- Ein gewerblicher Kraftfahrzeughändler muss einen Gebrauchtwagen vor dem Verkauf zumindest einer Sichtprüfung unterziehen, um mögliche Spuren eines Unfalls zu erkennen (im Anschluss an BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 14). Zu einer solchen Sichtprüfung gehört es, mithilfe einer Hebebühne den Unterboden des Fahrzeugs in Augenschein zu nehmen.
- Um dem Vorwurf der Arglist zu entgehen, muss ein gewerblicher Kraftfahrzeughändler den Käufer eines Gebrauchtwagens gegebenenfalls eindeutig darauf hinweisen, dass eine Sichtprüfung des Fahrzeugs auf Unfallschäden unterblieben ist und deshalb das nicht geringe Risiko besteht, dass das Fahrzeug einen Unfallschaden erlitten hat (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.10.2010 – 4 U 71/09, NJW-RR 2011, 1070, 1072). Unterlässt der Händler einen entsprechenden Hinweis, nimmt er in der Regel zumindest billigend in Kauf, dass der Käufer das Risiko eines Unfallschadens falsch einschätzt.
- Eine Sichtprüfung ist auch bei einem Agenturgeschäft durchzuführen, wenn also ein gewerblicher Kraftfahrzeughändler einen Gebrauchtwagen nicht im eigenen Namen, sondern im Namen eines (privaten) Dritten veräußert. Unterbleibt eine Sichtprüfung bei einem Agenturgeschäft, kommt eine Eigenhaftung des den Kaufvertrag vermittelnden Kraftfahrzeughändlers gemäß § 280 I BGB i. V. mit §§ 241 II, 311 III BGB in Betracht.
- Bei einem Agenturgeschäft hat der (private) Verkäufer eines Gebrauchtwagens, der sich der professionellen Hilfe eines Kraftfahrzeughändlers bedient, dessen Verschulden grundsätzlich in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden (§ 278 Satz 1 BGB). Kommt es auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen bestimmter Umstände (z. B. eines Mangels oder eines Unfallschadens des Fahrzeugs) an, ist grundsätzlich auf den den Kaufvertrag vermittelnden Händler abzustellen (§ 166 I BGB). Ebenso wirkt ein arglistiges Verhalten des Händlers gemäß § 166 I BGB gegen den (privaten) Verkäufers. Insoweit gelten die Grundsätze, die die Rechtsprechung für den Verkauf eines Gebrauchtwagens durch einen gewerblichen Kraftfahrzeughändler aufgestellt hat.
OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20.05.2020 – 9 W 10/20
Sachverhalt: Der Kläger hat die drei Beklagten vor dem Landgericht als Gesamtschuldner auf Zahlung von 22.788,55 € nebst Zinsen und Ersatz vorgerichtlich enstandener Rechtsanwaltskosten in Anspruch genommen. Gegenstand des Verfahrens waren Schadensersatz- und Minderungsansprüche nach dem Erwerb eines mangelhaften Oldtimers. Dieses Fahrzeug hatte der Kläger bei der Beklagten zu 3, die ein Autohaus mit Werkstatt betreibt, im Wege eines Agenturgeschäfts erworben. Der Oldtimer war seinerzeit Eigentum der Beklagten zu 1, für die die Beklagte zu 3 als Vermittlungs- und Abschlussvertreterin agierte; persönlichen Kontakt zu der Beklagten zu 1 hatte der Kläger nicht. Die Beklagte zu 2 ist ein Sachverständigenbüro, das im Auftrag des Klägers vor Abschluss des Kaufvertrages über den Oldtimer eine Fahrzeugbewertung durchführt und das Fahrzeug mit der Zustandsnote „Zwei plus“ bewertet hat. Wesentliche Mängel, insbesondere Unfallschäden, wurden bei der Fahrzeugbewertung nicht festgestellt.
Im Verfahren vor dem Landgericht wurde nach einer umfangreichen Beweisaufnahme festgestellt, dass das von dem Kläger erworbene Fahrzeug bei Abschluss des Kaufvertrags einen unzulänglich reparierten Unfallschaden aufwies. Der gerichtlich beauftragte Sachverständige schätzte die Aufwendungen für eine fach- und sachgerechte Instandsetzung auf 11.875,90 € und eine verbleibende Wertminderung auf 4.000 €. Er stellte außerdem fest, dass jeder Fachmann, der das Fahrzeug im Rahmen einer einfachen Sichtprüfung auf einer Hebebühne von unten anschaue, den Unfallschaden und die mangelhafte Reparatur sofort erkennen könne.
Am 10.12.2019 schlossen der Kläger und die Beklagte zu 2 vor dem Landgericht einen Teilvergleich, in dem sich die Beklagte zu 2 zur Zahlung von 18.138,38 € nebst vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten und Zinsen ab dem 15.01.2020 verpflichtete. Durch diesen Teilvergleich wurden die streitgegenständlichen Ansprüche im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 erledigt. Die Kostenentscheidung überließen der Kläger und die Beklagte zu 2 dem Landgericht, das eine Entscheidung nach den Grundsätzen gemäß § 91a ZPO treffen sollte. Hinsichtlich der Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 3 wurde der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt.
Das Landgericht hat am 05.02.2020 über die Kosten des Verfahrens gemäß § 91a ZPO wie folgt entschieden:
„Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt der Kläger 73 %, die Beklagte zu 2 27 %. Von den Kosten des Vergleichs zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 gemäß Beschluss vom 10.12.2019 und den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 trägt die Beklagte zu 2 80 %, der Kläger 20 %. Ihre übrigen außergerichtlichen Kosten trägt die Beklagte zu 2 selbst.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 3 trägt der Kläger.“
Bei dieser Entscheidung hat das Landgericht berücksichtigt, wie das Verfahren voraussichtlich geendet hätte, wenn es nicht durch den Vergleich bzw. die übereinstimmenden Erledigungserklärungen beendet worden wäre.
Die Klage gegen die Beklagte zu 2 wäre nach Auffassung des Landgerichts überwiegend erfolgreich gewesen, weil das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Begutachtung durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 2 Mängel aufgewiesen habe, die bei der zum Zwecke der Fahrzeugbewertung durchgeführten Untersuchung hätten auffallen und in der Fahrzeugbewertung Niederschlag finden müssen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 3 hat das Landgericht dem Kläger auferlegt, weil nach seiner Auffassung die Klage gegen diese Beteiligten keinen Erfolg gehabt hätte. Der formularmäßige Kaufvertrag enthalte einen Gewährleistungsausschluss, und der Kläger hätte nicht mit Erfolg geltend machen können, dass dieser Gewährleistungsausschluss wegen Arglist unwirksam sei. Denn es sei nicht bewiesen, dass die Beklagte zu 1 oder der für die Beklagte zu 3 tätige Verkaufsmitarbeiter V Kenntnis von dem Unfallschaden hatte. Eine Haftung der Beklagten zu 3 scheide aus, weil sie nur Vertreterin der Beklagten zu 1 gewesen sei und die Voraussetzungen für eine Eigenhaftung der Beklagten zu 3 nach den in der Rechtsprechung hierzu entwickelten Grundsätzen nicht gegeben seien.
Gegen diese Entscheidung richtete sich die sofortige Beschwerde des Klägers, der sich dagegen wandte, dass er nach der Entscheidung des Landgerichts die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 3 tragen müsse. Entgegen der Auffassung des Landgerichts – so hat der Kläger geltend gemacht – seien die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 und die Beklagte zu 3 begründet gewesen. Auf einen Gewährleistungsausschluss hätte sich die Beklagte zu 1 wegen Arglist nicht berufen können. Die Beklagte zu 1 müsse sich das arglistige Handeln der Beklagten zu 3 und ihres Mitarbeiters V zurechnen lassen, die den Oldtimer – was jeder Kraftfahrzeughändler wisse – unter Einsatz einer Hebebühne einer einfachen Sichtprüfung hätten unterziehen müssen. Den Vorwurf der Arglist begründe, dass eine Sichtprüfung vor dem Verkauf des Fahrzeugs an ihn, den Kläger, nicht durchgeführt und ihm auch kein entsprechender Hinweis erteilt worden sei. Entgegen der Auffassung des Landgerichts seien auch die Voraussetzungen für eine Eigenhaftung der Beklagten zu 3 aus Rechtsgründen gegeben.
Das Landgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen. Es hat gemeint, dass sich V nicht arglistig verhalten habe, und im Übrigen auf seine Entscheidung vom 05.02.2020 verwiesen. Der 9. Zivilsenat des OLG Karlsruhe hat der sofortigen Beschwerde daraufhin stattgegeben.
Aus den Gründen: II. Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat Erfolg. Die Kostenentscheidung des Landgerichts ist dahin gehend abzuändern, dass die Beklagten zu 1 und zu 3 nach der übereinstimmenden Erledigung des Verfahrens ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.
1. Die Kostenentscheidung bei übereinstimmender Erledigung des Verfahrens richtet sich gemäß § 91a I ZPO nach billigem Ermessen des Gerichts. Für die Ermessensentscheidung kommt es auf die Erfolgsaussichten der Parteien an, die ohne Erledigung bestanden hätten. Diese Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass die Beklagten zu 1 und zu 3 ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen müssen. Denn die Klage wäre ohne Erledigung des Verfahrens entgegen der Auffassung des Landgerichts auch gegen die Beklagten zu 1 und zu 3 dem Grunde nach erfolgreich gewesen.
a) Ausgehend von den Sachverhaltsfeststellungen des Landgerichts war die Beklagte zu 1 dem Kläger zur Minderung und zum Schadensersatz gemäß § 437 Nr.2 Fall 2 und Nr. 3 Fall 1 BGB verpflichtet. Der vom Kläger erworbene Oldtimer wies bei Vertragsabschluss einen Mangel auf. Das Fahrzeug hatte in der Vergangenheit einen Unfallschaden erlitten, der nur unzulänglich repariert worden war. Der Unfallschaden war dem Kläger bei Abschluss des Vertrags nicht offenbart worden.
Auf den im Formularvertrag vereinbarten Gewährleistungsausschluss kann sich die Beklagte zu 1 nicht berufen. Denn dem Gewährleistungsausschluss steht der Einwand der Arglist (§ 444 Fall 1 BGB) entgegen.
aa) Die Beklagte zu 3 war bei der Veräußerung des Fahrzeugs im Verhältnis zur Beklagten zuz 1 Erfüllungsgehilfin, sodass die Beklagte zu 1 das Verschulden der Beklagten zu 3 in gleicher Weise wie eigenes Verschulden zu vertreten hat (§ 278 Satz 1 BGB). Die Beklagte zu 3 hat bei der Veräußerung – mit Einverständnis der Beklagten zu 1 – ihren Mitarbeiter V eingesetzt, sodass die Beklagte zu 1 gemäß § 278 Satz 1 BGB auch für dessen Verschulden haftet (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl. [2020], § 278 Rn. 9).
Bedient sich eine Privatverkäuferin wie die Beklagte zu 1 der professionellen Hilfe eines Kraftfahrzeughändlers, gelten für das Verschulden der Verkäuferin bzw. ihres Erfüllungsgehilfen die Grundsätze, die die Rechtsprechung für professionelle Kraftfahrzeughändler beim Verkauf von Gebrauchtwagen aufgestellt hat (vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 21.07.1980 – 17 U 164/79, VersR 1981, 388, 389; Eggert, in: Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl. [2020], Rn. 2383). Das bedeutet: Bei der Beurteilung des Verschuldens und der Frage der Arglist kommt es nicht darauf an, dass die Beklagte zu 1 als Privatperson gehandelt hat und dass bei ihr selbst keine besonderen Fachkenntnisse unterstellt werden können, wenn es um die Frage geht, wie man einen Unfallschaden feststellen kann. Vielmehr sind die üblichen Anforderungen an eine Kraftfahrzeughändlerin zu berücksichtigen, deren sich die Beklagte Ziffer 1 bedient hat. Im subjektiven Bereich kommt es darauf an, welche Möglichkeiten die Beklagte zu 3 als Kraftfahrzeughändlerin hatte, einen Unfallschaden festzustellen, und von welchen Erwartungen des Käufers bei den Vertragsverhandlungen eine Kraftfahrzeughändlerin, also die Beklagte zu 3 bzw. deren Mitarbeiter, ausgehen muss und in der Regel auch tatsächlich ausgehen wird.
bb) Eine Kraftfahrzeughändlerin wie die Beklagte zu 3 ist bei der Veräußerung eines Gebrauchtwagens grundsätzlich verpflichtet, eine Sichtprüfung durchzuführen, um insbesondere Hinweise auf einen möglichen Unfallschaden zu finden. Diese Anforderung ist in Rechtsprechung und Literatur anerkannt (vgl. BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 14; Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3663 ff.). Zu einer solchen Sichtprüfung gehört, dass das Fahrzeug auf eine Hebebühne genommen wird, um einen Blick auf die Unterseite des Fahrzeugs zu werfen (vgl. Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3664 unter Verweis auf BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, NJW 2015, 1669). Der Blick auf den Unterboden ist wesentlich, weil dort nicht selten – wie vorliegend – mit bloßem Auge unzulänglich reparierte Unfallschäden festgestellt werden können. Für den professionellen Kraftfahrzeughandel gilt, dass dieser Blick auf den Unterboden von einem Fachmann durchgeführt werden muss, der vorliegend – wie der vom Landgericht bestellte Sachverständige ausgeführt hat – die erheblichen Spuren der früheren unzulänglichen Unfallreparatur auf einen Blick erkannt hätte. Ob der Zeuge V als bei der Beklagten zu 3 angestellter Verkäufer eine genügende Fachkunde für einen solchen Blick auf den Unterboden besaß, kann dahinstehen. Wenn er diese Fachkunde – wie das Landgericht unterstellt hat – nicht besessen haben sollte, dann hätte nach den Grundsätzen der Rechtsprechung die Sichtprüfung durch einen anderen Fachmann im Hause der Beklagten zu 3 in der dortigen Werkstatt durchgeführt werden müssen. Dass eine solche Sichtprüfung nicht stattgefunden hat, wusste der Zeuge V unstreitig. Infolgedessen oblag es ihm im Hinblick auf die Anforderungen an das Verhalten eines Kraftfahrzeughändlers, den Kläger vor Abschluss des Kaufvertrags darauf hinzuweisen, dass die generell bei Kraftfahrzeughändlern übliche Sichtprüfung nicht stattgefunden hatte, mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Feststellung eines möglichen Unfallschadens. Dieser Pflicht ist der Zeuge V nicht nachgekommen.
cc) Der Zeuge V hat die unterbliebene Sichtprüfung gegenüber dem Kläger arglistig verschwiegen. Dies ist der Beklagten zu 1 gemäß § 278 Satz 1 BGB zuzurechnen. Es ist davon auszugehen, dass der Zeuge V als Verkäufer im Autohaus der Beklagten zu 3 die üblichen Anforderungen an die Pflichten eines Gebrauchtwagenverkäufers (Sichtprüfung, insbesondere wegen möglicher Unfallspuren) kannte. Weder die Beklagte zu 1 noch die Beklagte zu 3 haben eine mangelnde Erfahrung des Zeugen geltend gemacht. Die Praxis einer Sichtkontrolle entspricht heute der Praxis jedes seriösen Gebrauchtwagenhändlers. Dementsprechend geht jeder Kaufinteressent, der sich an einen Händler wendet, davon aus, dass der Kraftfahrzeughändler die Frage eines möglichen Unfallschadens oder eines Unfallverdachts vor dem Verkauf zumindest in gewissem Umfang geprüft hat. Diese Erwartung des Kunden kennt ein professioneller Verkäufer. Ein Verkäufer, der in Kenntnis dieser Erwartungen eine einfache Sichtprüfung des Fahrzeugs unterlässt, handelt daher in der Regel arglistig, wenn eine korrekte Sichtprüfung – wie im vorliegenden Fall – konkrete Anhaltspunkte für einen nicht ordnungsgemäß reparierten Unfallschaden ergeben hätte. Ein Kraftfahrzeughändler, der an einem Fahrzeug keine Sichtprüfung auf Unfallschäden vornimmt, muss, um dem Vorwurf der Arglist zu entgehen, einen Kaufinteressenten eindeutig darauf hinweisen, dass ein nicht geringes Risiko eines Unfallschadens besteht, weil übliche und einfachste Untersuchungen zur Frage eines Unfallschadens nicht durchgeführt wurden (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.10.2010 – 4 U 71/09, NJW-RR 2011, 1070, 1072; Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3665, 4345). Wer das – wie der Zeuge V – nicht tut, nimmt in der Regel zumindest billigend in Kauf, dass sich der Käufer falsche Vorstellungen über das Risiko eines Unfallschadens macht.
Im vorliegenden Fall kommt für die Würdigung des Verhaltens des Zeugen V hinzu, dass für die zwingend erforderliche Sichtprüfung vor dem Verkauf weitere konkrete Umstände sprachen. Das Fahrzeug war zum Zeitpunkt des Verkaufs fast 40 Jahre alt. Der Ehemann der Beklagten zu 1 hatte dem Zeugen V zur Historie des Fahrzeugs einen Ordner mit Rechnungen über insgesamt circa 20.000 € übergeben, und ist mit dem Zeugen den Ordner durchgegangen, um ihm zu zeigen, was alles gemacht wurde. Darunter war unter anderem eine Rechnung aus dem Jahr 2008 über einen Betrag von 6.842,50 €, die umfangreiche Maßnahmen am Unterboden sowie ein Ersetzen von Spurstangen und Querlenker zum Gegenstand hatte. Nach dem Gutachten des Sachverständigen S ergab sich daraus für einen Fachmann ein besonderer Anlass, sich das Fahrzeug, vor allem den Unterboden, wegen eines möglichen Unfallschadens genauer anzuschauen.
Da sich aus den Feststellungen des Landgerichts ein arglistiges Verhalten des Zeugen V ergibt, kann dahinstehen, ob auch den Geschäftsführer der Beklagten zu 3, G, ein Vorwurf der Arglist trifft, welcher gemäß § 278 Satz 1 BGB der Beklagten zu 1 zuzurechnen wäre. Die Angaben des Geschäftsführers im Termin beim Landgericht vom 17.01.2019 sind möglicherweise dahin gehend zu verstehen, dass eine Sichtprüfung des Fahrzeugs auf eventuelle Unfallschäden beim Verkauf im Kundenauftrag – anders als beim Verkauf eigener Fahrzeuge – generell unterbleibt. Soweit das Verhalten des Zeugen V (keine Sichtprüfung, keine Offenbarung der Pflichtverletzung gegenüber dem Käufer) auf einer entsprechenden generellen Weisung des Geschäftsführers beruhen sollte, kann auch eine Arglist des Geschäftsführers in Betracht kommen (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. v. 25.10.2010 – 4 U 71/09, NJW-RR 2011, 1070, 1073). Da schon die Zurechnung des Verhaltens des Zeugen V gemäß § 278 Satz 1 BGB eine Haftung der Beklagten zu 1 begründet, kommt es nicht darauf an, wie die Organisation des Verkaufs von Fahrzeugen im Kundenauftrag im Hause der Beklagten zu 3 zu beurteilen ist.
b) Auch die Beklagte zu 3 war dem Kläger schadensersatzpflichtig.
aa) Die Eigenhaftung der Beklagten zu 3 als Vermittlungs- und Abschlussvertreterin beim Verkauf des Fahrzeugs der Beklagten zu 1 beruht auf §§ 280 I, 311 III BGB. Die Beklagte zu 3 hat im Rahmen der Verkaufsverhandlungen mit dem Kläger Vertrauen in besonderem Maße für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen erheblich beeinflusst (§ 311 III BGB). Es reicht aus, dass die Beklagte zu 3 die gesamten Vertragsverhandlungen bis zum Abschluss des Kaufvertrags allein geführt hat, während der Kläger zu der eigentlichen Verkäuferin, der Beklagten zu 1, zu keinem Zeitpunkt Kontakt hatte. Bei einem derartigen Agenturgeschäft nimmt der Kraftfahrzeughändler in der Regel besonderes Vertrauen für sich in Anspruch (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 24). Der Kläger war langjähriger Kunde der Beklagten zu 3. Er vertraute darauf, dass sich die Beklagte zu 3 bei der Anbahnung und Abwicklung des Verkaufs entsprechend den üblichen Standards eines seriösen Kraftfahrzeughändlers verhalten würde. Damit hatte die Beklagte zu 3 gegenüber dem Kläger eine besondere Vertrauensstellung. Für eine Haftung der Beklagten zu 3 reicht dies gemäß § 311 III BGB nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09, NJW 2010, 858 Rn. 24) aus. Auf die Frage, ob die Beklagte zu 3 außerdem – etwa im Hinblick auf eine Provision – ein eigenes wirtschaftliches Interesse an dem Geschäft hatte, kommt es nicht an.
bb) Die Beklagte zu 3 hat ihre schuldrechtlichen Pflichten gegenüber dem Kläger verletzt, da sie das Fahrzeug vor dem Verkauf nicht untersucht hat und den Kläger auch nicht auf das erhebliche Risiko eines Unfallschadens wegen Unterlassung der gebotenen Sichtprüfung hingewiesen hat. Der Verstoß gegen Prüf- und Untersuchungspflichten gehört zu den Hauptanwendungsfällen der Eigenhaftung eines Kfz-Vermittlers (vgl. Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 2319).
c) Im Übrigen ist – obiter dictum – auf Folgendes hinzuweisen: Im formularmäßigen Kaufvertrag (ADAC-Formular 2010) sind Schadensersatzansprüche des Käufers bei grob fahrlässiger Verletzung von Pflichten der Verkäuferin oder ihres Erfüllungsgehilfen nicht ausgeschlossen worden. Wenn man – entgegen der Würdigung des Senats – keine Arglist des Zeugen V annehmen würde, würde auch dieser rechtliche Gesichtspunkt eine Haftung der Beklagten zu 1 und der Beklagten zu 3 rechtfertigen. Der Gesichtspunkt wurde von den Parteien und vom Landgericht übersehen. Da sich die Beklagten zu 1 und zu 3 auf einen Gewährleistungsausschluss (ein Gewährleistungsausschluss für die Haftung der Beklagten zu 1 würde auch die Eigenhaftung der Beklagten zu 3 begrenzen) wegen Arglist nicht berufen können (s. oben), kommt es auf eine Haftung wegen grober Fahrlässigkeit nicht an. Mithin war es vor der Entscheidung des Senats nicht erforderlich, auf diesen bisher von den Parteien nicht gesehenen rechtlichen Gesichtspunkt hinzuweisen.
2. Da die Klage gegen die Beklagten zu 1 und zu 3 voraussichtlich Erfolg gehabt hätte, ist die erstinstanzliche Kostenentscheidung entsprechend abzuändern.
a) Der Kläger hat mit der sofortigen Beschwerde die Kostenentscheidung des Landgerichts nur insoweit angegriffen, als er die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und zu 3 tragen sollte. Die Quote hinsichtlich der Gerichtskosten und der eigenen außergerichtlichen Kosten des Klägers, bei der nach der sogenannten Baumbach'schen Formel vom Landgericht auch die Annahme eines voraussichtlichen Unterliegens des Klägers gegenüber der Beklagten zu 1 und zu 3 mitberücksichtigt wurde, ist in der sofortigen Beschwerde nicht angegriffen. Daher ist diese Quote (73 % zulasten des Klägers und 27 % zulasten der Beklagten zu 2) vom Senat nicht zu prüfen.
b) Für die Korrektur der erstinstanzlichen Kostenentscheidung wegen der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 und zu3 kommt es nicht darauf an, ob der Kläger im Verhältnis zu diesen beiden Beklagten in voller Höhe mit seiner Forderung durchgedrungen wäre. Nach den erstinstanzlich getroffenen Feststellungen (vgl. hierzu insbesondere die Begründung des Vergleichsvorschlags des Landgerichts im Verhältnis zur Beklagten zu 2 im Termin vom 18.11.2019) steht fest, dass der Kläger gegenüber den Beklagten zu 1 und zu 2 jedenfalls weit überwiegend Erfolg gehabt hätte, wenn es nicht zur Erledigung gekommen wäre. Im Hinblick auf den Umstand, dass der Kläger – von ihm mit der sofortigen Beschwerde nicht angegriffen – den überwiegenden Teil seiner außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen hat, erscheint es billig, dass die Beklagten zu 1 und zu 3 jedenfalls ihre eigenen außergerichtlichen Kosten vollständig selbst tragen müssen.
c) Im Übrigen hat der Senat in der Formulierung des Tenors gegenüber der Formulierung des Landgerichts eine geringfügige sprachliche Klarstellung vorgenommen. (Die Kostenquote von 73 % : 27 % im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2 soll nach der Entscheidung des Landgerichts offensichtlich nicht die Kosten des Vergleichs zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 2 umfassen.)
3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf §§ 91 I, 100 I ZPO.