Erklärt sich der Schuldner einer Zug um Zug zu erbringenden Leistung zwar bereit, die ihm geschuldete Leistung anzunehmen, verweigert er aber bestimmt und eindeutig die Erfüllung der ihm obliegenden Verpflichtung, so genügt ein wörtliches Angebot der vom Gläubiger geschuldeten Leistung, um den Annahmeverzug des anderen Teils herbeizuführen.

BGH, Urteil vom 15.11.1996 – V ZR 292/95

Sachverhalt: Mit notariellem Vertrag vom 18.12.1990 verkaufte der Beklagte der Klägerin ein Grundstück zum Preis von 464.000 DM. Dabei sicherte er die Bebaubarkeit des Grundstücks zu. Da der Beklagte – wie sich später herausstellte – geschäftsunfähig war, wurde der Kaufvertrag nach der Bestellung eines Pflegers durch notarielle Vereinbarung vom 21.02.1991 bestätigt und vormundschaftsgerichtlich genehmigt.

Die Zusicherung, dass das Grundstück bebaubar sei, erwies sich als falsch. Deshalb verlangte die Klägerin mit Schreiben vom 06.04.1992 als „großen“ Schadensersatz die Zahlung von 710.000 DM Zug um Zug gegen Rückübertragung des Grundstücks. Der Beklagte, vertreten durch den Pfleger, erklärte sich mit Schreiben vom 15.04.1992 lediglich zur Rückabwicklung des Kaufvertrags, nicht aber zur Zahlung von Schadensersatz bereit und stellte der Klägerin anheim, „die streitige Angelegenheit einer gerichtlichen Klärung zuzuführen“.

Die Klägerin erhob daraufhin eine entsprechende Klage, die dem Beklagten am 22.05.1992 zugestellt wurde. Der Prozess wurde nach zwei Instanzen zugunsten der Klägerin entschieden. Diese übereignete das Grundstück mit notariellem Vertrag vom 09.02.1994 an den Beklagten zurück. Die Zahlung des Schadensersatzbetrags von 710.000 DM knüpften die Parteien an das Vorliegen verschiedener Umstände, unter anderem an das Vorliegen der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung. Am 18.06.1994 zahlte der Beklagte schließlich den Klagebetrag.

Im vorliegenden Verfahren macht die Klägerin einen Verzugsschaden wegen verspäteter Erfüllung der seinerzeitigen Klageforderung in Form von Zinsaufwendungen und entgangenen Habenzinsen geltend. Sie hat für die Zeit vom 15.04.1992 bis zum 28.02.1994 einen Betrag von 133.949,61 DM sowie weitere Zinsen auf die Forderung von 710.000 DM für die Zeit vom 01.03. bis zum 18.06.1994 verlangt. Die Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Dagegen richtet sich die – teilweise erfolgreiche – Revision der Klägerin, die noch die Zahlung von 130.399,61 DM sowie der weiteren Zinsen verlangt.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, der Beklagte habe sich nicht im Schuldnerverzug befunden. Bei der Zug um Zug gegen Rückübertragung des Grundstücks geschuldeten Zahlungsverpflichtung setze dies nämlich voraus, dass ihm die Gegenleistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise tatsächlich angeboten worden sei. Daran fehle es. Ein wörtliches Angebot habe nicht genügt, woran auch nichts der Umstand ändere, dass der Beklagte die Zahlung eines über den Kaufpreis hinausgehenden Schadensersatzes abgelehnt habe. Denn er habe die Berechtigung der Forderung einer gerichtlichen Klärung vorbehalten dürfen.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

II. Der Klägerin steht ein Schadensersatzanspruch nach § 286 I BGB zu.

1. Der Beklagte war gemäß § 463 Satz 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet. Die Klägerin hatte sich für den sogenannten großen Schadensersatz entschieden, indem sie das verkaufte Grundstück zur Verfügung gestellt und den ihr durch die Nichterfüllung des Vertrags insgesamt entstandenen Schaden berechnet hatte (vgl. BGH, Urt. v. 08.01.1959 – VIII ZR 174/57, BGHZ 29, 148). In diesem Fall ist der auf Zahlung des Schadensersatzbetrags gerichtete Anspruch – und zwar insgesamt – inhaltlich dahin beschränkt, dass er nur Zug um Zug gegen Rückübereignung des erworbenen Grundstücks geltend gemacht werden kann. Zu Recht geht das Berufungsgericht daher davon aus, dass die Klägerin einen Schuldnerverzug des Beklagten grundsätzlich nur dann bewirken konnte, wenn sie die ihr obliegende Gegenleistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise anbot. Diese Voraussetzungen sind – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts – gegeben.

a) Nach § 294 BGB muss die Gegenleistung so, wie sie zu bewirken ist, tatsächlich angeboten werden (Senat, Urt. v. 06.12.1991 – V ZR 229/90, BGHZ 116, 244, 249 m. w. Nachw.). Daran fehlt es. Die Klägerin hat zwar ihre Bereitschaft erklärt, die Rückübereignung jederzeit vorzunehmen. Sie hat es jedoch unterlassen, diejenigen Maßnahmen zu ergreifen, die zur Vornahme der Rückübereignung erforderlich sind. Dazu gehört die Mitteilung eines Termins zur Beurkundung bei einem bereiten Notar (Senat, Urt. v. 06.12.1991 – V ZR 229/90, BGHZ 116, 244, 250).

Entgegen der Auffassung der Revision genügt auch nicht die Klage auf Zahlung Zug um Zug gegen Rückübereignung den Anforderungen. Zwar wäre es möglich gewesen, im Rahmen eines Prozessvergleichs die Rückübereignung vorzunehmen. Die Erhebung der Klage schafft jedoch nur eine Voraussetzung für den Vergleichsschluss, sie enthält nicht das Angebot zum Abschluss eines die Rückübereignung umfassenden Vergleichs.

b) Nach § 295 Satz 1 BGB reicht jedoch ein wörtliches Angebot aus, um den Annahmeverzug herbeizuführen, wenn der Gläubiger bestimmt und eindeutig erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde. Diese Voraussetzungen, die das Berufungsgericht ohne nähere Prüfung verneint hat, sind hier erfüllt. Sie ergeben sich aus dem Schreiben des gesetzlichen Vertreters des Beklagten vom 15.04.1992, das der Senat, da es an einer tatrichterlichen Würdigung fehlt und weitere Feststellungen dazu nicht zu erwarten sind, selbst auslegen kann. Zwar heißt es in diesem Schreiben – worauf auch die Revisionserwiderung hinweist – zunächst, dass die Schadensersatzforderung, soweit sie über die Kaufsumme hinausgehe, „derzeit“ zurückgewiesen werden müsse. Dies kann den Anschein erwecken, als sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Am Schluss des Schreibens wird jedoch der Klägerin unmissverständlich anheimgestellt, die streitige Angelegenheit einer gerichtlichen Prüfung zuzuführen. Bei verständiger Würdigung konnte sie daraus nur den Schluss ziehen, dass der Beklagte ihr Verlangen nach Schadensersatz, Zug um Zug gegen Rückübereignung, endgültig ablehnte. Dem entsprach auch das weitere Prozessverhalten des Beklagten.

Dass der Beklagte bereit war, ein Angebot der Klägerin auf Rückübereignung – für sich genommen – anzunehmen, steht der Anwendung des § 295 Satz 1 BGB nicht entgegen. Denn er lehnte es gleichzeitig ab, die berechtigte Forderung nach Schadensersatz in Höhe von 710.000 DM zu erfüllen. Damit bestand gerade keine uneingeschränkte Annahmebereitschaft. So, wie die Annahme geschuldet war, lehnte sie der Beklagte ab. Während bei Vorlage eines tatsächlichen Angebots die nur eingeschränkte Annahmebereitschaft nach § 298 BGB den Annahmeverzug des Gläubigers zur Folge hat, so bewirkt die vorab erklärte, nur eingeschränkte Annahmebereitschaft des Gläubigers, dass der Schuldner eines tatsächlichen Angebots enthoben ist und die ihm obliegende Leistung wörtlich anbieten kann, um den Annahmeverzug herbeizuführen.

c) Das wörtliche Angebot der Klägerin liegt in der auf Zug-um-Zug-Leistung gerichteten Klageerhebung. Mit der Zustellung am 22.05.1992 ist der Beklagte damit sowohl in Annahmeverzug als auch in Schuldnerverzug (§ 284 I 2 BGB) geraten.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kann ein Verzugseintritt auch nicht mit der Begründung geleugnet werden, es habe dem Beklagten als Geschäftsunfähigem zugestanden, die Rechtsfragen gerichtlich klären zu lassen. Der Schutz des Geschäftsunfähigen im Rechtsverkehr wird durch die erforderliche Vertretung gewährleistet. Der Vertreter hat dessen Interessen wahrzunehmen, muss sich aber wie jeder andere verhalten, der am Rechtsverkehr teilnimmt. Schätzt er die Rechtslage falsch ein, treffen die Rechtsfolgen den Vertretenen. Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall ein Verzug wegen entschuldbaren Rechtsirrtums zu verneinen ist (§ 285 BGB), sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Auch der Umstand, dass die Rückübereignung des Grundstücks der vormundschaftlichen Genehmigung bedurfte, berührt nicht die Frage des Verzugs. Der Beklagte war nach § 463 Satz 1 BGB unbedingt zur Leistung verpflichtet. Das Erfordernis der Genehmigung zur Erfüllung der Leistungspflicht hindert weder den Eintritt der Fälligkeit noch des Verzugs.

2. Infolgedessen hat der Beklagte den geltend gemachten und der Höhe nach nicht bestrittenen Schaden ab Verzugseintritt, somit ab dem 22.05.1992, zu ersetzen.

Soweit die Klägerin auch Zinsen für die Zeit nach Abschluss der Rückübertragungsvereinbarung vom 09.02.1994 verlangt, steht ihr ein Anspruch erst ab 15.03.1994 zu. Bei verständiger Würdigung dieser Vereinbarung, die vom Senat mangels tatrichterlicher Bewertung selbst ausgelegt werden kann, sollte der Verzug für die Folgezeit beendet werden. Die Klägerin erklärte sich nämlich mit einem an das Vorliegen bestimmter Voraussetzungen geknüpften Fälligkeitstermin einverstanden. Nach Mitteilung vom Eintritt dieser Bedingungen blieb dem Beklagten eine zusätzliche Zahlungsfrist von acht Tagen. Darin kommt deutlich zum Ausdruck, dass der Beklagte, wenn er die Regelungen der Vereinbarung beachtete, weitere Verzugsfolgen nicht zu gewärtigen hatte (vgl. MünchKomm-BGB/Thode, 3. Aufl., § 284 Rn. 45 m. w. Nachw.).

Der Beklagte ist jedoch am 15.03.1994 erneut in Zahlungsverzug geraten. Er kann sich nämlich nicht darauf berufen, dass die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung, die eine Voraussetzung für die Fälligkeit sein sollte, erst zu einem so späten Zeitpunkt erteilt worden sei, dass seine am 18.06.1994 vorgenommene Zahlung noch vertragsgemäß gewesen sei. Dies widerspricht dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Dem Beklagten oblag es nämlich, die Genehmigung unverzüglich einzuholen, damit der vereinbarte Fälligkeitstermin alsbald eintreten konnte und die Klägerin den ihr seit etwa zwei Jahren zustehenden Betrag erhielt. Gegen diese Verpflichtung hat der Pfleger des Beklagten dadurch schuldhaft verstoßen, dass er nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin, der entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hinreichend substanziiert ist, mit Schreiben vom 01.03.1994 das Vormundschaftsgericht bat, von einer Genehmigung der Rückübereignung zunächst abzusehen. Dies muss sich der Beklagte zurechnen lassen (§ 278 Satz 1 BGB). Er hat damit den Eintritt der Fälligkeit zeitweise vereitelt. Angesichts dessen ist es treuwidrig, wenn er die sich aus seinem pflichtwidrigen Verhalten ergebenden Vorteile beansprucht (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.1985 – X ZR 12/85, WM 1986, 73, 74; s. auch BGH, Urt. v. 15.05.1990 – X ZR 128/88, WM 1990, 1628, 1630). Er muss sich daher so behandeln lassen, als sei die Genehmigung unverzögert erteilt worden. Unter Berücksichtigung der dann laufenden achttägigen Frist – dass weitere Umstände der Fälligkeit entgegengestanden hätten, tragen beide Parteien nicht vor – und einer Mahnung der Klägerin ist davon auszugehen, dass spätestens ab 15.03.1994 erneut Zahlungsverzug eingetreten wäre, sodass die ab dann geltend gemachten Verzugszinsen zu Recht verlangt werden, während die Mehrforderung (Zinsen ab 01.03.1994) nicht berechtigt ist.

Soweit die Revisionserwiderung unter Berufung auf Soergel/Wiedemann, BGB, 12. Aufl., § 284 Rn. 6, die Auffassung vertritt, ein Schuldnerverzug komme nicht in Betracht, solange es an der erforderlichen Genehmigung fehle, verkennt sie, dass es hier nicht um den von Wiedemann angesprochenen Fall eines mangels Genehmigung schwebend unwirksamen Vertrags geht, der eine wirksame Verbindlichkeit noch nicht entstehen lässt. Es bestand vielmehr eine Schadensersatzverpflichtung aus § 463 Satz 1 BGB.

3. Nicht gerechtfertigt ist der Klageanspruch ferner, soweit er sich auf den Zeitraum vor dem ersten Verzugseintritt erstreckt (15.04. bis 21.05.1992). Wegen des darauf entfallenden Teilbetrags von 3.958,60 DM ist die Revision daher ebenso zurückzuweisen wie hinsichtlich der nicht berechtigten Zinsmehrforderung.

a) Etwas anderes würde dann gelten, wenn die Ablehnung der Leistung durch den Beklagten im Hinblick auf den Eintritt des Annahmeverzugs nicht nur ein tatsächliches Angebot, sondern ein Angebot schlechthin entbehrlich machte. Das ist jedoch nicht anzunehmen. Die Weigerung des Gläubigers soll dem Schuldner, wie § 295 BGB zeigt, nur die Last eines tatsächlichen Angebots nehmen. Das Gesetz verzichtet in diesen Fällen nicht vollständig auf ein Angebot (vgl. BAG, Urt. v. 24.11.1960 – 5 AZR 545/59, NJW 1961, 381; ebenso MünchKomm-BGB/Thode, a. a. O., § 295 Rn. 6; Staudinger/Löwisch, BGB, 12. Aufl., § 295 Rn. 2; Palandt/Heinrichs, BGB, 55. Aufl., § 295 Rn. 4). Ob von diesem Grundsatz für den Fall eine Ausnahme zu machen ist, dass offenkundig ist, dass der Schuldner auch nach einem wörtlichen Angebot auf der Annahmeverweigerung beharren wird (vgl. MünchKomm-BGB/Thode, a. a. O., § 295 Rn. 6), kann dahingestellt bleiben. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.

b) Der auf den Zeitraum vor Verzugseintritt entfallende Schaden kann auch nicht unter dem Gesichtspunkt der positiven Forderungsverletzung verlangt werden. Zwar entspricht es der Rechtsprechung des BGH, dass die unberechtigte, ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung den Tatbestand der positiven Forderungsverletzung erfüllen kann (s. nur BGH, Urt. v. 15.11.1967 – VIII ZR 150/65, BGHZ 49, 56, 59 f.; Urt. v. 11.12.1975 – VII ZR 37/74, BGHZ 65, 372, 374 f.). Dabei ist jedoch Anknüpfungspunkt für die Annahme einer positiven Forderungsverletzung eine den Vertragszweck gefährdende Leistungsverweigerung des Schuldners, die es für den Gläubiger unzumutbar macht, am Vertrag festzuhalten, sodass ihm das Recht gegeben wird, vom Vertrage abzugehen oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu verlangen, ohne dass er den Weg des § 326 BGB (Fristsetzung und Ablehnungsandrohung) beschreiten muss (BGH, Urt. v. 13.11.1953 – I ZR 140/52, BGHZ 11, 80, 83 ff.; Urt. v. 15.11.1967 – VIII ZR 150/65, BGHZ 49, 56, 59 f.; Senat, Urt. v. 30.06.1972 – V ZR 118/70, BGHZ 59, 104, 105; BGH, Urt. v. 16.03.1993 – VIII ZR 261/92, NJW 1994, 1653, 1654; vgl. auch RGRK-BGB/Ballhaus, 12. Aufl., § 326 Rn. 44 f.; MünchKomm-BGB/Emmerich, 3. Aufl., vor § 275 Rn. 274 f). Darum geht es hier nicht. Die Klägerin macht vielmehr wegen der nicht rechtzeitigen Erfüllung eines Schadensersatzanspruchs einen Verzögerungsschaden geltend, dessen Ersatz allein unter den Voraussetzungen der vorrangig geltenden gesetzlichen Regelungen der §§ 284 ff. BGB verlangt werden kann.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 I, 92 I ZPO.

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