Eine Klausel in den Verkaufsbedingungen eines Kfz-Händlers, wonach der Käufer eines Neuwagens bei Nichterfüllung des Kaufvertrags Schadensersatz pauschal in Höhe von 15 % des (Netto-)Kaufpreises zu leisten hat, ist grundsätzlich wirksam.
LG Kaiserslautern, Urteil vom 29.07.2005 – 2 O 771/04
Sachverhalt: Die Klägerin betreibt ein Autohaus, das sich mit dem Verkauf und der Wartung von Neu- und Gebrauchtfahrzeugen der Marke Audi befasst. Sie nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung eines Kaufvertrags in Anspruch.
Am 26.05.2004 bestellte die Beklagte bei der Klägerin einen fabrikneuen Audi A6 zum Preis von 35.400 € brutto. Dieser Bestellung lagen die Allgemeinen Verkaufsbedingungen für Audi-Automobile (Neuwagenkauf) zugrunde, in denen es unter anderem heißt:
„Verlangt der Verkäufer Schadensersatz, so beträgt dieser 15 % des Kaufpreises. Der Schadensersatz ist höher oder niedriger anzusetzen, wenn der Verkäufer einen höheren oder der Käufer einen geringeren Schaden nachweist.“
Die Klägerin lieferte das bestellte Fahrzeug am 03.06.2004 an die Beklagte aus. Bei Übergabe des Pkw erklärte die Beklagte, sie werde den Kaufpreis noch am gleichen Tag überweisen. Eine Zahlung erfolgte jedoch weder am 03.06.2004 noch in der Folgezeit. Die Beklagte entschuldigte dies mit unvorhergesehenen Schwierigkeiten bei der geplanten Finanzierung des Neuwagenskaufs.
Nach diversen Telefonaten und nicht eingehaltenen Zahlungsversprechen schaltete die Klägerin ihren späteren Prozessbevollmächtigten ein, der der Beklagten mit Schreiben vom 23.06.2004 eine Zahlungsfrist bis zum 30.06.2004 setzte. Nach dem fruchtlosen Ablauf dieser Frist erklärte die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 03.07.2004 den Rücktritt von Kaufvertrag und machte die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgesehene Schadensersatzpauschale aus dem Nettokaufpreis geltend.
Diese Schadensersatzforderung in Höhe von 4.577,59 € ist Gegenstand der – überwiegend erfolgreichen – Klage.
Aus den Gründen: Das Schadensersatzverlangen der Klägerin findet seine Rechtsgrundlage in §§ 280 I 1, III BGB i. V. mit § 281 I 1 BGB.
Die Beklagte hat die ihr aus dem Kaufvertragsverhältnis obliegende Pflicht zur Zahlung des Kaufpreises nicht erfüllt. Ihr wurde erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung bestimmt, die sie nicht eingehalten hat. Aus diesem Grund war die Klägerin berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten und Schadensersatz geltend zu machen.
Die Höhe des zu zahlenden Schadensersatzes bestimmt sich nach Abschnitt V Nr. 2 der Vertragsbestandteil gewordenen Verkaufsbedingungen für Audi-Automobile. Gegen die Wirksamkeit dieser Schadensersatzpauschalierung bestehen keine durchgreifenden Bedenken (vgl. BGH, Urt. v. 16.06.1982 – VIII ZR 89/81, NJW 1982, 2316, 2317; OLG Naumburg, Urt. v. 19.03.1999 – 6 U 13/98, NJW-RR 2000, 720, 721).
Nach Vernehmung des Zeugen J geht das erkennende Gericht davon aus, dass eine Pauschale von 15 % des Kaufpreises noch zeitgemäß ist und der Gewinnspanne entspricht, die zumindest ein Großhändler beim Verkauf eines Neufahrzeugs noch zu erlangen vermag. Der bereits seit mehreren Jahren in der Kfz-Branche tätige und somit auch sachkundige Zeuge erläuterte dem Gericht überzeugend, wie sich der zu erzielende Gewinn des Händlers ermittelt. Ausgangspunkt ist eine sogenannte Grundmarge von 10 %, die regelmäßig jedem Kfz-Händler zugebilligt wird, der Fahrzeuge der Marke Audi als Vertragshändler verkauft. Hinzu kommen jedoch weitere Margen, die abhängig sind von der Erfüllung zusätzlicher Vorgaben des Herstellerwerks. Die CI-Marge beträgt maximal 2,5 % des Listenpreises, wenn der Händler den Verkaufsraum so gestaltet und die personelle Ausstattung des Betriebs so wählt, wie das Werk dies wünscht. Mit weiteren Kundenzufriedenheits-Margen, einem Modellbonus, einem Planungsbonus und einem Volumenbonus kann der Großhändler eine mittlere Handelsspanne von ca. 17–18 % erreichen. Wenn man diese Werte zugrunde legt, liegt die fünfzehnprozentige Pauschale noch in einem Rahmen, der als üblich zu bezeichnen ist.
Durch die glaubhafte Vermittlung der Geschäftspraxis und der auch heutzutage noch erzielbaren Gewinnspanne erübrigt sich die Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Ausgehend von der konkreten Darlegung der zu erzielenden Händlerspanne im Termin vom 01.07.2005 ist es der Beklagten auch nicht gelungen, im konkreten Fall darzulegen, dass der tatsächliche Schaden der Klägerin geringer ausgefallen ist als die Pauschale.
Schadenersatz wegen Nichterfüllung kann entweder in Höhe der Differenz zwischen den Selbstkosten und dem Vertragspreis oder in der Differenz zwischen dem in einem Deckungsverkauf erzielten niedrigen Verkaufserlös und dem Verkaufspreis liegen (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.1989 – VIII ZR 45/88, BGHZ 107, 67, 69). Mit Schriftsatz vom 17.02.2005 hat die Beklagte vortragen lassen, beim Weiterverkauf sei ein Kaufpreis erzielt worden, der weit unterhalb der geltend gemachten Schadenspauschale liege. Abweichend hat sie mit Schriftsatz vom 04.04.2005 erklärt, nach ihren Informationen sei ein Kaufpreis von 35.000 € erzielt worden. Dabei handelt es sich jedoch erkennbar um eine Behauptung, die ins Blaue hinein aufgestellt wurde. Eine auf diesen in sich widersprüchlichen Sachvortrag bezogene Beweisaufnahme würde auf einen Ausforschungsbeweis hinauslaufen.
Bei der Berechnung der Schadensersatzpauschale ist vom Nettokaufpreis auszugehen. Dieser beinhaltet auch die Überführungskosten, weil diese Kosten tatsächlich auch angefallen sind und die Klägerin keine Möglichkeit hat, sie auf einen Ersatzkäufer abzuwälzen. Überführungskosten können nur beim Neuwagenverkauf angesetzt werden. Da der Audi A6 bereits auf den Vater der Beklagten zugelassen war und vorübergehend auch genutzt wurde, ist der zu einem Gebrauchtwagen geworden, sodass beim Weiterverkauf einem Zweitkäufer die Überführungskosten nicht in Rechnung gestellt werden konnten.
Neben der wirksam vereinbarten Schadensersatzpauschale schuldet die Beklagte aus dem Gesichtspunkt des Verzugs noch die der Klägerin durch die vorgerichtliche Geltendmachung eines Rücktrittsrechts entstandenen Anwaltskosten. Dieser Verzugsschaden ist noch nicht in der vertraglich vereinbarten Schadensersatzpauschale enthalten, weil diese nur den Schadensersatzanspruch aus Nichterfüllung abdeckt. Allerdings sind diese Kosten zur Hälfte auf die im Prozess verdienten Gebühren anzurechnen. …