Ge­le­gent­lich hört man, ein mit ei­ner man­gel­haf­ten Kauf­sa­che be­lie­fer­ter Käu­fer müs­se dem Ver­käu­fer zwei- oder so­gar drei­mal die Ge­le­gen­heit ge­ben, den Man­gel zu be­sei­ti­gen. Das ist falsch! Zwar heißt es in § 440 Satz 2 BGB, dass ei­ne Nach­bes­se­rung im Re­gel­fall „nach dem er­folg­lo­sen zwei­ten Ver­such als fehl­ge­schla­gen“ gilt. Das heißt aber nicht, dass der Ver­käu­fer (min­des­tens) zwei­mal nach­bes­se­ren darf!

Nach­bes­se­rung vs. Er­satz­lie­fe­rung

Nach­bes­sern darf ein Ver­käu­fer näm­lich über­haupt nur, wenn sich der Käu­fer für ei­ne Nach­er­fül­lung durch Man­gel­be­sei­ti­gung (= Nach­bes­se­rung) ent­schei­det. Ver­langt der Käu­fer da­ge­gen als Nach­er­fül­lung be­rech­tig­ter­wei­se die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che (=  Er­satz­lie­fe­rung), dann ist für Nach­bes­se­rungs­ver­su­che des Ver­käu­fers von An­fang an kein Raum. Die Fra­ge, wie oft ein Ver­käu­fer nach­bes­sern darf, stellt sich al­so al­len­falls, wenn der Käu­fer ei­ne Nach­bes­se­rung wünscht oder wenn er zwar ei­ne Er­satz­lie­fe­rung ver­langt, der Ver­käu­fer die­se aber – bei­spiels­wei­se ge­mäß § 439 IV BGB – ver­wei­gern darf.

Frist­set­zung

Selbst dann hat der Ver­käu­fer aber nicht au­to­ma­tisch ein Recht auf (min­des­tens) zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che, auch wenn ihm § 440 Satz 2 BGB ein sol­ches Recht auf den ers­ten Blick zu ge­wäh­ren scheint. Aus § 440 Satz 1 Fall 2, Satz 2 BGB er­gibt sich näm­lich nur, dass der Käu­fer dem Ver­käu­fer nach dem zwei­ten miss­glück­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such nicht noch ei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung set­zen muss, be­vor er vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, den Kauf­preis min­dern und/oder Scha­dens­er­satz ver­lan­gen darf. Die in der Vor­schrift ent­hal­te­ne Fik­ti­on („ei­ne Nach­bes­se­rung gilt … als fehl­ge­schla­gen“) ist al­so nur re­le­vant, wenn der Käu­fer dem Ver­käu­fer kei­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ge­setzt hat, ob­wohl er dies grund­sätz­lich muss (vgl. § 281 I 1 BGB, § 323 I BGB). Nur dann muss der Käu­fer grund­sätz­lich zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che dul­den, be­vor es ihm ge­stat­tet ist, vom Kauf­ver­trag zu­rück­zu­tre­ten, den Kauf­preis zu min­dern und/oder Scha­dens­er­satz zu ver­lan­gen.

Hat der Käu­fer dem Ver­käu­fer da­ge­gen ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­bes­se­rung ge­setzt, ist § 440 BGB nicht ein­schlä­gig. Es kommt dann nur dar­auf an, ob es dem Ver­käu­fer in­ner­halb der Frist ge­lingt, den Man­gel zu be­sei­ti­gen oder nicht (s. da­zu BGH, Urt. v. 26.08.2020 – VI­II ZR 351/19). Ge­lingt es ihm nicht, darf der Käu­fer grund­sätz­lich „so­fort“ zu ei­nem Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, ei­ner Min­de­rung des Kauf­prei­ses und/oder ei­nem Scha­dens­er­satz­ver­lan­gen über­ge­hen. Ei­nen wei­te­ren Nach­bes­se­rungs­ver­such, der au­ßer­halb der dem Ver­käu­fer ge­setz­ten Frist statt­fän­de, muss er nicht zu­las­sen.

An­zahl der Nach­bes­se­rungs­ver­su­che

Auch wenn der Käu­fer dem Ver­käu­fer kei­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat, muss er sich nicht un­ter al­len Um­stän­den auf ei­nen zwei­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such ein­las­sen, wenn dem Ver­käu­fer ei­ne Man­gel­be­sei­ti­gung „im ers­ten An­lauf“ nicht ge­lun­gen ist. Denn ei­ne Nach­bes­se­rung gilt nur dann (erst) nach dem er­folg­lo­sen zwei­ten Ver­such als fehl­ge­schla­gen, „wenn sich nicht ins­be­son­de­re aus der Art der Sa­che oder des Man­gels oder den sons­ti­gen Um­stän­den et­was an­de­res er­gibt“ (§ 440 Satz 2 BGB). Üb­li­cher­wei­se darf der Ver­käu­fer des­halb zwar zwei­mal nach­bes­sern, so­fern § 440 BGB man­gels Frist­set­zung ein­schlä­gig ist. Aus­nahms­wei­se kann dem Käu­fer ein zwei­ter Nach­bes­se­rungs­ver­such al­ler­dings schlecht­hin un­zu­mut­bar sein, so­dass die Nach­bes­se­rung schon nach dem ers­ten miss­glück­ten Ver­such als ge­schei­tert gilt (vgl. OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 29.05.2008 – 8 U 494/07). Um­ge­kehrt darf der Ver­käu­fer aus­nahms­wei­se mehr als zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che be­an­spru­chen, wenn et­wa die Man­gel­be­sei­ti­gung ob­jek­tiv au­ßer­or­dent­lich schwie­rig ist (vgl. BGH, Urt. v. 15.11.2006 – VI­II ZR 166/06 Rn. 15).

Was gilt bei ei­ner Er­satz­lie­fe­rung?

Wann ei­ne Er­satz­lie­fe­rung als fehl­ge­schla­gen gilt, sagt das Ge­setz nicht; § 440 Satz 2 BGB be­trifft nur die Nach­bes­se­rung. Zum Teil wird an­ge­nom­men, ei­ne Er­satz­lie­fe­rung sei (schon dann) fehl­ge­schla­gen, wenn auch die er­satz­wei­se ge­lie­fer­te Sa­che man­gel­haft sei, al­so be­reits nach dem ers­ten er­folg­lo­sen Ver­such. An­de­re stel­len ins­be­son­de­re dar­auf ab, ob der Käu­fer nach dem ers­ten er­folg­lo­sen Ver­such ei­ner Er­satz­lie­fe­rung be­fürch­ten muss, dass er auch „im zwei­ten An­lauf“ kei­ne man­gel­freie Kauf­sa­che er­hal­ten wird. Ist die­se Be­fürch­tung – et­wa we­gen des Ver­dachts ei­nes Kon­struk­ti­ons- oder Pro­duk­ti­ons­feh­lers – ge­recht­fer­tigt, dann muss sich der Käu­fer nach die­ser Auf­fas­sung nicht auf ei­ne zwei­te Er­satz­lie­fe­rung ein­las­sen.

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