Ein als „EU-Neu­fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung“ ver­kauf­tes Fahr­zeug muss fa­brik­neu sein. Dies ist re­gel­mä­ßig nur dann der Fall, wenn das Fahr­zeug un­be­nutzt ist und kei­ne durch län­ge­re Stand­zeit be­ding­ten Män­gel auf­weist, das Fahr­zeug­mo­dell un­ver­än­dert wei­ter ge­baut wird und zwi­schen der Her­stel­lung des Fahr­zeugs und dem Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen. Da­bei steht die Ta­ges­zu­las­sung der Fa­brik­neu­heit nicht ent­ge­gen, da die Ta­ges­zu­las­sung ein rein for­ma­ler Akt ist, der an der Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs nichts än­dert. Ei­ne ge­ring­fü­gi­ge Über­schrei­tung (hier: zwei Ta­ge) der Stand­zeit von ma­xi­mal zwölf Mo­na­ten ist un­schäd­lich.

OLG Frank­furt a. M., Ur­teil vom 03.08.2021 – 5 U 84/20

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin nimmt die Be­klag­te zu 1 als Ver­käu­fe­rin und die Be­klag­te zu 2 als Her­stel­le­rin im Zu­sam­men­hang mit dem Er­werb ei­nes VW T6 Ca­li­for­nia in An­spruch. Die­ses von der Be­klag­ten zu 2 am 12.08.2017 her­ge­stell­te Fahr­zeug wur­de zu­nächst an ein Au­to­haus in Ös­ter­reich aus­ge­lie­fert. Dort er­warb es die auf den Re­import von Fahr­zeu­gen spe­zia­li­sier­te X-KG und ver­äu­ßer­te es an die Be­klag­te zu 1.

Die Be­klag­te zu 1 bot das Fahr­zeug am 11.08.2018 auf ei­ner In­ter­net­platt­form zum Kauf an. Da­bei gab sie zu­tref­fend an, dass das Fahr­zeug im Ju­ni 2018 erst­zu­ge­las­sen wor­den sei, und be­schrieb das Fahr­zeug als „La­ger­fahr­zeug/​so­fort ver­füg­bar/​EU-Neu­fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung“.

Nach­dem die Klä­ge­rin im In­ter­net auf den VW T6 Ca­li­for­nia auf­merk­sam ge­wor­den war, un­ter­zeich­ne­te sie un­ter dem 14.08.2018 ein mit „Kauf­ver­trag/​Be­stel­lung“ über­schrie­be­nes For­mu­lar. Der Kauf­preis für das Fahr­zeug be­trug 51.000 €. Die Be­klag­te zu 1 in­for­mier­te die Klä­ge­rin nicht dar­über, dass sie das Fahr­zeug von der X-KG er­wor­ben hat­te.

Der VW T6 Ca­li­for­nia ist nicht mit ei­nem Die­sel­mo­tor des Typs EA189, son­dern mit ei­nem Die­sel­mo­tor des Typs EA288 (Eu­ro 6) aus­ge­stat­tet. Er ver­fügt nicht über die von Fahr­zeu­gen mit EA189-Mo­tor be­kann­te „Um­schalt­lo­gik“, die das Durch­fah­ren des Neu­en Eu­ro­päi­schen Fahr­zy­klus (NEFZ) auf dem Prüf­stand er­kennt und in Ab­hän­gig­keit da­von die Ab­gas­rück­führ­ra­te steu­ert. Die Steue­rung der Ab­gas­rück­führ­ra­te er­folgt je­doch un­ter an­de­rem in Ab­hän­gig­keit von der Um­ge­bungs­tem­pe­ra­tur („Ther­mo­fens­ter“). Zu­dem hat­te die Be­klag­te zu 2 die Mo­tor­steue­rung vor der Erst­aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs mo­di­fi­ziert.

Die Klä­ge­rin hat zu­nächst al­lein die Be­klag­te zu 1 in An­spruch ge­nom­men und be­haup­tet, nach der Über­ga­be des Fahr­zeugs an sie – die Klä­ge­rin – ha­be sich her­aus­ge­stellt, dass das Fahr­zeug vom „VW-Ab­gas­skan­dal“ be­trof­fen ge­we­sen sei. Erst seit der In­stal­la­ti­on ei­nes Soft­ware­up­dates sei auch im rea­len Fahr­be­trieb ein Mo­dus mit ei­ner er­höh­ten Ab­gas­rück­füh­rungs­ra­te ak­tiv. In­fol­ge des Soft­ware­up­dates ha­be sich der Kraft­stoff­ver­brauch er­höht, die zu er­war­ten­de Ge­samt­lauf­leis­tung des Fahr­zeugs ver­rin­gert und die Par­ti­k­el­e­mis­sio­nen er­höht. Das Fahr­zeug wei­se ei­nen Min­der­wert von min­des­tens 10 % des Kauf­prei­ses auf.

Mit Schrift­satz vom 04.06.2019 hat die Klä­ge­rin dann gel­tend ge­macht, das vor­han­de­ne „Ther­mo­fens­ter“ sei ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung i. S. von Art. 3 Nr. 10, Art. 5 II 2 der Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/20071Ver­ord­nung (EG) Nr. 715/2007 des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 20.06.2007 über die Typ­ge­neh­mi­gung von Kraft­fahr­zeu­gen hin­sicht­lich der Emis­sio­nen von leich­ten Per­so­nen­kraft­wa­gen und Nutz­fahr­zeu­gen (Eu­ro 5 und Eu­ro 6) und über den Zu­gang zu Re­pa­ra­tur- und War­tungs­in­for­ma­tio­nen für Fahr­zeu­ge, ABl. 2007 L 171, 1.. Wei­ter hat sie be­haup­tet, der Kraft­stoff­ver­brauch des Fahr­zeugs ent­spre­che nicht den An­ga­ben in der EG-Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung und in dem In­ter­net­in­se­rat der Be­klag­ten zu 1.

Dar­über hin­aus ha­be die Be­klag­te zu 1 sie – die Klä­ge­rin – arg­lis­tig ge­täuscht, in­dem sie sie nicht dar­über auf­ge­klärt ha­be, dass sie das Fahr­zeug von ei­nem Zwi­schen­händ­ler er­wor­ben ha­be. Dies ha­be sie – die Klä­ge­rin – nur zu­fäl­lig er­fah­ren, weil das Ser­vice­heft ge­fehlt ha­be und sie sich bei dem in den Fahr­zeug­pa­pie­ren als Erst­hal­ter ein­ge­tra­ge­nen ös­ter­rei­chi­schen Händ­ler da­nach er­kun­digt ha­be. Schließ­lich sei sie nach dem In­halt des In­se­rats der Be­klag­ten zu 1 wie auch des Kauf­ver­trags da­von aus­ge­gan­gen, ein fa­brik­neu­es Fahr­zeug zu er­wer­ben. Die­se Ei­gen­schaft ha­be das Fahr­zeug bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags am 14.08.2018 aber nicht mehr auf­ge­wie­sen, weil seit sei­ner Her­stel­lung be­reits mehr als zwölf Mo­na­te ver­gan­gen ge­we­sen sei­en.

Die Klä­ge­rin hat gel­tend ge­macht, sie sei we­gen der in der Kla­ge­schrift auf­ge­führ­ten Män­gel des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 06.12.2018 wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten und ha­be ih­re Ver­trags­er­klä­rung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung durch die Be­klag­te zu 1 wirk­sam an­ge­foch­ten.

Die Be­klag­te zu 1 ist durch ihr am 25.06.2019 zu­ge­stell­tes Ver­säum­nis­ur­teil zur Zah­lung von 50.107,50 € nebst Zin­sen Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ver­ur­teilt und es ist fest­ge­stellt wor­den, dass sich die Be­klag­te zu 1 in An­nah­me­ver­zug be­fin­det. Ge­gen das Ver­säum­nis­ur­teil hat die Be­klag­te zu 1 am 26.06.2019 Ein­spruch ein­ge­legt.

Mit Schrift­satz vom 21.10.2019 hat die Klä­ge­rin die Kla­ge auf die Be­klag­te zu 2 er­wei­tert und er­gän­zend vor­ge­tra­gen, ihr Fahr­zeug ver­fü­ge über ei­ne „Auf­wärmstra­te­gie“, die da­für sor­ge, dass auf dem Prüf­stand we­ni­ger Ab­ga­se aus­ge­sto­ßen wür­den. Nur auf dem Prüf­stand wer­de Harn­stoff („Ad­Blue“) in aus­rei­chen­der Men­ge ein­ge­setzt, um die Emis­si­ons­grenz­wer­te ein­zu­hal­ten.

Die Be­klag­ten sind der Kla­ge ent­ge­gen­ge­tre­ten. Die Be­klag­te zu 1 hat be­haup­tet, der Ver­kauf ei­nes fa­brik­neu­en Fahr­zeugs sei nicht ver­ein­bart wor­den; viel­mehr ha­be sie schon in ih­rem In­ter­net­in­se­rat dar­auf hin­ge­wie­sen, dass es sich um ein La­ger­fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung han­de­le. Gleich­wohl sei das Fahr­zeug als fa­brik­neu im Rechts­sin­ne an­zu­se­hen. Die vor der Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs vor­ge­nom­me­ne An­pas­sung der Mo­tor­steu­er­soft­ware sei auf­grund ei­ner Kon­for­mi­täts­ab­wei­chung er­for­der­lich ge­wor­den und ha­be nichts mit dem Vor­han­den­sein ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung zu tun. Der Soft­ware­stand des Fahr­zeugs ha­be bei der Erst­aus­lie­fe­rung den vom Kraft­fahrt-Bun­des­amt ge­neh­mig­ten Pro­duk­ti­ons­vor­ga­ben ent­spro­chen. Die Ver­wen­dung ei­nes „Ther­mo­fens­ters“ ha­be dem all­ge­mei­nen Stand von Wis­sen­schaft und Tech­nik ent­spro­chen.

Mit dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil hat das Land­ge­richt das Ver­säum­nis­ur­teil in­so­weit auf­recht­er­hal­ten, als die Be­klag­te zu 1 ver­ur­teilt wor­den ist, an die Klä­ge­rin 45.254,79 € nebst Zin­sen Zug um Zug ge­gen Über­ga­be und Über­eig­nung des Fahr­zeugs zu zah­len. Hin­sicht­lich der Be­klag­ten zu 2 hat das Land­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

Es hat aus­ge­führt, die Klä­ge­rin ha­be ge­gen die Be­klag­te zu 1 ei­nen An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trags, weil das Fahr­zeug ent­ge­gen der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit bei der Über­ga­be an die Klä­ge­rin kein Neu­fahr­zeug ge­we­sen sei (§§ 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, § 323 II Nr. 1 BGB). Im Ver­kauf ei­nes Neu­wa­gens lie­ge die Zu­si­che­rung, dass das Fahr­zeug fa­brik­neu sei. Dies sei bei ei­nem un­be­nutz­ten Kraft­fahr­zeug der Fall, so­lan­ge das Mo­dell noch un­ver­än­dert wei­ter­ge­baut wer­de, das Fahr­zeug kei­ne durch ei­ne län­ge­re Stand­zeit be­ding­ten Män­gel auf­wei­se und zwi­schen der Her­stel­lung und dem Ver­kauf des Fahr­zeugs nicht mehr als zwölf Mo­na­te lä­gen. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug ha­be die Ei­gen­schaft „fa­brik­neu“ mit Ab­lauf des 12.08.2018 und da­mit be­reits vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags ver­lo­ren. Um­stän­de, die ein Ab­wei­chen von den dar­ge­stell­ten Grund­sät­zen ge­bie­ten könn­ten, lä­gen auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der nur ge­ring­fü­gi­gen Über­schrei­tung der Zwölf-Mo­nats-Frist und der Be­zeich­nung als „La­ger­fahr­zeug“ nicht vor. Aus den vor­ge­leg­ten Un­ter­la­gen er­gä­ben sich kei­ne hin­rei­chen­den An­halts­punk­te da­für, dass die Be­klag­te zu 1 das Fahr­zeug als Ge­braucht­wa­gen ver­kauft ha­ben könn­te. Zu­dem ha­be die An­ga­be des Ga­ran­tie­be­ginns (12.06.2018) aus Sicht der Klä­ge­rin den Schluss zu­ge­las­sen, dass das Fahr­zeug nicht we­sent­lich vor die­sem Zeit­punkt her­ge­stellt wor­den sei. Da ei­ne Nach­bes­se­rung un­mög­lich sei, sei es un­er­heb­lich, dass die Klä­ge­rin vor dem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag kei­ne Nach­bes­se­rung ver­langt ha­be. Die Klä­ge­rin müs­se sich je­doch – aus­ge­hend von ei­ner zu er­war­ten­den Ge­samt­lauf­leis­tung von 350.000 km und ei­ner Lauf­leis­tung von 35.454 km am 22.1.2020 – ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung in Hö­he von 5.745,21 € an­rech­nen las­sen.

An­sprü­che ge­gen die Be­klag­te zu 2 ha­be die Klä­ge­rin nicht. Ver­trag­li­che An­sprü­che An­sprü­che schie­den aus, weil die Be­klag­te nicht Ver­käu­fe­rin des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs sei. Für ei­ne un­er­laub­te Hand­lung der Be­klag­ten zu 2 (Soft­ware­up­date, „Ther­mo­fens­ter“, „Auf­wärmstra­te­gie“ Re­du­zie­rung der „Ad­Blue“-Ein­sprit­zung) sei nichts er­sicht­lich; je­den­falls feh­le es an sub­stan­zi­ier­tem Vor­trag der Klä­ge­rin zu ei­nem et­wai­gen Vor­satz der Be­klag­ten zu 2.

Mit ih­rer Be­ru­fung hat die Be­klag­te zu 1 be­an­tragt, das Ver­säum­nis­ur­teil auf­zu­he­ben und die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Sie hat gel­tend ge­macht, die Über­schrei­tung der von der Recht­spre­chung an­ge­nom­me­nen Zwölf-Mo­nats-Frist um we­ni­ge Ta­ge sei nicht ge­eig­net, ei­nen Man­gel des Fahr­zeugs zu be­grün­den. Zu­dem sei das Fahr­zeug im In­ter­net als Ge­braucht­wa­gen in­se­riert ge­we­sen; nur un­ter die­ser Vor­aus­set­zung sei die An­ga­be ei­nes Erst­zu­las­sungs­da­tum mög­lich ge­we­sen. Auch sei­en ei­ner E-Mail, die sie – die Be­klag­ten zu 1 am 14.08.2018 an die Klä­ge­rin ge­rich­tet ha­be, ih­re Ge­braucht­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen bei­ge­fügt ge­we­sen. Bei ei­nem Re­import-Fahr­zeug le­ge sie ih­re Ein­kaufs­quel­le (hier: die X-KG) re­gel­mä­ßig nicht of­fen. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug sei auch nicht des­halb man­gel­haft, weil es – wie die Klä­ge­rin zu Un­recht be­haup­te – vom „VW-Ab­gas­skan­dal“ be­trof­fen sei. Der Be­rech­nung des ihr – der Be­klag­ten – zu­ste­hen­den Nut­zungs­wert­er­sat­zes sei al­len­falls ei­ne Ge­samt­lauf­leis­tung von 250.000 km zu­grun­de zu le­gen.

Das Rechts­mit­tel hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: II. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten zu 1 … hat in der Sa­che Er­folg und führt zur Auf­he­bung des Ver­säum­nis­ur­teils vom 05.06.2019 und zur Ab­wei­sung der Kla­ge.

Der Klä­ge­rin steht der mit der Kla­ge gel­tend ge­mach­te An­spruch nicht zu. Sie ist nicht wirk­sam vom Kauf­ver­trag zu­rück­ge­tre­ten und hat die­sen nicht wirk­sam an­ge­foch­ten.

Aus Sicht des Be­ru­fungs­ge­richts hat das Land­ge­richt zu Un­recht ei­nen An­spruch aus § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323 I, II Nr. 1 BGB auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags über das von der Klä­ge­rin er­wor­be­ne Fahr­zeug mit der Be­grün­dung be­jaht, die­ses sei (zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs) man­gel­haft ge­we­sen, weil es un­ter Be­rück­sich­ti­gung der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung ent­ge­gen der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit kein Neu­fahr­zeug ge­we­sen sei.

Ein An­spruch nach § 346 I BGB i. V. mit § 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323 BGB ist nur dann ge­ge­ben, wenn zum Zeit­punkt des Ge­fahr­über­gangs ein zum Rück­tritt be­rech­ti­gen­der Man­gel vor­ge­le­gen hat. Ei­ne Sa­che ist frei von Sach­män­geln, wenn sie bei Ge­fahr­über­gang die ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit hat (§ 434 I 1 BGB). Ist ei­ne Be­schaf­fen­heit nicht ver­ein­bart, ist die Sa­che ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB frei von Sach­män­geln, wenn sie sich für die ge­wöhn­li­che Ver­wen­dung eig­net und ei­ne Be­schaf­fen­heit auf­weist, die bei Sa­chen der glei­chen Art üb­lich ist und die der Käu­fer nach der Art der Sa­che er­war­ten kann.

Nach der stän­di­gen Recht­spre­chung des BGH liegt im Ver­kauf ei­nes Neu­wa­gens durch ei­nen Kraft­fahr­zeug­händ­ler grund­sätz­lich die Zu­si­che­rung, dass das ver­kauf­te Fahr­zeug die Ei­gen­schaft hat, „fa­brik­neu“ zu sein (vgl. nur BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04, ju­ris Rn. 11). Zu­tref­fend geht das Land­ge­richt da­von aus, der BGH ha­be mit Ur­teil vom 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, ju­ris Rn. 11 ff. – sei­ne Recht­spre­chung da­hin ge­hend prä­zi­siert, dass ein un­be­nutz­tes Kraft­fahr­zeug re­gel­mä­ßig noch „fa­brik­neu“ ist, wenn und so­lan­ge das Mo­dell die­ses Fahr­zeugs un­ver­än­dert wei­ter­ge­baut wird, wenn es kei­ne durch län­ge­re Stand­zeit be­ding­te Män­gel auf­weist und wenn zwi­schen Her­stel­lung des Fahr­zeugs und Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen.

Ab­wei­chen­des gilt vor­lie­gend nicht mit Blick dar­auf, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug – wie der Klä­ge­rin be­kannt war – ein Re­import-Wa­gen ist: Auch für ein EU-Neu­fahr­zeug gel­ten kei­ne an­de­ren Vor­ga­ben zur noch zu­läs­si­gen La­ger­zeit des Fahr­zeugs, wenn es sich bei der Ver­käu­fe­rin nicht um ei­nen Ver­trags­händ­ler des Her­stel­lers han­delt (vgl. OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 24.10.2005 – I-1 U 84/05, ju­ris Rn. 54).

So­weit vor­lie­gend bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags am 14.08.2018 seit der Her­stel­lung des Fahr­zeugs (12.08.2017) ein Zeit­raum von zwölf Mo­na­ten und zwei Ta­gen ver­gan­gen war, folgt dar­aus aber nicht, dass das Fahr­zeug mit Ab­lauf des 12.08.2018 die Ei­gen­schaft „fa­brik­neu“ ver­lo­ren hat. Bei der vom BGH an­ge­ge­be­nen Frist han­delt es sich nach dem Ver­ständ­nis des Be­ru­fungs­ge­richts nicht um ei­ne tag­ge­nau ein­zu­hal­ten­de, star­re Aus­schluss­frist. Zwar führt der BGH in sei­nem Ur­teil aus, es be­dür­fe zur Si­che­rung ei­ner ein­heit­li­chen Recht­spre­chung der (höchst­rich­ter­li­chen) Fest­le­gung ei­ner ma­xi­ma­len Stand­zeit, bis zu de­ren Ab­lauf ein Kraft­fahr­zeug im Re­gel­fall noch als „fa­brik­neu“ an­ge­se­hen wer­den kann, da in der Recht­spre­chung der Ober­lan­des­ge­rich­te die Fra­ge des Höchst­al­ters „fa­brik­neu­er“ Kraft­fahr­zeu­ge ganz un­ter­schied­lich be­ant­wor­tet wer­de, was da­zu ge­führt ha­be, dass ei­ner­seits ein 8 Mo­na­te al­tes Fahr­zeug als nicht mehr fa­brik­neu an­ge­se­hen wor­den sei, wäh­rend an­de­rer­seits das Ge­gen­teil noch für ein 16 Mo­na­te al­tes und so­gar für ein 30 Mo­na­te al­tes Fahr­zeug an­ge­nom­men wor­den sei.

Im vom BGH zu ent­schei­den­den Fall ging es um ein Fahr­zeug, bei dem zwi­schen Her­stel­lung und Ver­kauf ein Zeit­raum von 19 Mo­na­ten lag. Für die­sen Fall hat der BGH ent­schie­den, dass dem Fahr­zeug die zu­ge­si­cher­te Ei­gen­schaft „fa­brik­neu“ bei Über­ga­be ge­fehlt hat. Zur Be­grün­dung hat der BGH aus­ge­führt, die Mei­nung, wel­che dem Ver­käu­fer ei­ne un­be­grenz­te La­ger­hal­tung zu­bil­li­ge, so­fern kei­ne Stand­schä­den ein­ge­tre­ten sei­en oder das Mo­dell sich ver­än­dert ha­be, ver­let­ze schüt­zens­wer­te In­ter­es­sen des Käu­fers, da nach der Ver­kehrs­an­schau­ung die La­ger­dau­er für die Wert­schät­zung ei­nes Kraft­fahr­zeugs von we­sent­li­cher Be­deu­tung und ei­ne lan­ge Stand­dau­er da­her für ei­nen Neu­wa­gen­käu­fer ein wert­min­dern­der Fak­tor sei. Da je­des Kraft­fahr­zeug ei­nem Al­te­rungs­pro­zess un­ter­lie­ge, der mit dem Ver­las­sen des Her­stel­lungs­be­triebs ein­set­ze, und sich der Zu­stand des Fahr­zeugs durch Zeit­ab­lauf grund­sätz­lich auf­grund von Ma­te­ri­al­er­mü­dung, Oxy­da­ti­on und an­de­ren phy­si­ka­li­schen Ver­än­de­run­gen ver­schlech­te­re, sei im Re­gel­fall da­von aus­zu­ge­hen, dass ei­ne La­ger­zeit „von mehr als zwölf Mo­na­ten“ die Fa­brik­neu­heit ei­nes Neu­wa­gens be­sei­ti­ge (BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, ju­ris Rn. 12).

An­ge­sichts die­ser Be­grün­dung über­zeugt die An­sicht des Land­ge­richts nicht, die Be­klag­te zu 1 ha­be das Fahr­zeug zwar am 11.08.2018 noch als Neu­wa­gen in­se­rie­ren, ihn aber am 14.08.2018 nicht mehr – je­den­falls nicht oh­ne ei­nen Hin­weis auf die län­ge­re Stand­zeit – als sol­chen ver­kau­fen dür­fen. Da die Al­te­rungs­pro­zes­se schlei­chend ab­lau­fen, ist nicht da­von aus­zu­ge­hen, dass nach der Ver­kehrs­an­schau­ung in der Be­wer­tung des Wer­tes des Fahr­zeugs zwi­schen dem 11.08. und dem 14.08.2018 ein we­sent­li­cher Un­ter­schied zu ma­chen ist. Die durch den BGH kon­kre­ti­sier­te hin­nehm­ba­re La­ger­zeit ist so­mit nicht im Sin­ne ei­ner tag­ge­nau ein­zu­hal­ten­den Frist zu ver­ste­hen, son­dern als An­ga­be ei­nes – in Mo­na­ten zu be­mes­sen­den – Zeit­raums, so­dass je­den­falls ei­ne ge­ring­fü­gi­ge Über­schrei­tung der La­ger­zeit nicht rechts­er­heb­lich ist (in die­se Rich­tung auch OLG Düs­sel­dorf, Urt. v. 24.10.2005 – I-1 U 84/05, ju­ris Rn. 54; ge­gen ei­ne „Auf­wei­chung“ der zeit­li­chen Gren­ze, aber be­zo­gen auf den um­ge­kehr­ten Fall ei­ner knap­pen Un­ter­schrei­tung der Frist un­ter dem As­pekt der Rechts­si­cher­heit OLG Hamm, Urt. v. 16.08.2016 – I-1 U 140/15, ju­ris Rn. 97).

Zu­dem er­gibt sich, was auch das Land­ge­richt ge­se­hen hat, aus der Ent­schei­dung des BGH, dass die dort an­ge­ge­be­ne La­ger­zeit von mehr als zwölf Mo­na­ten le­dig­lich „im Re­gel­fall“ die Fa­brik­neu­heit des Fahr­zeugs be­sei­tigt. In­so­fern hat die Be­klag­te zu 1 un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, dass es sich bei dem Fahr­zeug­typ T6 Ca­li­for­nia Beach Edi­ti­on um ein Mo­dell mit ho­her Nach­fra­ge han­delt, bei dem zu­dem von ei­ner ho­hen Wert­sta­bi­li­tät aus­zu­ge­hen ist. Bei ei­nem sol­chen Fahr­zeug wird sich ei­ne nur ganz ge­ring­fü­gig län­ge­re Stand­zeit des Fahr­zeugs nach der Ver­kehrs­an­schau­ung nicht ne­ga­tiv auf des­sen Wert aus­wir­ken.

Da­hin­ste­hen kann, ob die Klä­ge­rin – wie die Be­klag­te zu 1 be­haup­tet – das Fahr­zeug nur des­halb auf der Platt­form „…“ ge­fun­den hat, weil sie (auch) Ge­braucht­wa­gen in ih­re Su­che ein­be­zo­gen hat, und ob – wie von der Be­klag­ten zu 1 – be­haup­tet, dem Ver­trag ih­re nun­mehr zweit­in­stanz­lich vor­ge­leg­ten Ge­braucht­wa­gen-Ver­kaufs­be­din­gun­gen bei­ge­fügt wa­ren. Nach dem In­se­rat (An­la­ge K 7) soll­te es sich bei dem Fahr­zeug um ein „EU-Neu­fahr­zeug mit Ta­ges­zu­las­sung“ und ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 20 han­deln, und ab­wei­chen­de An­ga­ben sind im als An­la­ge K 1 vor­ge­leg­ten Kauf­ver­trag nicht ent­hal­ten.

Da­bei steht die Ta­ges­zu­las­sung der An­nah­me ei­nes Neu­fahr­zeu­ges nicht ent­ge­gen. Der Kun­de er­wirbt auch in die­sen Fäl­len ein fa­brik­neu­es Fahr­zeug. Die kurz­fris­ti­ge Zu­las­sung auf den Händ­ler dient, an­ders als bei so­ge­nann­ten Vor­führ­wa­gen, nicht der Nut­zung des Fahr­zeugs. Ta­ges­zu­las­sun­gen er­fol­gen im Ab­satz­in­ter­es­se bei­der Sei­ten. Der Händ­ler kommt durch die Stei­ge­rung der Ab­nah­me­men­ge in den Ge­nuss hö­he­rer Prä­mi­en, die er an den End­kun­den wei­ter­ge­ben kann. Der Her­stel­ler wird in die La­ge ver­setzt, ge­zielt zu be­stimm­ten Stich­ta­gen mit hö­he­ren Zu­las­sungs­zah­len zu wer­ben. Der po­ten­zi­el­le Au­to­käu­fer weiß, dass ei­ne Ta­ges­zu­las­sung aus den ge­nann­ten Grün­den nur rein for­mal er­folgt, oh­ne dass sich die Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs als Neu­fahr­zeug da­durch än­dert, es al­so ins­be­son­de­re nicht be­nutzt wor­den ist (BGH, Urt. v. 12.01.2005 – VI­II ZR 109/04, ju­ris Rn. 13).

Zu Un­recht meint die Klä­ge­rin auch, die Be­klag­te zu 1 ha­be ihr of­fen­le­gen müs­sen, dass sie das Fahr­zeug über die X-KG er­wor­ben ha­be, da al­lein die Exis­tenz des nicht als Hal­ter in die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung ein­ge­tra­ge­nen Zwi­schen­händ­lers ei­nen selbst­stän­di­gen Man­gel des Fahr­zeugs dar­stel­le. Die von der Klä­ge­rin zi­tier­te Ent­schei­dung des BGH (Urt. v. 16.12.2009 – VI­II ZR 38/09, ju­ris) be­trifft ei­ne gänz­lich an­de­re Kon­stel­la­ti­on, näm­lich den Er­werb ei­nes Ge­braucht­wa­gens mit ho­her Lauf­leis­tung und meh­re­ren Vor­be­sit­zern, bei dem der Ver­käu­fer nicht an­ge­ge­ben hat­te, das Fahr­zeug kur­ze Zeit vor dem Wei­ter­ver­kauf selbst von ei­ner Per­son un­be­kann­ter Iden­ti­tät er­wor­ben zu ha­ben. In ei­ner sol­chen Kon­stel­la­ti­on liegt, wie der BGH aus­ge­führt hat, der Ver­dacht na­he, dass es wäh­rend der Be­sitz­zeit des un­be­kann­ten Vor­ei­gen­tü­mers zu Ma­ni­pu­la­tio­nen am Ki­lo­me­ter­zäh­ler oder ei­ner sons­ti­gen un­sach­ge­mä­ßen Be­hand­lung des Fahr­zeugs ge­kom­men sein kann, und wird die Ver­läss­lich­keit der An­ga­ben des Ver­käu­fers zum Fahr­zeug grund­le­gend ent­wer­tet. Wäh­rend in je­nem Fall ins­be­son­de­re der Ki­lo­me­ter­stands­an­zei­ge und den Aus­sa­gen zur „Ge­samt­fahr­leis­tung nach An­ga­be des Vor­be­sit­zers“ hin­sicht­lich der tat­säch­li­chen Fahr­leis­tung nah­voll­zieh­bar kei­ne nen­nens­wer­te Be­deu­tung zu­kom­men konn­te (BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VI­II ZR 38/09, ju­ris Rn. 16), kann dies für ein mit ei­nem Ki­lo­me­ter­stand von 20 ver­kauf­tes, au­gen­schein­lich nicht be­nutz­tes Fahr­zeug nicht an­ge­nom­men wer­den und wird es für den Käu­fer ei­nes sol­chen Fahr­zeugs re­gel­mä­ßig oh­ne Be­lang sein, ob der Ver­käu­fer das Fahr­zeug selbst oder über ei­nen da­zwi­schen­ge­schal­te­ten Händ­ler von dem im Fahr­zeug­brief ge­nann­ten EU-aus­län­di­schen Händ­ler er­wor­ben hat.

Schließ­lich steht auch das – im Über­ga­be­pro­to­koll do­ku­men­tier­te – Vor­han­den­sein ei­nes Lack­krat­zers der Ei­gen­schaft „fa­brik­neu“ nicht ent­ge­gen. Zum ei­nen be­deu­tet „fa­brik­neu“ nicht „feh­ler­frei“, und zum an­de­ren hat die Klä­ge­rin ih­ren Rück­tritt nicht auf das Vor­han­den­sein des – ihr je­den­falls bei Über­ga­be des Fahr­zeugs of­fen­bar­ten – Krat­zers ge­stützt.

Ist mit Blick auf die Ei­gen­schaft als Neu­wa­gen nicht von ei­nem Man­gel des Fahr­zeugs aus­zu­ge­hen, schei­det auch ei­ne auf ei­ne Täu­schung über das Feh­len die­ser Ei­gen­schaft ge­stütz­te An­fech­tung des Ver­trags aus.

Nicht be­grün­det ist die Kla­ge auch un­ter dem wei­te­ren, vom Land­ge­richt fol­ge­rich­tig in Be­zug auf die Be­klag­te zu 1 nicht be­han­del­ten As­pekt des Vor­han­den­seins ei­nes so­ge­nann­ten Ther­mo­fens­ters be­zie­hungs­wei­se ei­nes an­der­wei­ti­gen Be­trof­fen­seins des Fahr­zeugs von dem „Ab­gas­skan­dal“, in den die Be­klag­te zu 2 als Fahr­zeug­her­stel­le­rin ver­wi­ckelt ist.

In­so­weit hat die Klä­ge­rin ihr Vor­brin­gen im Ver­lauf des erst­in­stanz­li­chen Rechts­streits mehr­fach er­gänzt und an­ge­passt, nach­dem sie zu­nächst mit der aus Fäl­len be­tref­fend Fahr­zeu­ge mit dem Mo­tor­typ EA189 be­kann­ten Ar­gu­men­ta­ti­on vom ur­sprüng­li­chen Vor­han­den­sein ei­ner Prüf­stan­der­ken­nungs­soft­ware aus­ge­gan­gen war, für das in­des kei­ne An­halts­punk­te dar­ge­legt und er­sicht­lich sind.

So­weit die Klä­ge­rin dar­auf ab­stellt, es sei – was un­strei­tig ist – bei dem Fahr­zeug­typ VW T6 Ca­li­for­nia Beach Edi­ti­on im De­zem­ber 2017 vor­über­ge­hend zu ei­nem Aus­lie­fe­rungs­stop ge­kom­men, und die Be­klag­te zu 2 ha­be auch am streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug ein Soft­ware­up­date durch­füh­ren müs­sen, ha­ben die Be­klag­ten dar­ge­legt, dass die Nach­bes­se­rung an der Steue­rungs­soft­ware we­gen ei­ner Kon­for­mi­täts­ab­wei­chung er­for­der­lich ge­wor­den sei, die da­durch im März 2018 und so­mit noch vor Aus­lie­fe­rung des Fahr­zeugs be­ho­ben wor­den sei. In­so­fern ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der auf ei­ne Kon­for­mi­täts­ab­wei­chung ge­stütz­te Rück­ruf­be­scheid kei­ne tat­säch­li­chen An­halts­punk­te für das ur­sprüng­li­che Vor­han­den­sein ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung be­grün­det (vgl. OLG Stutt­gart, Urt. v. 19.01.2021 – 16a U 196/19, ju­ris Rn. 49). Das Kraft­fahrt-Bun­des­amt hat den Rück­ruf be­reits aus­ge­lie­fer­ter Fahr­zeu­ge des Mo­dells T6 (Bau­jah­re 2014 bis 2017) nicht we­gen des Vor­lie­gens ei­ner un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tung an­ge­ord­net. Der Rück­ruf­da­ten­bank des Am­tes ist als Be­schrei­bung zu ent­neh­men „Kon­for­mi­täts­ab­wei­chung führt zur Über­schrei­tung des Eu­ro-6-Grenz­wer­tes für Stick­oxi­de“ (KBA-Re­fe­renz-Nr. 7710; Her­stel­ler-Code: 23Z7). Be­män­gelt wird da­mit nicht, dass die zur Er­lan­gung der Typ­ge­neh­mi­gung vor­ge­stell­ten Fahr­zeu­ge über ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung ver­fügt ha­ben sol­len, son­dern, dass es nach­träg­lich – sei es im Rah­men der Pro­duk­ti­on oder des Al­te­rungs­pro­zes­ses des Fahr­zeugs – zu Ab­wei­chun­gen ge­kom­men ist, auf­grund de­rer die Grenz­wer­te nicht mehr ein­ge­hal­ten wur­den. Am vor­lie­gen­den Fahr­zeug wur­de die Kon­for­mi­täts­ab­wei­chung be­reits vor Erst­aus­lie­fe­rung im Rah­men der Maß­nah­me 23Y7 be­ho­ben, so­dass die Klä­ge­rin in­so­fern zu kei­ner Zeit ein man­gel­haf­tes Fahr­zeug er­hal­ten hat.

So­weit die Klä­ge­rin erst­in­stanz­lich ne­ga­ti­ve Fol­gen des Soft­ware­up­dates in Be­zug auf die Lang­le­big­keit und den Wie­der­ver­kaufs­wert des Fahr­zeugs be­haup­tet hat, be­stand ihr – in der Be­ru­fungs­in­stanz nicht wie­der­hol­tes – Vor­brin­gen aus ei­ner Über­nah­me der aus den Mo­tor­typ EA 189 be­tref­fen­den Fäl­len be­kann­ten Ar­gu­men­ta­ti­on (ein­schließ­lich des Ver­wei­ses auf an sol­chen Fahr­zeu­gen nach Auf­spie­len des Up­dates durch­ge­führ­ten Tests) oh­ne kon­kre­ten Be­zug zum streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor- und Fahr­zeug­typ oder gar zum Fahr­zeug der Klä­ge­rin, so­dass dem nicht wei­ter nach­zu­ge­hen war. Dass die Über­schrei­tung des für das Fahr­zeug an­ge­ge­be­nen Kraft­stoff­ver­brauchs auf die Durch­füh­rung des Soft­ware­up­dates zu­rück­zu­füh­ren ist, hat die Klä­ge­rin schon des­halb nicht dar­ge­legt, weil sie kei­nen Ver­gleichs­wert für den Ver­brauch ih­res Fahr­zeu­ges vor Durch­füh­rung des Up­dates an­ge­ben kann, da sie es erst da­nach er­wor­ben hat. Im Üb­ri­gen sind ih­re – zu­dem ab­wei­chen­den (vgl. Bl. 69 d. A. ei­ner­seits und Bl. 256 d. A. an­de­rer­seits) – An­ga­ben zum tat­säch­li­chen Ver­brauch nicht aus­sa­ge­kräf­tig, da nichts dar­über mit­ge­teilt ist, wie die Klä­ge­rin das Fahr­zeug nutzt.

Auch ist aus dem Vor­brin­gen der Klä­ge­rin nicht deut­lich ge­wor­den, was sie mit dem Hin­weis auf das Vor­han­den­sein ei­ner „Auf­wärmstra­te­gie“ zum Aus­druck brin­gen woll­te, das heißt, in­wie­fern sich dar­aus ein Man­gel des Fahr­zeugs er­ge­ben soll.

Recht pau­schal ist auch der Vor­trag der Klä­ge­rin in Be­zug auf das Vor­han­den­sein ei­nes so­ge­nann­ten Ther­mo­fens­ters. Er geht ins­be­son­de­re nicht auf die von der Be­klag­ten zu 2 – sich auch in­so­fern von der Be­klag­ten zu 1 zu ei­gen ge­macht – aus­führ­lich be­haup­te­te tech­ni­sche Not­wen­dig­keit ei­ner sol­chen Steue­rung der Ab­gas­rück­füh­rung ein. Auch wenn man das dies­be­züg­li­che Vor­brin­gen der Klä­ge­rin, die tech­ni­sche Lai­in ist, noch für aus­rei­chend er­ach­ten woll­te, kann of­fen­blei­ben, ob das Vor­han­den­sein des Ther­mo­fens­ters als ei­ne un­zu­läs­si­ge Ab­schalt­ein­rich­tung zu qua­li­fi­zie­ren und da­mit von ei­nem Man­gel des Fahr­zeugs aus­zu­ge­hen ist. Denn je­den­falls er­gibt sich aus dem Vor­brin­gen der Klä­ge­rin nicht, dass sie der Be­klag­ten zu 1 vor dem Rück­tritt vom Ver­trag Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung ge­ge­ben hät­te, oh­ne dass da­von aus­ge­gan­gen wer­den kann, dass ei­ne Frist­set­zung mit Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen im Ver­hält­nis zwi­schen Klä­ge­rin und Be­klag­ter zu 1 ent­behr­lich ge­we­sen wä­re (vgl. OLG Bran­den­burg, Urt. v. 12.05.2021 – 4 U 34/20, ju­ris Rn. 70; OLG Stutt­gart, Urt. v. 11.12.2020 – 3 U 101/18, ju­ris Rn. 57 ff. [Mer­ce­des-Benz-Fahr­zeug]).

Zwar hat die Klä­ge­rin – auch auf die dies the­ma­ti­sie­ren­den Aus­füh­run­gen des Land­ge­richts zum Ver­zug­s­ein­tritt – die Rück­tritts­er­klä­rung vom 06.12.2018 nicht vor­ge­legt (als An­la­ge K 8 vor­ge­legt ist ein an­de­res Schrei­ben vom 06.12.2018), al­ler­dings wird aus ih­rem Vor­brin­gen deut­lich, dass oh­ne vor­her­ge­hen­de Frist­set­zung vom Ver­trag zu­rück­ge­tre­ten wur­de, of­fen­bar vor dem Hin­ter­grund, dass sie ein Nach­er­fül­lungs­ver­lan­gen mit Blick auf das an­ge­nom­me­ne Feh­len der Neu­wa­gen­ei­gen­schaft für ent­behr­lich ge­hal­ten hat.

Dass die Be­klag­te zu 1 die Nach­bes­se­rung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­gert hat mit der Fol­ge der Ent­behr­lich­keit der Frist­set­zung nach § 440 Satz 1 Fall 1, § 281 II, § 323 II Nr. 1 BGB, wird von der Klä­ge­rin nicht dar­ge­tan. Ei­ne sol­che ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Ver­wei­ge­rung der Nach­bes­se­rung lässt sich nicht dar­aus her­lei­ten, dass die Be­klag­te zu 1 den Sach­man­gel im vor­lie­gen­den Rechts­streit be­strit­ten hat. An das Vor­lie­gen ei­ner end­gül­ti­gen Er­fül­lungs­ver­wei­ge­rung sind stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len. Ge­mes­sen an die­sem Maß­stab lässt sich die im Rechts­streit zur Ver­tei­di­gung des Kla­ge­ab­wei­sungs­be­geh­rens ein­ge­nom­me­ne Rechts­po­si­ti­on, das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wei­se kei­nen der be­haup­te­ten Sach­män­gel auf, nicht als das „letz­te Wort“ der Be­klag­ten zu 1 auf­fas­sen.

Ei­ne Frist­set­zung zur Nach­bes­se­rung war auch nicht des­halb ent­behr­lich, weil die Nach­bes­se­rung we­gen ei­nes un­be­heb­ba­ren Man­gels un­mög­lich war (§ 275 I BGB).

Un­mög­lich­keit liegt nur vor, wenn die Leis­tung we­der vom Schuld­ner noch von ei­nem Drit­ten er­bracht wer­den kann (BGH, Urt. v. 19.01.2007 – V ZR 211/06, BGHZ 174, 6 = ju­ris Rn. 15). Un­ter­stellt, die be­haup­te­ten un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen führ­ten zum Er­lö­schen der EG-Typ­ge­neh­mi­gung und der Be­triebs­er­laub­nis, wo­zu sich dem Vor­trag der Klä­ge­rin nichts Kon­kre­tes ent­neh­men lässt, lässt sich hier­aus nicht (auch) der Schluss zie­hen, die Nach­er­fül­lung sei nicht mög­lich; es ist we­der dar­ge­tan noch er­sicht­lich, dass die Typ­ge­neh­mi­gung – oh­ne die Aus­stat­tung des Fahr­zeugs mit un­zu­läs­si­gen Ab­schalt­ein­rich­tun­gen – nicht hät­te wie­der­er­langt wer­den kön­nen.

Die Auf­for­de­rung zur Nach­er­fül­lung nebst Frist­set­zung war auch nicht des­halb ent­behr­lich, weil ei­ne Nach­bes­se­rung un­zu­mut­bar war (§ 440 Satz 1 Fall 3 BGB). Weiß der Käu­fer nicht, wie der Ver­käu­fer auf ein Man­gel­be­sei­ti­gungs­ver­lan­gen re­agie­ren wird, kann ihm ei­ne Auf­for­de­rung zur Nach­er­fül­lung in­ner­halb ei­ner be­stimm­ten Frist nicht un­zu­mut­bar sein. So­weit das OLG Hamm (Urt. v. 01.04.2020 – I-30 U 33/19, ju­ris Rn. 91 ff.) von ei­ner Un­zu­mut­bar­keit der Nach­er­fül­lung aus­ge­gan­gen ist, da die dem Käu­fer zu­ste­hen­de Art der Nach­er­fül­lung (Nach­bes­se­rung) in­fol­ge sei­nes zer­stör­ten Ver­trau­ens­ver­hält­nis­ses zu der laut Ver­käu­fe­rin ein­zig zur Nach­bes­se­rung fä­hi­gen Her­stel­le­rin des Fahr­zeugs nicht zu­mut­bar sei, be­zog sich dies auf ein vom „Ab­gas­skan­dal“ be­trof­fe­nes Fahr­zeug mit ei­nem Mo­tor vom Typ EA189, wäh­rend vor­lie­gend – nach dem in­so­weit rechts­kräf­ti­gen Ur­teil des Land­ge­richts – ge­ra­de nicht da­von aus­zu­ge­hen ist, dass die Be­klag­te zu 2 die Klä­ge­rin sit­ten­wid­rig vor­sätz­lich ge­schä­digt hat.

Auch da­für, dass die Be­klag­te zu 1 die Klä­ge­rin hin­sicht­lich des Vor­han­den­seins ei­nes Ther­mo­fens­ters ge­täuscht ha­ben könn­te, sind nach dem Vor­brin­gen der Klä­ge­rin kei­ne An­halts­punk­te ge­ge­ben, so­dass ei­ne wirk­sa­me An­fech­tung des Ver­trags eben­so aus­schei­det, wie dar­auf ge­stütz­te de­lik­ti­sche An­sprü­che nicht in Be­tracht kom­men, zu­mal ein vor­sätz­li­ches tat­be­stand­li­ches Han­deln der Be­klag­ten zu 1, die sich ein et­waig vor­sätz­li­ches Han­deln der Be­klag­ten zu 2 nicht zu­rech­nen las­sen muss (OLG Bran­den­burg, Urt. v. 12.05.2021 – 4 U 34/20, Rn. 54, ju­ris; OLG Hamm, Urt. v. 01.04.2020 – I-30 U 33/19, ju­ris Rn. 65 ff.), nicht schlüs­sig dar­ge­tan ist. Ei­ne sol­che Be­zie­hung zwi­schen Händ­ler und Her­stel­le­rin, die aus Bil­lig­keits­grün­den ei­ne Zu­rech­nung des Ver­hal­tens der Her­stel­le­rin ge­bie­ten wür­de, be­steht be­züg­lich des vor­lie­gend al­lein maß­geb­li­chen Ab­schlus­ses des Kauf­ver­trags mit dem Kun­den nicht (BGH, Beschl. v. 09.06.2020 – VI­II ZR 315/19, ju­ris Rn. 17).

Kann die Klä­ge­rin nach dem Vor­ge­sag­ten ei­ne Rück­ab­wick­lung des Ver­trags nicht ver­lan­gen, hat ih­re Kla­ge auch we­der hin­sicht­lich der Fest­stel­lung Er­folg, die Be­klag­te zu 1 be­fin­de sich mit der Rück­nah­me des Fahr­zeugs in Ver­zug, noch hin­sicht­lich der gel­tend ge­mach­ten Ne­ben­for­de­run­gen im vom Land­ge­richt zu­ge­spro­che­nen Um­fang.

III. …

PDF er­stel­len