Zur Frage, ob dem Verbraucher beim Abschluss eines Fernabsatzvertrags in einer von der Musterwiderrufsbelehrung in Teilen abweichenden Widerrufsbelehrung zusätzlich eine (hier auf der Internetseite des Unternehmers zugängliche) Telefonnummer des Unternehmers mitgeteilt werden muss, wenn in der Widerrufsbelehrung als Kommunikationsmittel beispielhaft dessen Postanschrift und E-Mail-Adresse genannt werden.

BGH, Beschluss vom 25.02.2025 – VIII ZR 143/24

Sachverhalt: Am 18.02.2022 erwarb der Kläger als Verbraucher von der Beklagten, die mit Kraftfahrzeugen handelt, ein Neufahrzeug im Wege des Fernabsatzes. Die Beklagte, die auf ihrer Internetseite unter „Kontakt“ und im Impressum ihre Telefonnummer angegeben hat, verwendete nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine in Teilen davon abweichende Widerrufsbelehrung. Dort werden die Postanschrift und die E-Mail-Adresse der Beklagten mitgeteilt, nicht aber ihre Telefonnummer. Dazu heißt es, dass der Widerruf mittels einer eindeutigen Erklärung „z. B.“ durch einen per Post versandten Brief oder per EMail erklärt werden könne.

Am 23.08.2022 wurde dem Kläger das Fahrzeug übergeben. Am 20.06.2023 erklärte er per E-Mail den Widerruf seiner auf den Abschluss des Kaufvertrags gerichteten Erklärung.

Die auf Rückzahlung des Kaufpreises nebst Zinsen, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs, sowie auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Mit der beabsichtigten Revision, deren Zulassung er mit der Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt, möchte der Kläger sein Klagebegehren weiterverfolgen. Die Nichtzulassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen: [4]    II. … Die von der Beschwerde geltend gemachten Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere soweit die Beschwerde im Hinblick auf unionsrechtliche Fragestellungen die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 543 II 1 Nr. 1 ZPO) geltend macht, ist für eine hierauf gestützte Zulassung der Revision kein Raum.

[5]    1. Die Beklagte hat, wovon das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei und unangegriffen ausgegangen ist, nicht die Musterwiderrufsbelehrung, sondern eine selbst formulierte Widerrufsbelehrung verwendet. Teilt der Unternehmer in einem solchen Fall in der Widerrufsbelehrung seine Postanschrift sowie seine E-Mail-Adresse mit, ist nach Maßgabe des Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB (alter wie auch neuer Fassung), der Art. 6 I lit. h der Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. 2011 L 304, 64; im Folgenden: Verbraucherrechterichtlinie) umsetzt und demgemäß richtlinienkonform auszulegen ist, die zusätzliche Angabe der Telefonnummer des Unternehmers nicht erforderlich, zumal hier die Telefonnummer des Unternehmers ohne Weiteres auf seiner Internetseite zugänglich war. Diese Beurteilung der Wirksamkeit der Widerrufsbelehrung ist derart offenkundig, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Aus diesem Grund bedarf es einer Vorlage an den EuGH (im Folgenden auch: Gerichtshof) nicht („acte clair“; vgl. etwa EuGH, Urt. v. 06.10.1982 – Rs. 283/81, Slg. 1982, 03415 = ECLI:EU:C:1982:335 = NJW 1983, 1257, 1258 – C.I.L.F.I.T.; Urt. v. 09.09.2015 – C-72/14 und C-197/14, ECLI:EU:C:2015:564 = juris Rn. 55 ff. – X und van Dijk; Urt. v. 28.07.2016 – C-379/15, ECLI:EU:C:2016:603 = juris Rn. 48 – Association France Nature Environnement; Urt. v. 06.10.2021 – C-561/19, ECLI:EU:C:2021:799 = NJW 2021, 3303 Rn. 33, 39 ff. – Consorzio Italian Management e Catania Multiservizi; Senat, Urt. v. 24.02.2021 – VIII ZR 36/20, BGHZ 229, 59 Rn. 22; Urt. v. 15.05.2024 – VIII ZR 226/22, NJW 2024, 2680 Rn. 57; jeweils m. w. Nachw.).

[6]    a) Der Wortlaut des Art. 6 I lit. h der Verbraucherrechterichtlinie ermöglicht für sich allein gesehen keine Beantwortung der Frage, welche Kommunikationsmittel bei Fernabsatzverträgen in einer Widerrufsbelehrung, die wie hier nicht (bzw. nicht vollständig) auf die Musterwiderrufsbelehrung in Anhang I Teil A der Richtlinie zurückgreift, für die Erklärung des Widerrufs anzugeben sind. Damit lässt sich dem Wortlaut der vorgenannten Bestimmung auch nicht entnehmen, ob vorliegend neben der Postanschrift und der E-Mail-Adresse auch eine Telefonnummer der Beklagten hätte genannt werden müssen. Die Bestimmung des Art. 6 I lit. h der Verbraucherrechterichtlinie ist deshalb nach ihrem Kontext und den Zielen mithin entsprechend der Regelungssystematik und dem Regelungszweck auszulegen, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden (vgl. EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17, ECLI:EU:C:2019:576 = NJW 2019, 3365 Rn. 35, 37 – Amazon EU; Urt. v. 05.05.2022 – C-179/21, ECLI:EU:C:2022:353 = NJW 2022, 1871 Rn. 32 – Victorinox; Urt. v. 30.05.2024 – C-400/22, ECLI:EU:C:2024:436 = NJW 2024, 2449 Rn. 41 – Conny).

[7]    aa) Hinsichtlich des Kontexts ist zunächst festzuhalten, dass der Unionsgesetzgeber in Art 6 I lit. h der Verbraucherrechterichtlinie eine mit dem Wortlaut der Vorschriften der Art. 6 I lit. c oder Art. 5 I lit. b dieser Richtlinie, die jeweils Regelungen zur Angabe einer Telefonnummer enthalten, vergleichbare beziehungsweise identische Formulierung nicht gewählt hat, obwohl er dies ohne Weiteres hätte tun können, wenn er eine Pflicht des Unternehmers zur zusätzlichen Nennung seiner Telefonnummer auch für eine Widerrufsbelehrung, die sich der Musterwiderrufsbelehrung nicht oder nicht vollständig bedient, hätte statuieren wollen.

[8]    Auch der weitere Kontext des Art. 6 I lit. h der Verbraucherrechterichtlinie spricht jedenfalls in der hier gegebenen Fallgestaltung gegen eine Verpflichtung zur Nennung einer Telefonnummer des Unternehmers bei Widerrufsbelehrungen, die auf die Musterwiderrufsbelehrung nicht zurückgreifen. Der Inhalt der Musterwiderrufsbelehrung nach Maßgabe des Anhangs I Teil A der Richtlinie gestattet insoweit keinen Rückschluss auf den notwendigen Inhalt von Widerrufsbelehrungen, die sich der Musterwiderrufsbelehrung nicht oder jedenfalls nicht vollständig bedienen. Die Musterwiderrufsbelehrung in Anhang I Teil A der Richtlinie ist gemäß deren Art. 6 IV den allgemeinen Vorgaben des Art. 6 I lit. h systematisch nachgelagert und schon deshalb nicht geeignet, den Inhalt einer Widerrufsbelehrung, die sich der Musterwiderrufsbelehrung nicht oder nicht vollständig bedient, zu definieren. Hätte der Unionsgesetzgeber auch bei einer vom Unternehmer (zumindest in Teilen) selbst formulierten Widerrufsbelehrung es für geboten erachtet, dass der Unternehmer bestimmte Kommunikationsmittel, unter anderem seine Telefonnummer, angibt, hätte er diese Anforderung nicht in die Musterwiderrufsbelehrung ausgelagert. Vielmehr rät der Unionsgesetzgeber in Erwägungsgrund 44 der Richtlinie im Hinblick auf die Verteilung der Beweislast für die Tatsache, dass der Widerruf innerhalb der in der Richtlinie festgelegten Fristen erfolgt ist zugunsten der Verwendung eines dauerhaften Datenträgers sogar von einem Telefonanruf ab. Gleiches gilt für den nationalen Gesetzgeber (s. BT-Drs. 17/12637, S. 60).

[9]    bb) Gegen eine Verpflichtung zur Angabe einer Telefonnummer in einer Widerrufsbelehrung, die sich wie in der hier gegebenen Fallgestaltung der Musterwiderrufsbelehrung in Teil I Anhang A der Verbraucherrechterichtlinie nicht (oder nicht vollständig) bedient, sprechen überdies die vom Unionsgesetzgeber verfolgten Regelungsziele.

[10]   (1) Der Gerichtshof hat insoweit entschieden, mit Art. 6 I der Verbraucherrechterichtlinie solle sichergestellt werden, dass dem Verbraucher vor Abschluss eines Vertrags sowohl die Informationen über dessen Bedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses übermittelt werden, die dem Verbraucher die Entscheidung ermöglichen, ob er sich vertraglich an einen Unternehmer binden möchte, als auch die Informationen, die zur ordnungsgemäßen Vertragserfüllung und vor allem zur Ausübung seiner Rechte, insbesondere seines Widerrufsrechts, erforderlich sind (EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17, ECLI:EU:C:2019:576 = NJW 2019, 3365 Rn. 43 – Amazon EU; Urt. v. 21.10.2020 – C-529/19, ECLI:EU:C:2020:846 = NJW 2020, 3707 Rn. 26 – Möbel Kraft; Urt. v. 05.10.2023 – C-565/22, ECLI:EU:C:2023:735 = NJW 2023, 3417 Rn. 35 – Sofatutor).

[11]   Von grundlegender Bedeutung für die Wahrung und wirksame Durchsetzung der Verbraucherrechte, insbesondere des Widerrufsrechts, dessen Modalitäten und Ausübungsvoraussetzungen in den Art. 9 bis 16 der Verbraucherrech-terichtlinie genannt werden, ist dabei insbesondere die Möglichkeit für den Verbraucher, mit dem Unternehmer schnell Kontakt aufzunehmen und effizient mit ihm kommunizieren zu können, wie dies ausdrücklich etwa in Art. 6 I lit. c der Verbraucherrechterichtlinie vorgesehen ist (vgl. EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17, ECLI:EU:C:2019:576 = NJW 2019, 3365 Rn. 41 – Amazon EU). Die Bestimmung des Art. 6 I lit. h der Richtlinie legt insoweit nicht die genaue Art des vom Unternehmer mitzuteilenden Kommunikationsmittels fest; sie verpflichtet diesen jedoch unzweifelhaft dazu, jedem Verbraucher Kommunikationsmittel zur Verfügung zu stellen, über die dieser schnell mit ihm in Kontakt treten und effizient mit ihm kommunizieren kann (vgl. EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17, ECLI:EU:C:2019:576 = NJW 2019, 3365 Rn. 46 – Amazon EU [zu Art. 6 I lit. c der Verbraucherrechterichtlinie]).

[12]   Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es insoweit Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände, unter denen der Verbraucher mit dem Unternehmer Kontakt aufnehmen kann, die dem Verbraucher von dem Unternehmer mitgeteilten Kommunikationsmittel es dem Verbraucher ermöglichen, mit dem Unternehmer schnell in Kontakt zu treten und effizient mit ihm zu kommunizieren (vgl. EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17, ECLI:EU:C:2019:576 = NJW 2019, 3365 Rn. 47, 52 – Amazon EU [zu Art. 6 I lit. c der Verbraucherrechterichtlinie]).

[13]   (2) In Anbetracht dessen hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, dass die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung insoweit nicht zu beanstanden ist. Für eine schnelle und effiziente Kontaktaufnahme des Verbrauchers mit dem im Internet tätigen Unternehmer ist es ohne Zweifel nicht erforderlich, dass in der Widerrufsbelehrung über die Post- und E-Mail-Anschrift hinaus auch eine Telefonnummer des Unternehmers angegeben wird (vgl. Generalanwalt Pitruzzella, Schlussanträge v. 28.02.2019 – C-649/17, ECLI:EU:C:2019:165 = juris Rn. 45, 56 [zu Art. 6 I Buchst. c der Richtlinie]). Bereits durch die Angabe ihrer E-Mail-Adresse, ergänzt durch die Mitteilung ihrer Postanschrift, hat die Beklagte den Verbrauchern Möglichkeiten eröffnet, schnell mit ihr in Kontakt zu treten und effizient mit ihr zu kommunizieren, ohne den Verbrauchern andere Kommunikationswege, wie zum Beispiel ein Telefonat, zu verstellen, zumal die vom Kläger in der Widerrufsbelehrung vermisste Telefonnummer der Beklagten auf ihrer Internetseite (im Impressum und unter „Kontakt“) ohne Weiteres verfügbar war. Entsprechendes hat der Gerichtshof ausdrücklich gebilligt (vgl. EuGH, Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17, ECLI:EU:C:2019:576 = NJW 2019, 3365 Rn. 52 – Amazon EU [zu Art. 6 I lit. c der Richtlinie]).

[14]   cc) Aus der (im nationalen Recht zum 28.05.2022 umgesetzten) Neufassung der Richtlinie 2011/83/EU durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.11.2019 zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinien 98/6/EG, 2005/29/EG und 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur besseren Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union (ABl. 2019 L 328, 7) ergibt sich nichts anderes. Während der Unionsgesetzgeber die Mitteilung einer Telefonnummer des Unternehmers im Rahmen der allgemeinen Informationspflichten nach Art. 6 I lit. c der Verbraucherrechterichtlinie sowie bei Verwendung der Musterwiderrufsbelehrung seitdem ausdrücklich verlangt, sind die Anforderungen an eine Widerrufsbelehrung, die sich wie hier der Musterwiderrufsbelehrung nicht (vollständig) bedient, auch nach der Neufassung der Richtlinie nicht erhöht worden. Vielmehr ist die Vorschrift des Art. 6 I lit. h der Verbraucherrechterichtlinie unverändert geblieben.

[15]   dd) Ob der Unternehmer in einer jedenfalls in Teilen selbst verfassten Widerrufsbelehrung seine Telefonnummer anzugeben hat, wenn der Verbraucher die Ware telefonisch erworben hat, bedarf hier keiner Entscheidung. Dahin gehende Feststellungen hat das Berufungsgericht nicht getroffen; etwa übergangenen Sachvortrag des Klägers zeigt die Beschwerde nicht auf. Jedenfalls schließt die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung einen telefonischen Widerruf nicht aus.

[16]   b) Selbst wenn aber von einer Unvollständigkeit der Widerrufsbelehrung der Beklagten im Hinblick auf die fehlende Angabe einer Telefonnummer auszugehen wäre, stünde dies woran ebenfalls keine vernünftigen Zweifel bestehen („acte clair“), bei richtlinienkonformer Auslegung der Vorschrift des § 356 II Nr. 1, III 1 BGB dem Anlaufen der Widerrufsfrist unter den gegebenen Umständen nicht entgegen.

[17]   aa) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.04.2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008 L 133, 66; im Folgenden: Verbraucherkreditrichtlinie) ist eine unvollständige oder fehlerhafte Information nur dann als fehlerhafte Belehrung anzusehen, wenn der Verbraucher durch sie in Bezug auf seine Rechte und Pflichten irregeführt und somit zum Abschluss eines Vertrags veranlasst wird, den er möglicherweise nicht geschlossen hätte, wenn er über vollständige und inhaltlich zutreffende Informationen verfügt hätte (vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris Rn. 253, 264 – BMW Bank; s. auch BGH, Urt. v. 15.10.2024 – XI ZR 39/24, WM 2024, 2186 Rn. 22 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]). Erweist sich eine dem Verbraucher gemäß Art. 10 II der Verbraucherkreditrichtlinie erteilte Information als unvollständig oder fehlerhaft, beginnt die Widerrufsfrist (nur) zu laufen, wenn die Unvollständigkeit oder Fehlerhaftigkeit dieser Information nicht geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner Rechte und Pflichten aus der Richtlinie einzuschätzen oder auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken und ihm gegebenenfalls die Möglichkeit zu nehmen, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie denen auszuüben, die vorgelegen hätten, sofern die Information vollständig und zutreffend erteilt worden wäre. Dies zu prüfen, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Sache der nationalen Gerichte (EuGH, Urt. v. 21.12.2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris Rn. 265, 267 – BMW Bank; s. auch BGH, Urt. v. 15.10.2024 – XI ZR 39/24, WM 2024, 2186 Rn. 22 [zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt]).

[18]   bb) Diese Rechtsprechung des Gerichtshofs ist nicht auf den Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie (Richtlinie 2008/48/EG) beschränkt, sondern auf die hier maßgebliche Verbraucherrechterichtlinie (Richtlinie 2011/83/EU) zu übertragen.

[19]   (1) Die Verbraucherkreditrichtlinie verfolgt in ihrem wesentlichen Kern dasselbe Regelungsziel wie die Verbraucherrechterichtlinie, nämlich ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten (s. nur Art. 1 und Erwägungsgründe 7, 65 der Verbraucherrechterichtlinie sowie Erwägungsgrund 43 der Verbraucherkreditrichtlinie; vgl. etwa EuGH, Urt. v. 21.12.2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris Rn. 262 – BMW Bank [zur Verbraucherkreditrichtlinie]; Urt. v. 10.07.2019 – C-649/17, ECLI:EU:C:2019:576 = NJW 2019, 3365 Rn. 39 – Amazon EU; Urt. v. 17.05.2023 – C-97/22, ECLI:EU:C:2023:413 = NJW 2023, 2171 Rn. 29 – DC; Urt. v. 30.05.2024 – C-400/22, ECLI:EU:C:2024:436 = NJW 2024, 2449 Rn. 51 – Conny [jeweils zur Verbraucherrechterichtlinie]).

[20]   Der mit der Vorschrift des Art. 14 der Verbraucherkreditrichtlinie, die das Widerrufsrecht des Verbrauchers regelt, verfolgte Zweck liegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum einen darin, dem Verbraucher zu ermöglichen, den seinen Bedürfnissen am ehesten entsprechenden Vertrag auszuwählen. Er soll deshalb von einem Vertrag zurücktreten können, bei dem sich nach dessen Abschluss innerhalb der für die Ausübung des Widerrufsrechts vorgesehenen Überlegungsfrist herausstellt, dass er nicht seinen Bedürfnissen entspricht (EuGH, Urt. v. 21.12.2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris Rn. 288 – BMW Bank). Dem entspricht die Überlegungsfrist, die einem Käufer nach der Verbraucherrechterichtlinie bei einem Außergeschäftsraum- oder Fernabsatzgeschäft zugebilligt wird.

[21]   Zum anderen besteht der Zweck von Art. 14 I Unterabsatz 2 lit. b der Verbraucherkreditrichtlinie darin sicherzustellen, dass der Verbraucher alle Informationen erhält, die erforderlich sind, um den Umfang seiner vertraglichen Verpflichtung zu beurteilen, und den Kreditgeber, der ihm die in Art. 10 dieser Richtlinie vorgesehenen Informationen nicht erteilt, mit Sanktionen zu belegen (EuGH, Urt. v. 21.12.2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris Rn. 288 – BMW Bank). Auch die Bestimmungen der Verbraucherrechterichtlinie sollen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs in diesem Sinne verhindern, dass die Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zu einer Verringerung der dem Verbraucher vermittelten Informationen führt, insbesondere da die Informationen, die er vor dem Abschluss eines Vertrags gemäß Art. 6 der Richtlinie sowohl über dessen Bedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses als auch über die ordnungsgemäße Vertragserfüllung und vor allem die Ausübung seiner Rechte zu erhalten hat, für ihn von grundlegender Bedeutung sind (vgl. auch EuGH, Urt. v. 21.12.2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris Rn. 169 – BMW Bank; Senat, Urt. v. 25.09.2024 – VIII ZR 58/23, ZIP 2024, 2601 Rn. 28 [zur Bedeutung der Informationspflichten im Fernabsatz]).

[22]   Vor diesem Hintergrund ist ersichtlich kein Grund dafür gegeben, hinsichtlich des Anlaufens der Widerrufsfrist im Rahmen der Verbraucherrechterichtlinie andere Maßstäbe anzulegen, als dies bei der Verbraucherkreditrichtlinie der Fall ist.

[23]   (2) Für diese Beurteilung im Sinne eines richtlinienübergreifenden Maßstabs spricht auch, dass der Gerichtshof in dem vorgenannten, die Verbraucherkreditrichtlinie betreffenden Urteil mit seinen Ausführungen zum Anlaufen der Widerrufsfrist auf weitere seiner Entscheidungen Bezug genommen hat, die die Auslegung von Bestimmungen anderer Richtlinien zum Gegenstand hatten, etwa die (früher geltende) Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (nachfolgend: Haustürgeschäfterichtlinie) sowie verschiedene Richtlinien, die den Bereich der Lebensversicherung betreffen (90/619/EWG, 79/267/EWG, 92/96/EWG, 2002/83/EG und 2009/138/EG; vgl. EuGH, Urt. v. 21.12.2023 – C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris Rn. 253, 264 – BMW Bank, unter Hinweis auf die Urteile des Gerichtshofs vom 10.04.2008 – C-412/06, ECLI:EU:C:2008:215 = NJW 2008, 1865 Rn. 35 – Hamilton, und vom 19.12.2019 – C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, ECLI:EU:C:2019:1123 = NJW 2020, 667 Rn. 78 – Rust-Hackner). Hätte der Gerichtshof seine Ausführungen zum Anlaufen der Widerrufsfrist auf die Verbraucherkreditrichtlinie beschränkt wissen wollen, hätte er derartige Bezugnahmen auf andere Richtlinien nicht vorgenommen, sondern eine etwaige Beschränkung deutlich gemacht. Gerade die Bezugnahme auf die Haustürgeschäfterichtlinie als ein Vorläuferregelwerk der im Streitfall maßgeblichen Verbraucherrechterichtlinie zeigt, dass die vorstehend (unter 1 b aa) genannte Rechtsprechung des Gerichtshofs auch unter den hier gegebenen Umständen zum Tragen kommt.

[24]   (3) Hinzu tritt, dass die Ausführungen des Gerichtshofs in dem von ihm in Bezug genommenen Urteil vom 19.12.2019 (C-355/18 bis C-357/18 und C-479/18, ECLI:EU:C:2019:1123 = NJW 2020, 667 Rn. 78 – Rust-Hackner) hinsichtlich des Rücktrittsrechts bei einem Lebensversicherungsvertrag unter anderem zum Gegenstand haben, dass sogar bestimmte Fehler bei der Belehrung des Verbrauchers über die Form des Rücktritts das Anlaufen der Rücktrittsfrist nicht hindern, wohingegen im Streitfall lediglich die fehlende Angabe eines anderweitig zur Verfügung stehenden Kommunikationsmittels bei ausdrücklicher Nennung anderer effizienter Kommunikationsmittel in Rede steht. Dies zugrunde gelegt, beanspruchen die Ausführungen des Gerichtshofs zum Anlaufen der Rücktrittsfrist für das Widerrufsrecht in der hier vorliegenden Fallgestaltung erst recht Geltung.

[25]   cc) Nach den vorstehenden Grundsätzen kommt es auch im Fernabsatzrecht darauf an, ob eine unvollständige oder fehlerhafte Information in der Widerrufsbelehrung geeignet ist, sich auf die Befähigung des Verbrauchers, den Umfang seiner aus dem Fernabsatzvertrag herrührenden Rechte und Pflichten – konkret: seines Widerrufsrechts – einzuschätzen, beziehungsweise auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen, auszuwirken, und ob ihm die Möglichkeit genommen wird, seine Rechte unter im Wesentlichen denselben Bedingungen wie bei Erteilung vollständiger und inhaltlich zutreffender Informationen im Fernabsatzvertrag auszuüben (vgl. BGH, Urt. v. 27.02.2024 – XI ZR 258/22, BGHZ 239, 337 Rn. 34 m. w. Nachw.; Urt. v. 24.09.2024 – XI ZR 40/22, juris Rn. 25; Urt. v. 15.10.2024 – XI ZR 39/24, WM 2024, 2186 Rn. 24; zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt [jeweils zur Verbraucherkreditrichtlinie und zum Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag]). Dies ist hier nicht der Fall. Insbesondere hat sich der Umstand, dass die Beklagte in der Widerrufsbelehrung beispielhaft zwar ihre Postanschrift sowie ihre E-Mail-Adresse, nicht jedoch ihre auf ihrer Internetseite bereits mitgeteilte und unschwer zugängliche Telefonnummer angegeben hat, nicht auf die Befähigung des Verbrauchers ausgewirkt, den Widerruf rechtzeitig innerhalb der vierzehntägigen Widerrufsfrist des § 355 II BGB, Art. 9 II lit. b der Verbraucherrechterichtlinie zu erklären. Denn die Beklagte hat, wie bereits ausgeführt, dem Verbraucher – und damit auch dem Kläger – Kommunikationsmittel zur Verfügung gestellt, über die er schnell mit ihr in Kontakt treten und effizient mit ihr kommunizieren konnte, ohne dabei die Möglichkeit eines Telefonats auszuschließen oder gar den Verbraucher insoweit irrezuführen.

[26]   Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den vor dem oben genannten Urteil des Gerichtshofs vom 21.12.2023 (C-38/21, C-47/21 und C-232/21, ECLI:EU:C:2023:1014 = juris – BMW Bank) sowie allein zur Frage einer Wettbewerbswidrigkeit im Sinne der §§ 3 I, 4 Nr. 11 UWG a.F. wegen der fehlenden Angabe einer Telefonnummer in einer Musterwiderrufsbelehrung und der Spürbarkeit dieses Verstoßes im Sinne von § 3 I UWG a.F. ergangenen Entscheidungen des I. Zivilsenats des BGH (vgl. BGH, Urt. v. 24.09.2020 – I ZR 169/17, GRUR 2021, 84; Urt. v. 21.01.2021 – I ZR 17/18, GRUR 2021, 752).

[27]   c) Entgegen der Auffassung der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht klärungsbedürftig, ob die Beklagte den Kläger darüber hinaus fehlerhaft über den Fristbeginn für die Ausübung des Widerrufsrechts informiert hat (Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB). Eine fehlerhafte Belehrung liegt auch insoweit zweifelsfrei nicht vor. Zwar hat die Beklagte dem Kläger vor der Übergabe des Fahrzeugs zunächst die Zulassungspapiere übersandt. Eine Versendung der Ware (das vom Kläger erworbene Fahrzeug) in mehreren Teilsendungen oder Stücken im Sinne des § 356 II Nr. 1 lit. c BGB ist jedoch gleichwohl nicht gegeben. Die Zulassungspapiere sind zum einen bereits kein gesondert zu übereignender Teil des Fahrzeugs. Vielmehr folgt das Eigentum daran analog § 952 BGB dem Eigentum am Fahrzeug (st. Rspr.; s. nur BGH, Urt. v. 21.12.1960 – VIII ZR 89/59, BGHZ 34, 122, 134; Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, NJW 2020, 3770 Rn. 32 m. w. Nachw.). Zum anderen liegt es fern, dass der Verbraucher annehmen könnte, die Widerrufsfrist beginne bereits vor der Lieferung des Fahrzeugs mit dem Erhalt der Zulassungspapiere.

[28]   2. Das Berufungsgericht hat ebenfalls rechtsfehlerfrei entschieden, dem Anlaufen der Widerrufsfrist stehe auch nicht entgegen, dass die Beklagte in ihrer Widerrufsbelehrung zwar mitgeteilt hat, dass der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware zu tragen habe, entgegen Art. 246a § 1 II 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EGBGB jedoch keine Angaben zu den Kosten der Rücksendung gemacht hat. Dies hindert das Anlaufen der Widerrufsfrist nicht. Nach § 356 III 1 Fall 1 BGB hängt der Beginn der Widerrufsfrist ausdrücklich (nur) von der Belehrung nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 1 EGBGB ab, nicht aber von einer zutreffenden Information nach Art. 246a § 1 II 1 Nr. 2 EGBGB. Entsprechendes gilt gemäß Art. 10 I der Verbraucherrechterichtlinie. Zudem sieht § 357 V BGB in Umsetzung von Art. 6 VI der Verbraucherrechterichtlinie insoweit eine eigenständige Sanktion vor. Danach hat in einem solchen Fall der Verbraucher die unmittelbaren (§ 357 V BGB) beziehungsweise die „zusätzlichen und sonstigen“ (Art. 6 VI der Verbraucherrechterichtlinie) Kosten der Rücksendung nicht zu tragen. Aus der Diskrepanz dieser gesetzlich geregelten Folge zu der in der Widerrufsbelehrung enthaltenen Information, dass der Verbraucher die unmittelbaren Kosten der Rücksendung der Ware zu tragen habe, ergibt sich zweifelsfrei keine die Verlängerung der Widerrufsfrist auslösende Unrichtigkeit der Widerrufsbelehrung.

[29]   3. Durch die von der Beklagten verwendete Widerrufsbelehrung wird der Verbraucher schließlich auch nicht über die persönliche und sachliche Reichweite seines Widerrufsrechts irregeführt, weil die Widerrufsbelehrung einleitend das Bestehen eines Widerrufsrechts an die Verbrauchereigenschaft und die ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln für den Vertragsschluss knüpft. Zwar sind Belehrungen unzulässig, deren Inhalt oder Gestaltung die Gefahr begründen, dass der Verbraucher irregeführt und von einem rechtzeitigen Widerruf abgehalten wird (BGH, Urt. v. 01.12.2022 – I ZR 28/22, NJW 2023, 1964 Rn. 40 m. w. Nachw.). Ein solcher Fall ist hier jedoch zweifelsfrei nicht gegeben. Vielmehr wird dem Verbraucher vorliegend allein die Rechtslage verdeutlicht und die Belehrung dadurch nicht unübersichtlich (vgl. hierzu BGH, Beschl. v. 04.12.2018 – XI ZR 46/18, WM 2019, 66 Rn. 9). Zudem ist der Unternehmer nicht gehalten zu prüfen, ob der Adressat der Widerrufsbelehrung Verbraucher oder Unternehmer ist (vgl. BGH, Urt. v. 09.11.2011 – I ZR 123/10, NJW 2012, 1814 Rn. 27).

[30]   4. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 544 VI 2 Halbsatz 2 ZPO).

[31]   5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.

PDF erstellen