Der Be­griff „Ver­käu­fer“ i. S. von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter ist da­hin aus­zu­le­gen, dass er auch ei­nen als Ver­mitt­ler für Rech­nung ei­ner Pri­vat­per­son han­deln­den Ge­wer­be­trei­ben­den er­fasst, der dem Ver­brau­cher/Käu­fer nicht ord­nungs­ge­mäß mit­ge­teilt hat, dass der Ei­gen­tü­mer der Kauf­sa­che ei­ne Pri­vat­per­son ist, was das vor­le­gen­de Ge­richt un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de des Ein­zel­falls zu prü­fen hat. Die­se Aus­le­gung hängt nicht da­von ab, ob der Ver­mitt­ler für sei­ne Tä­tig­keit ei­ne Ver­gü­tung er­hält.

EuGH (Fünf­te Kam­mer), Ur­teil vom 09.11.2016 – C-149/15 (Wa­the­let/Ga­ra­ge Bie­the­res & Fils SPRL)

Das vor­lie­gen­de Ur­teil be­trifft die Aus­le­gung von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 25.05.1999 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter (ABl. 1999 L 171, 12). Es er­ging im Rah­men ei­nes Rechts­streits zwi­schen Frau Sab­ri­na Wa­the­let und der Ga­ra­ge Bie­the­res & Fils SPRL (im Fol­gen­den: Werk­statt Bie­the­res) über den Ver­kauf ei­nes Ge­braucht­wa­gens.

Sach­ver­halt: Im April 2012 kauf­te Frau Wa­the­let als Ver­brau­che­rin bei der Werk­statt Bie­the­res ei­nen Ge­braucht­wa­gen. Den Kauf­preis von 4.000 € zahl­te sie an die Werk­statt. Die­se über­gab ihr je­doch we­der ei­ne Quit­tung noch ei­nen Zah­lungs­be­leg noch ei­ne Ver­kaufs­rech­nung.

Die Werk­statt Bie­the­res führ­te das Fahr­zeug auf ei­ge­ne Kos­ten bei der tech­ni­schen Über­wa­chung vor und be­an­trag­te bei der zu­stän­di­gen bel­gi­schen Be­hör­de die Zu­las­sung, de­ren Kos­ten Frau Wa­the­let über­nahm.

Im Ju­li 2012 hat­te das Fahr­zeug ei­ne Pan­ne und wur­de von Frau Wa­the­let, die noch im­mer kei­ne Rech­nung er­hal­ten hat­te, zur Re­pa­ra­tur in die Werk­statt Bie­the­res ge­bracht. Die­se stell­te ei­nen Mo­tor­scha­den fest. Als Frau Wa­the­let ihr re­pa­rier­tes Fahr­zeug ab­ho­len woll­te, wur­de ihr ei­ne Re­pa­ra­tur­rech­nung über 2.000 € vor­ge­legt. Sie ver­wei­ger­te die Be­zah­lung mit der Be­grün­dung, dass die­se Kos­ten von der Werk­statt Bie­the­res als Ver­käu­fe­rin des Fahr­zeugs zu tra­gen sei­en. Bei die­ser Ge­le­gen­heit wur­de Frau Wa­the­let mit­ge­teilt, dass das Fahr­zeug nie­mals der Werk­statt ge­hört ha­be und die­se es nicht für ei­ge­ne Rech­nung, son­dern für Rech­nung von Frau Donckels, ei­ner Pri­vat­per­son, ver­kauft ha­be. Die Werk­statt Bie­the­res sei le­dig­lich als Ver­mitt­le­rin auf­ge­tre­ten.

Nach den Fest­stel­lun­gen des vor­le­gen­den Ge­richts hat­te Frau Donckels nicht den ge­sam­ten Ver­kaufs­preis er­hal­ten, weil die Werk­statt Bie­the­res 800 € für Re­pa­ra­tu­ren, durch die das Fahr­zeug ver­kaufs­fer­tig ge­macht wer­den soll­te, zu­rück­be­hal­ten hat­te.

Mit Schrei­ben an Frau Wa­the­let vom 17.11.2012 be­kräf­tig­te die Werk­statt Bie­the­res ih­re Rol­le als Ver­mitt­le­rin beim frag­li­chen Ver­kauf. Fer­ner mach­te sie gel­tend, der Mo­tor­scha­den sei ein nor­ma­les Ri­si­ko im Rah­men des Kaufs ei­nes Ge­braucht­wa­gens un­ter Pri­vat­leu­ten. Sie wei­ge­re sich da­her wei­ter­hin, das Fahr­zeug an Frau Wa­the­let her­aus­zu­ge­ben, so­lan­ge die Re­pa­ra­tur­rech­nung nicht zur Gän­ze be­zahlt sei. Die Werk­statt Bie­the­res leg­te die­sem Schrei­ben ei­ne Quit­tung über den Be­trag von 4.000 € bei, in die hand­schrift­lich je­weils der Vor- und Nach­na­me der nicht ge­werb­li­chen Ei­gen­tü­me­rin und der Käu­fe­rin, Frau Wa­the­let, ein­ge­fügt wor­den war. Die­ses Do­ku­ment weist al­ler­dings le­dig­lich die Un­ter­schrift von Frau Donckels auf.

Im De­zem­ber 2012 er­hob die Werk­statt Bie­the­res ge­gen Frau Wa­the­let beim Tri­bu­nal de pre­mière in­stan­ce de Ver­viers (erst­in­stanz­li­ches Ge­richt Ver­viers, Bel­gi­en) Kla­ge auf Zah­lung der Re­pa­ra­tur­rech­nung in Hö­he von 2.000 € zu­züg­lich der ge­setz­li­chen Zin­sen. Mit An­trä­gen, die sie bei der Ge­schäfts­stel­le die­ses Ge­richts ein­reich­te, er­hob Frau Wa­the­let ei­ne Wi­der­kla­ge, mit der sie die Auflösung des Kauf­ver­trags, die Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses (4.000 €) zu­züg­lich Zin­sen und die Zah­lung von Scha­dens­er­satz in Hö­he von 2.147,46 € be­gehr­te. Im Üb­ri­gen trat Frau Wa­the­let den An­trä­gen der Werk­statt Bie­the­res ent­ge­gen.

Das Tri­bu­nal de pre­mière in­stan­ce de Ver­viers ver­ur­teil­te Frau Wa­the­let zur Zah­lung der Re­pa­ra­tur­rech­nung zu­züg­lich Zin­sen und wies ih­re Wi­der­kla­ge ab. Ge­gen die­ses Ur­teil leg­te Frau Wa­the­let beim vor­le­gen­den Ge­richt Be­ru­fung ein.

Die­ses Ge­richt stell­te fest, Frau Wa­the­let sei ein „Ver­brau­cher“ und das Fahr­zeug ein „Ver­brauchs­gut“ im Sin­ne des bel­gi­schen Zi­vil­ge­setz­buchs. Die Werk­statt Bie­the­res ver­kau­fe Ver­brauchs­gü­ter im Rah­men ih­rer be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit.

Die Werk­statt Bie­the­res be­stritt al­ler­dings, Par­tei des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags zu sein. Sie sei von der Ei­gen­tü­me­rin des frag­li­chen Fahr­zeugs, Frau Donckels, mit dem Ver­kauf be­auf­tragt wor­den, so­dass es sich um ei­nen Ver­kauf von Pri­vat an Pri­vat ge­han­delt ha­be.

Nach An­sicht des vor­le­gen­den Ge­richts spre­chen je­doch ernst­haf­te, ge­naue und schlüs­si­ge Ver­mu­tun­gen da­für, dass Frau Wa­the­let nicht dar­über in­for­miert wur­de, dass es sich um ei­nen Ver­kauf von Pri­vat an Pri­vat han­del­te. Un­ter die­sen Um­stän­den hat die Cour d’ap­pel de Liège (Be­ru­fungs­ge­richt Lüt­tich, Bel­gi­en) be­schlos­sen, das Ver­fah­ren aus­zu­set­zen und dem Ge­richts­hof fol­gen­de Fra­ge zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­zu­le­gen:

Ist der Be­griff „Ver­käu­fer“ von Ver­brauchs­gü­tern in Art. 1649­bis des bel­gi­schen Code ci­vil (Zi­vil­ge­setz­buch), der durch das Ge­setz vom 01.09.1994 über den Schutz der Ver­brau­cher beim Ver­kauf von Ver­brauchs­gü­tern ein­ge­fügt wur­de, mit dem die Richt­li­nie 1999/44 zu be­stimm­ten As­pek­ten des Ver­brauchs­gü­ter­kaufs und der Ga­ran­ti­en für Ver­brauchs­gü­ter in das bel­gi­sche Recht um­ge­setzt wur­de, da­hin aus­zu­le­gen, dass er nicht nur Ge­wer­be­trei­ben­de er­fasst, die als Ver­käu­fer das Ei­gen­tum an ei­nem Ver­brauchs­gut auf ei­nen Ver­brau­cher über­tra­gen, son­dern auch Ge­wer­be­trei­ben­de, die als Ver­mitt­ler für ei­nen nicht ge­werb­li­chen Ver­käu­fer han­deln, und zwar un­ab­hän­gig da­von, ob sie für ih­re Tä­tig­keit ei­ne Ver­gü­tung er­hal­ten und ob dem Kauf­in­ter­es­sen­ten mit­ge­teilt wur­de, dass der Ver­käu­fer ei­ne Pri­vat­per­son ist?

Der EuGH hat die­se Fra­ge wie aus dem Leit­satz er­sicht­lich be­ant­wor­tet.

Aus den Grün­den: [24]   Zu­nächst ist dar­auf hin­zu­wei­sen, dass ge­mäß den Ak­ten nicht die Werk­statt Bie­the­res, son­dern Frau Donckels Ei­gen­tü­me­rin des frag­li­chen Ge­braucht­wa­gens war und es sich des­halb um ei­nen Ver­kauf von Pri­vat an Pri­vat han­del­te, bei dem die Werk­statt Bie­the­res nur als Zwi­schen­per­son bzw. Ver­mitt­le­rin dien­te.

[25]   Das vor­le­gen­de Ge­richt hat wei­ter fest­ge­stellt, dass der Kauf­preis nach Ab­zug der Kos­ten für die Re­pa­ra­tur, mit der das frag­li­che Fahr­zeug ver­kaufs­fer­tig ge­macht wor­den war, an die Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs wei­ter­ge­lei­tet wur­de. Die Ak­ten ent­hal­ten fer­ner kei­ne An­halts­punk­te da­für, dass die Werk­statt Bie­the­res von der Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs nicht zu die­sem Ver­kauf be­voll­mäch­tigt wor­den wä­re.

[26]   Dar­aus folgt, dass die Werk­statt Bie­the­res im Aus­gangs­fall bei ei­nem Ver­brauchs­gü­ter­kauf als Ge­wer­be­trei­ben­de für Rech­nung der Ei­gen­tü­me­rin des Ver­brauchs­guts – ei­ner Pri­vat­per­son, die ei­ne Voll­macht für die­sen Ver­kauf er­teilt hat­te – ge­han­delt hat.

[27]   Zu prü­fen ist da­her, ob der Ver­brau­cher, der das Ver­brauchs­gut ge­kauft hat, un­ter sol­chen Um­stän­den durch die Richt­li­nie 1999/44 da­hin ge­hend ge­schützt wird, dass der Ver­mitt­ler als Ver­käu­fer im Sin­ne die­ser Richt­li­nie an­ge­se­hen wer­den kann.

[28]   Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs folgt aus dem Er­for­der­nis der ein­heit­li­chen An­wen­dung des Uni­ons­rechts, dass ei­ne Uni­ons­vor­schrift, so­weit sie für ei­nen be­stimm­ten Be­griff nicht auf das Recht der Mit­glied­staa­ten ver­weist, in der ge­sam­ten Eu­ro­päi­schen Uni­on ei­ne au­to­no­me und ein­heit­li­che Aus­le­gung er­hal­ten muss, die un­ter Be­rück­sich­ti­gung des Kon­texts der Vor­schrift und des mit der frag­li­chen Re­ge­lung ver­folg­ten Ziels ge­fun­den wer­den muss (vgl. in die­sem Sin­ne EuGH, Urt. v. 18.10.2011 – C-34/10, EU:C:2011:669 Rn. 25 – Brüst­le; Urt. v. 15.10.2015 – C-494/14, EU:C:2015:692 Rn. 21 m. w. Nachw. – Axa Bel­gi­um).

[29]   Da Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 den Be­griff „Ver­käu­fer“ de­fi­niert, oh­ne für sei­ne Be­deu­tung auf die na­tio­na­len Rechts­ord­nun­gen zu ver­wei­sen, ist bei der An­wen­dung der Richt­li­nie da­von aus­zu­ge­hen, dass die­se Be­stim­mung ei­nen au­to­no­men Be­griff des Uni­ons­rechts ent­hält, der in der ge­sam­ten Uni­on ein­heit­lich aus­zu­le­gen ist.

[30]   Fer­ner wird der Be­griff „Ver­käu­fer“ zwar auch in an­de­ren Rechts­ak­ten der Uni­on ver­wen­det, die spe­zi­el­le, in Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 ent­hal­te­ne De­fi­ni­ti­on fin­det sich je­doch nur in die­ser Richt­li­nie. So­mit han­delt es sich, wie der Ge­ne­ral­an­walt in Nr. 43 sei­ner Schluss­an­trä­ge aus­ge­führt hat, um ei­nen Be­griff, der an­hand der mit die­ser Richt­li­nie ver­folg­ten Zie­le und un­ter Be­rück­sich­ti­gung der spe­zi­fi­schen Funk­ti­on des „Ver­käu­fers“ im Rah­men der Richt­li­nie aus­zu­le­gen ist.

[31]   Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 de­fi­niert den Ver­käu­fer als „je­de na­tür­li­che oder ju­ris­ti­sche Per­son, die auf­grund ei­nes Ver­trags im Rah­men ih­rer be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit Ver­brauchs­gü­ter ver­kauft“.

[32]   Es ist fest­zu­stel­len, dass der so de­fi­nier­te Be­griff „Ver­käu­fer“ ei­nen ob­jek­ti­ven Cha­rak­ter hat (vgl. ent­spre­chend EuGH, Urt. v. 03.11.2015 – C-110/14, EU:C:2015:538 Rn. 21 – Cos­tea; Beschl. v. 19.11.2015 – C-74/15, EU:C:2015:772 Rn. 27 – Tarcâu), der auf Ge­sichts­punk­ten wie dem Be­ste­hen ei­nes „Ver­trags“, dem Ver­kauf ei­nes „Ver­brauchs­guts“ und dem Vor­lie­gen ei­ner „be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit“ be­ruht.

[33]   Die­ser Be­griff ver­weist zwar nicht auf den des Ver­mitt­lers bzw. der Zwi­schen­per­son. All­ge­mei­ner be­trach­tet, ent­hält die Richt­li­nie 1999/44 kei­ne De­fi­ni­ti­on des Be­griffs „Zwi­schen­per­son“, ob­wohl die­ser so­wohl im neun­ten Er­wä­gungs­grund als auch in Art. 4 der Richt­li­nie vor­kommt. Die Richt­li­nie be­han­delt al­so im Rah­men ei­nes Kauf­ver­trags nicht die Haf­tung der Zwi­schen­per­son ge­gen­über dem Ver­brau­cher.

[34]   Dies al­lein schließt je­doch, wie der Ge­ne­ral­an­walt in Nr. 51 sei­ner Schluss­an­trä­ge im We­sent­li­chen aus­ge­führt hat, nicht aus, dass der Be­griff „Ver­käu­fer“ i. S. von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 da­hin aus­ge­legt wer­den kann, dass er sich auf ei­nen für Rech­nung ei­ner Pri­vat­per­son han­deln­den Ge­wer­be­trei­ben­den er­streckt, wenn die­ser sich aus Sicht des Ver­brau­chers als Ver­käu­fer ei­nes Ver­brauchs­guts auf­grund ei­nes Ver­trags im Rah­men sei­ner be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit dar­stellt. Der Ge­wer­be­trei­ben­de könn­te näm­lich beim Ver­brau­cher den ir­ri­gen Ein­druck er­we­cken, dass er das Ver­brauchs­gut als Ei­gen­tü­mer ver­kauft.

[35]   In­so­weit ist ers­tens dar­auf hin­zu­wei­sen, dass der Wort­laut von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 ei­ner sol­chen Aus­le­gung nicht ent­ge­gen­steht.

[36]   Zwei­tens ist fest­zu­stel­len, dass die te­leo­lo­gi­sche Aus­le­gung von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 an­hand des Ziels der Richt­li­nie, ein ho­hes Ver­brau­cher­schutz­ni­veau zu ge­währ­leis­ten (EuGH, Urt. v. 03.10.2013 – C-32/12, EU:C:2013:637 Rn. 25 – Du­ar­te Hu­e­r­os), ge­eig­net ist, die in Rn. 34 ver­tre­te­ne Aus­le­gung zu stüt­zen.

[37]   Nach Art. 2 I und Art. 3 der Richt­li­nie 1999/44 ist der Ver­käu­fer näm­lich ver­pflich­tet, dem Ver­brau­cher dem Kauf­ver­trag ge­mä­ße Gü­ter zu lie­fern und sie bei Ver­trags­wid­rig­keit ent­spre­chend Art. 3 III der Richt­li­nie nach­zu­bes­sern oder zu er­set­zen. Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie grenzt al­so den Kreis der Per­so­nen ein, ge­gen die der Ver­brau­cher vor­ge­hen kann, um sei­ne Rech­te aus der Richt­li­nie gel­tend zu ma­chen. Dem­nach ist es un­er­läss­lich, dass der Ver­brau­cher von der Iden­ti­tät des Ver­käu­fers und ins­be­son­de­re von sei­ner Ei­gen­schaft als Pri­vat­per­son oder Ge­wer­be­trei­ben­der Kennt­nis er­langt, um von dem Schutz, den ihm die Richt­li­nie 1999/44 ge­währt, pro­fi­tie­ren zu kön­nen.

[38]   Wenn al­so un­ter Um­stän­den wie de­nen des Aus­gangs­falls ein Ge­wer­be­trei­ben­der als Ver­mitt­ler für ei­ne Pri­vat­per­son han­delt, wür­de die feh­len­de Kennt­nis des Ver­brau­chers von der Ei­gen­schaft, in der der Ge­wer­be­trei­ben­de beim Ver­kauf han­delt, ihm sei­ne durch die Richt­li­nie 1999/44 ga­ran­tier­ten und nach de­ren Art. 7 Abs. 1 un­ab­ding­ba­ren Rech­te neh­men.

[39]   Da­mit im Rah­men der Richt­li­nie 1999/44 ein wirk­sa­mer Ver­brau­cher­schutz ge­währ­leis­tet ist, muss der Ver­brau­cher da­von in Kennt­nis ge­setzt wer­den, dass der Ei­gen­tü­mer ei­ne Pri­vat­per­son ist. Die­se Aus­le­gung ist ge­eig­net, der Richt­li­nie prak­ti­sche Wirk­sam­keit zu ver­lei­hen, und steht im Ein­klang mit der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs, nach der das durch die Richt­li­ni­en der Uni­on auf dem Ge­biet des Ver­brau­cher­schut­zes ge­schaf­fe­ne Schutz­sys­tem da­von aus­geht, dass sich der Ver­brau­cher ge­gen­über dem Ge­wer­be­trei­ben­den in ei­ner schwä­che­ren Ver­hand­lungs­po­si­ti­on be­fin­det und ei­nen ge­rin­ge­ren In­for­ma­ti­ons­stand be­sitzt (EuGH, Urt. v. 04.06.2015 – C-497/13, EU:C:2015:357 Rn. 42 – Fa­ber).

[40]   Es be­steht näm­lich be­züg­lich des In­for­ma­ti­ons­stands ein be­deu­ten­des Un­gleich­ge­wicht zwi­schen dem Ver­brau­cher und dem ge­werb­li­chen Ver­mitt­ler, ins­be­son­de­re wenn der Ver­brau­cher nicht weiß, dass der Ei­gen­tü­mer der Kauf­sa­che in Wirk­lich­keit ei­ne Pri­vat­per­son ist.

[41]   In ei­ner Kon­stel­la­ti­on wie der des Aus­gangs­rechts­streits, in der der Ver­brau­cher an­ge­sichts der Ver­kaufs­mo­da­li­tä­ten leicht ir­re­ge­führt wer­den kann, ist ihm ein ver­stärk­ter Schutz zu ge­wäh­ren. Die Haf­tung des Ver­käu­fers nach der Richt­li­nie 1999/44 muss da­her ei­nem Ver­mitt­ler auf­er­legt wer­den kön­nen, der mit sei­nem Auf­tre­ten ge­gen­über dem Ver­brau­cher die Ge­fahr ei­nes Irr­tums er­zeugt, in­dem er ihm den Ein­druck ver­mit­telt, dass er Ei­gen­tü­mer der Kauf­sa­che sei.

[42]   Ei­ne ge­gen­tei­li­ge Aus­le­gung, die den als Ver­mitt­ler bzw. Zwi­schen­per­son han­deln­den Ge­wer­be­trei­ben­den in je­dem Fall vom Gel­tungs­be­reich von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 aus­näh­me, wür­de das mit den Ver­brau­cher­schutz­vor­schrif­ten der Uni­on ver­folg­te und in Art. 169 AEUV ver­an­ker­te Ge­samt­ziel be­ein­träch­ti­gen, das dar­in be­steht, ein ho­hes Ver­brau­cher­schutz­ni­veau zu ge­währ­leis­ten und da­mit das Ver­trau­en der Ver­brau­cher zu för­dern.

[43]   Was drit­tens die Fra­ge der Ver­gü­tung des Ver­mitt­lers für sei­ne Tä­tig­keit an­geht, ist fest­zu­stel­len, dass die zwi­schen dem nicht ge­werb­li­chen Ei­gen­tü­mer und dem Ver­mitt­ler ver­trag­lich ge­re­gel­te Ver­gü­tung grund­sätz­lich nicht in den Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie 1999/44 fällt. Da­her ist es, wie die ös­ter­rei­chi­sche Re­gie­rung und die Eu­ro­päi­sche Kom­mis­si­on aus­ge­führt ha­ben, für die Fra­ge, ob der als Ver­mitt­ler han­deln­de Ge­wer­be­trei­ben­de als „Ver­käu­fer“ i. S. von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 ein­zu­stu­fen ist, un­er­heb­lich, ob er ei­ne Ver­gü­tung er­hält.

[44]   Es ist Sa­che des zu­stän­di­gen na­tio­na­len Ge­richts, zu prü­fen, ob in ei­nem Fall wie dem im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­den der Ge­wer­be­trei­ben­de als „Ver­käu­fer“ i. S. von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 an­ge­se­hen wer­den kann, wenn er dem Ver­brau­cher nicht ord­nungs­ge­mäß mit­ge­teilt hat, dass er nicht der Ei­gen­tü­mer des frag­li­chen Ver­brauchs­guts ist; da­bei hat es al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­rück­sich­ti­gen (vgl. ent­spre­chend EuGH, Urt. v. 04.06.2015 – C-497/13, EU:C:2015:357 Rn. 38 f. – Fa­ber). In­so­weit kön­nen un­ter an­de­rem das Aus­maß der Be­tei­li­gung und die In­ten­si­tät der Be­mü­hun­gen, die der Ver­mitt­ler beim Ver­kauf auf­ge­wen­det hat, die Um­stän­de, un­ter de­nen das Ver­brauchs­gut dem Ver­brau­cher prä­sen­tiert wur­de, so­wie das Ver­hal­ten des Ver­brau­chers re­le­vant sein, um fest­zu­stel­len, ob die­ser hät­te ver­ste­hen kön­nen, dass der Ver­mitt­ler für Rech­nung ei­ner Pri­vat­per­son han­del­te.

[45]   Nach al­le­dem ist der Be­griff „Ver­käu­fer“ i. S. von Art. 1 II lit. c der Richt­li­nie 1999/44 da­hin aus­zu­le­gen, dass er auch ei­nen als Ver­mitt­ler für Rech­nung ei­ner Pri­vat­per­son han­deln­den Ge­wer­be­trei­ben­den er­fasst, der dem Ver­brau­cher/Käu­fer nicht ord­nungs­ge­mäß mit­ge­teilt hat, dass der Ei­gen­tü­mer der Kauf­sa­che ei­ne Pri­vat­per­son ist, was das vor­le­gen­de Ge­richt un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Um­stän­de des Ein­zel­falls zu prü­fen hat. Die­se Aus­le­gung hängt nicht da­von ab, ob der Ver­mitt­ler für sei­ne Tä­tig­keit ei­ne Ver­gü­tung er­hält.

Hin­weis zum bel­gi­schen Recht: Art. 1649­bis des Code ci­vil (Zi­vil­ge­setz­buch) be­stimmt:

„§ 1 – Vor­lie­gen­der Ab­schnitt ist auf den Ver­kauf von Ver­brauchs­gü­tern durch Ver­käu­fer an Ver­brau­cher an­wend­bar.

§ 2 – Für die An­wen­dung des vor­lie­gen­den Ab­schnitts ver­steht man un­ter:
1. …
2. ‚Ver­käu­fern‘: na­tür­li­che oder ju­ris­ti­sche Per­so­nen, die im Rah­men ih­rer be­ruf­li­chen oder ge­werb­li­chen Tä­tig­keit Ver­brauchs­gü­ter ver­kau­fen“.

PDF er­stel­len