Der kauf­ver­trag­li­che An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (klei­ner Scha­dens­er­satz) ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB kann an­hand der vor­aus­sicht­lich er­for­der­li­chen, aber (noch) nicht auf­ge­wen­de­ten – „fik­ti­ven“ – Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­mes­sen wer­den (Ab­gren­zung zu BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1; Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53). Al­ler­dings muss die Um­satz­steu­er nur er­setzt wer­den, wenn und so­weit sie tat­säch­lich an­ge­fal­len ist.

BGH, Ur­teil vom 12.03.2021 – V ZR 33/19
(vor­an­ge­hend: BGH, Be­schluss vom 13.03.2020 – V ZR 33/19)

Sach­ver­halt: Die Klä­ger er­war­ben von dem Be­klag­ten mit no­ta­ri­el­lem Kauf­ver­trag vom 27.02.2014 un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ei­ne Ei­gen­tums­woh­nung zum Preis von 79.800 € . In dem Kauf­ver­trag heißt es in Nr. III.1:

„(Abs. 4) Der Ver­käu­fer ver­pflich­tet sich, die Fas­sa­de zur Gar­ten­sei­te und die rech­te Fas­sa­den­sei­te zum Stell­platz hin bis zum 01.04.2014 auf sei­ne Kos­ten sach- und fach­ge­recht zu iso­lie­ren und zu ver­put­zen. Für die­se Ar­bei­ten über­nimmt der Ver­käu­fer die Ge­währ­leis­tung nach den Re­geln des Werk­ver­trags­rechts des Bür­ger­li­chen Ge­setz­bu­ches.

(Abs. 5) Dem Ver­käu­fer ist be­kannt, dass es in der Ver­gan­gen­heit an der Schlaf­zim­mer­wand Feuch­tig­keit gab. Soll­te es bis zum 31.12.2015 er­neut zu ei­ner Feuch­tig­keit im Schlaf­zim­mer kom­men, ver­pflich­tet sich der Ver­käu­fer, die­se auf sei­ne ei­ge­nen Kos­ten zu be­he­ben.“

Nach Über­ga­be der Woh­nung trat En­de 2014 Feuch­tig­keit in dem Schlaf­zim­mer der Klä­ger auf, zu de­ren Be­sei­ti­gung die Klä­ger den Be­klag­ten un­ter Frist­set­zung – er­folg­los – auf­for­der­ten. Die Woh­nungs­ei­gen­tü­mer er­mäch­tig­ten die Klä­ger durch Be­schluss auch in­so­weit zur Be­he­bung der Schä­den, als das Ge­mein­schafts­ei­gen­tum be­trof­fen ist.

Mit der Kla­ge ver­lang­ten die Klä­ger von dem Be­klag­ten die Zah­lung der vor­aus­sicht­li­chen Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten in Hö­he von 12.312,90 € net­to und den Er­satz vor­ge­richt­lich ent­stan­de­ner Rechts­an­walts­kos­ten; fer­ner woll­ten sie fest­stel­len las­sen, dass der Be­klag­te wei­te­re Schä­den er­set­zen muss. Das Land­ge­richt hat den Be­klag­ten zur Zah­lung von 7.972,68 € nebst vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ver­ur­teilt und die Er­satz­pflicht für wei­te­re Schä­den fest­ge­stellt; da­bei hat es die For­de­rung, so­weit sie Schä­den am Ge­mein­schafts­ei­gen­tum be­trifft, auf den Kos­ten­an­teil der Klä­ger be­schränkt. Das Ober­lan­des­ge­richt hat die Be­ru­fung des Be­klag­ten – so­weit von In­ter­es­se – zu­rück­ge­wie­sen. Die da­ge­gen ge­rich­te­te Re­vi­si­on des Be­klag­ten, der da­mit die Ab­wei­sung der Kla­ge ins­ge­samt er­rei­chen woll­te, hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: [4]    I. Das Be­ru­fungs­ge­richt legt die in Nr. III.1 Abs. 5 des no­ta­ri­el­len Ver­trags vom 27.02.2014 ge­trof­fe­ne Re­ge­lung da­hin ge­hend aus, dass der Be­klag­te im Hin­blick auf die Be­sei­ti­gung der Feuch­tig­keits­schä­den im Schlaf­zim­mer kei­ne werk­ver­trag­li­che Her­stel­lungs­pflicht über­nom­men hat, son­dern nach den Re­geln der kauf­recht­li­chen Sach­män­gel­haf­tung haf­tet; nach dem Par­tei­wil­len ha­be der Be­klag­te das Ri­si­ko er­neut auf­tre­ten­der Feuch­tig­keit als Ver­käu­fer tra­gen sol­len. Die Ver­pflich­tung zur Be­he­bung der Feuch­tig­keit um­fas­se die Be­he­bung der Scha­den­sur­sa­che auch in­so­weit, als die­se im Ge­mein­schafts­ei­gen­tum lie­ge. Nach frucht­lo­ser Frist­set­zung sei der Be­klag­te auf­grund der fest­ge­stell­ten Feuch­tig­keits­män­gel ver­pflich­tet, Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB zu leis­ten. Die­ser An­spruch kön­ne – an­ders als im Werk­ver­trags­recht – an­hand der vor­aus­sicht­lich ent­ste­hen­den Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­mes­sen wer­den, und er set­ze nicht vor­aus, dass die Män­gel­be­sei­ti­gung be­reits durch­ge­führt sei.

[5]    II. Die­se Aus­füh­run­gen hal­ten recht­li­cher Nach­prü­fung stand.

[6]    1. Nach An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts haf­tet der Be­klag­te für die Feuch­tig­keits­schä­den in dem Schlaf­zim­mer nach den Be­stim­mun­gen des Kauf­rechts. Dies er­ge­be sich un­ter an­de­rem dar­aus, dass die Her­stel­lungs­ver­pflich­tung des Be­klag­ten im Hin­blick auf die Fas­sa­de (III.1 Abs. 4 des Ver­trags) aus­drück­lich dem Werk­ver­trags­recht un­ter­stellt wor­den sei, wäh­rend ei­ne sol­che Re­ge­lung hin­sicht­lich der Feuch­tig­keit im Schlaf­zim­mer (III.1 Abs. 5 des Ver­trags) feh­le. Die­se tatrich­ter­li­che Aus­le­gung, die re­vi­si­ons­recht­lich oh­ne­hin nur ein­ge­schränkt über­prüf­bar ist (st. Rspr., vgl. nur Se­nat, Urt. v. 16.10.2009 – V ZR 203/08, NJW 2010, 146 Rn. 10), lässt Rechts­feh­ler nicht er­ken­nen und wird auch von der Re­vi­si­on nicht be­an­stan­det; das­sel­be gilt für die An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts, wo­nach der Haf­tungs­aus­schluss nicht ein­greift.

[7]    2. In­fol­ge­des­sen ist der Be­klag­te auf­grund der fest­ge­stell­ten Feuch­tig­keits­män­gel ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB zum Scha­dens­er­satz ver­pflich­tet. Der kauf­ver­trag­li­che An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (klei­ner Scha­dens­er­satz) ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 BGB kann – wie es die Klä­ger ver­lan­gen – an­hand der vor­aus­sicht­lich er­for­der­li­chen, aber (noch) nicht auf­ge­wen­de­ten („fik­ti­ven“) Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­mes­sen wer­den.

[8]    a) Die von dem Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Be­mes­sung des kauf­ver­trag­li­chen Scha­dens­er­sat­zes statt der Leis­tung ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB ent­spricht der ge­fes­tig­ten höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung. Da­nach kann der Käu­fer im Rah­men des klei­nen Scha­dens­er­sat­zes ent­we­der Aus­gleich des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts oder Er­satz der vor­aus­sicht­lich er­for­der­li­chen Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten ver­lan­gen, wo­bei es un­er­heb­lich ist, ob der Man­gel tat­säch­lich be­sei­tigt wird. Dies ha­ben der V. und an­schlie­ßend der VI­II. Zi­vil­se­nat im We­sent­li­chen mit dem Gleich­lauf zwi­schen werk­ver­trag­li­chem und kauf­recht­li­chem Nach­er­fül­lungs­an­spruch in­fol­ge der Schuld­rechts­re­form be­grün­det; da­bei ha­ben sie sich auf die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung des VII. Zi­vil­se­nats zum Werk­ver­trags­recht in der bis zum 31.12.2001 gel­ten­den Fas­sung be­zo­gen (vgl. Se­nat, Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, BGHZ 193, 326 Rn. 31; Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 33; Urt. v. 11.12.2015 – V ZR 26/15, BauR 2016, 1035 Rn. 21; BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VI­II ZR 104/14, NJW 2015, 2244 Rn. 12).

[9]    b) Für den werk­ver­trag­li­chen An­spruch auf klei­nen Scha­dens­er­satz ge­mäß § 634 Nr. 4, §§ 280 I, III, § 281 I BGB in der seit dem 01.01.2002 gel­ten­den Fas­sung hat der VII. Zi­vil­se­nat sei­ne lang­jäh­ri­ge Recht­spre­chung, nach der der Scha­den an­hand der vor­aus­sicht­lich er­for­der­li­chen Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten be­mes­sen wer­den konn­te, al­ler­dings in­zwi­schen auf­ge­ge­ben (Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.). Wie das Be­ru­fungs­ge­richt zu­tref­fend er­kennt, lässt sich dies auf die kauf­recht­li­che Sach­män­gel­haf­tung ge­mäß § 437 Nr. 3 Fall 1, §§280 I, III, 281 I BGB nicht über­tra­gen. Ein Ab­ge­hen von der Kon­ti­nui­tät der Recht­spre­chung kann nur aus­nahms­wei­se hin­ge­nom­men wer­den, wenn deut­lich über­wie­gen­de oder so­gar schlecht­hin zwin­gen­de Grün­de da­für spre­chen (vgl. BGH, Beschl. v. 04.10.1982 – GSZ 1/82, BGHZ 85, 64, 66). Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind für die mitt­ler­wei­le lang­jäh­rig an­er­kann­te und prak­ti­zier­te kauf­recht­li­che Scha­dens­be­mes­sung zu ver­nei­nen.

[10]   aa) Dass für das Kauf­recht die weit­aus über­wie­gen­den Ar­gu­men­te für die bis­he­ri­ge Lö­sung spre­chen, hat der Se­nat be­reits in sei­nem Be­schluss vom 13.03.2020 aus­führ­lich be­grün­det (Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 33 ff.), und er hält an die­sen Er­wä­gun­gen un­ein­ge­schränkt fest.

[11]   (1) Der Scha­dens­er­satz kann an­hand der Kos­ten für die (aus­ge­blie­be­ne) Nach­lie­fe­rung oder Nach­bes­se­rung be­mes­sen wer­den, für die der Käu­fer nun­mehr selbst Sor­ge tra­gen muss. Die­se Kos­ten wer­den durch die Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu­tref­fend ab­ge­bil­det, oh­ne dass es dar­auf an­kommt, ob sie tat­säch­lich auf­ge­wen­det wer­den. Ein Er­geb­nis, wo­nach der Käu­fer ei­ner Sa­che die be­ab­sich­tig­te Män­gel­be­sei­ti­gung vor­fi­nan­zie­ren muss, wä­re nicht ver­tret­bar. Hier­zu wä­re der Käu­fer nach der kla­ren ge­setz­li­chen Re­ge­lung ge­zwun­gen, und er müss­te Nach­tei­le und Ri­si­ken der Vor­fi­nan­zie­rung tra­gen, nach­dem und weil der Ver­käu­fer die ihm ob­lie­gen­den Pflich­ten nicht er­füllt hat. Denn ein Selbst­vor­nah­me­recht mit ei­nem Vor­schuss­an­spruch, wie er in § 637 III BGB vor­ge­se­hen ist, gibt es im Kauf­recht nicht (nä­her Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 41 ff.).

[12]   (2) Das Vor­fi­nan­zie­rungs­ri­si­ko wird auch nicht da­durch kom­pen­siert, dass der Käu­fer vor Durch­füh­rung der Män­gel­be­sei­ti­gung den Aus­gleich des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts ver­lan­gen könn­te. Zwar hält es auch der VII. Zi­vil­se­nat in ge­eig­ne­ten Fäl­len nach wie vor für zu­läs­sig, den man­gel­be­ding­ten Min­der­wert an­hand der Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu schät­zen (BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 8 ff.). Im Kauf­recht ist aber kein An­lass da­für er­sicht­lich, den Käu­fer, der vol­len Er­satz sei­nes Scha­dens ver­langt, zu­nächst auf den Er­satz des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts zu be­schrän­ken und erst dann, wenn im Zu­ge der Män­gel­be­sei­ti­gung hö­he­re Kos­ten ent­ste­hen, ei­ne spä­te­re Än­de­rung der zu­nächst ge­wähl­ten Scha­dens­be­mes­sung zu­zu­las­sen. Denn der man­gel­be­ding­te Min­der­wert lässt sich – wo­von auch der VII. Zi­vil­se­nat aus­geht – nur in ge­eig­ne­ten Fäl­len an­hand der Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten schät­zen; ist er ge­rin­ger, müss­te der Käu­fer ge­ge­be­nen­falls er­heb­li­che Vor­leis­tun­gen er­brin­gen. Oh­ne­hin ist in der Sa­che für das Kauf­recht nicht er­kenn­bar, dass die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung zu un­an­ge­mes­se­nen Er­geb­nis­sen ge­führt hät­te. Auch in­so­weit nimmt der Se­nat Be­zug auf sei­ne Aus­füh­run­gen in dem Be­schluss vom 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 45 ff.

[13]   bb) Al­ler­dings muss die Um­satz­steu­er nur er­setzt wer­den, wenn und so­weit sie tat­säch­lich an­ge­fal­len ist. Dies hat der VII. Zi­vil­se­nat für das Werk­ver­trags­recht in An­leh­nung an den Rechts­ge­dan­ken des § 249 II 2 BGB be­reits im Jahr 2010 ent­schie­den (vgl. BGH, Urt. v. 22.07.2010 – VII ZR 176/09, BGHZ 186, 330 Rn. 12 ff.). Der V. Zi­vil­se­nat hat die­se Sicht­wei­se für das Kauf­recht über­nom­men (Se­nat, Urt. v. 11.12.2015 – V ZR 26/15, BauR 2016, 1035 Rn. 26; Urt. v. 09.02.2018 – V ZR 274/16, NJW 2018, 1954 Rn. 29). Da die Um­satz­steu­er ei­nen durch­lau­fen­den und ab­grenz­ba­ren Pos­ten dar­stellt, ist in die­sem Punkt der Rechts­ge­dan­ke des § 249 II 2 BGB über­trag­bar, und die Er­wä­gun­gen, die den Ge­setz­ge­ber zu der Ein­fü­gung die­ser Norm be­wo­gen ha­ben (BT-Drs. 14/7752, S. 13 f.), kön­nen her­an­ge­zo­gen wer­den; auf die­se Wei­se wird in­so­weit ein Gleich­lauf mit dem de­lik­ti­schen Rechts­schutz her­ge­stellt.

[14]   3. Ei­ne Vor­la­ge an den Gro­ßen Se­nat für Zi­vil­sa­chen ist we­der we­gen Di­ver­genz (§ 132 II GVG) noch we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung (§ 132 IV GVG) er­for­der­lich, nach­dem der VII. Zi­vil­se­nat die Be­grün­dung der Recht­spre­chungs­än­de­rung in sei­nem Be­schluss vom 08.10.2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) im Hin­blick auf die Ver­an­ke­rung im Werk- und Ar­chi­tek­ten­ver­trags­recht ver­tieft und er­gänzt hat.

[15]   a) Der V. Zi­vil­se­nat kann an der bis­he­ri­gen kauf­recht­li­chen Recht­spre­chung fest­hal­ten, oh­ne i. S. von § 132 II GVG von der mit Be­schluss vom 08.10.2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) prä­zi­sier­ten Recht­spre­chung des VII. Zi­vil­se­nats ab­zu­wei­chen.

[16]   aa) Zu sei­nem An­fra­ge­be­schluss vom 13.03.2020 hat sich der V. Zi­vil­se­nat in ers­ter Li­nie we­gen der Be­grün­dung, die der VII. Zi­vil­se­nat zu­nächst für sei­ne Recht­spre­chungs­än­de­rung ge­ge­ben hat­te, ver­an­lasst ge­se­hen (Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 10, 23). Er hat zu­gleich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass Re­ge­lun­gen des be­son­de­ren Schuld­rechts Un­ter­schie­de in der Scha­dens­be­mes­sung recht­fer­ti­gen könn­ten, weil die § 437 Nr. 3 Fall 1, § 634 Nr. 4 Fall 1 BGB je­weils nur un­ter dem Vor­be­halt, dass „nicht ein an­de­res be­stimmt ist“, auf die §§ 280, 281 BGB ver­wei­sen (Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19ZfIR 2020, 501 Rn. 26).

[17]   bb) In sei­nem Be­schluss vom 08.10.2020 (VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53) hat der VII. Zi­vil­se­nat nun­mehr ver­tie­fend er­läu­tert, dass und war­um er die Än­de­rung sei­ner Recht­spre­chung maß­geb­lich auf die Neu­ge­stal­tung der werk­ver­trag­li­chen Män­gel­rech­te durch die Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rung und ins­be­son­de­re auf die Aus­ge­stal­tung des Vor­schuss­an­spruchs stützt.

[18]   (1) Da­nach be­schränkt sich der werk­ver­trag­li­che Vor­schuss­an­spruch ge­mäß § 634 Nr. 2, § 637 III BGB nicht auf das Er­fül­lungs­sta­di­um. Er ste­he dem Be­stel­ler auch dann zu, wenn die­ser be­reits Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung ver­langt ha­be und ein An­spruch auf die Leis­tung in­fol­ge­des­sen ge­mäß § 281 IV BGB aus­ge­schlos­sen sei (Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 54 ff.). Aus dem letz­ten Halb­satz des § 637 I BGB las­se sich nichts an­de­res her­lei­ten (so be­reits BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 50 f.). Die­se zen­tra­le Prä­mis­se des VII. Zi­vil­se­nats ist spe­zi­fisch werk­ver­trag­li­cher Na­tur und fällt in des­sen al­lei­ni­gen Zu­stän­dig­keits­be­reich.

[19]   (2) Dar­über hin­aus hat der VII. Zi­vil­se­nat klar­ge­stellt, dass er im Hin­blick auf die Haf­tung des Ar­chi­tek­ten (bzw. des In­ge­nieurs) – für die er eben­falls al­lein zu­stän­dig ist – ei­nen Vor­schuss­an­spruch zwar auf den Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­mäß § 634 Nr. 4, § 280 I BGB stützt, dies aber we­gen der be­son­ders en­gen Ver­knüp­fung von Werk- und Ar­chi­tek­ten­ver­trag al­lein aus dem Rechts­ge­dan­ken des (nicht di­rekt an­wend­ba­ren) § 634 Nr. 2, § 637 III BGB ab­lei­tet, um auf die­se Wei­se der ge­samt­schuld­ne­ri­schen Haf­tung von Ar­chi­tekt und Un­ter­neh­mer Rech­nung zu tra­gen (Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 77). Ei­ne all­ge­mei­ne scha­dens­er­satz­recht­li­che Aus­sa­ge, die fol­ge­rich­tig auf an­de­re Ver­trags­ty­pen und ins­be­son­de­re auf das Kauf­recht zu über­tra­gen wä­re, soll da­mit aus­drück­lich nicht ver­bun­den sein (Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 78).

[20]   (3) Ins­ge­samt stützt sich der VII. Zi­vil­se­nat in sei­nem Be­schluss vom 08.10.2020 maß­geb­lich auf den nor­ma­ti­ven Scha­dens­be­griff; es sei stets ei­ne scha­dens­recht­li­che Wer­tung er­for­der­lich, die ne­ben den all­ge­mei­nen Grund­sät­zen auch die Be­son­der­hei­ten des je­wei­li­gen Ver­trags­typs in den Blick zu neh­men ha­be ((VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 25). Sein Kon­zept, wo­nach der Scha­dens­er­satz­an­spruch nur be­reits auf­ge­wand­te Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten um­fasst, lei­tet der VII. Zi­vil­se­nat aus der Aus­ge­stal­tung der werk­ver­trag­li­chen Män­gel­rech­te, ins­be­son­de­re des Selbst­vor­nah­me­rechts (§ 637 BGB), und nicht mehr (auch) aus ver­all­ge­mei­ne­rungs­fä­hi­gen scha­dens­recht­li­chen Über­le­gun­gen wie dem Zeit­punkt der Scha­dens­ent­ste­hung (vgl. Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 32) oder dem Her­aus­for­de­rungs­ge­dan­ken (vgl. Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 46) her.

[21]   cc) Aus­ge­hend von den ge­nann­ten – durch den V. Zi­vil­se­nat hin­zu­neh­men­den – werk­ver­trag­li­chen Prä­mis­sen be­ste­hen Un­ter­schie­de, die im Kauf­recht ei­ne an­de­re Scha­dens­be­mes­sung er­for­dern. Ein mit ei­nem Vor­schuss­an­spruch flan­kier­tes Selbst­vor­nah­me­recht gibt es – wie oben aus­ge­führt (Rn. 11) – im Kauf­recht nicht. Aus grund­sätz­li­chen Er­wä­gun­gen lässt sich ein zweck­ge­bun­de­ner und ab­zu­rech­nen­der Vor­fi­nan­zie­rungs­an­spruch auch nicht aus dem all­ge­mei­nen Scha­dens­er­satz­recht her­lei­ten. Dies stün­de näm­lich nicht nur im Wi­der­spruch zu all­ge­mei­nen Grund­sät­zen des Scha­dens­er­satz­rechts, na­ment­lich der Dis­po­si­ti­ons­frei­heit des Ge­schä­dig­ten, son­dern ver­wisch­te auch die dog­ma­ti­schen Un­ter­schie­de zwi­schen Vor­schuss- und Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen (nä­her Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 44 m. w. Nachw.). Ei­ne Aus­nah­me im Be­reich der Ar­chi­tek­ten­haf­tung lässt sich nur werk­ver­trag­lich in dem Rechts­ge­dan­ken des § 634 Nr. 2, § 637 III BGB ver­an­kern; dass der Vor­schuss­an­spruch ge­gen den Ar­chi­tek­ten in die­sen Nor­men wur­zelt, hat der VII. Zi­vil­se­nat nun­mehr klar­ge­stellt. Auf an­de­re Ver­trags­ty­pen und ins­be­son­de­re auf das Kauf­recht sind die­se Er­wä­gun­gen nicht über­trag­bar und sol­len es auch nach An­sicht des VII. Zi­vil­se­nats nicht sein. Die­ser hat für das Werk­ver­trags­recht aus­drück­lich klar­ge­stellt, dass der Be­stel­ler, so­weit er Scha­dens­er­satz ver­lan­gen kön­ne, in der Ver­wen­dung des von dem Un­ter­neh­mer ge­schul­de­ten Be­trags frei sei (Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 33 a. E.). An­ders sieht es der VII. Zi­vil­se­nat bei dem Scha­dens­er­satz­an­spruch ge­gen den Ar­chi­tek­ten nur des­halb, weil die­ser wie ein werk­ver­trag­li­cher Vor­schuss­an­spruch be­han­delt wer­den soll. Da­mit blei­ben die grund­sätz­li­chen dog­ma­ti­schen Un­ter­schie­de zwi­schen Vor­schuss- und Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen ge­wahrt.

[22]   b) Eben­so we­nig be­darf es ei­ner Vor­la­ge an den Gro­ßen Se­nat für Zi­vil­sa­chen we­gen grund­sätz­li­cher Be­deu­tung (§ 132 IV GVG).

[23]   aa) Al­ler­dings steht ei­ner Vor­la­ge we­gen Grund­satz­be­deu­tung nicht von vorn­her­ein ent­ge­gen, dass die Rechts­fra­ge ei­ner­seits das Kauf­recht, an­de­rer­seits das Werk­ver­trags­recht und da­mit un­ter­schied­li­che Nor­men be­trifft. Denn die glei­che Rechts­fra­ge kann auch dann zur Ent­schei­dung ste­hen, wenn der glei­che Rechts­grund­satz, mag er auch in meh­re­ren Ge­set­zes­be­stim­mun­gen sei­nen Nie­der­schlag ge­fun­den ha­ben, von zwei Se­na­ten un­ter­schied­lich auf­ge­fasst und ge­hand­habt wird (vgl. BGH, Beschl. v. 30.03.1953 – GSZ 1-3/53, BGHZ 9, 179, 181; Ge­mein­sa­mer Se­nat der obers­ten Ge­richts­hö­fe des Bun­des, Beschl. v. 06.02.1973 – GmS-OGB 1/72, BGHZ 60, 392, 394; BVerfG [2. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats], Beschl. v. 10.03.2009 – 2 BvR 49/09; wis­tra 2009, 307, 309). Aus die­sem Grund setzt die Zu­läs­sig­keit ei­ner Vor­la­ge ge­mäß § 132 IV GVG (im Un­ter­schied zu ei­ner Di­ver­genz­vor­la­ge ge­mäß § 132 II GVG) rich­ti­ger­wei­se auch nicht die Er­geb­nis­re­le­vanz im kon­kre­ten Ein­zel­fall vor­aus (ein­ge­hend Groß/​Pamp, ZZP 113 (2000), 467, 473 ff. m. w. Nachw.). Ei­ne Grund­satz­be­deu­tung kam schon des­halb ernst­haft in Be­tracht, weil die zu­nächst ge­ge­be­ne Be­grün­dung des VII. Zi­vil­se­nats für die Recht­spre­chungs­än­de­rung ei­ne brei­te Dis­kus­si­on in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur zu de­ren Über­trag­bar­keit auf an­de­re Ver­trags­ty­pen des be­son­de­ren Schuld­rechts an­ge­sto­ßen hat (nä­her Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 28 m. w. Nachw.; aus jüngs­ter Zeit LG Nürn­berg-Fürth, Urt. v. 08.07.2019 – 6 O 7787/18, NJW 2020, 251, 252; Riehm, NJW 2021, 27 f.). Zu­dem war ein stär­ke­rer Gleich­lauf von Kauf- und Werk­ver­trags­recht er­klär­tes Ziel der Schuld­rechts­re­form (nä­her Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 25 m. w. Nachw.).

[24]   bb) Die­se As­pek­te füh­ren im Er­geb­nis nicht da­zu, dass den maß­geb­li­chen Rechts­fra­gen grund­sätz­li­che Be­deu­tung zu­kommt.

[25]   (1) Die von dem VII. Zi­vil­se­nat vor­ge­nom­me­ne Be­mes­sung des klei­nen Scha­dens­er­sat­zes statt der Leis­tung ist an­ge­sichts der prä­zi­sier­ten und kla­rer kon­tu­rier­ten werk­ver­trag­li­chen Ver­an­ke­rung nicht auf an­de­re Ver­trags­ty­pen des be­son­de­ren Schuld­rechts über­trag­bar. Ins­be­son­de­re ist für die Rechts­pra­xis nun­mehr ein­deu­tig ge­klärt, dass die Recht­spre­chung des VII. Zi­vil­se­nats dog­ma­tisch nicht im all­ge­mei­nen Leis­tungs­stö­rungs­recht (§§ 280 I, III, 281 BGB), son­dern im be­son­de­ren Schuld­recht zu ver­or­ten ist; das be­son­de­re Schuld­recht ist den für den je­wei­li­gen Ver­trags­typ zu­stän­di­gen Se­na­ten des BGH in al­lei­ni­ger Ver­ant­wor­tung zu­ge­wie­sen.

[26]   (2) Eben­so we­nig be­grün­det der feh­len­de Gleich­lauf zwi­schen Werk- und Kauf­ver­trags­recht die Grund­satz­be­deu­tung. Al­ler­dings kann ei­ne un­ter­schied­li­che Scha­dens­be­mes­sung ge­ra­de in Grenz­be­rei­chen zwi­schen Werk- und Kauf­ver­trags­recht, et­wa bei dem Er­werb re­la­tiv neu­er Im­mo­bi­li­en oder bei Werk­lie­fe­rungs­ver­trä­gen (§ 650 BGB), zu miss­li­chen Ab­gren­zungs­schwie­rig­kei­ten füh­ren (vgl. hier­zu Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 27). Ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von Kauf- und Werk­ver­trags­recht er­for­dert da­her zu­min­dest trif­ti­ge Grün­de. Sol­che Grün­de lie­gen vor. Denn der VII. Zi­vil­se­nat hat sein zen­tra­les Ar­gu­ment, wo­nach die Scha­dens­be­mes­sung an­hand noch nicht auf­ge­wand­ter Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten im Werk­ver­trags­recht zu ei­ner er­heb­li­chen und mit dem Be­rei­che­rungs­ver­bot un­ver­ein­ba­ren Über­kom­pen­sa­ti­on füh­ren kön­ne, nä­her be­grün­det und nach­voll­zieh­bar er­läu­tert, und sei­ne Er­wä­gun­gen sind auf das Kauf­recht nicht über­trag­bar. Die durch den V. Zi­vil­se­nat in­so­weit er­ho­be­nen Be­den­ken (Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 27) sind da­mit aus­ge­räumt.

[27]   (a) Der VII. Zi­vil­se­nat hat her­aus­ge­ar­bei­tet, dass in­di­vi­du­el­le Leis­tungs­be­schrei­bun­gen für das Werk­ver­trags­recht weit­aus grö­ße­re Be­deu­tung ha­ben als für das Kauf­recht. In­fol­ge­des­sen kom­me es bei Ab­wei­chun­gen von der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit häu­fig zu Sach­män­geln, mit de­nen der Be­stel­ler „le­ben“ kön­ne. Da­durch ent­ste­he ein (Fehl-)An­reiz, die ge­ge­be­nen­falls ho­hen Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu ver­ein­nah­men und von der Be­sei­ti­gung ab­zu­se­hen (ein­ge­hend BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 41–53). Ge­stei­gert wer­de die­se Pro­ble­ma­tik durch die Reich­wei­te des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs. Da die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Nach­er­fül­lung ge­mäß § 635 III BGB nur in sel­te­nen Aus­nah­me­fäl­len an­ge­nom­men wer­de, tref­fe den Un­ter­neh­mer ei­ne na­he­zu un­be­grenz­te Nach­er­fül­lungs­pflicht (nä­her BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 64–66; zu die­sem As­pekt be­reits BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 71).

[28]   (b) Die Aus­gangs­la­ge im Kauf­recht ist grund­le­gend an­ders. Na­ment­lich beim Kauf ge­brauch­ter Im­mo­bi­li­en, der ei­ne be­son­de­re Nä­he zum Bau­recht auf­weist, stel­len die­je­ni­gen Män­gel, mit de­nen der Käu­fer „le­ben“ kann, je­den­falls nicht die Re­gel dar. Da ein mit ei­nem Be­stands­ge­bäu­de be­bau­tes Grund­stück re­gel­mä­ßig in dem vor­han­de­nen Zu­stand ver­kauft wird, spie­len in­di­vi­du­el­le Leis­tungs­be­schrei­bun­gen ei­ne weit­aus ge­rin­ge­re Rol­le als bei ei­nem zu er­rich­ten­den Ge­bäu­de. Selbst ob­jek­tiv nach­tei­li­ge Ei­gen­schaf­ten ei­ner ge­brauch­ten Im­mo­bi­lie be­grün­den nicht oh­ne Wei­te­res ei­nen Sach­man­gel, so­fern sie bau­zeit­ty­pisch sind (vgl. Se­nat, Beschl. v. 10.10.2019 – V ZR 4/19, NJW-RR 2020, 121 Rn. 14; nä­her Krü­ger, ZNotP 2010, 42 ff.). Zu­dem haf­tet der Ver­käu­fer we­gen des in der Pra­xis üb­li­chen Haf­tungs­aus­schlus­ses vor­nehm­lich dann, wenn er ei­nen Sach­man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat (§ 444 Fall 1 BGB). Aus die­sen Grün­den kommt prak­ti­sche Be­deu­tung nach der Er­fah­rung des V. Zi­vil­se­nats vor al­lem sol­chen Sach­män­geln zu, die die Eig­nung der Kauf­sa­che für die nach dem Ver­trag vor­aus­ge­setz­te oder die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung in­fra­ge stel­len (§ 434 I 2 BGB), wie et­wa Feuch­tig­keit, Schad­stoff­be­las­tung, Schäd­lings­be­fall oder auch ei­ne feh­len­de Bau­ge­neh­mi­gung. Das sind re­gel­mä­ßig Män­gel, mit de­nen der Im­mo­bi­li­en­käu­fer nicht oder je­den­falls deut­lich schlech­ter „le­ben“ kann als mit der man­gel­frei­en Im­mo­bi­lie und die durch die Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten meist an­ge­mes­sen ab­ge­bil­det wer­den. Ge­ra­de in­so­weit sind die Un­ter­schie­de zum Bau­recht des­halb ge­ring, weil der VII. Zi­vil­se­nat, wie er aus­drück­lich klar­ge­stellt hat, in Fall­ge­stal­tun­gen die­ser Art die Schät­zung des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts an­hand der Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten wei­ter­hin für zu­läs­sig hält (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 81; Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 27 und 30, und da­zu Se­nat, Beschl. v. 13.03.2020 – V ZR 33/19, ZfIR 2020, 501 Rn. 53). In­fol­ge­des­sen müs­sen in sol­chen Fäl­len – je­den­falls im Er­geb­nis – die noch nicht an­ge­fal­le­nen Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten un­ab­hän­gig von der Rechts­na­tur des Ver­trags er­setzt wer­den.

[29]   (c) Da­ne­ben gibt es aber auch beim Kauf be­weg­li­cher oder un­be­weg­li­cher Sa­chen nicht sel­ten Fall­ge­stal­tun­gen, in de­nen die Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten den man­gel­be­ding­ten Min­der­wert nicht zu­tref­fend ab­bil­den, son­dern die­sen er­heb­lich über­schrei­ten. Vor­nehm­lich in sol­chen Fäl­len wirkt sich die Ein­ord­nung des Ver­trags in das Kauf- oder in das Werk­ver­trags­recht künf­tig auf die Er­satz­fä­hig­keit noch nicht an­ge­fal­le­ner Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten aus. Da­für gibt es aber trif­ti­ge Grün­de. Der Käu­fer kann den Er­satz der vor­aus­sicht­lich ent­ste­hen­den Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten, wie be­reits aus­ge­führt, schon des­halb ver­lan­gen, weil ihm die Vor­fi­nan­zie­rung der Män­gel­be­sei­ti­gung nicht zu­zu­mu­ten wä­re (vgl. Rn. 11). Dar­über hin­aus wird ei­ner un­an­ge­mes­se­nen Über­kom­pen­sa­ti­on im Kauf­recht durch die Be­gren­zung des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs ent­ge­gen­ge­wirkt. Aus der Reich­wei­te des je­wei­li­gen Nach­er­fül­lungs­an­spruchs in § 439 BGB und in § 635 BGB er­ge­ben sich – wie der VII. Zi­vil­se­nat zu­tref­fend dar­legt (vgl. BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 63 ff.) – ent­schei­den­de Un­ter­schie­de zwi­schen Kauf- und Werk­ver­trags­recht, die ei­nem Gleich­lauf bei­der Rechts­ge­bie­te ge­ra­de bei ei­nem Aus­ein­an­der­fal­len von Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten und man­gel­be­ding­tem Min­der­wert oh­ne­hin ent­ge­gen­ste­hen.

[30]   (aa) Für das Kauf­recht hat der V. Zi­vil­se­nat den Nach­er­fül­lungs­an­spruch be­grenzt, in­dem er aus § 439 IV 2 BGB Vor­ga­ben für die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Nach­er­fül­lung ab­ge­lei­tet hat (vgl. Se­nat, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 41 ff.). Die­se Be­gren­zung wirkt sich un­mit­tel­bar auf die Hö­he des nach­fol­gen­den Scha­dens­er­satz­an­spruchs aus und ver­hin­dert ei­ne Über­kom­pen­sa­ti­on des Käu­fers. Kann näm­lich der Ver­käu­fer die Nach­er­fül­lung ver­wei­gern, weil sie mit un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Kos­ten ver­bun­den ist, be­schränkt sich der Scha­dens­er­satz­an­spruch des Käu­fers auf den Er­satz des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts (vgl. Se­nat, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 34 ff.). Als ers­ter An­halts­punkt kann da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass die Kos­ten der Män­gel­be­sei­ti­gung un­ver­hält­nis­mä­ßig sind, wenn sie den Ver­kehrs­wert des Grund­stücks in man­gel­frei­em Zu­stand oder 200 % des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts über­stei­gen (vgl. Se­nat, Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, BGHZ 200, 350 Rn. 41 ff.).

[31]   In­fol­ge­des­sen weicht die Scha­dens­be­mes­sung im Kauf­recht je­den­falls nicht si­gni­fi­kant von der­je­ni­gen nach al­tem Schuld­recht ab. Bei­spiels­wei­se spricht viel da­für, dass der Sach­ver­halt, der dem von dem VII. Zi­vil­se­nat mehr­fach her­an­ge­zo­ge­nen Ur­teil des V. Zi­vil­se­nats vom 16.11.2007 (V ZR 45/07, NJW 2008, 436) zu­grun­de lag, nach neu­em Kauf­recht nicht an­ders zu be­ur­tei­len wä­re. Da­mals hat­te der Se­nat die nach al­tem Schuld­recht al­lein zu­läs­si­ge ver­ein­fach­te Be­rech­nung des Min­der­werts an­hand der Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten des­halb ver­sagt, weil die man­gel­be­ding­te Wert­min­de­rung des ver­kauf­ten Grund­stücks (46.016,27 €) deut­lich hin­ter den Kos­ten für die Her­stel­lung der feh­len­den, aber zu­ge­si­cher­ten Dach­ge­schoss­woh­nun­gen (217.099,78 €) zu­rück­blieb (Urt. v. 16.11.2007 – V ZR 45/07, NJW 2008, 436 Rn. 11 f.). Auch nach heu­ti­ger Rechts­la­ge könn­te der Käu­fer nicht oh­ne Wei­te­res den Er­satz der Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten als Scha­dens­er­satz ver­lan­gen. Da die Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten den man­gel­be­ding­ten Min­der­wert um mehr als 400 % über­stie­gen, lä­ge näm­lich ein ers­ter An­halts­punkt für die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Nach­er­fül­lung vor, so dass – vor­be­halt­lich be­son­de­rer Um­stän­de des Ein­zel­falls – heu­te wie da­mals nur der Er­satz des man­gel­be­ding­ten Min­der­werts ge­schul­det wä­re.

[32]   (bb) Im Werk­ver­trags­recht hat ei­ne sol­che Be­gren­zung der Nach­er­fül­lung – und da­mit zu­gleich des nach­fol­gen­den Scha­dens­er­satz­an­spruchs – kei­ne Ent­spre­chung (nä­her BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 43, 66). Wird, wie es der VII. Zi­vil­se­nat auf­grund des Er­folgs­ver­spre­chens des Un­ter­neh­mers nach­voll­zieh­bar für rich­tig hält, der Nach­er­fül­lungs­an­spruch hoch­ge­hal­ten, in­dem der Un­ter­neh­mer die Nach­er­fül­lung nur in sel­te­nen Aus­nah­me­fäl­len we­gen un­ver­hält­nis­mä­ßi­ger Kos­ten (§ 635 III BGB) ver­wei­gern darf, er­gibt sich ein dem Kauf­recht frem­des Di­lem­ma. Denn je stren­ger die An­for­de­run­gen an die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Nach­er­fül­lung aus­ge­stal­tet wer­den, des­to hö­her kön­nen die Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten aus­fal­len und des­to grö­ßer wird das Pro­blem der scha­dens­er­satz­recht­li­chen Über­kom­pen­sa­ti­on durch ei­ne von der Durch­füh­rung der Män­gel­be­sei­ti­gung los­ge­lös­te Er­satz­fä­hig­keit der Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten. Das gilt ins­be­son­de­re bei sol­chen Sach­män­geln, mit de­nen der Be­stel­ler „le­ben“ kann und die er da­her – zu­mal, wenn die Be­sei­ti­gung tief­grei­fen­de Ein­grif­fe in das Bau­werk un­ter Ein­schluss an­de­rer Ge­wer­ke er­for­dert – nicht oh­ne Wei­te­res be­sei­ti­gen wird.

[33]   (d) Schließ­lich stel­len sich auch die Pro­ble­me der Leis­tungs­ket­te, de­ren prak­ti­sche Re­le­vanz im Werk­ver­trags­recht der VII. Zi­vil­se­nat ein­ge­hend dar­ge­legt hat (BGH, Beschl. v. 08.10.2020 – VII ARZ 1/20, NJW 2021, 53 Rn. 48 ff.), im Kauf­recht nicht in glei­cher Wei­se.

[34]   4. Die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung hält auch im Üb­ri­gen der recht­li­chen Über­prü­fung stand. Im Hin­blick auf die An­spruchs­hö­he, die Ne­ben­for­de­run­gen so­wie die Zu­er­ken­nung des Fest­stel­lungs­an­trags er­hebt auch die Re­vi­si­on kei­ne Ein­wen­dun­gen. So­weit das Ge­mein­schafts­ei­gen­tum be­trof­fen ist, ist die Ver­ur­tei­lung des Be­klag­ten in den Vor­in­stan­zen auf den Er­satz der nach dem Mit­ei­gen­tums­an­teil be­stimm­ten an­tei­li­gen Kos­ten be­schränkt wor­den.

[35]   III. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 I ZPO.

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