1. Ein Käu­fer muss schon des­halb die Mög­lich­keit ha­ben, sei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (§ 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB) un­ab­hän­gig da­von an­hand der vor­aus­sicht­lich er­for­der­li­chen („fik­ti­ven“) Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu be­mes­sen, ob er den Man­gel be­sei­ti­gen lässt, ihm die­ser Kos­ten­auf­wand al­so tat­säch­lich ent­steht, weil er an­dern­falls – be­dingt (al­lein) durch die Pflicht­ver­let­zun­gen des Ver­käu­fers (man­gel­haf­te Lie­fe­rung, aus­ge­blie­be­ne Nach­er­fül­lung) – die Nach­tei­le und Ri­si­ken ei­ner Vor­fi­nan­zie­rung der Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu tra­gen hät­te. Denn ei­nen An­spruch auf Vor­schuss für die (be­ab­sich­tig­te) Selbst­vor­nah­me, wie er für den Be­stel­ler ei­nes Werks in § 637 III BGB vor­ge­se­hen ist, gibt es im Kauf­recht nicht.
  2. Ein An­spruch auf Be­frei­ung oder Er­satz von vor­pro­zes­su­al auf­ge­wen­de­ten Rechts­an­walts­kos­ten er­höht als Ne­ben­for­de­rung den Streit­wert nicht, so­weit er ne­ben der Haupt­for­de­rung ver­folgt wird, für de­ren au­ßer­ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung Rechts­an­walts­kos­ten an­ge­fal­len sein sol­len. So­weit die­se Haupt­for­de­rung nicht Pro­zess­ge­gen­stand ist, han­delt es sich bei dem An­spruch auf Be­frei­ung oder Zah­lung von vor­pro­zes­su­al an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten nicht um ei­ne Ne­ben­for­de­rung, weil es oh­ne Haupt­for­de­rung kei­ne Ne­ben­for­de­rung gibt.

BGH, Be­schluss vom 25.01.2022 – VI­II ZR 337/20

Sach­ver­halt: Die Par­tei­en, die durch ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen aus ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat der Eu­ro­päi­schen Uni­on re­impor­tier­ten Neu­wa­gen (im Fol­gen­den: EU-Im­port­fahr­zeug) ver­bun­den sind, strei­tet im We­sent­li­chen um den Er­satz von so­ge­nann­ten fik­ti­ven Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten.

Das EU-Im­port­fahr­zeug, ei­nen Da­cia Dok­ker SCe 100 in der Aus­stat­tungs­va­ri­an­te „Com­fort“, er­warb der Klä­ger von dem Be­klag­ten im Mai 2018 für 14.300 €. Ent­ge­gen ei­ner dem Klä­ger vor­ab zur Ver­fü­gung ge­stell­ten Fahr­zeug­be­schrei­bung, wo­nach die Se­ri­en­aus­stat­tung in der Aus­stat­tungs­va­ri­an­te „Com­fort“ un­ter an­de­rem ei­nen Tem­po­ma­ten und ei­ne Mit­tel­arm­leh­ne vor­ne um­fasst, weist das dem Klä­ger ge­lie­fer­te Fahr­zeug die­se Aus­stat­tungs­merk­ma­le nicht auf.

Auf Wunsch des Klä­gers wur­de an­stel­le ei­ner in der Ver­trags­ur­kun­de als Son­der­aus­stat­tung ge­nann­ten fes­ten An­hän­ger­kupp­lung ge­gen Zu­zah­lung von 80 € ei­ne ab­nehm­ba­re An­hän­ger­kupp­lung mon­tiert.

Mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 18.07.2018 for­der­te der Klä­ger den Be­klag­ten un­ter Frist­set­zung auf, bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Pkw ei­nen Tem­po­ma­ten und ei­ne Mit­tel­arm­leh­ne vor­ne nach­zu­rüs­ten. Dies lehn­te der Be­klag­te ab. Die Kos­ten für den – ˜bis­lang nicht er­folg­ten – Ein­bau die­ser Tei­le be­lau­fen sich un­strei­tig auf 908,10 € net­to.

Mit sei­ner Kla­ge hat der Klä­ger den Be­klag­ten auf Zah­lung von Scha­dens­er­satz in Hö­he von ins­ge­samt 1.160,64 € nebst Zin­sen in An­spruch ge­nom­men. Der Kla­ge­for­de­rung lie­gen die vor­aus­sicht­li­chen Brut­to­kos­ten für den Ein­bau ei­nes Tem­po­ma­ten und ei­ner Mit­tel­arm­leh­ne vor­ne so­wie die Kos­ten für den Ein­bau der ab­nehm­ba­ren An­hän­ger­kupp­lung zu­grun­de. In­so­weit macht der Klä­ger gel­tend, er sei über den An­fall von Zu­satz­kos­ten nicht un­ter­rich­tet wor­den. Wei­ter hat der Klä­ger auf der Grund­la­ge ei­nes Ge­gen­stands­werts von 14.300 € den Er­satz au­ßer­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 1.029,35 € ver­langt.

Das Amts­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Klä­gers hat das Land­ge­richt das erst­in­stanz­li­che Ur­teil teil­wei­se ab­ge­än­dert und den Be­klag­ten ver­ur­teilt, an den Klä­ger we­gen der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs in­fol­ge des Feh­lens ei­nes Tem­po­ma­ten und ei­ner Mit­tel­arm­leh­ne vor­ne 908,10 € net­to nebst Zin­sen zu zah­len und ihm vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ne Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 147,56 € zu er­set­zen. Von den Kos­ten des Rechts­streits hat es dem Klä­ger 14 % und dem Be­klag­ten 86 % auf­er­legt, wo­bei es den Streit­wert für das Be­ru­fungs­ver­fah­ren auf 1.160,64 € fest­ge­setzt hat. Auf die Be­schwer­de des Be­klag­ten hat das Be­ru­fungs­ge­richt mit Be­schluss vom 07.12.2020 sei­ne Streit­wert­fest­set­zung ab­ge­än­dert und den Streit­wert „für den ge­sam­ten Rechts­streit“ auf 1.988,28 € fest­ge­setzt.

Mit sei­ner vom Be­ru­fungs­ge­richt (be­schränkt) zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on hat der Be­klag­te sein auf voll­stän­di­ge Kla­ge­ab­wei­sung ge­rich­te­tes Be­geh­ren wei­ter­ver­folgt. Er hat das Rechts­mit­tel zu­rück­ge­nom­men, nach­dem der VI­II. Zi­vil­se­nat des BGH auf sei­ne Ab­sicht hin­ge­wie­sen hat­te, die Re­vi­si­on ge­mäß § 552 I ZPO als un­zu­läs­sig zu ver­wer­fen, so­weit sie nicht al­lein die Hö­he des von dem Klä­ger gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­spruchs auf Zah­lung der vor­aus­sicht­lich er­for­der­li­chen („fik­ti­ven“) Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­trifft, und sie im Üb­ri­gen durch ein­stim­mi­gen Be­schluss nach § 552a ZPO zu­rück­zu­wei­sen. Au­ßer­dem hat­te das Re­vi­si­ons­ge­richt dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Kos­ten­ent­schei­dung in dem land­ge­richt­li­chen Ur­teil da­hin ge­hend zu än­dern sein wer­de, dass der Klä­ger 55 % und der Be­klag­te 45 % der Kos­ten des Rechts­streits ers­ter und zwei­ter In­stanz tra­gen.

Aus den Grün­den: [8]    II. Die Re­vi­si­on ist un­zu­läs­sig, so­weit sie sich da­ge­gen wen­det, dass das Be­ru­fungs­ge­richt we­gen der feh­len­den Aus­stat­tung des Fahr­zeugs mit ei­nem Tem­po­ma­ten und ei­ner Mit­tel­arm­leh­ne vor­ne ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klä­gers dem Grun­de nach be­jaht, ins­be­son­de­re ei­ne Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs an­ge­nom­men hat. In­so­weit ist die Re­vi­si­on nicht statt­haft (§§ 542 I, 543 I Nr. 1 ZPO), weil sie – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on – vom Be­ru­fungs­ge­richt dies­be­züg­lich nicht zu­ge­las­sen wor­den ist. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die Zu­las­sung der Re­vi­si­on wirk­sam auf die Fra­ge der Zu­läs­sig­keit der Be­mes­sung des Scha­dens nach den er­for­der­li­chen, aber noch nicht auf­ge­wen­de­ten („fik­ti­ven“) Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten und da­mit auf die An­spruchs­hö­he be­schränkt.

[9]    1. Ei­ne sol­che Be­schrän­kung der Zu­las­sung der Re­vi­si­on muss nicht im Te­nor des Ur­teils an­ge­ord­net sein, son­dern kann sich auch aus den Ent­schei­dungs­grün­den er­ge­ben, wenn sie sich die­sen mit der er­for­der­li­chen Ein­deu­tig­keit ent­neh­men lässt. Hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Re­vi­si­on we­gen ei­ner Rechts­fra­ge zu­ge­las­sen, die nur für ei­nen ein­deu­tig ab­grenz­ba­ren Teil des Streitstoffs von Be­deu­tung ist, kann die ge­bo­te­ne Aus­le­gung der Ent­schei­dungs­grün­de er­ge­ben, dass die Zu­las­sung der Re­vi­si­on auf die­sen Teil des Streitstoffs be­schränkt ist (st. Rspr.; vgl. Se­nat, Beschl. v. 12.06.2018 – VI­II ZR 121/17, WuM 2018, 723 Rn. 5; Beschl. v. 21.08.2018 – VI­II ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 14; Beschl. v. 13.05.2020 – VI­II ZR 222/18, NJW 2020, 3258 Rn. 9; Beschl. v. 16.11.2021 – VI­II ZR 15/20 Rn. 8, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen; Beschl. v. 30.11.2021 – VI­II ZR 81/20 Rn. 7, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen). So ver­hält es sich auch hier.

[10]   Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die Re­vi­si­on im Hin­blick auf die Fra­ge zu­ge­las­sen, „ob der Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ge­mäß §§ 280, 281 I BGB an­hand der vor­aus­sicht­li­chen, aber (noch) nicht auf­ge­wen­de­ten (‚fik­ti­ven‘) Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­rech­net wer­den darf“, da der für das Werk­ver­trags­recht zu­stän­di­ge VII. Zi­vil­se­nat des BGH dies ver­neint ha­be und frag­lich sei, ob die­se Recht­spre­chung auf das Kauf­recht über­trag­bar sei. Da­durch hat das Be­ru­fungs­ge­richt die Zu­las­sung der Re­vi­si­on aus­drück­lich auf die Be­mes­sung des Scha­dens und da­mit auf die An­spruchs­hö­he be­schränkt.

[11]   2. Die­se Be­schrän­kung der Zu­las­sung der Re­vi­si­on ist auch wirk­sam. Zwar ist ei­ne Be­schrän­kung der Re­vi­si­on auf ein­zel­ne Rechts­fra­gen und An­spruchs­ele­men­te un­wirk­sam (st. Rspr.; vgl. nur Se­nat, Beschl. v. 21.08.2018 – VI­II ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 16; Beschl. v. 16.11.2021 – VI­II ZR 15/20 Rn. 10, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen; Beschl. v. 30.11.2021 – VI­II ZR 81/20 Rn. 10, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen). Das Be­ru­fungs­ge­richt hat je­doch an­er­kann­ter­ma­ßen die Mög­lich­keit, die Re­vi­si­on nur hin­sicht­lich ei­nes tat­säch­lich und recht­lich selbst­stän­di­gen und ab­trenn­ba­ren Teils des Ge­samt­streitstoffs zu­zu­las­sen, auf den auch die Par­tei selbst die Re­vi­si­on be­schrän­ken könn­te (st. Rspr.; vgl. nur Se­nat, Beschl. v. 21.08.2018 – VI­II ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 16; Beschl. v. 12.06.2018 – VI­II ZR 121/17, WuM 2018, 723 Rn. 6; Beschl. v. 16.11.2021 – VI­II ZR 15/20 Rn. 10, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen; Beschl. v. 30.11.2021 – VI­II ZR 81/20 Rn. 10, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen; je­weils m. w. Nachw.).

[12]   Die­se Vor­aus­set­zung ist hier er­füllt. Bei ei­nem nach Grund und Hö­he strei­ti­gen An­spruch kann die Zu­las­sung der Re­vi­si­on auch auf den Streit über die An­spruchs­hö­he be­schränkt wer­den (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschl. v. 22.07.2014 – VI­II ZR 334/13, ju­ris Rn. 8; Beschl. v. 13.12.2017 – VII ZR 46/17, BauR 2018, 555 Rn. 4; Beschl. v. 16.11.2021 – VI­II ZR 15/20 Rn. 11, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen; je­weils m. w. Nachw.). Denn bei der An­spruchs­hö­he han­delt es sich um ei­nen selbst­stän­di­gen Teil des Streitstoffs in dem Sin­ne, dass die­ser in tat­säch­li­cher und recht­li­cher Hin­sicht un­ab­hän­gig von dem üb­ri­gen Streitstoff – hier dem An­spruchs­grund – be­ur­teilt wer­den und auch im Fal­le ei­ner Zu­rück­wei­sung kein Wi­der­spruch zum nicht an­fecht­ba­ren Teil des Streitstoffs auf­tre­ten kann (vgl. Se­nat, Beschl. v. 12.06.2018 – VI­II ZR 121/17, WuM 2018, 723 Rn. 7; Beschl. v. 21.08.2018 – VI­II ZR 186/17, NJW-RR 2019, 130 Rn. 17; Beschl. v. 16.11.2021 – VI­II ZR 15/20 Rn. 11, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen).

[13]   III. 1. So­weit das Be­ru­fungs­ge­richt die Re­vi­si­on zu­ge­las­sen hat, liegt ein Zu­las­sungs­grund nicht (mehr) vor. Denn die Rechts­sa­che hat we­der grund­sätz­li­che Be­deu­tung noch ist ei­ner der wei­te­ren in § 543 II 1 ZPO ge­nann­ten Re­vi­si­ons­zu­las­sungs­grün­de ge­ge­ben.

[14]   Ei­ne Ent­schei­dung des Re­vi­si­ons­ge­richts ist nicht (mehr) er­for­der­lich, nach­dem der Se­nat für den Kauf be­weg­li­cher Sa­chen mit Ur­teil vom 10.11.2021 – VI­II ZR 187/20, ju­ris Rn. 94 ff., zur Ver­öf­fent­li­chung in BGHZ be­stimmt (s. auch Se­nat, Beschl. v. 16.11.2021 – VI­II ZR 15/20 Rn. 12 ff., zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen) – die – bis da­hin in der In­stanz­recht­spre­chung un­ter­schied­lich be­ant­wor­te­te und in­so­weit vom Be­ru­fungs­ge­richt in sei­nem zu­vor er­las­se­nen Ur­teil zu­tref­fend als klä­rungs­be­dürf­tig be­wer­te­te – Rechts­fra­ge da­hin ge­hend ent­schie­den hat, dass an der lang­jäh­ri­gen höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung, wo­nach der kauf­ver­trag­li­che An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (klei­ner Scha­dens­er­satz) ge­mäß § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 I BGB an­hand der so­ge­nann­ten fik­ti­ven Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­mes­sen wer­den kann (vgl. et­wa BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VI­II ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 12; Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 33) – auch nach­dem der VII. Zi­vil­se­nat des BGH sei­ne frü­he­re, da­mit über­ein­stim­men­de Recht­spre­chung für den werk­ver­trag­li­chen An­spruch auf klei­nen Scha­dens­er­satz ge­mäß § 634 Nr. 4, §§ 280 I, III, 281 I BGB in­zwi­schen auf­ge­ge­ben hat (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) –, fest­zu­hal­ten ist.

[15]   Die Mög­lich­keit, den kauf­ver­trag­li­chen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung fik­tiv an­hand der vor­aus­sicht­lich er­for­der­li­chen Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu be­mes­sen, ist dem Käu­fer schon des­halb un­ab­hän­gig da­von zu ge­wäh­ren, ob er den Man­gel be­sei­ti­gen lässt, ihm die­ser Kos­ten­auf­wand al­so tat­säch­lich ent­steht, weil er an­dern­falls – be­dingt (al­lein) durch die Pflicht­ver­let­zun­gen des Ver­käu­fers (man­gel­haf­te Lie­fe­rung so­wie aus­ge­blie­be­ne Nach­er­fül­lung) – die Nach­tei­le und Ri­si­ken ei­ner Vor­fi­nan­zie­rung für die Man­gel­be­sei­ti­gung zu tra­gen hät­te. Denn ei­nen An­spruch auf Vor­schuss für die (be­ab­sich­tig­te) Selbst­vor­nah­me, wie er für den Be­stel­ler ei­nes Werks in § 637 III BGB vor­ge­se­hen ist, gibt es im Kauf­recht nicht (vgl. BGH, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZIP 2020, 1073 Rn. 41 ff. m. w. Nachw.; Urt. v. 12.03.2021 – V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 11; Urt. v. 10.11.2021 – VI­II ZR 187/20, ju­ris Rn. 95; Beschl. v. 16.11.2021 – VI­II ZR 15/20 Rn. 14, zur Ver­öf­fent­li­chung vor­ge­se­hen).

[16]   Ent­ge­gen der An­sicht der Re­vi­si­on ist auch ei­ne Vor­la­ge an den Gro­ßen Se­nat für Zi­vil­sa­chen des BGH nach § 132 II GVG nicht ver­an­lasst, weil die Ent­schei­dung des er­ken­nen­den Se­nats nicht im Sin­ne die­ser Vor­schrift von den Ent­schei­dun­gen des VII. Zi­vil­se­nats des BGH vom 22.02.2018 (VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.) und vom 08.10.2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) ab­weicht. Denn die Än­de­rung der Recht­spre­chung des VII. Zi­vil­se­nats be­ruht al­lein auf den Be­son­der­hei­ten des Werk­ver­trags­rechts (vgl. BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 70), des­sen Rechts­ge­dan­ken auch für die Haf­tung des Ar­chi­tek­ten (bzw. In­ge­nieurs) bei im Bau­werk rea­li­sier­ten Pla­nungs- und Über­wa­chungs­feh­lern her­an­ge­zo­gen wer­den, um der ge­samt­schuld­ne­ri­schen Haf­tung von Ar­chi­tekt und Un­ter­neh­mer Rech­nung zu tra­gen (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 77). Auf an­de­re Ver­trags­ty­pen und ins­be­son­de­re auf das Kauf­recht sind die­se Er­wä­gun­gen aus den vor­ste­hen­den Grün­den nicht über­trag­bar (so auch BGH, Urt. v. 12.03.2021 – V ZR 33/19, BGHZ 229, 115 Rn. 21) und sol­len es nach An­sicht des VII. Zi­vil­se­nats auch nicht sein (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 78).

[17]   2. Die Re­vi­si­on hat – so­weit sie er­öff­net ist – auch kei­ne Aus­sicht auf Er­folg (§ 552a I ZPO). Das Be­ru­fungs­ge­richt hat – ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on – zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass der Klä­ger den von ihm gel­tend ge­mach­ten kauf­ver­trag­li­chen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (klei­ner Scha­dens­er­satz) ge­mäß § 437 Nr. 3 BGB, § 434 I BGB in der bis zum 31.12.2021 gel­ten­den Fas­sung (vgl. Art. 229 § 58 EGBGB), § 280 I, III BGB, § 281 I, II BGB an­hand der so­ge­nann­ten fik­ti­ven Man­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­mes­sen kann, de­ren Be­rech­nung von dem Be­klag­ten nicht an­ge­grif­fen wor­den ist.

[18]   3. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten des Rechts­streits ers­ter und zwei­ter In­stanz wä­re je­doch ge­mäß § 308 II ZPO – wie von der Re­vi­si­on an­ge­regt – da­hin ge­hend zu kor­ri­gie­ren, dass der Klä­ger 55 % und der Be­klag­te 45 % der Kos­ten des Rechts­streits ers­ter und zwei­ter In­stanz zu tra­gen ha­ben.

[19]   a) So­fern im Rah­men ei­nes zu­läs­si­gen Rechts­mit­tels ei­ne in­halt­li­che Über­prü­fung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils er­folgt (vgl. hier­zu BGH, Beschl. v. 27.05.2004 – VII ZR 217/02, NJW 2004, 2598 [zur Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de]), ist von dem Rechts­mit­tel­ge­richt nach § 308 II ZPO über die Kos­ten von Amts we­gen zu ent­schei­den (vgl. BAG, Urt. v. 16.10.1974 – 4 AZR 29/74, BA­GE 26, 320 un­ter VII). Die Än­de­rung der Kos­ten­ent­schei­dung kommt auch in Be­tracht, so­weit le­dig­lich ein Teil der Re­vi­si­on als un­zu­läs­sig ver­wor­fen wird (vgl. BGH, Beschl. v. 23.04.2012 – II ZR 215/10, ju­ris Rn. 2 f.) oder die Haupt­sa­che nur teil­wei­se an­ge­foch­ten wor­den ist (vgl. BGH, Urt. v. 11.06.1992 – I ZR 226/90, GRUR 1992, 625 un­ter II 3; Urt. v. 24.11.1980 – VI­II ZR 208/79, ju­ris Rn. 22; Zöl­ler/​Her­get, ZPO, 34. Aufl., § 97 Rn. 6; HK-ZPO/​Gierl, ZPO, 9. Aufl., § 99 Rn. 10; Smid/​Hart­mann, in: Wiec­zo­rek/​Schüt­ze, ZPO, 5. Aufl., § 99 Rn. 19). Das Re­vi­si­ons­ge­richt ist an ei­ner Än­de­rung der Kos­ten­ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts fer­ner nicht da­durch ge­hin­dert, dass es die Re­vi­si­on ge­gen die Sach­ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts nicht durch Ur­teil, son­dern durch Be­schluss nach § 552a ZPO zu­rück­weist (vgl. BGH, Beschl. v. 23.04.2012 – II ZR 215/10, ju­ris Rn. 5).

[20]   b) Aus­ge­hend hier­von wä­re die Kos­ten­ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts, die auf ei­ner feh­ler­haf­ten Streit­wert­fest­set­zung be­ruht und in­fol­ge­des­sen zu ei­ner un­zu­tref­fen­den Quo­tie­rung ge­langt, durch den Se­nat zu kor­ri­gie­ren.

[21]   aa) Ein ei­ne Wert­er­hö­hung aus­schlie­ßen­des Ab­hän­gig­keits­ver­hält­nis von Ne­ben­for­de­run­gen i. S. von § 4 I ZPO (§ 43 I GKG) be­steht nur, wenn und so­weit die be­tref­fen­de Haupt­for­de­rung noch Ge­gen­stand des Rechts­streits ist (vgl. BGH, Beschl. v. 27.09.2017 – VI­II ZR 100/17, ju­ris Rn. 3 m. w. Nachw.; Beschl. v. 18.06.2015 – V ZR 224/14, NJW 2015, 3173 Rn. 6). Der gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Be­frei­ung oder Zah­lung von vor­pro­zes­su­al an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten er­höht als Ne­ben­for­de­rung den Streit­wert nicht, so­weit er ne­ben der Haupt­for­de­rung ver­folgt wird, für de­ren au­ßer­ge­richt­li­che Gel­tend­ma­chung Rechts­an­walts­kos­ten an­ge­fal­len sein sol­len. So­weit die­se Haupt­for­de­rung nicht Pro­zess­ge­gen­stand ist, han­delt es sich bei dem An­spruch auf Be­frei­ung oder Zah­lung von vor­pro­zes­su­al an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten nicht um ei­ne Ne­ben­for­de­rung, weil es oh­ne Haupt­for­de­rung kei­ne Ne­ben­for­de­rung gibt (vgl. BGH, Beschl. v. 07.07.2020 – VI ZB 66/19, NJW 2020, 3174 Rn. 6; Beschl. v. 11.01.2011 – VI­II ZB 62/10, WuM 2011, 177 Rn. 5).

[22]   bb) Da­nach er­hö­hen die von dem Klä­ger gel­tend ge­mach­ten vor­pro­zes­su­al an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten den Streit­wert, so­weit ih­nen ei­ne über den im hie­si­gen Rechts­streit gel­tend ge­mach­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch in Hö­he von 1.160,64 € hin­aus­ge­hen­de Haupt­for­de­rung zu­grun­de liegt. Der Klä­ger hat die von ihm ver­lang­ten vor­pro­zes­sua­len Rechts­an­walts­kos­ten nach ei­nem Ge­gen­stands­wert von ins­ge­samt 14.300 € be­rech­net.

[23]   Da­ge­gen hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu­nächst le­dig­lich die gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­for­de­rung in Hö­he von 1.160,64 € sei­ner Streit­wert­be­rech­nung zu­grun­de ge­legt und ent­spre­chend dem Ob­sie­gen be­zie­hungs­wei­se Un­ter­lie­gen der Par­tei­en ei­ne Kos­ten­quo­te von 14 % (Klä­ger) zu 86 % (Be­klag­ter) ge­bil­det. Erst nach der Ur­teils­ver­kün­dung hat es sei­ne Streit­wer­tent­schei­dung mit Be­schluss vom 07.12.2020 ab­ge­än­dert und den streit­wert­er­hö­hen­den An­teil der vor­pro­zes­su­al an­ge­fal­le­nen Rechts­an­walts­kos­ten zu­tref­fend im We­ge der Dif­fe­renz­rech­nung (vgl. hier­zu BGH, Beschl. v. 07.07.2020 – VI ZB 66/19, NJW 2020, 3174 Rn. 7 f.) mit 827,64 € be­zif­fert. Aus­ge­hend von dem sich da­nach er­ge­ben­den Streit­wert in Hö­he von (827,64 € + 1.160,64 € =) 1.988,28 € sind ge­mäß § 92 I 1, § 97 I ZPO un­ter Zu­grun­de­le­gung des je­wei­li­gen Pro­zes­s­er­folgs dem Klä­ger 55 % und dem Be­klag­ten 45 % der Kos­ten des erst- und zweit­in­stanz­li­chen Ver­fah­rens auf­zu­er­le­gen. …

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