1. Der Käufer eines Gebrauchtwagens muss grundsätzlich damit rechnen, dass das Fahrzeug dem Alter und der Laufleistung entsprechende Abnutzungserscheinungen und Gebrauchsspuren aufweist. Außerdem muss er damit rechnen, dass das Fahrzeug Bagatellschäden erlitten hat, die für den Käufer nach ihrer Beseitigung keinerlei Bedeutung mehr haben und insbesondere bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen können.
  2. Die Grenze für Bagatellschäden ist sehr eng zu ziehen. Kein Bagatellschaden liegt vor, wenn bei einem Diebstahl des Fahrzeugs Türen und Seitenwände aufgebogen, Fahrzeugteile (u. a. die Airbags, der Beifahrersitz und die hintere Sitzbank) entwendet und Kabelbäume zerschnitten wurden. Bei derart gravierenden Schäden kann auch nach einer Reparatur mit Originalteilen – ähnlich wie bei Unfallschäden – der Verdacht aufkommt, dass verborgene Mängel verblieben sind oder das Fahrzeug in erhöhtem Maße fehler- und reparaturanfällig ist.

LG Bonn, Urteil vom 15.11.2010 – 1 O 435/09
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 21.03.2011 – 5 U 175/10)

Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Gebrauchtwagen und Schadensersatz.

Die Klägerin kaufte von der Beklagten am 14.08.2009 einen gebrauchten Pkw mit einem Kilometerstand von 67.189 zum Preis von 13.200 €. Dieses Fahrzeug hatte die Beklagte selbst zum Preis von 21.880 € gebraucht von der U-GmbH erworben, wobei der entsprechende Kaufvertrag den Hinweis „Fahrertür + Schweller nachlackiert (wg. Diebstahl)“ enthielt. Sie bot es anschließend über die Internetplattform X zum Kauf an. Dort hieß es unter anderem, das Fahrzeug sei „TOP gepflegt“ und unfallfrei und habe „keine Beulen“.

Im schriftlichen Kaufvertrag war angekreuzt, dass das Fahrzeug nicht aus erster Hand stamme, aber während der Besitzzeit der Beklagten keinen Unfallschaden erlitten habe. Außerdem erklärte die Beklagte, dass das Fahrzeug – soweit ihr bekannt – auch in der übrigen Zeit keinen Unfallschaden, sondern „nur folgende Schäden (Anzahl, Art, Umfang)“ erlitten habe: „3 × Diebstahlschaden, Einbruch Navi-Diebstahl“. Schließlich enthielt der Kaufvertrag einen Gewährleistungsausschluss.

Die Klägerin übernahm das Fahrzeug, am Tag des Vertragsschlusses.

Mit der Behauptung, das Fahrzeug verliere bereits nach kurzer Fahrt in erheblichem Umfang Kühlwasser, sodass alle 50 Kilometer Kühlwasser nachgefüllt werden müsse, und unter Bezugnahme auf ein privat eingeholtes Gutachten des Sachverständigen I, wonach an dem Fahrzeug in erheblichem Umfang Nachlackierungen durchgeführt worden seien, erklärte die Klägerin erstmals im Oktober 2009 den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Im Verlauf des Rechtsstreits ist zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass das Fahrzeug während der Besitzzeit der Beklagten einen weiteren erheblichen Einbruchschaden erlitten hat, bei dem nicht lediglich das Navigationsgerät entwendet wurde und der im Rahmen einer Fahrzeugbewertung durch den Sachverständigen H wie folgt beschrieben wurde:

„Türe rechts und Seitenwand rechts mit Innenteil extrem deformiert und aufgebogen, Türverkleidung mit allen Anbauteilen entwendet, beide Airbags, Steuergerät, Bedienteil Klimaautomatik, Navigationsgerät, Handschuhfach, Luftdüsen, Bedienteil Schiebedach, Sitz vorne rechts komplett, Sitzbank hinten komplett entwendet. Kabelbäume A-Brett und Hauptkabelbaum zerschnitten“.

Diese Fahrzeugbewertung hat die Beklagte durch ihre Prozessbevollmächtigten zu den Akten reichen lassen. Die Klägerin stützt nunmehr ihr Rücktrittsverlangen auch darauf.

Sie behauptet, dass sich der erhebliche Kühlwasserverlust bereits einen Tag nach Übernahme des Fahrzeugs gezeigt habe. Nach Aussage einer Vertragswerkstatt sei dies auf einen Defekt der Zylinderkopfdichtung zurückzuführen, und eine Reparatur werde voraussichtlich 2.000 € kosten. Die vom Sachverständigen I spezifizierten Nachlackierungen seien ihr nicht offenbart worden, erst recht nicht der in der Fahrzeugbewertung des Sachverständigen H festgehaltene Einbruchschaden. Die Beklagte habe diesen Schaden verharmlost, indem sie bei den Verhandlungen lediglich den Diebstahl des Navigationsgeräts offenbart habe.

Die Klägerin begehrt die Erstattung des Kaufpreises, wobei sie sich für insgesamt 800 gefahrene Kilometer eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 105,60 € anrechnen lässt und so auf einen Betrag von 13.094,40 € kommt. Darüber hinaus verlangt die Klägerin für einen Zeitraum von zwölf Tagen eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 50 € pro Tag, insgesamt also 600 €, sowie den Ersatz von Abschleppkosten in Höhe von 80 €.

Die Klage hatte Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Die Klägerin ist nach § 437 Nr. 2 BGB i. V. mit den §§ 440, 323, 326 V BGB berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten.

a) Das Fahrzeug hat bei Abschluss des Kaufvertrags und der am selben Tag erfolgten Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen, weil es nicht frei von Schäden war und damit nicht die Beschaffenheit aufwies, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, dass beispielsweise die fehlende Unfallfreiheit auch eines Gebrauchtfahrzeugs einen Sachmangel in dem beschriebenen Sinne darstellt, sofern es nicht lediglich Bagatellschäden erlitten hat (vgl. z. B. BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, NJW 2008, 911, und Palandt/Weidenkaff, BGB, § 434 Rn. 29). Für die hier vorhandenen Schäden, die zwar nicht durch einen Unfall entstanden, aber Folge eines Einbruchdiebstahl gewesen sind, muss das Gleiche gelten. Es handelt sich auch nicht lediglich um einen Bagatellschaden. Vielmehr ist hier unstreitig die rechte Türverkleidung mit allen Anbauteilen entwendet worden, ferner beide Airbags, das Steuergerät, das Bedienteil der Klimaautomatik, das Navigationsgerät, Handschuhfach, Luftdüsen, das Bedienteil Schiebedach, der Sitz vorne rechts komplett sowie die Sitzbank hinten komplett. Darüber hinaus wurden Kabelbäume am A-Brett und der Hauptkabelbaum zerschnitten. Darüber hinaus wies das Fahrzeug infolge dieses Einbruchs sowie zwei weiterer vor der Besitzzeit der Beklagten erfolgten Einbrüche, bei der jeweils zumindest auch das Navigationsgerät entwenden wurde, Lackschäden auf, die beim Aufhebeln der Tür entstanden sind.

Auch wenn die entwendeten Teile, wie die Beklagte behauptet, durch entsprechende Originalteile wieder ersetzt worden sind und die Autoelektrik durch eine Fachwerkstatt und von einer Vertragswerkstatt (Antennen) wieder ordnungsgemäß instand gesetzt worden sein mag, so weist das Fahrzeug nicht die Beschaffenheit auf, die bei einem Gebrauchtwagen üblich ist und die der Käufer erwarten durfte.

Die Parteien haben auch keine sogenannte „negative Beschaffenheitsvereinbarung“ getroffen, in welcher auf diese Sachmängel hingewiesen worden ist. Der schriftliche Kaufvertrag enthält keine entsprechende Vereinbarung. Im Abschnitt (a) auf der zweiten Seite des Kaufvertrags ist lediglich garantiert, dass das Fahrzeug in der Zeit, in der es sich im Eigentum der Beklagten befand, keinen Unfallschaden hatte.

Auf weitere Beschädigungen oder sonstige Schäden wird hier gerade nicht hingewiesen. In dem Abschnitt (b), der eigentlich Vorgänge „in der übrigen Zeit“, also außerhalb der Besitzzeit der Beklagten, betrifft, wurde indessen auf „3 × Diebstahlschaden, Einbruch Navi Diebstahl“ hingewiesen. Mit diesem Hinweis wird indessen der tatsächliche Schaden an dem Fahrzeug nur bagatellisiert und der erhebliche Umfang des Diebstahlschadens in keiner Weise offenbart.

Das Gericht kann auch nicht davon ausgehen, dass entsprechende Hinweise mündlich erfolgt sind und auf diese Weise eine konkludente „negative Beschaffenheitsvereinbarung“ zustande gekommen ist. Insoweit spricht bereits die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit der schriftlichen Vertragsurkunde gegen die Beklagte.

Der Zeuge J hat zwar bekundet und ausgesagt, dass er den für die Klägerin handelnden Zeugen O in einem Telefongespräch exakt über den Inhalt des Gutachtens (Fahrzeugbewertung der G– Versicherung) aufgeklärt habe. Dem steht indessen die Aussage des Zeugen O diametral entgegen. Aufgrund des persönlichen Eindrucks, den das Gericht gewonnen hat, neigt es dazu, der Aussage des Zeugen O eher zu glauben als der Aussage des Zeugen J, mit der Folge, dass bestenfalls eine Beweislosigkeit (non liquet) festzustellen ist, welche ebenfalls schon zulasten der Beklagten ginge, oder gar das Gegenteil bewiesen ist. Nicht nur aufgrund der eigenen Aussage des Zeugen O, sondern auch aufgrund der Aussage seiner Freundin, der Zeugin M, hat das Gericht den Eindruck gewonnen, dass der Zeuge O bei der Besichtigung des Fahrzeuges sehr akribisch, ja fast schon „pingelig“ vorgegangen ist und schon über die von ihm entdeckte kleine Beule verärgert war, weil es doch in der Anzeige … geheißen hatte, dass das Fahrzeug „keine Beulen“ habe.

Das Gericht ist aufgrund der Beweisaufnahme zu dem Ergebnis gelangt, dass der Zeuge O seiner Mutter, nämlich der Klägerin, vom Kauf abgeraten hätte, wäre er auch nur annähernd über den umfangreichen Einbruchsdiebstahlschaden aufgeklärt worden. Demgegenüber erscheint die Aussage des Zeugen J lebensfremd. Er vermochte jedenfalls keine vernünftige Erklärung dafür anzugeben, warum er lediglich den Diebstahl des „Navi“ in dem schriftlichen Kaufvertrag angegeben hat, obwohl dieses unstreitig wieder ersetzt worden und offenbar auch funktionstüchtig war.

Die nach alledem wenig glaubhafte Aussage des Zeugen J wird auch nicht durch die Aussage des Zeugen E gestützt, welcher ein Telefonat mit angehört haben will, in dem der Anrufer über den auch nach Auffassung des Zeugen ungewöhnlichen Diebstahl, bei dem auch Sitze und Airbags gestohlen wurden, aufgeklärt worden sei. Diese Aussage ist insofern schon unergiebig, weil der Zeuge nicht bestätigen konnte, ob es sich bei dem Anrufer um den Zeugen O oder möglicherweise um einen weiteren Kaufinteressenten gehandelt hat. Es ist nicht nur theoretisch möglich, dass der Zeuge insoweit ein ganz anderes Telefonat angehört hat …

b) Auch die weiteren Voraussetzungen für den Rücktritt liegen vor. Die Klägerin war auch ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung … berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten. Denn bei dem hier angenommenen Sachmangel eines Gebrauchtwagens ist eine Beseitigung des Mangels durch Nachbesserung (§ 439 I Fall 1 BGB) nicht möglich, und es scheidet in der Regel auch eine Nacherfüllung durch Ersatzlieferung (§ 439 I Fall 2 BGB) aus. Damit ist die Beklagte insoweit von ihrer Primärleistungspflicht nach § 275 I BGB frei, sodass die Klägerin ohne vorherige Fristsetzung zur Nacherfüllung berechtigt war, vom Vertrag zurückzutreten (§§ 437 Nr. 2, 326 V, 325 BGB; vgl. hierzu BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, NJW 2008, 911).

c) Die Beklagte kann sich schließlich auch nicht auf den vertraglich vereinbarten Haftungsausschluss berufen. Dieser ist nämlich unwirksam, weil die Beklagte den vorhandenen Mangel arglistig verschwiegen hat (§ 444 BGB). Es ist hier bereits eine Täuschung durch aktives, positives Tun zu bejahen. Denn der bloße Hinweis auf Einbruch und „Navi-Diebstahl“ bagatellisiert eher die vorhandenen Schäden und stellt eine irreführende Angabe über vorhandene Mängel dar. Dies geschah auch arglistig, wofür es ausreicht, dass die Beklagte, wie hier, positive Kenntnis über den gesamten Schadensumfang hatte. Sie kannte sowohl den erheblichen Einbruchschaden, der während ihrer Besitzzeit erfolgte, und war darüber hinaus nach dem Inhalt des mit der U-GmbH abgeschlossenen Kaufvertrags darüber informiert, dass das Fahrzeug aufgrund eines beim Vorbesitzer erfolgten Diebstahls zumindest an der Fahrertür und Türschweller nachlackiert worden ist.

Auch wenn man ein Verschweigen durch aktives Tun entgegen der hier vertretenen Auffassung nicht annehmen möchte, so bestand aufgrund der Schwere der Mängel, insbesondere auch den Eingriff in die Autoelektrik durch unsachgemäßes Zerschneiden der Kabelbäume, eine Pflicht zur Offenbarung des Mangels, welcher die Beklagte ebenfalls nicht nachgekommen ist …

d) Damit war die Klägerin zum Rücktritt berechtigt, ohne dass der weitergehenden Frage nachzugehen war, ob an dem Fahrzeug auch noch ein erheblicher Kühlwasserverlust eintritt, welcher für eine defekte Zylinderkopfdichtung sprechen mag. Hierauf kommt es nicht mehr entscheidend an, da die Klägerin bereits aus anderen Gründen zum Rücktritt berechtigt ist.

Umgekehrt hindert der Umstand, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden das Fahrzeug jetzt nur mit beschädigter Zylinderkopfdichtung und einer beschädigten Felge und einem beschädigten Reifen zurückgeben kann, nach § 346 III 1 Nr. 3 BGB nicht die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Durch diese gesetzliche Regelung wird der gesetzlich zum Rücktritt Berechtigte privilegiert. Er haftet daher nicht für eine Verschlechterung der Sache, welcher er nicht zu vertreten hat, wobei ihm als Verschulden lediglich ein Verstoß gegen diejenige Sorgfalt angelastet wird, welche er in eigenen Angelegenheiten anzuwenden pflegt. Ein Verschulden in diesem Sinne ist nicht ersichtlich.

e) Damit war die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises von 13.200 € abzüglich der von der Klägerin mit 105,60 € zutreffend berechneten Nutzungsentschädigung für gefahrende 800 Kilometer zu verurteilen, insgesamt also zur Zahlung von 13.094,40 €, und zwar Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs.

2. Auch das Schadensersatzbegehren der Klägerin in Höhe weiterer 680 € ist berechtigt. Dieses Begehren ergibt sich aus § 437 Nr. 3 BGB i. V. mit den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB. Das Recht, bei einem gegenseitigen Vertrag Schadensersatz zu verlangen, wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen (§ 325 BGB). Dieser Anspruch, der auf das positive Interesse gerichtet ist, umfasst auch den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens, der dadurch entstanden ist, dass der Kläger infolge des Rücktritts das Fahrzeug nicht mehr nutzte, sondern sich um ein anderes Fahrzeug bemühen musste (vgl. auch hierzu BGH, Urt. v. 28.11.2007 – VIII ZR 16/07, NJW 2008, 911). Ein Ausfall von zwölf Tagen ist insoweit durchaus sachgerecht, und auch die geltend gemachte Höhe von 50 € pro Tag, insgesamt also 600 €, ist nicht zu beanstanden.

Der Schadensersatzanspruch umfasst auch die unstreitigen Abschleppkosten in Höhe von 80 € …

Hinweis: Mit Beschluss vom 21.03.2011 – 5 U 175/10 – hat das OLG Köln die Beklagte darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, ihre Berufung gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen. In dem Hinweisbeschluss heißt es unter anderem:

„I. Die Berufung ist nicht begründet …

Das Landgericht hat … zu Recht entschieden, dass die Klägerin berechtigt war, … von dem zwischen den Parteien am 14.08.2009 geschlossenen Kaufvertrag zurückzutreten, und dass der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 13.774,40 € …, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des umstrittenen Fahrzeugs, sowie die Zahlung vorgerichtlicher Anwalts- und Sachverständigenkosten in Höhe von 1.351,60 € … zustehen.

Auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung, die sich der Senat zu eigen macht, wird … vollinhaltlich Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten rechtfertigt eine abweichende Entscheidung nicht.

1. Insbesondere ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der in der ‚Fahrzeugbewertung‘ der G-Versicherung vom 02.07.2009 festgestellte Diebstahlschaden einen Sachmangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB darstellt, dass die Beklagte diesen Schaden der Klägerin … während der Verkaufverhandlungen so, wie er in der genannten ‚Fahrzeugbewertung‘ festgestellt worden ist, hätte offenbaren müssen, und dass nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagte dieser Offenbarungspflicht nachgekommen ist:

a) Ein Mangel i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt vor, wenn die Sache nicht die Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache erwarten durfte. Davon ist hier auszugehen. Denn bei Gebrauchtfahrzeugen muss der Käufer im Allgemeinen lediglich damit rechnen, dass das fragliche Fahrzeug dem Alter und der Laufleistung entsprechende Abnutzungserscheinungen und Gebrauchsspuren aufweist. Ferner muss er damit rechnen, dass es an dem fraglichen Fahrzeug zu Bagatellschäden gekommen sein kann, die für ihn nach Beseitigung keinerlei Bedeutung mehr haben und insbesondere bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen können (vgl. hierzu etwa BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53). Dabei ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Grenze für Bagatellschäden sehr eng zu ziehen (BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53). Dass Schäden der hier in Rede stehenden Art nicht als Bagatellschäden in diesem Sinne bewertet werden können, kann ernstlich nicht bezweifelt werden. Denn unstreitig sind bei dem Diebstahl die Tür rechts und die Seitenwand rechts mit Innenteil extrem deformiert und aufgebogen, die Türverkleidung mit allen Anbauteilen, beide Airbags, das Steuergerät, der Bedienteil der Klimaautomatik, das Navigationsgerät, das Handschuhfach, die Luftdüsen, der Bedienteil des Schiebedachs, der Sitz vorne rechts komplett und die Sitzbank hinten entwendet sowie … Kabelbäume … zerschnitten worden (vgl. hierzu auch die unstreitigen Feststellungen in der ‚Fahrzeugbewertung‘ der G-Versicherung vom 02.07.2009). Es liegt auf der Hand, dass bei derartig gravierenden Schäden auch nach einer Reparatur mit Originalteilen in ähnlicher Weise wie bei Schäden infolge eines Unfalls der Verdacht aufkommt, dass verborgene Mängel verblieben oder zumindest eine erhöhte Fehler- und Reparaturanfälligkeit vorliegen könnten, dass eine den Preis beeinflussende Abneigung gegen den Erwerb eines derartig geschädigten Fahrzeugs besteht, und dass diese Wertdifferenz ähnlich wie der merkantile Minderwert bei Unfallfahrzeugen einen unmittelbaren Sachmangel darstellt (vgl. hierzu etwa BGH, Urt. v. 20.05.2009 – VIII ZR 191/07, BGHZ 181, 170, sowie Urt. v. 23.11.2004 – VI ZR 357/03, BGHZ 161, 151).

Aus den zutreffenden, von der Beklagten nicht mit Substanz angegriffenen und nicht zuletzt deshalb nicht ergänzungsbedürftigen Gründen … der angefochtenen Entscheidung kann auch nicht festgestellt werden, dass die Parteien eine sogenannte ‚negative Beschaffenheitsvereinbarung‘ getroffen haben.

b) Aus den ebenfalls zutreffenden Gründen … der angefochtenen Entscheidung kann die Beklagte sich nicht auf den in dem Vertrag vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschuss (Seite 1 des schriftlichen Vertrages) berufen.

Die Beklagte wehrt sich gegen diese Beurteilung ohne Erfolg mit dem Vorbringen, dass sie zur Offenbarung der Feststellungen zu dem Diebstahlschaden in der ‚Fahrzeugbewertung‘ der G-Versicherung vom 02.07.2009 nicht verpflichtet gewesen sei. Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung muss der Verkäufer eines Gebrauchtwagens einen Schaden oder Unfall, der ihm bekannt ist oder mit dessen Vorhandensein er rechnet, grundsätzlich auch ungefragt dem Käufer mitteilen, es sei denn, der Schaden oder Unfall war so geringfügig, dass er bei vernünftiger Betrachtungsweise den Kaufentschluss nicht beeinflussen kann (vgl. hierzu etwa BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53). Dabei ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Grenze zu den nicht mitteilungspflichtigen Bagatellschäden bei Personenkraftwagen sehr eng zu ziehen (vgl. hierzu etwa BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53; Urt. v. 03.12.1986 – VIII ZR 345/85, WM 1987, 137). Und es ist insoweit ohne Bedeutung, ob das Fahrzeug fachgerecht repariert worden ist (vgl. hierzu etwa BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53; Urt. v. 03.03.1982 – VIII ZR 78/81, WM 1982, 511). Danach kann es im vorliegenden Streitfall keinem ernstlichen Zweifel unterliegen, dass der fragliche Diebstahlschaden in dem Umfang, der in der ‚Fahrzeugbewertung‘ der G-Versicherung vom 02.07.2009 festgestellt worden ist, offenbart werden musste. Denn es handelte sich nicht zuletzt auch im Hinblick auf den Eingriff in die Autoelektronik durch unsachgemäßes Zerschneiden der Kabelbäume um gravierende Mängel (auf diesen Gesichtspunkt hatte bereits das Landgericht zu Recht abgestellt). Es liegt auf der Hand, dass ein Gebrauchtwagenkäufer über einen Vorschaden solchen Ausmaßes trotz Reparatur mit Originalteilen insbesondere deshalb informiert werden will und muss, weil dies bei seinem Kaufentschluss bzw. bei der Frage, welchen Preis er zu zahlen bereit ist, von Bedeutung ist. Dies gilt hier umso mehr, als unstreitig einige der entwendeten Fahrzeugteile nicht mit neuen Originalteilen, sondern mit gebrauchten Teilen ersetzt worden sind, was zusätzliche Risiken mit sich bringt, die für die Kaufentscheidung und für die Preisüberlegungen eines Gebrauchtwagenkäufers von Bedeutung sein können.

2. Ohne Erfolg wehrt sich die Beklagte gegen die angefochtene Entscheidung auch mit dem Vorbringen, die Klägerin hätte von sich aus nachfragen müssen, wenn für ihre Kaufentscheidung die näheren Umstände des Diebstahlschadens von Bedeutung gewesen sein sollten. Denn zum einen beinhaltet die dem Gebrauchtwagenverkäufer in Fällen der hier vorliegenden Art treffende Offenbarungspflicht die Pflicht, den Käufer ungefragt zu informieren (vgl. hierzu etwa BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VIII ZR 330/06, NJW 2008, 53). Und zum anderen hat die Beklagte letztlich selbst verhindert, dass die Klägerin entsprechende Nachfragen stellt. Denn für die Klägerin bestand infolge der irreführenden Angabe der Beklagten über den Diebstahlschaden keine Veranlassung mehr, näher nach den Umständen des Diebstahls zu fragen:

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme ist aus den zutreffenden, von der Beklagten nicht mit Substanz angegriffenen und nicht zuletzt deshalb nicht ergänzungsbedürftigen Gründen der angefochtenen Entscheidung davon auszugehen, dass zu dem Diebstahlschaden ausschließlich die auf Seite 2 des Kaufvertrages schriftlich festgehaltenen Angaben gemacht worden sind. Und die dort zu dem hier relevanten Diebstahlsgeschehen vermerkte Angabe ‚Einbruch Navi-Diebstahl‘ über den der Beklagten nach ihrem eigenen Vortrag bekannt gewesenen Diebstahlschaden ist irreführend, weil die Klägerin aufgrund dieser Angabe nicht die Vorstellung gewinnen konnte, dass das Fahrzeug in erheblichem Maße beschädigt worden sein könnte. Sie musste vielmehr die Vorstellung haben, dass bei dem Diebstahl lediglich das Navigationsgerät entwendet und das Fahrzeug nur soweit beschädigt worden ist, wie dies für den Diebstahl eines Navigationsgerätes unvermeidlich ist, wobei man gemeinhin als Spuren eines solchen Diebstahls bei dem betroffenen Fahrzeug in erster Linie zerbrochene Fensterscheiben oder Vergleichbares vermutet. Unstreitig war aber ein neues, funktionierendes Navigationsgerät in dem Fahrzeug installiert, und unstreitig gab es keine zerstörte Fensterscheibe. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin aufgrund der irreführenden Angaben der Beklagten den Eindruck gewinnen, dass ausschließlich die Folgen eines ‚Navi-Diebstahls‘ zu beseitigen waren, und dass diese in einer Weise beseitigt worden sind, dass keine den Wert des Fahrzeugs mindernden Schäden oder Risiken verblieben sind.

II. Eine Entscheidung aufgrund mündlicher Verhandlung ist auch nicht gemäß § 522 II Nr. 2 und 3 ZPO geboten.

Denn die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 II Nr. 2 ZPO). Es geht im vorliegenden Verfahren vielmehr im Wesentlichen um Tatsachenfragen und im Übrigen um die Anwendung geltenden Rechts sowie der hierzu in Rechtsprechung und Literatur entwickelten und allgemein anerkannten Grundsätze und damit um eine Einzelfallentscheidung. Eine abweichende Beurteilung insoweit ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass der BGH – soweit ersichtlich – bisher ausdrücklich von einem merkantilen Minderwert nur im Zusammenhang mit Unfallschäden gesprochen hat. Denn zum einen liegt auf der Hand, dass dies in dem Umstand eine Erklärung finden dürfte, dass gravierende Schäden der hier in Rede stehenden Art im Regelfall durch Unfälle und nicht durch Diebstahl oder sonstige Ereignisse verursacht werden. Und zum anderen hat der BGH in den zitierten Entscheidungen bei der Abgrenzung zwischen Bagatellschäden und solchen, die zur Annahme eines Sachmangels führen können, nicht entscheidend auf die Schadensursache abgestellt, und er hat auch die Offenbarungspflichten des Gebrauchtwagenverkäufers gegenüber dem Gebrauchtwagenkäufer unabhängig von der Frage postuliert, wie es zu den fraglichen Schäden gekommen ist …

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