1. Heißt es in ei­nem Kfz-Kauf­ver­trag (hier: über ein Wohn­mo­bil), das Fahr­zeug sei „lt. Vor­be­sit­zer nicht als Miet­wa­gen ge­nutzt“ wor­den, liegt kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB, son­dern nur ei­ne Wis­sens­er­klä­rung oder -mit­tei­lung des Ver­käu­fers vor.
  2. Ein ge­brauch­tes Wohn­mo­bil, das in der Ver­gan­gen­heit als Miet­fahr­zeug ge­nutzt wur­de, weist grund­sätz­lich kei­ne für ein ge­brauch­tes Wohn­mo­bil üb­li­che und vom Käu­fer des­halb zu er­war­ten­de Be­schaf­fen­heit auf. Dar­an än­dert nichts, dass weit mehr als 30 % al­ler ge­braucht an­ge­bo­te­nen Wohn­mo­bi­le zu­vor als Miet­fahr­zeu­ge im Ein­satz wa­ren. Denn je­den­falls ist ei­ne (aty­pi­sche) Vor­be­nut­zung ei­nes Fahr­zeugs als Miet­wa­gen im­mer An­lass für Preis­ver­hand­lun­gen und -nach­läs­se, ob­wohl als Miet­wa­gen ein­ge­setz­te Fahr­zeu­ge „nor­mal“ ge­nutz­ten Fahr­zeu­gen tech­nisch gleich­wer­tig sind.
  3. Es wirkt sich schon ne­ga­tiv auf den Wert ei­nes Fahr­zeugs (hier: ei­nes Wohn­mo­bils) aus und recht­fer­tigt des­halb grund­sätz­lich ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses, dass in den Fahr­zeug­pa­pie­ren als ehe­ma­li­ger Hal­ter ein Miet­wa­gen­un­ter­neh­men ein­ge­tra­gen ist; ob das Fahr­zeug tat­säch­lich als Miet­wa­gen ge­nutzt wur­de, ist un­er­heb­lich.

LG Mann­hein, Ur­teil vom 29.12.2011 – 1 O 122/10

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­stell­te am 01.08.2009 bei der Be­klag­ten ver­bind­lich ein ge­brauch­tes, im April 2006 erst­zu­ge­las­se­nes Wohn­mo­bil zum Preis von 23.500 €. Auf dem Be­stell­for­mu­lar wur­de bei „Das Fahr­zeug wur­de lt. Vor­be­sit­zer als Miet­fahr­zeug ge­nutzt“ die Ant­wort­mög­lich­keit „Nein“ an­ge­kreuzt.

Die Be­klag­te nahm die Be­stel­lung un­ter dem 03.08.2009 an. Der Kauf­preis wur­de von der S-Bank AG fi­nan­ziert.

Nach­dem der Klä­ger zu­fäl­lig ei­ne Ko­pie des Fahr­zeug­scheins im In­ne­ren des Wohn­mo­bils ge­fun­den und die­ser ent­nom­men hat­te, dass (ers­te) Hal­te­rin des Fahr­zeugs bis zum 05.06.2008 die ADAC Au­to­ver­mie­tung GmbH ge­we­sen war, min­der­te er mit An­walts­schrei­ben vom 24.03.2010 den Kauf­preis um 30 % und for­der­te die Be­klag­te un­ter Frist­set­zung zur Zah­lung von 7.050 € auf. Die Be­klag­te bot dar­auf­hin mit Blick dar­auf, dass das Wohn­mo­bil mög­li­cher­wei­se als Miet­fahr­zeug ge­nutzt wor­den war, die Zah­lung von 2.350 € an. Die­ses An­ge­bot lehn­te der Klä­ger un­ter dem 31.05.2010 ab.

Die S-Bank AG hat den Klä­ger mit Schrei­ben vom 26.03.2010 er­mäch­tigt, den streit­ge­gen­ständ­li­chen Zah­lungs­an­spruch in ei­ge­nem Na­men mit der Maß­ga­be gel­tend zu ma­chen, dass die Zah­lung an die Bank zu leis­ten ist.

Die im We­sent­li­chen auf Zah­lung von 7.050 € ge­rich­te­te Kla­ge war nur zu ei­nem ge­rin­gen Teil er­folg­reich.

Aus den Grün­den: II. … Der Klä­ger ist in Hö­he von 705 €, mit­hin 3 % des Kauf­prei­ses, zur Min­de­rung ge­mäß §§ 437 Nr. 2, 434 I 2 Nr. 2, 441 BGB be­rech­tigt.

1. Das Wohn­mo­bil ist ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf­grund der Vor­ein­tra­gung der ADAC Au­to­ver­mie­tung GmbH im Kfz-Schein man­gel­haft.

Zwar stellt die An­ga­be der Be­klag­ten im Be­stell­for­mu­lar „Das Fahr­zeug wur­de lt. Vor­be­sit­zer als Miet­wa­gen ge­nutzt: Nein“ kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung i. S. von § 434 I 1 BGB dar, son­dern le­dig­lich ei­ne Wis­sens­er­klä­rung oder ei­ne Wis­sens­mit­tei­lung über die An­ga­ben des Vor­be­sit­zers (vgl. hier­zu BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, MDR 2008, 740). Auch eig­net sich das streit­ge­gen­ständ­li­che Wohn­mo­bil für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung.

Es weist aber ei­ne Be­schaf­fen­heit auf, die bei Sa­chen der glei­chen Art nicht üb­lich ist und die der Käu­fer nach Art der Sa­che je­doch er­war­ten kann, näm­lich auf­grund der Hal­ter­ein­tra­gung ei­ner Au­to­ver­mie­tung die Ver­mu­tung ei­ner aty­pi­schen Vor­be­nut­zung als Miet­fahr­zeug. Bei ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeu­gen stellt ne­ben der An­zahl der Vor­be­sit­zer auch die Art der Vor­be­nut­zung ei­ne Ei­gen­schaft dar (Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 70. Aufl., § 434 Rn. 29). Die Nut­zung als Miet­fahr­zeug stellt – auch im Markt­seg­ment für ge­brauch­te Wohn­mo­bi­le – ei­ne aty­pi­sche Vor­be­nut­zung dar, die re­gel­mä­ßig zu ei­nem Preis­ab­schlag ge­gen­über „nor­mal“ ge­nutz­ten Rei­se­mo­bi­len führt.

Zwar hat der Sach­ver­stän­di­ge in der münd­li­chen An­hö­rung be­stä­tigt, dass der An­teil der als Miet­fahr­zeug ge­nutz­ten Wohn­mo­bi­le im Ge­braucht­wa­gen­seg­ment weit über 30 % liegt. Den­noch ist auch in die­sem Be­reich von ei­ner Ab­wei­chung von der üb­li­chen. Be­schaf­fen­heit durch ei­ne Vor­be­nut­zung als Miet­wa­gen aus­zu­ge­hen, da der Sach­ver­stän­di­ge eben­so ein­deu­tig be­kun­det hat, dass ei­ne sol­che Vor­nut­zung im­mer An­lass für Preis­ver­hand­lun­gen und Preis­ab­schlä­ge ge­gen­über der Nor­mal­nut­zung durch den pri­va­ten Vor­be­sit­zer ist. Auch wenn sich dies nach den An­ga­ben des Sach­ver­stän­di­gen nicht auf tech­ni­sche Über­be­an­spru­chung oder die Wahr­schein­lich­keit ei­ner tech­ni­schen Min­der­wer­tig­keit zu­rück­füh­ren lässt, weil die Miet­fahr­zeu­ge ei­ner in­ten­si­ve­ren TÜV-Über­wa­chung un­ter­lie­gen als Pri­vat­fahr­zeu­ge, sind auch sol­che auf rein kauf­psy­cho­lo­gi­schen Ge­sichts­punk­ten ba­sie­ren­de markt­re­le­van­te Ei­gen­schaf­ten von Kraft­fahr­zeu­gen als wert­bil­den­de Fak­to­ren bei der Be­stim­mung der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit zu be­rück­sich­ti­gen.

Es spielt in­so­weit ki­ne Rol­le, ob das streit­ge­gen­ständ­li­che Wohn­mo­bil wäh­rend der Zu­las­sung auf die ADAC Au­to­ver­mie­tung GmbH tat­säch­lich als Miet­fahr­zeug be­nutzt wor­den ist, oder – wie von der Be­klag­ten ver­mu­tet – mög­li­cher­wei­se als Ge­schäfts­fahr­zeug für ei­ge­ne Zwe­cke die­ser Fir­ma ge­nutzt wur­de. In­so­weit stellt al­lein die Tat­sa­che der Ein­tra­gung ei­ner Miet­wa­gen­fir­ma ei­nen er­heb­li­chen, wert­be­stim­men­den Fak­tor dar (vgl. hier­zu OLG Köln, Urt. v. 11.05.1990 – 3 U 212/89, NJW-RR 1990, 1144), wie der Sach­ver­stän­di­ge in sei­ner münd­li­chen An­hö­rung be­stä­tigt hat.

Die Ab­wei­chung von der ge­wöhn­li­chen Be­schaf­fen­heit im Hin­blick auf die Vor­nut­zung ist auch nicht be­reits des­halb zu ver­nei­nen, weil das streit­ge­gen­ständ­li­che Wohn­mo­bil nur in der Pha­se nach der Erst­zu­las­sung ver­mut­lich als Miet­wa­gen ge­lau­fen ist und da­nach zwei wei­te­re Vor­be­sit­zer hat­te, be­vor es zum Kauf an­ge­bo­ten wur­de. In­so­fern ist mit der Recht­spre­chung in je­dem Ein­zel­fall auf die Dau­er der aty­pi­schen Nut­zung und den Zeit­raum nach der Ein­stel­lung die­ser Nut­zung bis zum Ver­kaufs­zeit­punkt ab­zu­stel­len, ob die­se zu ei­ner Be­ein­träch­ti­gung und/oder Wert­min­de­rung des Fahr­zeugs ge­führt hat und ei­nen Sach­man­gel be­grün­det (vgl. hier­zu Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 11. Aufl. [2012], Rn. 3206; OLG Köln, Urt. v. 29.05.1996 – 13 U 161/95, VersR 1997, 1368; OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 26.07.2000 – I-22 U 27/00, OLGR 2001, 19; OLG Stutt­gart, Urt. v. 31.07.2008 – 19 U 54/08, NJW-RR 2009, 551). Im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fall war das Fahr­zeug 2/3 der Zu­las­sungs­zeit bis zum Ver­kauf an den Klä­ger auf die ADAC Au­to­ver­mie­tung GmbH zu­ge­las­sen ge­we­sen und hat­te im letz­ten Drit­tel die­ser Zeit drei ver­schie­de­ne wei­te­re Vor­be­sit­zer. Da­mit liegt der Schwer­punkt der Vor­be­nut­zung ein­deu­tig in der ver­mut­li­chen aty­pi­schen Vor­be­nut­zung durch ein Miet­wa­gen­un­ter­neh­men. In­so­weit weicht das streit­ge­gen­ständ­li­che Wohn­mo­bil von der üb­li­chen Be­schaf­fen­heit ab.

2. Ei­ner … Frist­set­zung zur Nach­er­fül­lung durch Nach­bes­se­rung be­durf­te es im vor­lie­gen­den Fall nicht, weil der Man­gel in ei­ner Ei­gen­schaft des Fahr­zeugs, näm­lich der ver­mut­li­chen aty­pi­schen Vor­be­nut­zung, liegt, die nicht be­heb­bar ist.

3. Die Hö­he der Min­de­rung hat das Ge­richt an­hand der Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen … ge­mäß § 441 III 2 BGB er­mit­telt. In­so­weit ist ge­mäß § 441 I 2 BGB die Min­de­rung aus­drück­lich auch bei ge­ring­fü­gi­gen Män­geln zu­läs­sig.

Hier war zum ei­nen nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen zu be­rück­sich­ti­gen, dass das Fahr­zeug auf­grund des nicht re­pa­rier­ten Ha­gel­scha­dens be­reits ei­ne deut­li­che Wert­min­de­rung er­fah­ren hat­te, die da­zu führ­te, dass der an­sons­ten auf­grund der aty­pi­schen Vor­be­nut­zung zu ge­wäh­ren­de Preis­nach­lass sich im Ver­hält­nis zu dem Min­der­wert durch den Ha­gel­scha­den er­heb­lich re­du­ziert hat. Der Sach­ver­stän­di­ge hat in­so­fern an­ge­ge­ben, dass der Min­der­wert durch die aty­pi­sche Vor­be­nut­zung oh­ne Ha­gel­vor­scha­den mit 10 % an­zu­set­zen sei, durch den Ha­gel­scha­den je­doch auf 5 % re­du­ziert wer­de. Die­se Aus­füh­run­gen sind über­zeu­gend und nach­voll­zieh­bar. Es ist un­mit­tel­bar ein­leuch­tend, dass der Min­der­wert ei­nes be­reits vor­ge­schä­dig­ten Fahr­zeugs re­la­tiv ge­rin­ger zu be­mes­sen ist als der ei­nes un­be­schä­dig­ten Fahr­zeugs. Dar­über hin­aus ist es auch über­zeu­gend, dass der tech­nisch gra­vie­ren­de­re Ha­gel­scha­den, der nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen die Ge­fahr von Un­dich­tig­kei­ten barg, ein grö­ße­res Ge­wicht bei Preis­ver­hand­lun­gen ein­nimmt als die Fra­ge der aty­pi­schen Vor­be­nut­zung.

Nach den Aus­füh­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen … ist dar­über hin­aus da­von aus­zu­ge­hen, dass die Wert­min­de­rung des Wohn­mo­bils durch die ver­mut­li­che aty­pi­sche Vor­be­nut­zung auch da­durch ge­rin­ger wird, dass nach der Erst­nut­zung durch ein Miet­wa­gen­un­ter­neh­men zwei wei­te­re Vor­be­sit­zer folg­ten, wel­che es un­strei­tig nicht als Miet­fahr­zeug ge­nutzt ha­ben. Der Sach­ver­stän­di­ge hat in­so­fern aus­ge­führt, dass die von ihm an­ge­setz­te Wert­min­de­rung im Hin­blick dar­auf, dass wäh­rend der Nut­zung als Miet­fahr­zeug ent­stan­de­ne ver­deck­te Män­gel sich wahr­schein­lich in der Be­sitz­zeit der·wei­te­ren Vor­be­sit­zer ge­zeigt hät­ten, ge­gen Null ten­die­re. Ei­ne ein­deu­ti­ge Fest­le­gung des pro­zen­tua­len Min­de­rungs­sat­zes hat er je­doch nicht vor­ge­nom­men.

In die­sem Fall ob­liegt es dem Ge­richt, ge­mäß § 441 III 2 BGB die Min­de­rung durch Schät­zung zu er­mit­teln. Bei der aty­pi­schen Vor­nut­zung han­delt es sich um ei­ne rein nach kauf­män­ni­schen Ge­sichts­punk­ten zu be­ur­tei­len­de Wert­min­de­rung, al­so ei­nen mög­li­chen Preis­nach­lass bei Ver­hand­lun­gen im Hin­blick auf die­se Ei­gen­schaft. Das Ge­richt geht in­so­fern da­von aus, dass ein durch­schnitt­li­cher Käu­fer ei­nen Preis­nach­lass we­gen der ver­mut­li­chen aty­pi­schen Vor­be­nut­zung nicht nur auf hier­durch mög­li­cher­wei­se ver­ur­sach­te tech­ni­sche Män­gel durch hö­he­re Be­an­spru­chung, son­dern auch auf den je­den­falls sub­jek­tiv hö­he­ren Grad an Ab­nut­zung des zu Wohn­zwe­cken die­nen­den Wohn­mo­bils auf­grund der Be­nut­zung durch ei­ne Viel­zahl von Men­schen wäh­rend der hier nicht un­er­heb­li­chen Ver­mie­tungs­pha­se be­geh­ren wür­de. Un­ter Be­rück­sich­ti­gung der vor­ge­nann­ten Ein­fluss­fak­to­ren ist hier ei­ne Wert­min­de­rung in Hö­he von 3 % des Kauf­prei­ses fest­zu­set­zen …

III. Im Üb­ri­gen war die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Klä­ger hat auch kei­nen An­spruch auf Er­stat­tung vor­ge­richt­li­cher An­walts­kos­ten. Die Be­auf­tra­gung sei­ner Be­voll­mäch­tig­ten er­folg­te vor ln­ver­zug­set­zung der Be­klag­ten …

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