1. Ein Kfz-Händler handelt nicht schon dann grob fahrlässig i. S. des § 442 I 2 BGB, wenn er ein anzukaufendes Fahrzeug ohne besonderen Anlass nicht auf Unfallschäden untersucht. Der Händler mag zwar seine eigenen Interessen vernachlässigen, wenn er ein Fahrzeug von einem Privatmann kauft und dessen Angabe, das Fahrzeug sei unfallfrei, vertraut Es ist aber jedenfalls bei einem erst knapp vier Jahre alten Gebrauchtwagen, der auf den ersten Blick unbeschädigt zu sein scheint und lediglich einen weiteren Vorbesitzer hat, nicht schlechthin unverständlich, dass der Händler von einer Untersuchung absieht.
  2. Als „Bagatellschäden“ gelten bei einem Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußerer (Lack-)Schäden, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war. Ob das Fahrzeug fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 21.03.2012 – 15 U 258/10
(nachfolgend: BGH, Urteil vom 19.12.2012 – VIII ZR 117/12)

Sachverhalt: Am 21.07.2004 erwarb der Beklagte von der Klägerin einen VW Passat. Im Zuge dieses Kaufs schlossen die Parteien einen Kaufvertrag über den damaligen Pkw des Beklagten, einen Audi A6. Die Parteien vereinbarten einen Kaufpreis von 19.000 €. In dem „Ankaufsschein für ein gebrauchtes Kraftfahrzeug“ ist bei dem vorformulierten Text „Das Fahrzeug hat keine/folgende Unfallschäden erlitten“ das Wort „folgende“ durchgestrichen und das Wort „keine“ unterstrichen.

Der Beklagte hatte das Fahrzeug mit schriftlichem Kaufvertrag vom 14.05.2003 von dem Autohaus A gekauft. Am 22.12.2003 hatte der Beklagte mit dem Fahrzeug einen Verkehrsunfall erlitten. Beim Rückwärtsfahren aus einer Parklücke war ein Streifschaden an der rechten hinteren Tür und an der Seitenwand des Fahrzeugs des Beklagten entstanden, als der Unfallgegner während des Passierens des Beklagten seine Fahrzeugtür öffnete. Der Schaden wurde in einem Sachverständigengutachten mit 2.919,12 € brutto bewertet. Der Beklagte ließ den Schaden bei dem Autohaus B – nicht fachgerecht – reparieren, wofür ihm 819,89 € berechnet wurden. Das Fahrzeug wies augenscheinliche Instandsetzungsspuren auf, nämlich überlackierte Spuren von einer nicht fachgerecht ausgeführten Verschleifung einer Grundierung bzw. Verspachtelung und eine Vielzahl von Schmutzeinschlüssen in der Lackoberfläche. Auf diesen Unfallschaden will der Beklagte den Mitarbeiter der Klägerin, den Zeugen M, hingewiesen haben. Außerdem hatte das Fahrzeug zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt einen erheblichen Heckschaden erlitten, der ebenfalls nicht fachgerecht repariert worden war und von dem der Beklagte keine Kenntnis gehabt haben will.

Die Klägerin veräußerte das Fahrzeug durch schriftlichen Kaufvertrag vom 08.03.2005 zum Preis von 19.500 € an einen Herrn C. In dem Formularvertrag ist bei „Zahl, Umfang und Art von Mängeln und Unfallschäden lt. Vorbesitzer“ und „Dem Verkäufer sind auf andere Weise Mängel und Unfallschäden bekannt“ jeweils „nein“ angekreuzt.

Kurz nach dem Kauf rügte C verschiedene Mängel am Fahrzeug sowie Unfallschäden. Das LG Limburg hat die Klägerin zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rücknahme des Fahrzeugs verurteilt. Nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens wurde die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Sachverständige war zum Ergebnis gekommen, im vorderen Bereich des Fahrzeugs habe zwar ein Schadensereignis stattgefunden, es liege aber kein erheblicher Unfallschaden vor. Die durchgeführte Lackschichtdickenmessung ergebe aber ein Indiz für eine Nachlackierung der gesamten Karosserie. Von der Instandsetzung einer Eindellung an der Seitenwand hinten rechts sei auszugehen. Außerdem habe das Fahrzeug einen Unfallschaden im Bereich des Fahrzeughecks mit bleibenden Deformationen an der tragenden Karosse erlitten. Die Klägerin nahm das Fahrzeug gegen Zahlung von 19.421,56 € nebst Zinsen in Höhe von 5.372,60 € zurück. Die von ihr zu tragenden Kosten des Rechtsstreits belaufen sich auf 16.253,59 €.

Die Klägerin verlangt vom Beklagten nunmehr gegen Rückgabe des Fahrzeugs Zahlung der von ihr an C gezahlten Beträge sowie der ihr entstandenen Prozesskosten.

Das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt, weil der Beklagte bei Veräußerung des Fahrzeugs den Streifschaden arglistig verschwiegen habe. Da es sich nicht um einen Bagatellschaden gehandelt habe, habe eine Aufklärungspflicht bestanden.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten, der weiterhin meint, wegen des geringen Reparaturaufwands habe er auf den Streifschaden nicht hinweisen müssen. Unabhängig davon hält er daran fest, den Mitarbeiter der Klägerin auf den Schaden hingewiesen zu haben. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.

Aus den Gründen: II. A. … [D]er von der Klägerin gegen den Beklagten geltend gemachte Schadensersatzanspruch besteht nicht.

1. Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der vom Beklagten an die Klägerin verkaufte Audi A6 wegen des erlittenen Streifschadens hinten rechts nicht frei von Sachmängeln war, weil er nicht eine Beschaffung aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I Nr. 2 BGB). Das entspricht der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53; Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517), der sich der Senat anschließt.

Weiterhin zutreffend hat das Landgericht angenommen, dass es sich bei dem Streifschaden nicht bloß um einen Bagatellschaden im Sinne der Rechtsprechung des BGH gehandelt hat. Hierunter fallen bei Personenkraftwagen nur ganz geringfügige, äußere (Lack-)Schäden, nicht dagegen andere (Blech-)Schäden, auch wenn sie keine weitergehenden Folgen hatten und der Reparaturaufwand nur gering war; ob das Fahrzeug nach dem Unfall fachgerecht repariert worden ist, ist nicht von Bedeutung (BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53; Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, NJW 2008, 1517). Entgegen der Meinung des Beklagten ist unerheblich, dass er für die Reparatur „lediglich“ 819,89 € aufgewendet hat, weshalb dahinstehen kann, ob auch dann noch ein Bagatellschaden angenommen werden könnte. Denn entscheidend ist, dass der Schaden von der Firma B nicht fachgerecht beseitigt worden ist, und dass die Reparaturkosten von dem seinerzeit beauftragten Sachverständigen auf 2.919,12 € brutto bei einer Reparaturdauer von zwei bis drei Tagen geschätzt worden sind. Bei einem solchen Reparaturaufwand scheidet ein Bagatellschaden ersichtlich aus.

2. Die daraus resultierenden Rechte der Klägerin sind nicht nach § 442 I 2 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin den Unfallschaden gekannt hätte. Denn dem Beklagten ist auch im Berufungsrechtszug nicht der Nachweis gelungen, dass er den Mitarbeiter der Klägerin, den Zeugen M, entgegen den Angaben im Formularvertrag auf den Seitenschaden hingewiesen hätte. Zwar hat der Zeuge Z … bei seiner Vernehmung durch den Einzelrichter des Senats ausgesagt, er habe am Tag vor der Besichtigung des Fahrzeugs durch den Beklagten im Autohaus der Klägerin bei einem Telefonat gehört, dass der Beklagte dem Gesprächspartner den Schaden am hinteren Kotflügel bzw. an der hinteren Tür geschildert gehabt habe. Der Beklagte habe noch mit dem Mitarbeiter eines weiteren Autohauses telefoniert und bei beiden Telefongesprächen habe der Vorschaden Erwähnung gefunden. Demgegenüber hat aber der Zeuge M, der an das genannte Telefonat zwar keine konkrete Erinnerung hatte, daran festgehalten, dass er einen Hinweis auf einen Unfallschaden auch in das Ankaufsformular aufgenommen hätte. Er hat ergänzend ausgesagt, dass das auch erfolgt wäre, wenn es sich nur um einen sogenannten Bagatellschaden gehandelt hätte. In dieser Hinsicht werde alles dokumentiert. Er hat bei seiner Aussage ausgeschlossen, dass er den Ankaufsschein so ausgefüllt hätte, wenn ihm von dem Unfallschaden berichtet worden wäre.

Diese sich widerstreitenden Aussagen der Zeugen lassen in Verbindung mit der tatsächlich erfolgten Angabe im Ankaufsschein nicht die Überzeugung zu, dass der Beklagte den Mitarbeiter der Klägerin M auf den Unfallschaden hingewiesen hatte. Der Zeuge Z hat zwar mit Überzeugung den Inhalt des Telefonats ausführlich und widerspruchsfrei geschildert. Der Wahrheitsgehalt seiner Aussage wird aber nicht nur durch die entgegenstehende Aussage des Zeugen M in Zweifel gezogen, sondern auch weil der Zeuge nicht plausibel machen konnte, warum er beim Beklagten auf dieses Telefonat erst um Weihnachten 2010 zu sprechen kam, obwohl es sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit um eine für den Beklagten ganz erhebliche wirtschaftliche Angelegenheit handelt. Denn dem Zeugen war der Rechtsstreit bekannt und ihm war auch bekannt, dass sich der Beklagte zunächst auf einen anderen Zeugen, nämlich den Zeugen X, berufen hatte. Insofern erscheint es zwar noch nachvollziehbar, dass der Zeuge nicht Anlass hatte, dem Beklagten auch seine Aussage anzubieten. Dass er das gleichwohl aber nicht unverzüglich tat, nachdem er vom Beklagten erfuhr, dass der Zeuge X bei seiner Vernehmung vor dem Landgericht am 12.02.2010 gerade nicht die vom Beklagten erwartete Aussage gemacht hatte, ist unverständlich. Denn es ist bei lebensnaher Betrachtung davon auszugehen, dass der Beklagte, der sich durch die Aussage des Zeugen X in großer prozessualer Bedrängnis befand, dies auch dem Zeugen Z schilderte, zumal der Zeuge angegeben hat, sich immer wieder mit dem Beklagten über den Rechtsstreit unterhalten zu haben. Dass der Zeuge Z dann gleichwohl dem Beklagten nicht zeitnah gesagt hatte, sich an das Telefonat am Tag vor der Besichtigung des Fahrzeugs zu erinnern, hat der Zeuge nicht plausibel machen können.

Nach allem bleiben nicht unerhebliche Zweifel daran, dass der Beklagte dem Zeugen M den hinteren Unfallschaden tatsächlich geschildert hatte, was der Annahme einer Kenntnis der Klägerin entgegensteht.

3. Die Rechte der Klägerin sind auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil ihr der Unfallschaden infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben wäre (§ 442 I 2 BGB). Das folgt allerdings nicht bereits daraus, dass der Beklagte den Mangel arglistig verschwiegen hätte, weil hiervon nach dem Sach- und Streitstand im Berufungsrechtszug nicht ausgegangen werden kann. Ebenso wenig, wie dem Beklagten der Nachweis gelungen ist, dass er dem Zeugen M den Unfallschaden geschildert hatte, ist der Einzelrichter des Senats davon überzeugt, dass er das nicht getan hat. Nur dann kommt aber ein arglistiges Verschweigen in Betracht.

Grobe Fahrlässigkeit fällt der Klägerin aber deshalb nicht zur Last, weil das bloße Unterlassen einer Untersuchung des Fahrzeugs auf Unfallschäden vor dem Kauf auch bei einer gewerblichen Fahrzeughändlerin diesen Vorwurf nicht rechtfertigt. Dabei kann dahinstehen, ob der gefestigten Rechtsprechung des BGH (vgl. Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839 m. w. Nachw.), den Verkäufer eines Gebrauchtwagens treffe ohne Vorliegen besonderer Anhaltspunkte für einen Unfallschaden nicht die Obliegenheit, das zum Verkauf (bzw. Ankauf) angebotene Fahrzeug auf Unfallschäden zu untersuchen, weiterhin gefolgt werden kann (dagegen mit beachtlichen Gründen aus neuerer Zeit OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.10.2010 – 4 U 71/09, NJW-RR 2011, 1070 und eingehend Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 3874 ff.). Denn grobe Fahrlässigkeit liegt nach allgemeiner Auffassung nur vor, wenn die verkehrserforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt wird, schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt werden und das nicht beachtet wird, was im gegebenen Fall jedem einleuchten musste; ein solcher Vorwurf ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine auch subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzung vorliegt, die das in § 276 II BGB bestimmte Maß erheblich überschreitet (vgl. nur BGH, Urt. v. 10.02.2009 – VI ZR 28/08, NJW 2009, 1482 m. w. Nachw.). Ein dermaßen unverständliches Verhalten kann der Klägerin nicht vorgehalten werden. Es mag zwar eine Vernachlässigung eigener Interessen bedeuten, ein Fahrzeug von einem Privatmann zu kaufen und auf dessen Angabe der Unfallfreiheit zu vertrauen. Da das vom Beklagten verkaufte Fahrzeug aber erst knapp vier Jahre alt war, äußerlich auf den ersten Blick unbeschädigt erschien, lediglich einen weiteren Vorbesitzer hatte und vor allem der Beklagte einen redlichen Eindruck macht, ist es nicht schlechthin unverständlich, dass die Klägerin von einer näheren Untersuchung absah.

4. Soweit die Klägerin gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche geltend macht, kann ihr unter dem Gesichtspunkt der unterlassenen Untersuchung des Fahrzeugs auch kein Mitverschulden nach § 254 I BGB entgegengehalten werden. Denn wenn es um die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis des Käufers von einem Sachmangel geht, ist diese Vorschrift nach der Rechtsprechung des BGH nicht anwendbar, weil die Regelungen des Gewährleistungsrechts insofern abschließend sind (Urt. v. 31.01.1990 – VIII ZR 314/88, NJW 1990, 1106; Urt. v. 28.06.1978 – VIII ZR 112/77, NJW 1978, 2240).

5. Dem Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten steht jedoch entgegen, dass die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrags über den Audi A6 stillschweigend einen Haftungsausschluss vereinbart hatten. Dem steht nicht entgegen, dass der schriftliche Vertrag zwischen den Parteien eine dahin gehende Regelung nicht enthält. Die stillschweigende Vereinbarung eines Haftungsausschlusses ergibt sich jedoch aus den besonderen Umständen des zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrags bzw. der abgeschlossenen beiden Kaufverträge. Zu dem Abschluss des Kaufvertrags über den Audi A6 kam es nur deshalb, weil der Beklagte von der Klägerin den von ihr angebotenen VW Passat erwerben wollte und auch erwarb. Im Zuge dieses im Vordergrund stehenden Kaufvertrags wollte der Beklagte das von ihm bis dahin innegehaltene Fahrzeug seinerseits veräußern. Beide Verträge standen in einem inneren Zusammenhang. Der Kaufvertrag über den Audi A6 wäre nicht geschlossen worden, wenn der Beklagte von der Klägerin nicht den VW Passat erworben hätte. Für beide Parteien ersichtlich sollte der Kaufvertrag über den VW Passat nur Bestand haben, wenn der Beklagte seinerseits sein Fahrzeug endgültig veräußern konnte. Vor diesem Hintergrund ist es sinnwidrig und verstößt es gegen die Interessen des Beklagten anzunehmen, die Parteien hätten bei dem Kaufvertrag über den Audi A6 die Sachmängelhaftung nicht ausschließen wollen. Dass das Fahrzeug als Gebrauchtfahrzeug im Alter von knapp vier Jahren mit einer Laufleistung von etwa 116.000 Kilometern im Zeitpunkt der Übergabe an die Klägerin in jeder Hinsicht mangelfrei gewesen wäre, war nicht vorauszusetzen. Vielmehr lag nahe, dass das Fahrzeug einzelne Mängel aufweisen konnte, die einerseits geeignet waren, Gewährleistungsrechte der Klägerin auszulösen, andererseits aber, wären sie bekannt gewesen, dem Abschluss der beiden Kaufverträge nicht entgegengestanden hätten. Dass die Parteien bei Abschluss der beiden Kaufverträge gewollt hatten, dass der Klägerin in einem solchen Fall ohne Weiteres Gewährleistungsrechte zustehen, kann nicht angenommen werden.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Klägerin bereit war, auf Sachmängelhaftung zu verzichten, und die Parteien deshalb stillschweigend einen Haftungsausschluss vereinbart hatten. Das gilt umso mehr, als die Klägerin ohne Weiteres in der Lage war, das zu erwerbende Fahrzeug auf Vorliegen von Mängeln zu untersuchen. Wenn sie das nicht tat, kann sie sich redlicherweise nicht darauf berufen, der Beklagte hafte für alle Mängel, die bei Übergabe vorlagen. Vielmehr muss sie es hinnehmen, dass es den wohlverstandenen Interessen beider Parteien entspricht, für Sachmängel einen Haftungsausschluss anzunehmen (vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BGH, Urt. v. 21.04.1982 – VIII ZR 26/81, NJW 1982, 1700).

Der Haftungsausschluss ist nicht nach § 444 BGB unwirksam, weil der Beklagte den Unfallschaden arglistig verschwiegen hätte. Denn ein solches arglistiges Verschweigen lässt sich nicht feststellen (vgl. oben 3.).

6. Selbst wenn man einen stillschweigend vereinbarten Haftungsausschluss nicht annehmen wollte, hätte die Berufung teilweise Erfolg, weil das Landgericht den Beklagten dann zwar zu Recht zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rücknahme des Fahrzeugs verurteilt, der Klägerin aber rechtsfehlerhaft Ersatz des ihr durch den Vorprozess entstandenen Schadens zugesprochen hat.

Nach den vorstehenden Ausführungen unter Ziffern 1. bis 4. folgt, dass die Klägerin, wäre ein Haftungsausschluss nicht vereinbart, vom Beklagten jedenfalls Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs verlangen könnte, und zwar sowohl als Schadensersatzanspruch nach den §§ 437 Nr. 3, 280 BGB, weil der Beklagte den im Unfallschaden liegenden Sachmangel des Fahrzeugs zu vertreten hat, als auch nach den §§ 437 Nr. 2, 346 I BGB, weil in dem Schadensersatzbegehren der Klägerin hilfsweise auch ein Rücktrittsverlangen zu sehen ist.

7. Ein weitergehender Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten auf Ersatz des Schadens, der der Klägerin durch den Weiterverkauf des Fahrzeugs an Herrn C mit dem nachfolgenden Rechtsstreit entstanden ist, besteht jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts auch aus anderen rechtlichen Gründen nicht.

a) Dieser weitergehende Schaden der Klägerin kann der Pflichtverletzung des Beklagten, die darin liegt, dass er auf den Unfallschaden hinten rechts nicht hingewiesen hatte, haftungsrechtlich nicht zugerechnet werden. Allerdings ist diese Pflichtverletzung des Beklagten ohne weiteres adäquat kausal für diesen Schaden. Denn die Pflichtverletzung kann nicht hinweggedacht werden, ohne dass auch der Schaden der Klägerin entfiele. Hätte der Beklagte auf den Unfallschaden hingewiesen, hätte das die Klägerin ihrerseits auch gegenüber ihrem Käufer getan oder aber den Schaden vorher ordnungsgemäß beseitigt. In diesem Fall wäre der Klägerin bei der näheren Beschäftigung mit dem erworbenen Fahrzeug auch der weitere Schaden im Heckbereich aufgefallen. Die Pflichtverletzung des Beklagten ist auch generell geeignet, einen solchen Schaden herbeizuführen. Denn es war geradezu naheliegend, dass die Klägerin als gewerbliche Kraftfahrzeughändlerin das erworbene Fahrzeug an einen Dritten weiter veräußern würde, und zwar ohne Angabe von Unfallschäden, weil ihr solche nicht bekannt waren.

Allerdings genügt die Kausalität im logisch-naturwissenschaftlichen Sinne allein zur Schadenszurechnung nicht. Sie bedarf vielmehr, um eine zu weitgehende Ausdehnung der Schadensersatzpflicht zu verhindern, einer Ergänzung durch weitere Zurechnungskriterien (vgl. BGH, Urt. v. 16.04.2002 – VI ZR 227/01, NJW 2002, 2232). Die Vorgänge, die für die Frage der Zurechnung eines Schadens erheblich sind, sind deshalb stets einer wertenden Betrachtung zu unterziehen. Dabei gehört zu den in der Rechtsprechung allgemein anerkannten Regeln, dass solche Kausalverläufe nicht zu einer Schadensersatzpflicht führen können, die dem Verantwortlichen billigerweise rechtlich nicht mehr zugerechnet werden können. Das ist insbesondere der Fall, wenn der geltend gemachte Schaden nicht ohne eigenes Verhalten des Geschädigten hätte entstehen können, das als solches auf seinem freien Entschluss beruht und erst nach dem zum Anlass der Ersatzforderung genommenen Geschehen in den hierdurch in Gang gesetzten Kausalverlauf eingegriffen hat. Bei wertender Betrachtung hat das grundsätzlich zur Folge, dass ein zum Schadensersatz verpflichtender Zusammenhang nicht mehr gegeben ist. Eine Ersatzpflicht kann dann nur der Billigkeit entsprechen, wenn für das tatsächliche Verhalten des Geschädigten nach dem haftungsbegründenden Ereignis ein rechtfertigender Anlass bestand oder es durch das haftungsbegründende Ereignis herausgefordert wurde und eine nicht ungewöhnliche oder unangemessene Reaktion auf dieses Ereignis darstellt (vgl. zu allem BGH, Urt. v. 05.06.2009 – V ZR 144/08, NJW 2009, 2530 m. w. Nachw.).

Nach diesen Grundsätzen ist der der Klägerin durch den Weiterverkauf entstandene Schaden dem Beklagten haftungsrechtlich nicht zuzurechnen. Er beruht vielmehr darauf, dass die Klägerin in gänzlich unsachgemäßer Weise einen eigenen Beitrag geleistet hat, der den Schaden wesentlich herbeigeführt hat und ohne den der Schaden nicht entstehen konnte. Denn die Klägerin hat zum einen vor dem Weiterverkauf des Fahrzeugs jegliche Untersuchung des Fahrzeugs auf Mängel oder Unfallschäden unterlassen. Unabhängig davon, ob sie hierzu eine rechtliche Verpflichtung traf, ist es ein naheliegendes und im eigenen Interesse gebotenes Verhalten eines gewerblichen Kraftfahrzeughändlers (vgl. hierzu Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3874 ff.), sich über den Zustand des Fahrzeugs zu vergewissern. Das gilt umso mehr, als die Klägerin beim Verkauf an Herrn C ihre Gewährleistungspflicht nicht ausschließen konnte (§ 475 I 1 BGB). Es stellt deshalb ein völlig unsachgemäßes, auf eigenem Entschluss der Klägerin beruhendes Verhalten dar, das Fahrzeug, so, wie es vom Beklagten übernommen worden war, ohne jegliche Untersuchung an Herrn C weiterzuveräußern. Hinzu kommt, dass die unsachgemäße Beseitigung des Streifschadens hinten rechts bei bloßer näherer Betrachtung erkennbar war. Da die mangelhaften Lackierungsarbeiten hinreichenden Anlass dazu boten, an einen Unfallschaden zu denken, hätte die Klägerin bei näherer Besichtigung des Fahrzeugs sowohl den Streifschaden hinten rechts bemerkt, als auch den noch schwerwiegenderen Heckschaden. Durch diese Erkenntnis wäre der Schaden durch den Weiterverkauf an Herrn C unterblieben.

Die Klägerin hat in weiterer Weise unsachgemäß eine Ursache für den entstandenen Schaden gesetzt, weil sie in dem Kaufvertrag mit Herrn C angab, Unfallschäden seien laut Vorbesitzer nicht vorhanden und ihr auch nicht aufgrund anderer Umstände bekannt, ohne Herrn C darauf hinzuweisen, dass sie das Fahrzeug in keiner Weise untersucht hatte. Hierzu wäre die Klägerin allerdings verpflichtet gewesen (vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VIII ZR 209/05, NJW 2006, 2839).

Schließlich hat die Klägerin auch dadurch in den Kausalverlauf eingegriffen, weil sie sich in einen Rechtsstreit mit ihrem Käufer C einließ, ohne zum einen sich jedenfalls jetzt davon zu überzeugen, ob die von Herrn C gerügten Mängel bzw. Unfallschäden vorlagen, oder aber den Beklagten aufzufordern, sich zu den angeblichen Schäden zu erklären. Bereits durch eine eigene Untersuchung des Fahrzeugs hätte der Rechtsstreit mit Herrn C vermieden werden können, weil der Klägerin beide Unfallschäden aufgefallen wären und sie sich dann auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrags mit Herrn C hätte einlassen müssen. Auch die Hinzuziehung des Beklagten hätte jedenfalls den nicht sachgerecht reparierten Streifschaden hinten rechts zutage gebracht. Selbst wenn anzunehmen ist, dass der Beklagte bei Abschluss des Kaufvertrags mit der Klägerin keinen dahingehenden Hinweis gegeben hatte, war die Situation anders, als ein weiterer Besitzer des Fahrzeugs solche Schäden geltend machte. Es lag auf der Hand, dass bei der anstehenden Auseinandersetzung der Streifschaden auf jeden Fall bemerkt worden wäre, weshalb ihn der Beklagte bei lebensnaher Betrachtung nicht verschwiegen hätte.

Nach allem ist der durch den Folgeprozess entstandene Schaden nur deshalb eingetreten, weil sich die Klägerin aufgrund freier Willensentschlüsse in mehrfacher Hinsicht unsachgemäß verhalten hatte. Dieses Verhalten wurde auch nicht im Sinne der Rechtsprechung des BGH herausgefordert. „Herausgefordert“ wurde zwar der Weiterverkauf des Fahrzeugs, nicht aber die besondere Verhaltensweise der Klägerin.

b) Selbst wenn ein Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen den Beklagten entstanden wäre, würde eine Ersatzpflicht des Beklagten wegen des Mitverschuldens der Klägerin (§ 254 I BGB) entfallen. Wie bereits dargelegt, hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden der Klägerin i. S. von § 254 I BGB mitgewirkt. Verschulden in diesem Sinne ist die auch fahrlässige Verletzung der dem Geschädigten in eigenen Angelegenheiten obliegenden Sorgfalt, das heißt der Sorgfalt, die jedem ordentlichen und verständigen Menschen obliegt, um sich vor Schaden zu bewahren (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 254 Rn. 8 f. m. w. Nachw.). Als gewerblicher Kraftfahrzeughändlerin mit eigener Werkstatt hätte es der Klägerin oblegen, vor einem Weiterverkauf das Fahrzeug hinreichend auf Mängel und/oder Unfallschäden zu untersuchen, wenigstens den Käufer darüber aufzuklären, dass eine Untersuchung unterblieben war, und sich schließlich nach der Rüge von Mängeln bzw. Unfallschäden spätestens dann einer Untersuchung des Fahrzeugs nicht mehr zu entziehen. All dagegen hat die Klägerin verstoßen. Bei der nach § 254 BGB gebotenen Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge entfällt eine Ersatzpflicht des Beklagten, weil der Schaden in besonderer Weise durch das Verhalten der Klägerin entstanden ist. Dabei ist besonders von Gewicht, dass sich die Klägerin mit verfehlter rechtlicher Argumentation auf einen Rechtsstreit in zwei Rechtszügen einließ, anstatt, wozu sie ohne Weiteres in der Lage war, weil sie über eigene Werkstatt verfügte, das Fahrzeug nunmehr zu untersuchen. Dieser in jeder Hinsicht geringe Aufwand hätte die Unfallschäden zutage gebracht und die Klägerin veranlasst, sich auf eine Rückabwicklung des Fahrzeugs einzulassen, ohne einen kostenträchtigen Rechtsstreit mit dem Käufer zu führen. Vor dem Hintergrund dieses völlig unverständlichen und sorgfaltswidrigen Verhaltens ist es nicht geboten, auch den Beklagten einen Teil des Schadens tragen zu lassen.

B. Die in der Klageerweiterung liegende Abschlussberufung der Klägerin ist … unbegründet, weil der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch nicht besteht und der Beklagte deshalb nicht in Annahmeverzug geraten konnte. Auch bei Geltung der Hilfsbegründung käme ein Annahmeverzug nicht in Betracht, weil die Klägerin die Leistung nur gegen eine weit überhöhte Zug-um-Zug-Leistung angeboten hat (vgl. § 294 BGB) …

Hinweise: Die vom BGH zugelassene Revision der Klägerin hatte zum Teil Erfolg (BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12). – Der Berichtigungsbeschluss vom 19.04.2012 wurde berücksichtigt.

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