1. Nimmt ein Kraftfahrzeughändler beim Verkauf eines Gebrauchtwagens ein gebrauchtes Fahrzeug des Käufers dergestalt in Zahlung, dass ein Teil des Kaufpreises für das „neue“ Fahrzeug durch Hingabe des Gebrauchtwagens getilgt werden soll, so ist die Haftung des Käufers für Mängel des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs (§§ 365, 434 ff. BGB) regelmäßig stillschweigend ausgeschlossen, falls die Parteien nichts Abweichendes vereinbaren (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 04.12.2018 – 9 U 160/16, DAR 2019, 201, 202 f.).
  2. Auf den stillschweigend vereinbarten Gewährleistungsausschluss kann sich der Käufer allerdings insbesondere hinsichtlich eines Mangels, den er arglistig verschwiegen hat, nicht berufen (§ 444 Fall 1 BGB).

LG Frankfurt (Oder), Urteil vom 28.06.2019 – 12 O 75/18
(nachfolgend: OLG Brandenburg, Beschluss vom 31.03.2020 – 3 U 105/19Beschluss vom 29.06.2020 – 3 U 105/19)

Sachverhalt: Die Klägerin, eine autorisierte Mercedes-Benz-Händlerin, begehrt von den Beklagten die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags.

Die Beklagte zu 2 erwarb von der Klägerin am 12.10.2017 einen gebrauchten Mercedes-Benz E 220 CDI BlueEFFICIENCY zum Preis von 16.500 €. Dabei nahm die Klägerin einen Mercedes-Benz C 220 CDI zum Preis von 10.000 € in Zahlung. Dieses Fahrzeug hatte die Beklagte zu 1 im Oktober 2014 erworben; seine Laufleistung ist im Bericht über eine am 04.09.2014 durchgeführte Hauptuntersuchung mit 69.191 km angegeben.

Ende November/Anfang Dezember 2017 veräußerte die Klägerin das in Zahlung genommene Fahrzeug für 11.500  an die Käuferin K. In der diesem Geschäft zugrunde liegenden verbindlichen Bestellung und in der zugehörigen Rechnung heißt es: „km laut Tacho: 101.500“ und „km laut Halter: 101.500“. K wandte sich am 11.12.2017 wegen einer Fehlermeldung an die Klägerin, die das an K veräußerte Fahrzeug untersuchen ließ. Anschließend – mit anwaltlichem Schreiben vom 15.01.2018 – erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 1, sie trete vom Kaufvertrag über den in Zahlung gegebenen Pkw wegen einer „Tachomanipulation“ zurück. Hilfsweise erklärte die Klägerin die Anfechtung ihrer auf den Abschluss dieses Vertrags gerichteten Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung. Die Beklagte zu 1 wurde aufgefordert, das in Zahlung gegebene Fahrzeug bei der Klägerin abzuholen. Die Beklagte zu 1 wies Ansprüche der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 25.01.2018 zurück.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 01.08.2018 erklärte die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2 den Rücktritt vom Kaufvertrag über den in Zahlung genommenen Mercedes-Benz C 220 CDI und hilfsweise die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung bezüglich der Laufleistung des Pkw. Auch die Beklagte zu 2 wies Ansprüche der Klägerin zurück.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte zu 2 habe das Fahrzeug der Beklagten zu 1 bei ihr, der Klägerin, in Zahlung gegeben und dabei – was die Beklagten bestreiten – angegeben, dass die Laufleistung des Pkw derzeit 101.500 km betrage. Diese Laufleistung habe der Kilometerzähler des Fahrzeugs auch ausgewiesen. Auf die Mängelrüge der Käuferin K hin sei der Pkw indes seitens der DEKRA Automobil GmbH untersucht und dabei insbesondere der Servicespeicher ausgelesen worden. Daraus habe sich ergeben, dass das Fahrzeug bis zum 13.06.2014 insgesamt 109.613 km und bis zum 30.10.2017 insgesamt von 144.697 km zurückgelegt gehabt habe. Folglich habe der – manipulierte – Kilometerzähler des Pkw eine zu geringe Laufleistung angezeigt, als sie, die Klägerin, das Fahrzeug in Zahlung genommen habe. Nach Auffassung der Klägerin leidet der Pkw daher an einem nicht behebbaren Mangel, sodass sie wirksam vom Kaufvertrag über das Fahrzeug zurückgetreten sei.

Die Klägerin hat geltend gemacht, dass ihr die Beklagten als Gesamtschuldner nunmehr den Teil des Kaufpreises für den Mercedes-Benz E 220 CDI BlueEFFICIENCY zahlen müssten, der durch Hingabe des Mercedes-Benz C 220 CDI getilgt werden sollte (10.000 €). Darüber hinaus hätten die Beklagten als Gesamtschuldner für den Schaden einzustehen, der ihr, der Klägerin, dadurch entstanden sei, dass sie den mit K geschlossenen Kaufvertrag wegen der „Tachomanipulation“ rückabgewickelt habe (1.260,50 €). Außerdem seien die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet, ihr die Kosten zu ersetzen, die sie für die Untersuchung des Fahrzeugs durch die DEKRA Automobil GmbH aufgewendet habe (705,27 € netto), und die Beklagten müssten gesamtschuldnerisch Stand- und Verwahrkosten in Höhe von 10 € pro Tag zahlen, da sie den in Zahlung gegebenen Pkw trotz des Rücktritts nicht bei ihr, der Klägerin, abgeholt hätten.

Dementsprechend hat die Klägerin zuletzt beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 11.260,50 € nebst Zinsen sowie zur Zahlung weiterer 1.117,87 € nebst Zinsen sowie dazu zu verurteilen, das in Zahlung gegebene Fahrzeug Zug um Zug gegen Zahlung der 11.260,50 € von ihrem Betriebsgelände zu entfernen. Außerdem hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass die Beklagten mit der Rücknahme des Pkw in Annahmeverzug sind.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Ankaufvertrags über den Mercedes-Benz C 220 CDI mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer … gemäß §§ 365, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 346 ff. BGB bzw. gemäß § 123 I Fall 1, II, §§ 142 I, 812 I 1 Fall 1 BGB. Die Gewährleistung für das Fahrzeug wurde konkludent ausgeschlossen. Die Beklagten täuschten die Klägerin nicht arglistig.

Im Einzelnen:

Die Klägerin erklärte mit Schreiben vom 15.01. und vom 01.8.2018 gegenüber den Beklagten jeweils den Rücktritt vom Ankaufvertrag über das vorgenannte Fahrzeug wegen einer falschen Laufleistungsangabe. Sie behauptet mithin einen Mangel und macht folglich Gewährleistungsrechte geltend. Der Kaufvertrag kam mit der Beklagten zu 1 zustande. Unstreitig wurde die Beklagte zu 1 bei Abschluss des Vertrags von der Beklagten zu 2 vertreten. Die Beklagte zu 1 lässt sich auch unstreitig die Erklärung der Beklagten zu 2 zurechnen. Mit der Klägerin war vereinbart, dass der Kaufpreis des von der Beklagten zu 1 an die Klägerin verkauften Fahrzeugs auf den Kaufpreis des von der Klägerin an die Beklagte zu 2 veräußerten gebrauchten Mercedes-Benz angerechnet wird.

Einen schriftlichen Kaufvertrag über den Ankauf des Fahrzeugs der Beklagten zu 1. durch die Klägerin gibt es nicht. Die Klägerin legt zwar als Anlage K 3 eine „Ankauf-Gutschrift“ vor, die Daten zum Kauf enthält. Diese datiert jedoch vom 23.11.2017 und wurde damit nach Abschluss des Vertrags über den Verkauf eines Mercedes-Benz von der Klägerin an die Beklagte zu 2 erstellt. Letzterer Kauf datiert ausweislich der Anlagen K 1 und K 2 vom 12.10. bzw. vom 13.10.2017. Es ist zwischen den Parteien unstreitig, dass die Hingabe und damit auch die Übereignung des Fahrzeugs der Beklagten zu 1 an die Klägerin spätestens zum Zeitpunkt des Verkaufs des Mercedes-Benz von der Klägerin an die Beklagte zu 2. erfolgte. Die Klägerin erstellte offensichtlich die Gutschrift zum Zeitpunkt der Bestellung des Fahrzeugs durch die Käuferin K.

Die Parteien tragen nichts dazu vor, dass besondere Vereinbarungen zur Gewährleistung des durch die Klägerin von der Beklagten zu 1 angekauften Fahrzeugs getroffen wurden oder die Beklagte zu 1 eine Garantie gab. Es gelten mithin die gesetzlichen Bestimmungen, das heißt, die Klägerin kann aufgrund eines Mangels vom Kaufvertrag gemäß §§ 365, 437 Nr. 2 Fall 1 BGB zurücktreten. Das Gericht geht jedoch von einem konkludenten Gewährleistungsausschluss aus. Es folgt insofern der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe (Urt. v. 04.12.2018 – 9 U 160/16, DAR 2019, 201, 202 f.).

In der Inzahlungnahme des Pkw der Beklagten zu 1 für einen Teil des Preises des Fahrzeugs, das die Beklagte zu 2 von der Klägerin erwarb, sieht das Gericht eine Ersetzungsbefugnis. Im Regelfall ist – so das OLG Karlsruhe – von einem stillschweigend vereinbarten Gewährleistungsausschluss auszugehen, da dies den beiderseitigen Interessen der Vertragsparteien entspricht. Für denjenigen, der ein für ihn neues Fahrzeug erwirbt, das auch ein gebrauchtes Fahrzeug sein kann, ist die lnzahlungsgabe des Gebrauchtwagens ein Finanzierungsbeitrag zum Erwerb des neuen Fahrzeugs, denn er bringt den gesamten Kaufpreis nicht in bar auf. Er, das heißt vorliegend die Beklagte zu 2, benötigt jedoch einen festen Preis bei Abschluss des Kaufs des neuen Fahrzeugs, um zu wissen, ob und wie viel noch für den Kauf des neuen Fahrzeugs anderweitig aufgebracht werden muss. Er würde den Vertrag nicht abschließen, wenn er nach Vertragsabschluss komplizierte Verhandlungen wegen des Zustands des Gebrauchtwagens befürchten müsste, den er in Zahlung geben möchte, so das OLG Karlsruhe. Der Verkäufer des neuen Fahrzeugs, mithin vorliegend die Klägerin, ist jedoch bereit, gewisse Risiken einzugehen, um den Vertragspartner, das heißt hier die Beklagte zu 2, als Kunden für den Kauf des neuen Fahrzeugs zu gewinnen. Entscheidend – so das OLG Karlsruhe – für die Annahme eines Gewährleistungsausschlusses ist die Erwägung, dass der Verkäufer des neuen Fahrzeugs es in der Hand hat, sich vor Vertragsabschluss über den Zustand des Gebrauchtwagens durch eine Besichtigung und/oder Untersuchung zu vergewissern und sich durch eine entsprechende Vertragsgestaltung abzusichern. Wenn der Verkäufer des neuen Fahrzeugs auf solche Gestaltungsmöglichkeiten verzichtet, muss der Vertragspartner, hier die Beklagte zu 2 und letztlich mithin die Beklagte zu 1, davon ausgehen, dass er bei eventuellen Mängeln des Gebrauchtwagens nicht in Anspruch genommen wird.

Dieser Regelfall trifft auch auf die vorliegende Sache zu.

Die Beklagte zu 2 übergab der Klägerin das Fahrzeug der Beklagten zu 1 unstreitig spätestens bei Abschluss der Kaufverträge. Die Klägerin konnte das Fahrzeug besichtigen und begutachten bzw. den Kaufpreis bewerten. Letzteres tat sie auch, denn sie selbst bestimmte den Ankaufspreis mit 10.000 €. Die Beklagten waren damit einverstanden. Unstreitig zeigte das Tachometer des Fahrzeugs der Beklagten zu 1 101.500 km als Laufleistung an. Aus dem Zustand des Fahrzeugs konnte nicht auf eine höhere Laufleistung geschlossen werden, was ebenfalls außer Streit steht. Dies trägt auch die Klägerin vor, die autorisierte Fachhändlerin der Marke Daimler/Mercedes ist. Eine Auslesung des Servicespeichers, der nach dem klägerischen Vortrag dann eine höhere Laufleistung auswies, veranlasste die Klägerin nicht bzw. nahm sie auch nicht selbst vor. Ihr dürfte als Fachhändlerin jedoch bekannt sein, dass die Laufleistung dieser Markenfahrzeuge gelegentlich manipuliert wird. Auf eine vertragliche Absicherung dieses insofern von der Klägerin eingegangenen Risikos verzichtete sie. Eine schriftliche Vereinbarung trafen die Parteien, wie bereits erwähnt, nicht. Auch eine mündliche Vereinbarung dazu ist nicht dargelegt.

Der konkludent zustande gekommene Gewährleistungsausschluss wäre jedoch dann unwirksam, wenn die Beklagten die Klägerin arglistig über die Laufleistung getäuscht hätten (§ 444 Fall 2 BGB). Davon kann vorliegend jedoch nicht ausgegangen werden.

Die Beklagte zu 1 erwarb das Fahrzeug ausweislich des von ihr als Anlage B 1 zur Akte gereichten Kaufvertrags am 13.10.2014. Es ist davon auszugehen, dass das Tachometer des Fahrzeugs zum damaligen Zeitpunkt eine Laufleistung von circa 69.191&nbbsp;km auswies, denn diese Laufleistung wurde bei der Hauptuntersuchung am 04.09.2014 festgestellt (vgl. Anlage B 2). Ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. G vom 16.04.2018, den die Klägerin vorgerichtlich beauftragt hatte, ergab die Auslesung des Servicespeichers des Fahrzeugs zum 13.06.2014 bereits eine zurückgelegte Gesamtwegstrecke von 109.613 km. Damit wies das Tachometer des Fahrzeugs bereits nicht die tatsächliche Laufleistung des Pkw zum Zeitpunkt des Verkaufs an die Beklagte zu 1. aus. Unstreitig wies das Tachometer zum Zeitpunkt des Verkaufs des Fahrzeugs von der Beklagten zu 1 an die Klägerin im Oktober 2017 eine Laufleistung von 101.500 km aus. Die Beklagte zu 1 fuhr mithin mit dem Fahrzeug 32.309 km. Im Servicespeicher des Pkw ist gemäß den Feststellungen des vorgerichtlichen Sachverständigen zum 30.10.2017 eine Gesamtwegstrecke von 144.697 km ausgewiesen. Mit dem Fahrzeug wurde folglich seit dem 13.06.2014 eine Wegstrecke von 35.084 km zurückgelegt. Dies entspricht circa der Strecke, die die Beklagte zu 1 gemäß den Angaben des Tachometers des Fahrzeuges fuhr. Die Beklagte zu 1 kann folglich nach Ansicht des Gerichts kein Wissen um die danach mögliche Manipulation des Tachometers des Fahrzeugs gehabt haben.

Die Annahme der arglistigen Täuschung der Klägerin durch die Beklagte zu 1 rechtfertigt sich mithin nicht, zumal die Beklagte zu 1 gar keine Erklärungen gegenüber der Klägerin abgab. Unstreitig ist, dass die Verträge die Beklagte zu 2 schloss. Da bereits nicht angenommen werden kann, dass die Beklagte zu 1 etwas über die Manipulation wusste, gibt es auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2 ein derartiges Wissen vor Abschluss der Kaufverträge mit der Klägerin erlangt hatte.

Die Klägerin kann nach alldem nicht vom Vertrag über den Ankauf des Pkw der Beklagten zu 1 zurücktreten. Sie hat damit keinen Anspruch auf die geltend gemachte, nach ihrer Meinung ausstehende Kaufpreisforderung in Höhe von 10.000 € sowie auch keinen Anspruch auf Ersatz des ihr entgangenen Gewinns. Ferner hat sie natürlich keine Ansprüche auf den von ihr begehrten sonstigen Schadensersatz wie Gutachterkosten, Stand- und Verwahrkosten und Verzugszinsen oder auch vorgerichtliche Anwaltskosten. Bezüglich Letzterer fehlt es an einer konkreten Antragstellung. Die Beklagten können sich folglich auch nicht mit der Rücknahme des Fahrzeugs in Verzug befunden haben.

Hinweis: Mit Beschluss vom 31.03.2020 – 3 U 105/19 – hat der 3. Zivilsenat des OLG Brandenburg darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Frankfurt (Oder) gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. In dem Hinweisbeschluss heißt es:

„Das Landgericht hat die Klage mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags über den in Zahlung genommenen Pkw … aus §§ 365, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 346 ff. BGB.

1. Auszugehen ist von dem Grundsatz, dass, sofern der Ankauf eines Fahrzeugs von einem Fahrzeughändler mit der Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens verknüpft wird, dies in der Regel als sogenannte Ersetzungsbefugnis zu bewerten ist. Diese führt bei Mängeln des in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagens zu einer Anwendung des § 365 BGB; der Schuldner, also derjenige, der das Fahrzeug in Zahlung gibt, hat danach dem Gläubiger in gleicher Weise wie ein Verkäufer Gewähr zu leisten. Diese Gewährleistungsrechte beschränken sich dann auf eine Rückabwicklung der Inzahlungnahme des Gebrauchtwagens und berühren den Kaufvertrag über das andere Fahrzeug nicht.

2. Die Klägerin war hier dennoch nicht zum Rücktritt vom Ankauf des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs berechtigt, weil dem ein konkludenter Gewährleistungsausschluss entgegensteht. Der Senat folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts, wonach die Rechtsprechung des OLG Karlsruhe (Urt. v. 04.12.2018 – 9 U 160/16, DAR 2019, 201, 202 f.), die der Rechtsprechung des BGH folgt (Urt. v. 21.04.1982 – VIII ZR 26/81, BGHZ 83, 334, 337 ff. = NJW 1982, 1700 f.), auch auf den hiesigen Sachverhalt anwendbar ist.

a) Nach dieser Rechtsprechung ist dann, wenn beim Kauf eines Neuwagens ein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung gegeben wird, für den Gebrauchtwagen – auch ohne ausdrückliche Regelung im Vertrag – von einem stillschweigend vereinbarten Gewährleistungsausschluss auszugehen. Dies ergebe sich aus den beiderseitigen Interessen bei der Inzahlungnahme. Für den Neuwagenkäufer sei die Inzahlunggabe seines Gebrauchtwagens ein Finanzierungsbeitrag zum Erwerb des neuen Fahrzeugs, weil er nicht den gesamten Kaufpreis in bar aufbringen könne oder wolle. Der Neuwagenkäufer benötige daher schon beim Abschluss des Vertrags einen festen Preis, damit er wisse, wie sein altes Fahrzeug angerechnet werde; er würde den Vertrag nicht abschließen, wenn er nach Vertragsschluss komplizierte Verhandlungen wegen des Zustands seines Gebrauchtwagens befürchten müsste. Der Neuwagenhändler sei in derartigen Fällen bereit, bei der Inzahlungnahme des Gebrauchtwagens gewisse Risiken einzugehen, um seinen Vertragspartner als Kunden für den Neuwagen zu gewinnen. Entscheidend für die Annahme eines Gewährleistungsausschlusses sei die Erwägung, dass der Neuwagenhändler es in der Hand habe, sich vor Vertragsschluss über den Zustand des Gebrauchtwagens durch eine Besichtigung und/oder Untersuchung zu vergewissern und dass der Neuwagenhändler sich durch bestimmte Angaben des Kunden zur Beschaffenheit des Fahrzeugs im Vertrag absichern könne. Wenn der Neufahrzeughändler auf solche Gestaltungsmöglichkeiten verzichte, müsse der Vertragspartner davon ausgehen, dass er bei eventuellen Mängeln des Gebrauchtwagens nicht in Anspruch genommen werde (OLG Karlsruhe, Urt. v. 04.12.2018 – 9 U 160/16, DAR 2019, 201, 202 f.).

b) Zwar weist die Klägerin zutreffend darauf hin, dass diese Rechtsprechung sich explizit nur auf die Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens im Rahmen eines Neuwagenkaufs bezieht. Das Landgericht hat aber zutreffend ausgeführt, dass diese Rechtsprechung auch hier anwendbar ist, da die Interessenlage vergleichbar ist. Der Anwendung auf den hiesigen Fall stehen auch keine gegenteiligen Entscheidungen des BGH oder anderer Oberlandesgerichte entgegen.

Auch in einem Fall wie diesem, in dem es um den Verkauf eines Gebrauchtwagens durch einen gewerblichen Fahrzeughändler geht, kommt es diesem ebenso wie bei dem Verkauf eines Neuwagens darauf an, seinen Vertragspartner als Kunden zu gewinnen, und erklärt er sich bereit, dafür den Gebrauchtwagen des Kunden in Zahlung zu nehmen. Auf der anderen Seite kommt es dem Kunden ersichtlich darauf an, sein Gebrauchtfahrzeug zu einem festen Preis in Zahlung geben zu können, um sicher zu sein, welche Kosten insgesamt auf ihn zukommen, und danach seine Kaufentscheidung auszurichten. Auch hatte die Klägerin es hier, wie auch in dem der Entscheidung des OLG Karlsruhe zugrunde liegenden Fall, als autorisierte Mercedes-Benz-Fachhändlerin in der Hand, sich vor Vertragsschluss über den Zustand des Gebrauchtwagens zu vergewissern und sich durch die Aufnahme des Kilometerstands in den Ankaufvertrag als Angabe zur Beschaffenheit des Fahrzeugs abzusichern. Eine solche Beschaffenheitsvereinbarung hätte Vorrang gegenüber einem Gewährleistungsausschluss (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12, NJW 2013, 1733 Rn. 15), wie etwa in dem der Entscheidung des BGH vom 19.12.2012 – VIII ZR 117/12, NJW 2013, 1733 – zugrunde liegenden Sachverhalt, in dem eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Unfallfreiheit getroffen wurde, die einem stillschweigenden Gewährleistungsausschluss entgegenstand. Dies hat die Klägerin hier aber nicht getan. Sie hat keine Prüfung des Fahrzeugs vorgenommen und keine Angaben zu dem Fahrzeug, das in Zahlung genommen werden soll, in den Kaufvertrag aufgenommen oder einen eigenen Vertrag über den Ankauf dieses Fahrzeugs mit entsprechenden Angaben abgeschlossen, sondern nur in den Kaufvertrag über das von ihr verkaufte Fahrzeug den Passus ‚GW-Inzahlungnahme: 10.000 €‘ aufgenommen. Angesichts dessen konnte die Vertragspartnerin davon ausgehen, dass sie bei eventuellen Mängeln des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs nicht in Anspruch genommen werde.

c) Soweit die Klägerin in ihrer Berufung darauf abstellt, dass den Gebrauchtwagenhändler keine generelle Verpflichtung treffe, das Fahrzeug vor dem Verkauf zu untersuchen, trifft dies zwar zu (BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 80/14, juris Rn. 14). Die Frage, ob und in welchem Umfang ihn eine Untersuchungspflicht trifft, stellt sich aber in erster Linie dann, wenn einem Gebrauchtwagenhändler Arglist wegen eines Verstoßes gegen eine etwaige Untersuchungspflicht vorgeworfen wird und der Kaufvertrag deshalb wegen arglistiger Täuschung angefochten wird. Darum geht es hier aber nicht. Hier geht es um eine Abwägung der Interessen des Händlers und des Käufers und die im Rahmen dieser Abwägung zu berücksichtigenden Untersuchungsmöglichkeiten eines Gebrauchtwagenhändlers. Diese führt zu einem – zulasten der Klägerin gehenden – Gewährleistungsausschluss, der der Klageforderung entgegensteht.“

Die Berufung wurde sodann mit Beschluss vom 29.06.2020 – 3 U 105/19 – zurückgewiesen. In diesem Beschluss heißt es:

„Die Berufung … ist gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert, und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Die Gegenerklärung der Klägerin, die im Wesentlichen darauf abstellt, dass bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens ein stillschweigender Gewährleistungsausschluss nicht in Betracht komme, bietet keinen Anlass, von dieser Beurteilung abzuweichen. Entgegenstehende Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte oder des BGH stehen dieser Einschätzung nicht entgegen, sodass eine Zulassung der Revision nicht angezeigt ist.

Zwar bezieht sich die Rechtsprechung des OLG Karlsruhe explizit nur auf den Kauf eines Neufahrzeugs vom Kraftfahrzeughändler gegen Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens. Diese Rechtsprechung lässt sich aber auf den Kauf eines Gebrauchtwagens vom Händler gegen Inzahlungnahme eines Gebrauchtwagens des Käufers übertragen. Es macht keinen wesentlichen Unterschied, ob die Hingabe eines Altfahrzeugs mit dem Kauf eines neuen oder gebrauchten Fahrzeugs zusammenhängt (Eggert, in: Reinking/Eggert, Der Autokauf, 14. Aufl. [2020], Rn. 4043).

Sowohl nach der Rechtsprechung des OLG Karlsruhe als auch nach der Rechtsprechung des BGH (Urt. v. 21.04.1982 – VIII ZR 26/81, BGHZ 83, 334, 337 ff. = NJW 1982, 1700 f.) ist der entscheidende Anknüpfungspunkt für die Annahme eines konkludenten Gewährleistungsausschlusses im Hinblick auf das in Zahlung genommene Fahrzeug des Käufers nicht die Tatsache, dass dieser einen Neuwagen erworben hat, sondern die typische Interessenlage der beteiligten Vertragsparteien bei Vertragsabschluss (Eggert, in: Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 4044). Auch bei dem Kauf eines Gebrauchtwagens von einem Kfz-Händler gegen die Inzahlungnahme des alten Fahrzeugs liegt es im erkennbaren Interesse des Käufers, der ohne diese das Fahrzeug nicht erwerben könnte oder wollte, sicher sein zu können, in welcher Höhe sein altes Fahrzeug angerechnet wird, ohne befürchten zu müssen, nach Vertragsschluss wegen des Zustands des Wagens in Anspruch genommen zu werden. Gleichermaßen hat der Kfz-Händler, zu dessen Geschäft neben dem Verkauf von Neuwagen auch der Verkauf gebrauchter Fahrzeuge gehört, ebenso wie bei dem Verkauf eines Neuwagens das Interesse, den Vertragspartner als Kunden zu gewinnen, wenn er einen Gebrauchtwagen verkaufen will. Zudem ist entscheidend – insoweit besteht ebenfalls kein Unterschied zum Verkauf eines Neuwagens –, dass der Händler die technischen und rechtlichen Möglichkeiten hat, sich gegen das Mängelrisiko zu schützen. Er hat es in der Hand, sich vor Vertragsschluss über den Zustand des Gebrauchtwagens, den er in Zahlung nehmen will, zu vergewissern und durch bestimmte Beschaffenheitsangaben, die einem Gewährleistungsausschluss vorgehen, abzusichern. Der Händler wird durch die Annahme eines konkludenten Gewährleistungsausschlusses auch nicht über Gebühr belastet. Es liegt an ihm, sich die wesentlichen, für ihn wichtigen Eigenschaften des Kundenfahrzeugs verbindlich als Beschaffenheitsangabe zusichern zu lassen. Wenn der Fahrzeughändler auf solche Gestaltungsmöglichkeiten verzichtet, kann der Vertragspartner, egal ob er einen Neuwagen oder einen Gebrauchtwagen erwirbt, davon ausgehen, dass er bei eventuellen Mängeln des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs nicht in Anspruch genommen wird (vgl. OLG Karlsruhe, Urt. v. 04.12.2018 – 9 U 160/16, DAR 2019, 201, 202 f.). …“

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