1. Ein Kraft­fahr­zeug kommt dem Ei­gen­tü­mer nicht i. S. von § 935 I 1 BGB ab­han­den, wenn er es ei­nem ver­meint­li­chen Kauf­in­ter­es­sen­ten für ei­ne ein­stün­di­ge un­be­glei­te­te Pro­be­fahrt auf öf­fent­li­chen Stra­ßen über­lässt und das Fahr­zeug nicht durch ei­ner Be­glei­tung ver­gleich­ba­re tech­ni­sche Vor­keh­run­gen ge­si­chert ist (im An­schluss an BGH, Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, ju­ris Rn. 10).
  2. Die durch die Im­ple­men­tie­rung von SIM-Kar­ten er­öff­ne­te Mög­lich­keit, das Fahr­zeug zu or­ten, ist je­den­falls dann kei­ne ei­ner Be­glei­tung ver­gleich­ba­re tech­ni­sche Vor­rich­tung zur Si­che­rung des Fahr­zeugs, wenn nicht der Fahr­zeug­ei­gen­tü­mer selbst das Fahr­zeug or­ten kann, son­dern dies nur der Po­li­zei im Zu­sam­men­wir­ken mit dem Fahr­zeug­her­stel­ler mög­lich ist.
  3. Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für, dass der Er­wer­ber ei­nes Kraft­fahr­zeugs nicht in gu­tem Glau­ben (§ 935 II BGB) war, trifft den­je­ni­gen, der sich dar­auf be­ruft. Al­ler­dings hat der Er­wer­ber re­gel­mä­ßig ei­ne so­ge­nann­te se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last hin­sicht­lich der Vor­la­ge und Prü­fung der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief): Er muss vor­tra­gen, wann, wo und durch wen ihm die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II vor­ge­legt wur­de und dass er sie über­prüft hat. Es ist dann Sa­che des Geg­ners zu be­wei­sen, dass die­se An­ga­ben nicht zu­tref­fen.

OLG Cel­le, Ur­teil vom 12.10.2022 – 7 U 974/21

Sach­ver­halt: Die Be­klag­te, die ge­werb­lich mit Kraft­fahr­zeu­gen han­delt, über­ließ ei­nem an­geb­li­chen Kauf­in­ter­es­sen­ten am 08.09.2020 ei­nen Pkw Au­di Q5 für ei­ne ein­stün­di­ge Pro­be­fahrt. In dem Fahr­zeug be­fan­den sich zwei SIM-Kar­ten, die es der Po­li­zei grund­sätz­lich er­mög­li­chen, den Pkw mit­hil­fe der Fahr­zeug­her­stel­le­rin zu or­ten. Die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) und ein zwei­ter Fahr­zeug­schlüs­sel ver­blie­ben bei der Be­klag­ten. Der an­geb­li­che Kauf­in­ter­es­sent, der fal­sche Per­so­na­li­en an­ge­ge­ben hat­te, kehr­te mit dem Au­di Q5 nicht zu­rück.

Der Klä­ger be­haup­tet, das Fahr­zeug sei auf der In­ter­net­platt­form eBay für 32.550 € zum Kauf an­ge­bo­ten wor­den. Mit dem An­bie­ter ha­be er ein Tref­fen in ei­nem Wohn­ge­biet in H. ver­ein­bart, sei dort aber ver­kehrs­be­dingt zu spät an­ge­kom­men. Der An­bie­ter ha­be ihm dar­auf­hin te­le­fo­nisch er­klärt, dass er mitt­ler­wei­le nicht mehr in H. sei; sei­ne Ehe­frau, der das Fahr­zeug oh­ne­hin ge­hö­re, wer­de den mit dem Klä­ger ver­ein­bar­ten Ter­min wahr­neh­men. Den Per­so­nal­aus­weis ei­ner dann er­schie­ne­nen Frau ha­be er, der Klä­ger, sich vor­le­gen las­sen. Bei die­sem Aus­weis ha­be es sich – un­strei­tig – um ei­nen ech­ten Per­so­nal­aus­weis ge­han­delt, der der Per­son, für den er aus­ge­stellt wur­de, ent­wen­det wor­den sei. Die er­schie­ne­ne Frau ha­be der auf dem Licht­bild ab­ge­bil­de­ten Frau ähn­lich ge­se­hen; sie sei al­ler­dings we­ni­ger pum­me­lig ge­we­sen. Zwei­fel an der Iden­ti­tät der Frau ha­be er nicht ge­habt. Da die Aus­stat­tung des ihm, dem Klä­ger, zum Kauf an­ge­bo­te­nen Au­di Q5 nicht der bei eBay an­ge­ge­be­nen Aus­stat­tung ent­spro­chen ha­be, ha­be er sich mit der Frau be­zie­hungs­wei­se te­le­fo­nisch mit ih­rem an­geb­li­chen Ehe­mann dar­auf ge­ei­nigt, den Pkw für 31.000 € zu er­wer­ben. Die­sen Kauf­preis ha­be er bar ge­zahlt; die ihm ihm Ge­gen­zug über­ge­be­nen Fahr­zeug­pa­pie­re hät­ten auf ihn echt ge­wirkt. Ei­nen zwei­ten Fahr­zeug­schlüs­sel ha­be er nicht er­hal­ten; man ha­be ver­ein­bart, dass er die­sen nach­träg­lich per Post be­kom­me.

Die Be­klag­te hat sich zu die­sem Vor­trag mit Nicht­wis­sen er­klärt und gel­tend ge­macht, der Klä­ger ha­be er­ken­nen kön­nen, dass ihm ge­fälsch­te Fahr­zeug­pa­pie­re über­ge­ben wor­den sei­en.

Nach­dem der Au­di Q5 po­li­zei­lich in Ver­wah­rung ge­nom­men wor­den war, gab die Staats­an­walt­schaft den Pkw an die Be­klag­te her­aus. Die­se ver­äu­ßer­te das Fahr­zeug am 29.10.2020 für 35.000 € an ei­nen Drit­ten und führ­te die in dem Kauf­preis ent­hal­te­ne Um­satz­steu­er (16 %) an den Fis­kus ab.

Das Land­ge­richt hat die Be­klag­te ver­ur­teilt, an den Klä­ger 35.000 € nebst Zin­sen seit dem 16.02.2021 zu zah­len, und die Kla­ge im Üb­ri­gen ab­ge­wie­sen. Es hat ge­meint, der Klä­ger ha­be das Ei­gen­tum an dem Au­di Q5 gut­gläu­big er­langt, nach­dem die Be­klag­te den Be­sitz an dem Fahr­zeug frei­wil­lig auf­ge­ge­ben ha­be. Dass ihm ge­fälsch­te Fahr­zeug­pa­pie­re vor­ge­legt wor­den sei­en, ha­be der Klä­ger nicht er­ken­nen kön­nen. Die üb­ri­gen Um­stän­de des Er­werbs reich­ten we­der für sich ge­nom­men noch in ei­ner Ge­samt­schau aus, um dem Klä­ger gro­be Fahr­läs­sig­keit zur Last zu le­gen.

Mit ih­rer da­ge­gen ge­rich­te­ten Be­ru­fung hat die Be­klag­te gel­tend ge­macht, ein gut­gläu­bi­ger Er­werb des Ei­gen­tums an dem Pkw durch den Klä­ger schei­de schon des­halb aus, weil ihr das Fahr­zeug mit Blick auf die dar­in im­ple­men­tier­ten SIM-Kar­ten ab­han­den­ge­kom­men sei. Dar­über hin­aus ha­be der Klä­ger die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes gut­gläu­bi­gen Ei­gen­tums­er­werbs nicht be­wie­sen. Je­den­falls müs­se die von ihr ab­ge­führ­te Um­satz­steu­er vom Ver­kaufs­er­lös ab­ge­zo­gen wer­den.

Der Klä­ger hat das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ver­tei­digt und be­an­tragt, die Be­ru­fung mit der Maß­ga­be zu­rück­zu­wei­sen, dass die Be­klag­te ver­ur­teilt bleibt, an ihn 30.172,41 € nebst Zin­sen in Hö­he von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit dem 16.02.2021 zu zah­len, und die Kla­ge im Üb­ri­gen ab­ge­wie­sen wird.

Nur in die­sem Um­fang hat­te die Be­ru­fung der Be­klag­ten Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Das Land­ge­richt hat zu Recht ei­nen An­spruch des Klä­gers auf Her­aus­ga­be des Ver­äu­ße­rungs­er­lö­ses aus § 816 I 1 BGB be­jaht. Nach die­ser Vor­schrift ist ein Nicht­be­rech­tig­ter, der über ei­nen Ge­gen­stand ei­ne Ver­fü­gung trifft, die dem Be­rech­tig­ten ge­gen­über wirk­sam ist, dem Be­rech­tig­ten zur Her­aus­ga­be des durch die Ver­fü­gung Er­lang­ten ver­pflich­tet. Der An­spruch ist aber nur in Hö­he von 30.172,41 € (Kauf­preis ab­züg­lich Um­satz­steu­er) be­grün­det.

1. Der Klä­ger war in dem Zeit­punkt der Ver­äu­ße­rung des Fahr­zeugs durch die Be­klag­te des­sen Ei­gen­tü­mer und da­mit Be­rech­tig­ter. Zu­tref­fend ist das Land­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, dass der Klä­ger das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug gut­gläu­big er­wor­ben hat­te.

a) Nach § 529 I Nr. 1 ZPO hat das Be­ru­fungs­ge­richt sei­ner Ver­hand­lung und Ent­schei­dung die von dem Ge­richt des ers­ten Rechts­zu­ges fest­ge­stell­ten Tat­sa­chen zu­grun­de zu le­gen, so­weit nicht kon­kre­te An­halts­punk­te Zwei­fel an der Rich­tig­keit und Voll­stän­dig­keit der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fest­stel­lun­gen be­grün­den und des­halb ei­ne er­neu­te Fest­stel­lung ge­bie­ten (vgl. BGH, Urt. v. 16.11.2021 – VI ZR 100/20, ju­ris Rn. 15 m. w. Nachw.). Kon­kre­te An­halts­punk­te in die­sem Sin­ne sind al­le ob­jek­ti­vier­ba­ren recht­li­chen oder tat­säch­li­chen Ein­wän­de ge­gen die erst­in­stanz­li­chen Fest­stel­lun­gen. Der­ar­ti­ge kon­kre­te An­halts­punk­te kön­nen sich un­ter an­de­rem aus dem Vor­trag der Par­tei­en, vor­be­halt­lich der An­wen­dung von Präk­lu­si­ons­vor­schrif­ten auch aus dem Vor­trag der Par­tei­en in der Be­ru­fungs­in­stanz, er­ge­ben (vgl. BGH, Beschl. v. 04.09.2019 – VII ZR 69/17, ju­ris Rn. 11).

b) Hier­an ge­mes­sen be­ste­hen kei­ne Zwei­fel an der Rich­tig­keit der erst­in­stanz­li­chen Fest­stel­lun­gen.

aa) Auf­grund der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me nimmt das Land­ge­richt zu Recht an, dass sich der Klä­ger i. S. von § 929 Satz 1 BGB mit der ver­meint­li­chen Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs ge­ei­nigt hat.

(1) Nach § 286 I 1 ZPO muss der Rich­ter auf­grund der Be­weis­auf­nah­me ent­schei­den, ob er ei­ne Be­haup­tung für wahr oder nicht für wahr hält, er darf sich nicht mit ei­ner blo­ßen Wahr­schein­lich­keit be­ru­hi­gen. Da­bei hat der Tatrich­ter oh­ne Bin­dung an die Be­weis­re­geln und nur sei­nem Ge­wis­sen un­ter­wor­fen die Ent­schei­dung zu tref­fen, ob er an sich mög­li­che Zwei­fel über­win­den und sich von ei­nem be­stimm­ten Sach­ver­halt als wahr über­zeu­gen kann. Je­doch setzt das Ge­setz kei­ne von al­len Zwei­feln freie Über­zeu­gung vor­aus. Das Ge­richt darf kei­ne un­er­füll­ba­ren Be­weis­an­for­de­run­gen stel­len und kei­ne un­um­stöß­li­che Ge­wiss­heit bei der Prü­fung ver­lan­gen, ob ei­ne Be­haup­tung wahr und er­wie­sen ist. Viel­mehr darf und muss sich der Rich­ter in tat­säch­lich zwei­fel­haf­ten Fäl­len mit ei­nem für das prak­ti­sche Le­ben brauch­ba­ren Grad von Ge­wiss­heit be­gnü­gen, der den Zwei­feln Schwei­gen ge­bie­tet, oh­ne sie völ­lig aus­zu­schlie­ßen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 17.02.1970 – III ZR 139/67, BGHZ 53, 245 = ju­ris Rn. 72; Urt. v. 06.05.2015 – VI­II ZR 161/14, ju­ris Rn. 11; Urt. v. 29.07.2021 – VI ZR 1118/20, ju­ris Rn. 19 m. w. Nachw., für BGHZ vor­ge­se­hen).

(2) Das Ge­richt kann sich die Über­zeu­gung vom Vor­lie­gen be­stimm­ter Tat­sa­chen nach dem Grund­satz der frei­en Be­weis­wür­di­gung (auch) auf­grund von In­di­zi­en bil­den. Der In­di­zi­en­be­weis be­zieht sich auf Hilfs­tat­sa­chen, die erst durch ihr Zu­sam­men­wir­ken mit an­de­ren Tat­sa­chen den Schluss auf das Vor­lie­gen ei­nes Tat­be­stands­merk­mals recht­fer­ti­gen sol­len. Ein In­di­zi­en­be­weis ist über­zeu­gungs­kräf­tig, wenn an­de­re Schlüs­se aus den In­di­ztat­sa­chen ernst­lich nicht in Be­tracht kom­men (vgl. BGH, Beschl. v. 22.03.2016 – VI ZR 163/14, ju­ris Rn. 15).

(3) Die­sen Grund­sät­zen wird die Be­weis­wür­di­gung des Land­ge­richts ge­recht. Es hat nicht nur die von ihm zu Recht als glaub­haft an­ge­se­he­nen An­ga­ben des Klä­gers in der münd­li­chen Ver­hand­lung, son­dern auch die wei­te­ren Um­stän­de – ge­fälsch­te Zu­las­sungs­pa­pie­re auf ech­tem Pa­pier, ge­stoh­le­ner Per­so­nal­aus­weis – in sei­ne Über­le­gun­gen ein­be­zo­gen und hat die­se als den Vor­trag des Klä­gers stüt­zend er­ach­tet. Der Se­nat teilt die­se Be­wer­tung.

Dem Ein­wand der Be­ru­fung, das Ver­äu­ße­rungs­ge­sche­hen sei von dem Klä­ger schon nicht schlüs­sig vor­ge­tra­gen, weil er sich nach sei­nem Vor­trag mit ei­nem männ­li­chen Ver­käu­fer ge­ei­nigt ha­be, ver­mag der Se­nat nicht zu fol­gen. Nach dem in dem Tat­be­stand des land­ge­richt­li­chen Ur­teils wie­der­ge­ge­be­nen Vor­trag des Klä­gers stand auf Ver­äu­ße­rer­sei­te die ver­meint­li­che Ei­gen­tü­me­rin des Fahr­zeugs und ihr sie un­ter­stüt­zen­der Part­ner. Die als Ei­gen­tü­me­rin auf­tre­ten­de, in den ge­fälsch­ten Fahr­zeug­pa­pie­ren als Hal­te­rin ge­nann­te Frau ver­kauf­te dem Klä­ger das Fahr­zeug aus­weis­lich der Kauf­ver­trags­ur­kun­de und über­gab ihm den Fahr­zeug­schlüs­sel und da­mit den Be­sitz. Da­mit sind die Vor­aus­set­zun­gen von § 929 Satz 1 BGB dar­ge­legt. Oh­ne­hin über­sieht die Be­ru­fung, dass sich der Klä­ger in der Be­ru­fungs­er­wi­de­rung das Ur­teil des Land­ge­richts – und da­mit die ent­spre­chen­den Fest­stel­lun­gen – aus­drück­lich zu ei­gen ge­macht hat.

So­weit der Be­klag­ten­ver­tre­ter in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Se­nat die An­sicht ver­tre­ten hat, der in dem Kauf­ver­trag ver­ein­bar­te Ei­gen­tums­vor­be­halt kön­ne ei­nen Ei­gen­tums­er­werb des Klä­gers ver­hin­dert ha­ben, kommt dies hier des­halb nicht in Be­tracht, weil der Klä­ger den Kauf­preis voll­stän­dig be­zahlt hat.

bb) Der Klä­ger war bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs in gu­tem Glau­ben i. S. von § 932 I 1, II BGB.

(1) Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten be­stand ihr Ei­gen­tum nicht des­halb fort, weil ihr das Fahr­zeug ab­han­den­ge­kom­men und da­her ein gut­gläu­bi­ger Er­werb durch den Klä­ger aus­ge­schlos­sen war.

(a) Nach § 935 I 1 BGB tritt ein gut­gläu­bi­ger Er­werb auf­grund der §§ 932 bis 934 BGB nicht ein, wenn die Sa­che dem Ei­gen­tü­mer ge­stoh­len wor­den, ver­lo­ren­ge­gan­gen oder sonst ab­han­den­ge­kom­men war. Ei­ne be­weg­li­che Sa­che kommt ih­rem Ei­gen­tü­mer i. S. von § 935 I 1 BGB ab­han­den, wenn die­ser den Be­sitz an ihr un­frei­wil­lig ver­liert, wor­an es fehlt, wenn sie durch Täu­schung zu der Be­sitz­auf­ga­be be­stimmt wor­den ist (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, ju­ris Rn. 9).

(b) Der un­mit­tel­ba­re Be­sitz an ei­ner Sa­che wird ge­mäß § 854 I BGB durch die tat­säch­li­che Ge­walt über die Sa­che er­wor­ben. In wes­sen tat­säch­li­cher Herr­schafts­ge­walt sich die Sa­che be­fin­det, hängt maß­geb­lich von der Ver­kehrs­an­schau­ung ab, al­so von der zu­sam­men­fas­sen­den Wer­tung al­ler Um­stän­de des je­wei­li­gen Falls ent­spre­chend den An­schau­un­gen des täg­li­chen Le­bens (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, ju­ris Rn. 11).

Für die Be­sitz­ver­hält­nis­se an ei­nem Kraft­fahr­zeug kommt es in der Re­gel dar­auf an, wer die tat­säch­li­che Sach­herr­schaft über die Fahr­zeug­schlüs­sel aus­übt. Die Über­ga­be ei­nes Schlüs­sels be­wirkt al­ler­dings nur dann ei­nen Be­sitz­über­gang, wenn der Über­ge­ber die tat­säch­li­che Ge­walt an der Sa­che wil­lent­lich und er­kenn­bar auf­ge­ge­ben und der Emp­fän­ger des Schlüs­sels sie in glei­cher Wei­se er­langt hat. Hier­an fehlt es et­wa, wenn der Schlüs­sel zwecks blo­ßer Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs über­ge­ben wird (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, ju­ris Rn. 12).

Die Über­las­sung ei­nes Kraft­fahr­zeugs durch den Ver­käu­fer zu ei­ner un­be­glei­te­ten und auch nicht durch tech­ni­sche Vor­rich­tun­gen, die ei­ner Be­glei­tung ver­gleich­bar sind, ge­si­cher­ten Pro­be­fahrt ei­nes Kauf­in­ter­es­sen­ten auf öf­fent­li­chen Stra­ßen für ei­ne Dau­er von ei­ner Stun­de ist kei­ne Be­sitz­lo­cke­rung, son­dern führt zu ei­nem frei­wil­li­gen Be­sitz­ver­lust (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, ju­ris Rn. 10, 13).

(c) So liegt es hier. Die Be­klag­te hat dem ver­meint­li­chen Kauf­in­ter­es­sen­ten ei­nen Fahr­zeug­schlüs­sel aus­ge­hän­digt und das Fahr­zeug für ei­ne Stun­de über­las­sen. Ei­ne Be­glei­tung fand nicht statt. Die Ver­wen­dung von zwei SIM-Kar­ten ist ei­ner Be­glei­tung auch nicht ver­gleich­bar.

(aa) Ob die blo­ße Or­tungs­mög­lich­keit über­haupt ei­ner Be­glei­tung in die­sem Sin­ne ver­gleich­bar sein kann, be­darf kei­ner ab­schlie­ßen­den Ent­schei­dung. Die durch den Ein­bau von zwei SIM-Kar­ten er­öff­ne­te Über­wa­chungs­mög­lich­keit stellt je­den­falls dann kei­ne tech­ni­sche Vor­rich­tung dar, die ei­ner Be­glei­tung ver­gleich­bar wä­re, wenn die ein­ge­bau­ten SIM-Kar­ten nicht dem Ei­gen­tü­mer, son­dern nur der Po­li­zei mit Un­ter­stüt­zung der Fahr­zeug­her­stel­le­rin ei­ne Or­tung er­mög­li­chen.

(bb) In die­sem Zu­sam­men­hang er­kennt die Be­klag­te al­ler­dings rich­tig, dass für die Ver­gleich­bar­keit nicht maß­geb­lich ist, ob ei­ne Be­gleit­per­son ei­ne Ent­wen­dung des Fahr­zeugs tat­säch­lich ver­hin­dern könn­te. Ent­schei­dend ist viel­mehr, dass der In­ter­es­sent, um selbst Sach­herr­schaft zu er­lan­gen, die­je­ni­ge des Be­sit­zers bre­chen und ihn aus dem Be­sitz set­zen müss­te. Ei­ne ver­gleich­ba­re La­ge fehlt bei der blo­ßen Über­wa­chungs­mög­lich­keit mit­tels SIM-Kar­ten aber.

Das wird durch § 859 II BGB be­stä­tigt. Nach die­ser Vor­schrift darf, wenn ei­ne be­weg­li­che Sa­che dem Be­sit­zer mit­tels ver­bo­te­ner Ei­gen­macht weg­ge­nom­men wird, er sie dem auf fri­scher Tat be­trof­fe­nen oder ver­folg­ten Tä­ter mit Ge­walt wie­der ab­neh­men. Dem­entspre­chend hin­dern we­der die Be­trof­fen­heit auf fri­scher Tat noch die Ver­fol­gung des Tä­ters den Be­sitz­ver­lust. Die Nach­ei­le er­hält dem frü­he­ren Be­sit­zer le­dig­lich das Recht, sich den be­reits durch ver­bo­te­ne Ei­gen­macht ent­zo­ge­nen Be­sitz wie­der zu ver­schaf­fen (vgl. BeckOGK/​Götz,, Stand: 01.07.2022, § 859 BGB Rn. 37; Münch­Komm-BGB/​Schä­fer, 8. Aufl., § 859 Rn. 12). Dar­über geht auch die hier nur er­öff­ne­te Or­tungs­mög­lich­keit kei­nes­falls hin­aus.

Zu­dem er­laubt die hier durch die SIM-Kar­ten ge­schaf­fe­ne Über­wa­chungs­mög­lich­keit ei­ne Or­tung nur mit er­heb­li­chem zeit­li­chen Ver­zug. Die Be­klag­te muss­te sich zu­nächst an die Po­li­zei und die­se an die Fahr­zeug­her­stel­le­rin wen­den. Sie ver­weist in der Be­ru­fungs­be­grün­dung auf Blatt 26 f. der Er­mitt­lungs­ak­te, wo­nach die Po­li­zei H. sich zum Zwe­cke der Or­tung der bei­den SIM-Kar­ten am 09.09.2020 an die Her­stel­le­rin ge­wandt hat. Zwi­schen die­ser An­fra­ge und dem Ver­lust des Fahr­zeugs lag da­mit ein vol­ler Tag. Das ist, ge­mes­sen an dem Maß­stab des § 859 II BGB, nicht aus­rei­chend.

(2) Zu Recht geht das Land­ge­richt da­von aus, dass die Be­klag­te nicht be­wie­sen hat, dass der Klä­ger bei dem Er­werb des Ei­gen­tums nicht in gu­tem Glau­ben war.

(a) Der Be­sitz des Fahr­zeugs al­lein be­grün­det nicht den für den Gut­glau­bens­er­werb nach § 932 BGB er­for­der­li­chen Rechts­schein. Viel­mehr ge­hört es re­gel­mä­ßig zu den Min­des­ter­for­der­nis­sen für ei­nen gut­gläu­bi­gen Er­werb ei­nes ge­brauch­ten Kraft­fahr­zeugs, dass sich der Er­wer­ber den Kraft­fahr­zeug­brief (§ 25 IV 2 StV­ZO a.F.) be­zie­hungs­wei­se die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (§ 12 VI FZV) vor­le­gen lässt, um die Be­rech­ti­gung des Ver­äu­ße­rers zu prü­fen (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, ju­ris Rn. 29). Kommt der Er­wer­ber die­ser Ob­lie­gen­heit nach und wird ihm ein ge­fälsch­ter Kraft­fahr­zeug­brief vor­ge­legt, tref­fen ihn, so­fern er die Fäl­schung nicht er­ken­nen muss­te und für ihn auch kei­ne an­de­ren Ver­dachts­mo­men­te vor­la­gen, kei­ne wei­te­ren Nach­for­schungs­pflich­ten (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2013 – V ZR 92/12, ju­ris Rn. 14). Bei ei­ner Über­ein­stim­mung des Na­mens des Ver­äu­ße­rers mit den Ein­tra­gun­gen in den Fahr­zeug­pa­pie­ren kann der Er­wer­ber – vor­be­halt­lich an­der­wei­ti­ger An­halts­punk­te – auf die Ei­gen­tü­mer­stel­lung des Ver­äu­ße­rers ver­trau­en (vgl. BGH, Urt. v. 01.03.2013 – V ZR 92/12, ju­ris Rn. 9). Auch wenn der Ver­äu­ße­rer im Be­sitz des Fahr­zeugs und des Brie­fes ist, kann der Er­wer­ber gleich­wohl bös­gläu­big sein, wenn be­son­de­re Um­stän­de sei­nen Ver­dacht er­re­gen muss­ten und er die­se un­be­ach­tet lässt. Ei­ne all­ge­mei­ne Nach­for­schungs­pflicht des Er­wer­bers be­steht hin­ge­gen nicht (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, ju­ris Rn. 29).

(b) Die Be­weis­last da­für, dass der Er­wer­ber nicht in gu­tem Glau­ben war, trifft den frü­he­ren Ei­gen­tü­mer, der sich dar­auf be­ruft (vgl. BGH, Urt. v. 13.05.1958 – VI­II ZR 432/56, BeckRS 1958, 31196562 un­ter III; Urt. v. 05.10.1981 – VI­II ZR 235/80, ju­ris Rn. 12). Al­ler­dings trifft den Er­wer­ber, der sich auf den gut­gläu­bi­gen Er­werb be­ruft, re­gel­mä­ßig ei­ne so­ge­nann­te se­kun­dä­re Dar­le­gungs­last hin­sicht­lich der Vor­la­ge und Prü­fung der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II. Er muss al­so sei­ner­seits vor­tra­gen, wann, wo und durch wen ihm die Be­schei­ni­gung vor­ge­legt wor­den ist und dass er sie über­prüft hat. Dann muss der bis­he­ri­ge Ei­gen­tü­mer be­wei­sen, dass die­se An­ga­ben nicht zu­tref­fen (vgl. BGH, Urt. v. 23.09.2022 – V ZR 148/21, Pres­se­mit­tei­lung Nr. 138/2022 vom 23.09.2022). Erst wenn sol­che Um­stän­de fest­ste­hen, dass sich der – ei­ne Nach­for­schungs­pflicht aus­lö­sen­de – Ver­dacht auf­drängt, dass der Ver­äu­ße­rer auf un­red­li­che Wei­se in den Be­sitz des Fahr­zeu­ges ge­langt sein könn­te, muss der Er­wer­ber, um den Vor­wurf der gro­ben Fahr­läs­sig­keit aus­zu­räu­men, dar­le­gen und ge­ge­be­nen­falls be­wei­sen, dass er Nach­for­schun­gen an­ge­stellt hat, die ge­eig­net wa­ren, den Ver­dacht zu be­sei­ti­gen (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.1987 – VI­II ZR 331/86, ju­ris Rn. 21 f.).

(c) Nach die­sen Grund­sät­zen, die auch das Land­ge­richt zu­grun­de ge­legt hat, ist vor­lie­gend nicht da­von aus­zu­ge­hen, dass sich der Klä­ger nicht in gu­tem Glau­ben be­fand. Der Klä­ger hat sei­ner se­kun­dä­ren Dar­le­gungs­last ge­nügt und den Er­werbs­vor­gang im Ein­zel­nen dar­ge­legt. Be­weis zur Wi­der­le­gung die­ses Vor­trags hat die Be­klag­te nicht an­ge­bo­ten. Sie hat sich le­dig­lich mit Nicht­wis­sen er­klärt.

(aa) Der Be­klag­ten ist al­ler­dings dar­in zu­zu­stim­men, dass der von dem Klä­ger ge­schil­der­te Er­werbs­vor­gang ei­ne Rei­he von Un­stim­mig­kei­ten auf­weist, die ihm An­lass zu wei­ter­ge­hen­den Nach­for­schun­gen hät­ten ge­ben kön­nen. Das gilt na­ment­lich da­für, dass die An­schrift der Ver­käu­fe­rin in dem Per­so­nal­aus­weis von den An­schrif­ten in Kauf­ver­trag und Fahr­zeug­pa­pie­ren so­wie in dem In­se­rat ab­wich, für den Stem­pel von zwei Ge­mein­den in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I, das Feh­len des zwei­ten Fahr­zeug­schlüs­sels ei­nen Bar­kauf in ei­ner Stra­ße, die we­der der in dem In­se­rat noch der in dem Per­so­nal­aus­weis ge­nann­ten Stra­ße ent­sprach.

(bb) Die­se Um­stän­de be­grün­den je­doch kei­ne gro­be Fahr­läs­sig­keit des Klä­gers.

Es ist zu­nächst da­von aus­zu­ge­hen, dass sich die Ver­käu­fe­rin nicht nur in dem Be­sitz des Fahr­zeugs, son­dern auch der (ge­fälsch­ten) Fahr­zeug­pa­pie­re be­fand, die sie dem Klä­ger über­ge­ben hat, und die Fäl­schung von dem Klä­ger nicht durch­schaut wer­den muss­te. In­so­weit tritt der Se­nat der aus­führ­li­chen und er­schöp­fen­den Wür­di­gung des Land­ge­richts bei.

Zu Un­recht ver­misst die Be­ru­fung in die­sem Zu­sam­men­hang ei­ne Be­ur­tei­lung der Qua­li­tät der Fäl­schung durch das Land­ge­richt. Das Land­ge­richt hat viel­mehr aus­ge­führt, dass es sich um pro­fes­sio­nel­le Fäl­schun­gen ge­han­delt ha­be. Die Pa­pie­re hät­ten sich echt an­ge­fühlt und das Schrift­bild ech­ten Pa­pie­ren ent­spro­chen. Die­ser Ein­druck wer­de durch die straf­recht­li­chen Er­mitt­lun­gen be­stä­tigt, weil es sich um ech­te Blan­ko­do­ku­men­te ge­han­delt ha­be. Es ist eben­falls nicht zu be­an­stan­den, dass das Land­ge­richt die von der Be­klag­ten an­ge­führ­ten Auf­fäl­lig­kei­ten, die auf ei­ne Fäl­schung hin­deu­ten, als im Er­geb­nis nicht ge­eig­net an­ge­se­hen hat, ei­nen sich auf­drän­gen­den Ver­dacht zu be­grün­den. Es stellt rich­ti­ger­wei­se auf die kon­kre­te Si­tua­ti­on bei dem Kauf ab und misst dem Um­stand, dass es sich um ech­tes Pa­pier ge­han­delt hat, ei­ne aus­schlag­ge­ben­de Be­deu­tung zu, wäh­rend die vor­han­de­nen Feh­ler nicht so­fort ins Au­ge sprin­gen muss­ten, zu­mal das Prü­fungs­in­ter­es­se des Klä­gers der Per­son des Ver­äu­ße­rers und nicht der Aus­stel­lungs­be­hör­de galt. Die­se Ge­wich­tung des Be­weis­werts der In­di­zi­en ist nicht zu be­an­stan­den und wird von dem Se­nat ge­teilt.

(aaa) Da­bei ist zu be­den­ken, dass der Er­wer­ber bei ei­ner Über­ein­stim­mung des Na­mens des Ver­äu­ße­rers mit den Ein­tra­gun­gen in den Fahr­zeug­pa­pie­ren auf die Ei­gen­tü­mer­stel­lung des Ver­äu­ße­rers grund­sätz­lich ver­trau­en darf. Der ein­ge­tra­ge­ne Na­me stimmt aber mit dem aus dem Per­so­nal­aus­weis über­ein. So­weit (in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II) le­dig­lich der Stra­ßen­na­me ab­wei­chend von der in dem Per­so­nal­aus­weis ge­nann­ten An­schrift an­ge­ge­ben ist, hät­te die Ab­wei­chung von W…stra­ße zu W…er­stra­ße zwar auf­fal­len kön­nen, aber nicht auf­fal­len müs­sen.

(bbb) Von der Iden­ti­tät der Ver­äu­ße­rin hat sich der Klä­ger an­hand des von ihr vor­ge­leg­ten Per­so­nal­aus­wei­ses über­zeugt. Wie der Klä­ger in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Land­ge­richt be­kun­det hat, hielt er die Ver­käu­fe­rin mit dem Licht­bild auf dem Per­so­nal­aus­weis nach Ge­sicht und Haar­far­be für über­ein­stim­mend. Ei­ne Ab­wei­chung, die er dar­an fest­mach­te, dass die Frau auf dem Fo­to et­was „pum­me­li­ger“ wirk­te, und die ihn zu ei­ner Nach­fra­ge ver­an­lass­te, ist da­nach plau­si­bel da­mit er­klärt wor­den, dass das Fo­to be­reits fünf oder sechs Jah­re alt sei. Die Ab­wei­chung in der Kör­per­grö­ße sei ihm erst hin­ter­her auf­ge­fal­len, eben­so – wie sich aus der Er­mitt­lungs­ak­te der StA Pa­der­born er­gibt – die un­ter­schied­li­che Au­gen­far­be. Zu wei­ter­ge­hen­den Nach­for­schun­gen war der Klä­ger nicht ver­pflich­tet.

Konn­te der Klä­ger aber da­von aus­ge­hen, dass die Ver­äu­ße­rin in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ein­ge­tra­gen war, be­stand für ihn kein An­lass, die Iden­ti­tät des Man­nes, mit dem er te­le­fo­niert hat­te, wei­ter auf­zu­klä­ren. Er durf­te sich mit der – so­wohl von die­sem am Te­le­fon als auch der Ver­äu­ße­rin bei den Ver­hand­lun­gen ge­tä­tig­ten – An­ga­be be­ru­hi­gen, dass die­ser der (Ex-)Ehe­mann der Ver­äu­ße­rin war. Die an­geb­li­che Na­mens­ver­schie­den­heit (SR) steht dem nicht ent­ge­gen.

(ccc) Ent­ge­gen der An­sicht der Be­ru­fung löst auch ein Stra­ßen­ver­kauf als sol­cher kei­ne Nach­for­schungs­pflicht des Er­wer­bers aus (vgl. BGH, Urt. v. 18.09.2020 – V ZR 8/19, ju­ris Rn. 30). Die hier­zu er­gan­ge­ne und von der Be­ru­fung zi­tier­te Recht­spre­chung des BGH be­zieht sich auf ei­nen Kauf von ei­nem Ge­braucht­wa­gen­händ­ler, der über­dies nicht als Hal­ter im Fahr­zeug­brief ein­ge­tra­gen ist (vgl. BGH, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, ju­ris Rn. 18 f.; Urt. v. 09.10.1991 – VI­II ZR 19/91, ju­ris Rn. 14). Auf den Pri­vat­ver­kauf, bei dem der Ver­äu­ße­rer grund­sätz­lich in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ein­ge­tra­gen sein muss, lässt sich die­se Recht­spre­chung nicht über­tra­gen (vgl. OLG Braun­schweig, Urt. v. 10.11.2016 – 9 U 50/16, ju­ris Rn. 17), wes­halb es für sich un­schäd­lich ist, dass die in dem Per­so­nal­aus­weis ein­ge­tra­ge­ne An­schrift nicht mit dem Über­ga­be­ort über­ein­stimm­te, zu­mal es sich da­bei um ei­ne Par­al­lel­stra­ße zu der Wohn­an­schrift han­delt. Auch die in dem In­se­rat an­ge­ge­be­ne An­schrift in S.-H. än­dert hier­an nichts. In­so­weit hat­te be­reits der an­geb­li­che (Ex-)Part­ner der Ver­äu­ße­rin dem Klä­ger er­klärt, dass sie ein Grund­stück er­wor­ben hät­ten und um­zie­hen wür­den.

(ddd) Hin­sicht­lich der von der Be­klag­ten be­nann­ten Un­ge­reimt­hei­ten in dem Kauf­ver­trag er­schließt sich be­reits nicht, in­wie­weit sich hier­aus An­halts­punk­te für das feh­len­de Ei­gen­tum der Ver­käu­fe­rin er­ge­ben sol­len. Das gilt auch hin­sicht­lich der an­ge­ge­be­nen Adres­se. Zwar hät­te dem Klä­ger bei ei­nem Ab­gleich der An­schrift in dem Kauf­ver­trag (oder der ge­fälsch­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung) mit der auf dem Per­so­nal­aus­weis an­ge­ge­be­nen Adres­se auf­fal­len kön­nen, dass die­se nicht über­ein­stim­men. Ein mi­nu­tiö­ser Ab­gleich, der bei ei­nem Kauf un­ter Pri­va­ten auch un­üb­lich wä­re, war hier aber nicht ge­for­dert; wie be­reits aus­ge­führt, muss­te der Klä­ger kei­ne Zwei­fel an der Iden­ti­tät der Ver­käu­fe­rin ha­ben und hat­te da­her auch kei­nen An­lass, die Adress­da­ten auf dem Kauf­ver­trag ei­ner nä­he­ren Prü­fung zu un­ter­zie­hen. Glei­ches gilt für die Ab­wei­chun­gen in den Un­ter­schrif­ten. Un­voll­stän­dig­kei­ten oder un­üb­li­che Pas­sa­gen sind gänz­lich un­ge­eig­net, ei­nen Ver­dacht ge­gen die Ei­gen­tü­mer­stel­lung zu be­grün­den. Das gilt auch für et­wai­ge Ab­wei­chun­gen in der Fahr­zeug­aus­stat­tung.

(eee) Das Ver­lan­gen nach Bar­zah­lung ist im Ge­braucht­wa­gen­han­del nicht un­üb­lich (vgl. OLG Ham­burg, Urt. v. 20.02.1986 – 6 U 161/85, ju­ris Rn. 49 f.; OLG Braun­schweig, Urt. v. 10.11.2016 – 9 U 50/16, ju­ris Rn. 19). Dies muss­te hier auch des­halb kei­nen Ver­dacht er­re­gen, weil der Kauf­preis nicht of­fen­sicht­lich güns­tig war, son­dern sich in der Grö­ßen­ord­nung be­weg­te, für die auch die Be­klag­te selbst das Fahr­zeug an­ge­bo­ten und schließ­lich ver­äu­ßert hat.

(fff) Es ver­hilft der Be­klag­ten auch nicht zum Er­folg, dass der zwei­te Fahr­zeug­schlüs­sel nicht über­ge­ben wur­de, weil dies nach der Ge­samt­si­tua­ti­on plau­si­bel war. Wie der Klä­ger be­kun­det hat, war er mit sei­nem Sohn zu dem für 12.30 Uhr ver­ab­re­de­ten Tref­fen erst um 15.00 Uhr an­ge­kom­men. Der an­geb­li­che Ehe­mann der Ver­äu­ße­rin er­klär­te te­le­fo­nisch, nicht mehr vor Ort zu sein, nun­mehr wer­de sei­ne Frau kom­men, der das Fahr­zeug oh­ne­hin ge­hö­re. Da­mit gab es aus Sicht ei­nes red­li­chen Er­wer­bers ei­nen nach­voll­zieh­ba­ren Grund, war­um der zwei­te Schlüs­sel bei dem an­geb­li­chen Ehe­mann und nicht vor Ort sein konn­te.

(ggg) Schließ­lich führt auch ei­ne Ge­samt­schau al­ler Um­stän­de nicht da­zu, dass sich dem Klä­ger auf­drän­gen muss­te, der Ver­äu­ße­rin ge­hö­re das an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug nicht. Der Klä­ger hat die von ihm ge­for­der­ten Nach­for­schun­gen – Prü­fung der Über­ein­stim­mung des Ver­äu­ße­rers in den Fahr­zeug­pa­pie­ren – an­hand des Per­so­nal­aus­wei­ses vor­ge­nom­men. Da­bei muss­ten ihm kei­ne Zwei­fel kom­men. Zwar hät­te der Klä­ger stut­zig wer­den müs­sen, wenn er auf dem Fahr­zeug­schein Stem­pel von zwei un­ter­schied­li­chen Ge­mein­den be­merkt hät­te; dass er dies ge­tan ha­be, hat die Be­klag­te aber nicht ein­mal be­haup­tet. Im Ver­hält­nis hier­zu ist den wei­te­ren Ver­dachts­mo­men­ten nur ein ge­rin­ger In­di­zwert zu­zu­spre­chen, der nicht ge­nügt, um das Ver­hal­ten des Klä­gers als grob fahr­läs­sig an­zu­se­hen.

2. Über das Ei­gen­tum des Klä­gers hat die Be­klag­te als Nicht­be­rech­tig­te ver­fügt. Die­se Ver­fü­gung ist dem Klä­ger ge­gen­über wirk­sam, ent­we­der nach § 932 BGB oder auf­grund Ge­neh­mi­gung (§ 185 II Fall 1 BGB), die in dem Zah­lungs­ver­lan­gen liegt.

3. Die Be­klag­te muss al­ler­dings nur 30.172,41 € an den Klä­ger her­aus­ge­ben. Sie hat den Brut­to­kauf­preis in Hö­he von 35.000 € er­langt. In Hö­he der Um­satz­steu­er von 4.827,59 € kann sie sich auf den Weg­fall der Be­rei­che­rung be­ru­fen (§ 818 III BGB, vgl. BGH, Urt. v. 08.05.2008 – IX ZR 229/06, ju­ris Rn. 11).

4. Die Be­klag­te schul­det Zin­sen ge­mäß §§ 288 I, 286 I 2 be­zie­hungs­wei­se § 291 BGB. Zins­be­ginn ist ana­log § 187 BGB der auf die Zu­stel­lung der Kla­ge (15.02.2021) fol­gen­de Tag. …

PDF er­stel­len