1. Es gibt kei­nen all­ge­mei­nen Er­fah­rungs­satz des In­halts, dass bei zwi­schen Un­ter­neh­mern (§ 14 BGB) ge­schlos­se­nen Ge­braucht­wa­gen­kauf­ver­trä­gen stets ein um­fas­sen­der Aus­schluss der Haf­tung des Ver­käu­fers für Sach­män­gel (Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss) ver­ein­bart wird.
  2. All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen ei­nes Kfz-Händ­lers kön­nen zwar auch dann Be­stand­teil ei­nes mit ei­nem un­ter­neh­me­risch han­deln­den Käu­fer ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trags wer­den, wenn die in § 305 II und III BGB ge­nann­ten Ein­be­zie­hungs­vor­aus­set­zun­gen nicht er­füllt sind (§ 310 I 1 BGB). Er­for­der­lich ist aber, dass der Ver­käu­fer zum Aus­druck bringt, dass ne­ben dem in­di­vi­du­al­ver­trag­lich Ver­ein­bar­ten auch be­stimm­te All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen Ver­trags­in­halt wer­den sol­len. Es ge­nügt we­der, dass die­se All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen bran­chen­üb­lich sind, noch reicht für ei­ne wirk­sa­me Ein­be­zie­hung die schlich­te Kennt­nis des Käu­fers, dass der Ver­käu­fer sei­nen Ver­trä­gen grund­sätz­lich All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen zu­grun­de legt.

OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 27.01.2023 – 26 U 29/22

Sach­ver­halt: Der Klä­ger nimmt den be­klag­ten Be­trei­ber ei­nes Au­to­hau­ses, von dem er be­reits – je­weils un­ter Aus­schluss der Haf­tung für Sach­män­gel – zwei Fahr­zeu­ge er­wor­ben hat, auf Rück­ab­wick­lung ei­nes Pkw-Kauf­ver­trags in An­spruch.

Das Fahr­zeug, das Ge­gen­stand des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags ist, er­warb der Klä­ger als Ge­schäfts­füh­rer ei­ner Ge­sell­schaft mit be­schränk­ter Haf­tung (GmbH) für 14.000 € von dem Be­klag­ten. Über den Kauf­preis er­hielt der Klä­ger ei­ne „Rech­nung“, in der es heißt, die Lie­fe­rung des Pkw er­fol­ge aus­schließ­lich zu den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen (AGB) der Be­klag­ten.

Die­se All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen lau­ten aus­zugs­wei­se wie folgt:

„VI. Sach­man­gel

1. …Ist der Käu­fer ei­ne ju­ris­ti­sche Per­son des öf­fent­li­chen Rechts, ein öf­fent­lich-recht­li­ches Son­der­ver­mö­gen oder ein Un­ter­neh­mer, der bei Ab­schluss des Ver­tra­ges in Aus­übung sei­ner ge­werb­li­chen oder selbst­stän­di­gen be­ruf­li­chen Tä­tig­keit han­delt, er­folgt der Ver­kauf un­ter Aus­schluss jeg­li­cher Sach­män­gel­an­sprü­che. Wei­ter­ge­hen­de An­sprü­che blei­ben un­be­rührt, … ins­be­son­de­re im Fal­le der Über­nah­me ei­ner Ga­ran­tie.“

Un­mit­tel­bar nach der Über­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw an den Klä­ger zeig­te sich ein Man­gel in Ge­stalt des Auf­leuch­tens der Mo­tor­kon­troll­leuch­te. Das Fahr­zeug wur­de des­halb zum Au­to­haus des Be­klag­ten zu­rück­ge­bracht; was da­nach ge­schah, ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig. Je­den­falls be­fand sich der Pkw noch zwei wei­te­re Ma­le in ei­ner Werk­statt. Der dem Auf­leuch­ten der Mo­tor­kon­troll­leuch­te zu­grun­de lie­gen­de Man­gel wur­de bis­lang nicht be­sei­tigt.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben wur­de der Be­klag­te un­ter Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung des Fahr­zeugs und zu des­sen Her­aus­ga­be an den Klä­ger auf­ge­for­dert. Auf die­se Auf­for­de­rung re­agier­te der Be­klag­te nicht. Der Klä­ger er­klär­te dar­auf­hin den Rück­tritt von dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag.

Er be­haup­tet, der Be­klag­te ha­be sich im Rah­men sei­ner ge­setz­li­chen Ge­währ­leis­tung, je­den­falls aber auf der Grund­la­ge ei­ner Ga­ran­tie um die Re­pa­ra­tur des Fahr­zeu­ges ge­küm­mert. Ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss sei nicht ver­ein­bart wor­den. Je­den­falls aber ha­be der Be­klag­te be­züg­lich des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ei­ne Ga­ran­tie über­nom­men.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger er­rei­chen wol­len, dass ihm der Be­klag­te, Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw, den Kauf­preis in Hö­he von 14.000 € nebst Zin­sen er­stat­ten muss. Au­ßer­dem hat er von dem Be­klag­ten den Er­satz vor­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 1.134,55 € ver­langt.

Der Be­klag­te ist dem mit der Be­haup­tung ent­ge­gen­ge­tre­ten, er ha­be le­dig­lich aus Ku­lanz den Klä­ger bei der Re­pa­ra­tur sei­nes Fahr­zeugs un­ter­stützt und ihm ei­ne Werk­statt ver­mit­telt.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen (LG Gie­ßen, Urt. v. 14.04.2022 – 5 O 425/21). In dem zwi­schen der Ge­sell­schaft, de­ren Ge­schäfts­füh­rer der Klä­ger sei, und dem Be­klag­ten münd­lich ge­schlos­se­nen Kfz-Kauf­ver­trag sei die Haf­tung des Be­klag­ten für Sach­män­gel des Fahr­zeugs wirk­sam aus­ge­schlos­sen wor­den.

Nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen ha­be der Be­klag­te als Ver­käu­fer dar­le­gen und be­wei­sen müs­sen, dass sei­ne Haf­tung für Män­gel des Pkw – wie er gel­tend ma­che – ver­trag­lich aus­ge­schlos­sen oder be­schränkt wor­den sei. Die­ser Be­weis sei ihm ge­lun­gen, zu­mal es im un­ter­neh­me­ri­schen Ge­schäfts­ver­kehr gän­gi­ge Pra­xis sei, um­fas­sen­de Haf­tungs­aus­schlüs­se zu ver­ein­ba­ren. Des­sen sei sich auch der Klä­ger of­fen­sicht­lich be­wusst ge­we­sen, wie schon sein Vor­trag be­le­ge, dass er un­be­dingt ei­ne „Ga­ran­tie“ be­züg­lich des Fahr­zeugs hät­ten ha­ben wol­len. Denn ei­ner Ga­ran­tie hät­te es nicht be­durft, wenn kein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ver­ein­bart wor­den wä­re. Hin­zu kom­me, dass der Klä­ger be­reits zu­vor Fahr­zeu­ge von dem Be­klag­ten un­ter Aus­schluss der Ge­währ­leis­tung er­wor­ben ha­be, ihm al­so be­kannt ge­we­sen sei, dass (auch) der Be­klag­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schlüs­se zu ver­ein­ba­ren pfle­ge. Dass dies der Er­war­tungs­ho­ri­zont des Klä­gers ge­we­sen sein müs­se, wer­de zu­dem durch die Aus­sa­ge sei­nes Sohns und des Zeu­gen Z ge­stützt. Der Sohn des Klä­gers ha­be be­stä­tigt, dass es sei­nem Va­ter und ihm ent­schei­dend dar­auf an­ge­kom­men sei, ei­ne Ga­ran­tie­zu­sa­ge des Be­klag­ten zu er­hal­ten. Denn es sei fest­ge­stellt wor­den, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug Kühl­flüs­sig­keit ver­lie­re, und des­halb ha­be man die Sor­ge ge­habt, dass et­was „ka­putt­ge­hen“ könn­te. Auch der Zeu­ge Z ha­be dem Klä­ger die enor­me Wich­tig­keit ei­ner Ga­ran­tie­ver­ein­ba­rung ver­deut­licht. Dies sei aber nur un­ter der Prä­mis­se ver­ständ­lich und nach­voll­zieh­bar, dass al­le Be­tei­lig­ten da­von aus­ge­gan­gen sei­en, dass der Be­klag­te oh­ne ei­ne Ga­ran­tie­ver­ein­ba­rung ge­ra­de nicht für Män­gel des Pkw haf­te.

Da die Par­tei­en ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ver­ein­bart hät­ten, müs­se der Klä­ger als Käu­fer dar­le­gen und be­wei­sen, dass sich der Be­klag­te ge­mäß § 444 BGB nicht auf den Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen dür­fe, weil ihm in Be­zug auf den kon­kre­ten Man­gel Arg­list an­zu­las­ten sei (Fall 1 BGB) oder er ei­ne Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit der Pkw über­nom­men ha­be, die mit dem gel­tend ge­mach­ten Man­gel kol­li­die­re (Fall 2).

Ei­ne Arg­list des Be­klag­ten sei schon des­halb aus­ge­schlos­sen, weil der Klä­ger das hier im Raum ste­hen­de Grund­sym­ptom „Kühl­mit­tel­ver­lust“ ge­kannt ha­be. Dies­be­züg­lich ha­be ihn der Be­klag­te des­halb nicht täu­schen kön­nen.

Es sei dem Klä­ger aber auch nicht ge­lun­gen zu be­wei­sen, dass der Be­klag­te ei­ne Ga­ran­tie für die Be­schaf­fen­heit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw über­nom­men ha­be. Zwar sei die Kam­mer da­von über­zeugt, dass es dem Klä­ger maß­geb­lich dar­auf an­ge­kom­men sei, dass der Be­klag­te ei­ne Ga­ran­tie über­neh­me; ge­kom­men sei es da­zu aber nicht. Für ei­ne Ga­ran­tie­über­nah­me be­dür­fe es grund­sätz­lich ei­ner ent­spre­chen­den ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung zwi­schen dem Ga­ran­tie­ge­ber und dem Ga­ran­ti­en­eh­mer. Da­bei müs­se we­der das Wort „Ga­ran­tie“ aus­drück­lich ge­nannt noch ei­ne be­stimm­te Form ein­ge­hal­ten wer­den. Viel­mehr kön­ne ei­ne Ga­ran­tie auch still­schwei­gend über­nom­men wer­den. Bei der An­nah­me, ei­ne Ga­ran­tie sei still­schwei­gend über­nom­men wor­den, sei je­doch we­gen der da­mit ver­bun­de­nen Rechts­fol­ge ei­ner ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­gen Haf­tung Zu­rück­hal­tung ge­bo­ten. Al­lein der Um­stand, dass der Käu­fer ei­ne Ga­ran­tie wün­sche, ge­stat­te selbst dann nicht den Schluss, der Ver­käu­fer ha­be ei­ne sol­che auch über­nom­men, wenn der Käu­fer dies zur Be­din­gung für den Ab­schluss des Kauf­ver­trags ge­macht ha­be. Not­wen­dig sei viel­mehr, dass sich die Par­tei­en über die we­sent­li­chen As­pek­te (es­sen­ti­alia ne­go­tii) der Ga­ran­tie – na­ment­lich über ih­re sach­li­che und zeit­li­che Reich­wei­te – ei­nig sei­en. Dar­an feh­le es hier.

Für das Ge­richt ste­he fest, dass auf­grund des aus­drück­li­chen Wunschs des Klä­gers über die Mög­lich­keit, dass die Be­klag­te ei­ne Be­schaf­fen­heits­ga­ran­tie über­neh­me, ge­spro­chen wor­den sei. Je­doch sei über die we­sent­li­chen As­pek­te im Zu­sam­men­hang mit ei­ner Ga­ran­tie nicht ge­spro­chen wor­den. Na­ment­lich sei kei­ne Ei­ni­gung dar­über er­zielt wor­den, was von der Ga­ran­tie er­fasst sein sol­le und wie lan­ge die Ga­ran­tie gel­ten sol­le. Der Klä­ger ha­be im Rah­men sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung selbst an­ge­ge­ben, dass man über die Dau­er der Ga­ran­tie nicht ge­spro­chen ha­be. Der Zeu­ge Z ha­be zwar an­ge­ge­ben, dass man über die Dau­er der Ga­ran­tie ge­spro­chen ha­be; ob man in­so­weit zu ei­ner Ei­ni­gung ge­langt sei, ha­be er aber nicht sa­gen kön­nen. Aus An­ga­ben, die der Zeu­ge Z zur sach­li­chen Reich­wei­te der be­haup­te­ten Ga­ran­tie ge­macht hat, sei nichts für den Klä­ger her­zu­lei­ten. Zu­nächst ha­be der Zeu­ge aus­ge­sagt, die Ga­ran­tie ha­be sich auf al­le Tei­le mit Aus­nah­me von Ver­schleiß­tei­len er­stre­cken sol­len. Kurz dar­auf ha­be er je­doch an­ge­ge­ben, dass die Ga­ran­tie (nur) den Mo­tor­be­reich ha­be er­fas­sen sol­len. Die­se im De­tail wi­der­sprüch­li­chen An­ga­ben be­stä­tig­ten letzt­lich, dass über die De­tails der ge­wünsch­ten Ga­ran­tie nicht ge­spro­chen wor­den und erst recht kei­ne Ei­ni­gung er­zielt wor­den sei. Auch aus den sons­ti­gen Ver­trags­um­stän­den las­se sich die Reich­wei­te ei­ner (mög­li­chen) Ga­ran­tie nicht be­stim­men. Zwar sei der vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags auf­ge­tre­te­ne Grund­man­gel „lee­rer Kühl­mit­tel­be­häl­ter“ be­stimm­bar und den Par­tei­en be­kannt ge­we­sen. Es las­se sich aber den­noch nicht sa­gen, ob sich ei­ne Ga­ran­tie der Be­klag­ten nur auf die­sen Man­gel oder auch auf et­wai­ge Man­gel­fol­ge­schä­den oder so­gar auf das gan­ze Fahr­zeug hät­ten er­stre­cken sol­len.

Die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Klä­gers hat­te zum Teil Er­folg.

Aus den Grün­den: II. …1. … a) Der Klä­ger hat ge­gen den Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 13.711,84 € aus § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 326 V BGB, §§ 346 I, 348 BGB, Zug um Zug ge­gen Her­aus­ga­be und Über­eig­nung des in Re­de ste­hen­den Fahr­zeugs.

Der Klä­ger hat in dem Schrei­ben vom 19.08.2021 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt (§ 349 BGB), nach­dem er zu­vor dem Be­klag­ten mit Schrei­ben vom 11.08.2021 ei­ne an­ge­mes­se­ne (ein­wö­chi­ge) Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat­te.

Das in Re­de ste­hen­de Fahr­zeug wies min­des­tens ei­nen Man­gel i. S. von § 434 I 1 BGB auf.

Aus­weis­lich des un­strei­ti­gen Teils des Tat­be­stands des an­ge­grif­fe­nen Ur­teils wies das Fahr­zeug „un­mit­tel­bar nach Kauf und Über­nah­me durch den Klä­ger ei­nen Man­gel auf – die Warn­kon­troll­leuch­te des Mo­tors leuch­te­te“ (S. 2 des Ur­teils). Das Land­ge­richt nahm da­bei ex­pli­zit Be­zug auf das als An­la­ge K 4 vor­ge­leg­te Fo­to, das un­ter an­de­rem ei­ne Warn­mel­dung mit dem Text „Mo­tor über­hitzt – Bit­te an­hal­ten“ zeigt.

Der Tat­be­stand des Erst­ur­teils lie­fert nach § 314 Satz 1 ZPO den Be­weis für das münd­li­che Vor­brin­gen ei­ner Par­tei im erst­in­stanz­li­chen Ver­fah­ren (vgl. BGH, Urt. v. 10.11.1995 – V ZR 179/94, WM 1996, 89, 90; Urt. v. 02.02.1999 – VI ZR 25/98, BGHZ 140, 335, 339; Urt. v. 15.06.2000 – III ZR 305/98, WM 2000, 1548, 1549; Urt. v. 28.06.2005 – XI ZR 3/04, ju­ris Rn. 16). Die­se Be­weis­wir­kung er­streckt sich auch dar­auf, ob ei­ne be­stimm­te Be­haup­tung be­strit­ten ist oder nicht (vgl. BGH, Urt. v. 17.05.2000 – VII ZR 216/99, WM 2000, 1871, 1872; Urt. v. 28.06.2005 – XI ZR 3/04, ju­ris Rn. 16; OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 24.05.2016 – 8 U 159/14, ju­ris Rn. 51). Da­her ist ei­ne im Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils als un­strei­tig dar­ge­stell­te Tat­sa­che selbst dann, wenn sie in den erst­in­stanz­li­chen Schrift­sät­zen tat­säch­lich um­strit­ten war, als un­strei­tig und als für das Be­ru­fungs­ge­richt bin­dend an­zu­se­hen, wenn der Tat­be­stand nicht be­rich­tigt wor­den ist (vgl. BGH, Beschl. v. 24.06.2010 – III ZR 277/09, ju­ris Rn. 3 f.; Se­nat, Beschl. v. 26.11.2020 – 26 U 64/20, ju­ris Rn. 50; Urt. v. 10.12.2020 – 26 U 29/19, ju­ris Rn. 9; OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 24.05.2016 – 8 U 159/14, ju­ris Rn. 51; Urt. v. 05.10.2018 – 8 U 203/17, NJOZ 2019, 901 Rn. 27; OLG Braun­schweig, Urt. v. 19.05.2022 – 9 U 12/21, ju­ris Rn. 26). So liegt es hier, so­dass da­von aus­zu­ge­hen ist, dass das Fahr­zeug „un­mit­tel­bar nach Kauf und Über­nah­me durch den Klä­ger ei­nen Man­gel“ auf­wies.

Der Man­gel – die Ur­sa­che des auf­ge­tre­te­nen Man­gel­sym­ptoms (Über­hit­zen des Mo­tors) – lag auch be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs vor. Der Klä­ger hat im Rah­men sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung er­klärt, er sei am Tag nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs nach S. ge­fah­ren und be­reits nach cir­ca 40 km sei die Feh­ler­mel­dung im Dis­play des Fahr­zeugs auf­ge­tre­ten, die auf die Über­hit­zung des Mo­tors hin­ge­wie­sen ha­be (S. 2 des Pro­to­kolls der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 20.01.2022). Die­sem Vor­brin­gen ist der Be­klag­te nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten, so­dass es der er­ken­nen­de Ein­zel­rich­ter als un­strei­tig sei­ner Ent­schei­dung zu­grun­de le­gen muss (§ 525 Satz 1, § 138 III ZPO). Im Üb­ri­gen hat auch der Zeu­ge S ent­spre­chen­de Be­kun­dun­gen ge­macht (s. S. 3 f. des Pro­to­kolls der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 24.03.2022).

Bei die­ser Sach­la­ge kann, auch wenn man­gels Vor­lie­gens der Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Ver­brauchs­gü­ter­kaufs nicht die Ver­mu­tung des § 477 BGB zu­guns­ten des Klä­gers ein­greift, kein ernst­haf­ter Zwei­fel dar­an be­ste­hen, dass der Sach­man­gel – die Ur­sa­che der da­mals auf­ge­tre­te­nen Man­gel­sym­pto­me – be­reits im Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs des Fahr­zeugs vor­lag.

Der er­ken­nen­de Ein­zel­rich­ter kann auch nicht da­von aus­ge­hen, dass es sich im Streit­fall le­dig­lich um ei­nen un­er­heb­li­chen Man­gel ge­han­delt hat.

Die Be­ur­tei­lung, ob ei­ne Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB ist, er­for­dert ei­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung auf der Grund­la­ge der Um­stän­de des Ein­zel­falls (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 = NJW 2022, 463 Rn. 44). Bei be­heb­ba­ren Män­geln ist von ei­ner Ge­ring­fü­gig­keit und da­mit von ei­ner Un­er­heb­lich­keit in der Re­gel aus­zu­ge­hen, wenn die Kos­ten der Man­gel­be­sei­ti­gung im Ver­hält­nis zum Kauf­preis ge­ring­fü­gig sind, was je­den­falls re­gel­mä­ßig nicht mehr an­zu­neh­men ist, wenn der Man­gel­be­sei­ti­gungs­auf­wand ei­nen Be­trag von fünf Pro­zent des Kauf­prei­ses über­steigt (vgl. wie­der­um BGH, Urt. v. 29.09.2021 – VI­II ZR 111/20, BGHZ 231, 149 = NJW 2022, 463 Rn. 44; Grü­ne­berg/​Wei­den­kaff, BGB, 82. Aufl. [2023], § 437 Rn. 23).

Für die Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob die auf der Man­gel­haf­tig­keit des ge­lie­fer­ten Fahr­zeugs be­ru­hen­de Pflicht­ver­let­zung un­er­heb­lich ist und des­we­gen das Rück­tritts­recht des Käu­fers aus­schließt, ist auf den Zeit­punkt der Rück­tritts­er­klä­rung – hier al­so auf den 19.08.2021 – ab­zu­stel­len (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 18). Zu die­sem Zeit­punkt war die Ur­sa­che der Fehl­funk­ti­on des Mo­tors trotz meh­re­rer vor­aus­ge­gan­ge­ner Re­pa­ra­tur­ver­su­che noch nicht er­mit­telt. Ein sol­cher Be­fund ist re­gel­mä­ßig als er­heb­li­cher Man­gel ein­zu­stu­fen (vgl. BGH, Urt. v. 05.11.2008 – VI­II ZR 166/07, NJW 2009, 508 Rn. 19; Urt. v. 09.03.2011 – VI­II ZR 266/09, NJW 2011, 1664 Rn. 18); Grü­ne­berg/​Wei­den­kaff, a. a. O., § 437 Rn. nbsp23).

Im Üb­ri­gen trägt die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für, dass der Man­gel un­er­heb­lich ist, nach § 323 V 2 BGB der Schuld­ner, hier al­so der Be­klag­te als Ver­käu­fer (vgl. et­wa Münch­Komm-BGB/​Ernst, 9. Aufl. [2022], § 323 Rn. 258). Ei­nen da­hin ge­hen­den sub­stan­zi­ier­ten Vor­trag hat der Be­klag­te je­doch nicht ge­hal­ten.

An­sprü­chen des Klä­gers we­gen die­ses Man­gels steht auch nicht et­wa ein Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ent­ge­gen. Ent­ge­gen der Ein­schät­zung des Land­ge­richts steht im Streit­fall nicht fest, dass die Par­tei­en ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ver­ein­bart ha­ben.

Zwar ent­hält Zif­fer VI 1 der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen des Be­klag­ten ei­ne ent­spre­chen­de Klau­sel, so­fern der Käu­fer Un­ter­neh­mer ist. Es ist je­doch nicht zu er­ken­nen, dass die All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen des Be­klag­ten wirk­sam in den Ver­trag der Par­tei­en ein­be­zo­gen wor­den sind.

All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen, die ge­gen­über ei­nem Un­ter­neh­mer (§ 14 BGB) ver­wen­det wer­den, müs­sen zu ih­rer wirk­sa­men Ein­be­zie­hung in ei­nen Ver­trag zwar nicht den An­for­de­run­gen nach § 305 II und III BGB ge­nü­gen (§ 310 I BGB). Für ei­ne wirk­sa­me Ein­be­zie­hung von All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen im un­ter­neh­me­ri­schen Ge­schäfts­ver­kehr be­darf es gleich­wohl ei­ner rechts­ge­schäft­li­chen Ein­be­zie­hungs­ver­ein­ba­rung, die je­doch un­ter er­leich­ter­ten Vor­aus­set­zun­gen zu­stan­de kommt. So reicht für die Ein­be­zie­hung von All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ei­ne still­schwei­gend er­klär­te Wil­lens­über­ein­stim­mung zwi­schen den Ver­trags­par­tei­en oder schlüs­si­ges Ver­hal­ten aus (vgl. BGH, Urt. v. 20.03.1985 – VI­II ZR 327/83, NJW 1985, 1838, 1839; Urt. v. 12.02.1992 – VI­II ZR 84/91, NJW 1992, 1232). Ei­ne rechts­ge­schäft­li­che Ein­be­zie­hungs­ver­ein­ba­rung ist ent­behr­lich, wenn sich zwi­schen Un­ter­neh­mern ei­ne Ein­be­zie­hungs­übung im Sin­ne ei­nes Ge­schäfts­ver­bin­dungs­ge­brauchs her­aus­ge­bil­det hat (vgl. BGH, Urt. v. 12.02.1992 – VI­II ZR 84/91, NJW 1992, 1232, 1232 f.). Er­for­der­lich bleibt aber auch in­so­weit, dass der ei­ne Teil zum Aus­druck bringt, ne­ben dem in­di­vi­du­al­ver­trag­lich Ver­ein­bar­ten sol­len auch be­stimm­te All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen Ver­trags­in­halt wer­den. Blo­ße Bran­chen­üb­lich­keit der ent­spre­chen­den Klau­sel­wer­ke reicht hin­ge­gen nicht aus, zu­mal hier­aus noch nicht mit der er­for­der­li­chen Klar­heit folgt, dass der Ver­wen­der den Ver­trag aus­schließ­lich auf der Ba­sis die­ses Klau­sel­wer­kes ab­schlie­ßen will (vgl. BGH, Urt. v. 15.01.2014 – VI­II ZR 111/13, NJW 2014, 1296 Rn. 17; Be­ckOK-BGB/​Be­cker, Stand: 01.11.2022, § 305 Rn. 81). Glei­ches gilt für die schlich­te Kennt­nis der Ver­wen­der­ge­gen­sei­te, dass der Ver­wen­der sei­nen Ver­trä­gen grund­sätz­lich All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen zu­grun­de zu le­gen pflegt (vgl. Be­ckOK-BGB/​Be­cker, a. a. O., § 305 Rn. 81 m. w. Nachw.).

Der Be­klag­te hat im Streit­fall kei­ne kon­kre­te Ein­be­zie­hungs­ver­ein­ba­rung dar­ge­legt. Auch im Rah­men sei­ner in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung hat er nichts der­glei­chen an­ge­ge­ben. Eben­so we­nig kann hier von ei­ner fes­ten Ein­be­zie­hungs­übung die Re­de sein. Zum ei­nen la­gen die vor­he­ri­gen Kauf­ver­trä­ge zwi­schen den Par­tei­en fast fünf be­zie­hungs­wei­se fast sechs Jah­re zu­rück. Zum an­de­ren hat der Be­klag­te nicht vor­ge­tra­gen, dass er zum Aus­druck ge­bracht hat, dass ne­ben dem in­di­vi­du­al­ver­trag­lich Ver­ein­bar­ten auch be­stimm­te All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen Ver­trags­in­halt wer­den sol­len.

Es gibt auch kei­nen all­ge­mein­gül­ti­gen Er­fah­rungs­satz des In­halts, dass Ge­schäfts­leu­te bei ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeu­gen stets ei­nen „um­fas­sen­den Haf­tungs­aus­schluss“ ver­ein­ba­ren.

Aus dem vom Land­ge­richt fest­ge­stell­ten Ver­lan­gen des Klä­gers nach ei­ner Ga­ran­tie lässt sich im Streit­fall für die Fra­ge nach dem Vor­lie­gen ei­nes kon­klu­den­ten Ge­währ­leis­tungs­aus­schlus­ses nichts her­lei­ten, da ei­ne Ga­ran­tie (et­wa mit dem In­halt ei­ner Ver­län­ge­rung der Ge­währ­leis­tungs­fris­ten) bis­wei­len auch dann ver­ein­bart wird, wenn die Par­tei­en sich nicht auf ei­nen Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ge­ei­nigt ha­ben.

Auf der Rechts­fol­gen­sei­te muss sich der Klä­ger je­doch ge­mäß § 346 I und II 1 Nr. 1 BGB ei­nen Wert­er­satz­an­spruch des Be­klag­ten für die von ihm – dem Klä­ger – ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen an­rech­nen las­sen, da ihm die Her­aus­ga­be der Nut­zun­gen für die mit dem Fahr­zeug zu­rück­ge­leg­ten Ki­lo­me­ter nach der Na­tur der Sa­che nicht mög­lich ist.

Die von dem Klä­ger ge­zo­ge­nen Vor­tei­le schätzt der er­ken­nen­de Ein­zel­rich­ter ge­mäß § 525 Satz 1, § 287 ZPO auf 288,16 €. Die­ser Be­trag er­gibt sich, wenn man den von dem Klä­ger ge­zahl­ten Kauf­preis für das Fahr­zeug (14.000 €) durch die vor­aus­sicht­li­che Rest­lauf­leis­tung im Er­werbs­zeit­punkt (300.000 km ? 95.123 km = 204.877 km) teilt und die­sen Wert mit den ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern (99.340 km ? 95.123 km = 4.217 km) mul­ti­pli­ziert (vgl. et­wa Se­nat, Urt. v. 03.09.2020 – 26 U 59/19, ju­ris Rn. 471; Münch­Komm-BGB/Gai­er, 9. Aufl. [2022], § 346 Rn. 81 f. m. w. Nachw.). Da­her ver­bleibt zu­guns­ten des Klä­gers ein Haupt­for­de­rungs­be­trag in Hö­he von 13.711,84 €.

Der An­spruch auf Zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 04.09.2021 be­ruht auf den §§ 286 I, 288 I BGB. Da­bei kön­nen die Zin­sen dem Klä­ger im Streit­fall nur auf den zu­er­kann­ten Haupt­for­de­rungs­be­trag in Hö­he von 13.711,84 € zu­ge­spro­chen wer­den. Zwar über­stieg die zu ver­zin­sen­de Haupt­for­de­rung bei Ein­tritt des Ver­zugs den letzt­lich zu­zu­spre­chen­den Be­trag, da sich der an­zu­rech­nen­de Nut­zungs­vor­teil seit­dem er­höht hat (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 30.07.2020 – VI ZR 397/19, NJW 2020, 2806 Rn. 38; Urt. v. 26.09.2022 – VIa ZR 384/21, ju­ris Rn. 11). Da der Klä­ger je­doch kei­nen Vor­trag zu den ge­fah­re­nen Ki­lo­me­tern im Zeit­punkt des Ver­zug­s­ein­tritts ge­hal­ten hat, ver­mag der er­ken­nen­de Ein­zel­rich­ter nicht zu sa­gen, ob der Klä­ger sei­ne Ge­samt­fahr­leis­tung mit dem er­wor­be­nen Fahr­zeug im Zeit­raum zwi­schen Fahr­zeu­ger­werb und Schluss der münd­li­chen Be­ru­fungs­ver­hand­lung gleich­mä­ßig er­bracht hat. Da­her kann hier nicht von ei­ner gleich­mä­ßi­gen An­spruchs­re­du­zie­rung im Zeit­raum zwi­schen dem Ver­zug­s­ein­tritt und dem Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem er­ken­nen­den Ein­zel­rich­ter aus­ge­gan­gen wer­den (vgl. dem­ge­gen­über et­wa BGH, Urt. v. 26.09.2022 – VIa ZR 384/21, ju­ris Rn. 11; Se­nat, Urt. v. 03.09.2020 – 26 U 59/19, ju­ris Rn. 47 f.).

Der Klä­ger kann auch die Er­stat­tung der vor­ge­richt­li­chen Kos­ten in Hö­he von 1.134,55 € für die Ein­schal­tung ei­nes Rechts­an­walts be­an­spru­chen.

Zwar kann der Klä­ger die An­walts­kos­ten nicht als Ver­zugs­scha­den (§§ 280 I, II, 286 I BGB) er­setzt ver­lan­gen. Die­se Kos­ten wa­ren be­reits ent­stan­den, be­vor der Be­klag­te mit sei­ner aus den § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 326 V, §§ 346 I, 348 BGB fol­gen­den Ver­pflich­tung zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses am 19.08.2021 in Ver­zug ge­riet. Der Be­klag­te ist näm­lich erst durch das ihm am 11.08.2021 zu­ge­stell­te Schrei­ben des klä­ge­ri­schen Rechts­an­walts vom sel­ben Ta­ge mit Wir­kung zum 19.08.2021 in Ver­zug ge­setzt wor­den. Zu die­sem Zeit­punkt wa­ren die gel­tend ge­mach­ten An­walts­kos­ten je­doch be­reits ent­stan­den (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 34).

Der Klä­ger kann die An­walts­kos­ten je­doch nach den § 437 Nr. 3 Fall 1, § 280 I BGB als Scha­dens­er­satz „ne­ben der Leis­tung” er­setzt ver­lan­gen. Das Ver­schul­den des Be­klag­ten in Form des Ver­tre­ten­müs­sens der in der Lie­fe­rung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs lie­gen­den Pflicht­ver­let­zung wird ver­mu­tet (§ 280 I 2 BGB). …

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