 Rn. 15; Urt. v. 03.11.1982 – VIII ZR 282/81, NJW 1983, 217 [unter II 2 b]; Urt. v. 21.01.1981 – VIII ZR 10/80, WM 1981, 323 [unter II 3 b aa]; Urt. v. 11.06.1979 – VIII ZR 224/78, BGHZ 74, 383, 388 f.; Urt. v. 16.03.1977 – VIII ZR 283/75, NJW 1977, 1055 [unter III 1 a]; Urt. v. 21.01.1975 – VIII ZR 101/73, BGHZ 63, 382, 386 f.; st. Rspr.).
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Die im Kaufvertrag enthaltene Eintragung „HU neu“ beinhaltet bei interessengerechter Auslegung die stillschweigende Vereinbarung, dass sich das verkaufte Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe in einem für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO geeigneten verkehrssicheren Zustand befinde und die Hauptuntersuchung durchgeführt sei (Bestätigung und Fortführung von Senat, Urt. v. 24.02.1988 – VIII ZR 145/87, BGHZ 103, 275, 280 ff. – „TÜV neu“).
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Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den Käufer gemäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB unzumutbar ist, sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers, diesem vorzuwerfende Nebenpflichtverletzungen oder der Umstand, dass der Verkäufer bereits bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei Übergabe, einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist.
BGH, Urteil vom 15.04.2015 – VIII ZR 80/14
(vorhergehend: OLG Oldenburg, Urteil vom 28.02.2014 – 11 U 86/13)
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Ein Gericht überspannt die Anforderungen an die Kenntnisse eines privaten Autoverkäufers, wenn es ihn für verpflichtet hält, aus einer auch dem Käufer bekannten Fehlermeldung (hier: dem Aufleuchten der MIL-Kontrollleuchte) den richtigen Schluss zu ziehen und den Käufer dementsprechend technisch korrekt aufzuklären.
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Derjenige, der gutgläubig falsche Angaben macht, handelt grundsätzlich nicht arglistig, mag der gute Glaube auch auf Fahrlässigkeit oder selbst auf Leichtfertigkeit beruhen. Anders ist es, wenn der Verkäufer auf Fragen des Käufers falsche Angaben ohne tatsächliche Grundlage („ins Blaue hinein“) macht, mit deren Unrichtigkeit er rechnet. Wer so antwortet, handelt grundsätzlich bedingt vorsätzlich.
BVerfG, Beschluss vom 03.03.2015 – 1 BvR 3271/14
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Den Verkäufer eines Gebrauchtwagens trifft ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für eine Manipulation des Kilometerzählers nicht die Obliegenheit zu (weiteren) Nachforschungen. Er ist deshalb auch nicht verpflichtet, die zentrale Datenbank des Fahrzeugherstellers im Hinblick auf dort in der Vergangenheit erfasste Kilometerstände des Fahrzeugs abzufragen.
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Der Käufer eines Gebrauchtwagens darf in der Regel davon ausgehen, dass sich eine Kilometerangabe nicht auf den Tachometerstand, sondern auf die – für ihn entscheidende – Laufleistung des Fahrzeugs bezieht. Das gilt aber nicht, wenn durch Einschränkungen oder einen deutlichen gegenteiligen Hinweis für den Käufer erkennbar wird, dass sich die Kilometerangabe nicht auf die Laufleistung beziehen soll.
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Ein siebeneinhalb Jahre alter Pkw, der nicht wie im Kaufvertrag angegeben zwei, sondern bereits drei Vorbesitzer hatte, weist keinen zum Rücktritt berechtigenden (erheblichen) Mangel auf.
LG Kiel, Urteil vom 27.02.2015 – 3 O 25/14
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Ein arglistiges Verschweigen eines offenbarungspflichtigen Mangels ist nur gegeben, wenn der Verkäufer den Fehler kennt oder zumindest für möglich hält und er wenigstens damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Käufer den Fehler nicht kennt und bei Offenbarung den Kaufvertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte. Das Tatbestandsmerkmal der Arglist erfasst damit nicht nur ein Handeln des Veräußerers, das von betrügerischer Absicht getragen ist, sondern auch solche Verhaltensweisen, die auf bedingten Vorsatz im Sinne eines „Fürmöglichhaltens“ und „Inkaufnehmens“ reduziert sind und mit denen kein moralisches Unwerturteil verbunden sein muss (im Anschluss an OLG Koblenz, Beschl. v. 24.01.2013 und v. 25.02.2013 – 3 U 846/12 u. a.).
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Ein Gebrauchtwagenkäufer handelt nicht deshalb grob fahrlässig i. S. des § 442 I 2 BGB, weil er das Fahrzeug vor Abschluss des Kaufvertrags nicht begutachten lässt, obwohl er weiß, dass es sich um einen „Unfallwagen“ handelt, ihm aber die Schwere des Unfalls nicht bekannt ist.
OLG Koblenz, Beschluss vom 27.02.2015 – 3 U 993/14
(nachfolgend: OLG Koblenz, Beschluss vom 25.03.2015 – 3 U 993/14)
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Arglist setzt kein zielgerichtetes oder verwerfliches Verhalten voraus. Vielmehr genügt, wenn der Verkäufer ins Blaue hinein Angaben gegenüber dem Käufer macht, die sich später als falsch herausstellen. Deshalb muss sich ein Kfz-Verkäufer den Vorwurf der Arglist gefallen lassen, wenn er einen Gebrauchtwagen, der tatsächlich erheblich beschädigt ist, in einem Internetinserat ohne genaue Prüfung als „unfallfrei“ bewirbt.
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Will der Verkäufer eine im Vorfeld des Vertragsschlusses (hier: in einem Internetinserat) abgegebene Erklärung korrigieren, muss er sich an der Fehlvorstellung orientieren, die seine Erklärung beim Käufer hervorgerufen hat. Dem genügt ein Verkäufer, der einen Gebrauchtwagen als „unfallfrei“ angepriesen hat, nicht, wenn er lediglich mitteilt, die „Seitenwand hinten“ sei nachlackiert worden. Denn ein Käufer wird davon ausgehen, dass nur Bagatellschäden überlackiert worden sind.
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Die zu erwartende Gesamtlaufleistung eines 1996 erstzugelassenen Opel Tigra beträgt 200.000 Kilometer.
LG Heidelberg, Urteil vom 28.01.2015 – 1 S 22/13
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Ein Gebrauchtwagenhändler ist nicht verpflichtet, ein Fahrzeug vor dem Verkauf in allen Details zu überprüfen. Eine allgemeine Untersuchungspflicht besteht erst recht nicht, wenn der Händler sogar eine Sicht- und Funktionsprüfung des Fahrzeugs durch einen Sachverständigen hat vornehmen lassen.
LG Weiden, Urteil vom 05.12.2014 – 11 O 155/14
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