Die Klausel

„Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei anderen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend machen. Im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon unverzüglich zu unterrichten, wenn die erste Mangelbeseitigung erfolglos war.“

in den Neuwagen-Verkaufsbedingungen eines Kfz-Händlers benachteiligt den Käufer nicht unangemessen im Sinne von § 307 I 1, II Nr. 1 BGB.

LG Darmstadt, Urteil vom 01.02.2016 – 1 O 295/13

Sachverhalt: Die Klägerin verlangt die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages und Schadensersatz.

Sie kaufte von der Beklagten am 23.06.2012 einen BMW 520d zum Preis von 42.361,01 €. Dem Kaufvertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten zugrunde, die in Abschnitt VII Folgendes bestimmen:

„3. Ansprüche auf Mängelbeseitigung kann der Käufer beim Verkäufer oder bei anderen vom Hersteller/Importeur für die Betreuung des Kaufgegenstandes anerkannten Betrieben geltend machen. Im letzteren Fall hat der Käufer den Verkäufer hiervon unverzüglich zu unterrichten, wenn die erste Mangelbeseitigung erfolglos war.“

Das Fahrzeug wurde der Klägerin am 22.08.2012 übergeben.

Die Klägerin hält den BMW 520d für mangelhaft, weil (a) das Automatikgetriebe mit einem Ruck vom ersten in den zweiten Gang schalte, (b) das Lenkrad ab einer Geschwindigkeit von circa 100 km bis zu einer Geschwindigkeit von circa 140 km vibriere und (c) das Getriebe oberhalb der Leerlaufdrehzahl ruckelig bis „nervös“ schalte, was auf einen Getriebeschaden hinweise.

Diese – behaupteten – Mängel sind nach dem Vortrag der Klägerin bereits kurz nach der Übergabe des Fahrzeugs aufgetreten. Der Zeuge Z habe die Mängel am 09.04.2013 gegenüber dem Mitarbeiter der Beklagten M gerügt und eine unverzügliche Nachbesserung verlangt. M habe geäußert, dass das Ruckeln ein bekanntes Problem sei, für das man keine Lösung habe.

Unstreitig ist, dass M am 09.04.2013 den Fehlerspeicher des Fahrzeugs ausgelesen hat, darin jedoch keine Fehlermeldung abgelegt war. Was am 09.04.2013 darüber hinaus geschah, ist zwischen den Parteien streitig.

Wegen der behaupteten Mängel erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 29.07.2013 den Rücktritt vom Kaufvertrag, nachdem sie jedenfalls am 12.07.2013 in der BMW-Niederlassung N. vorstellig geworden war. Dies hatte sie der Beklagten nicht angezeigt.

Die Beklagte behauptet, das Fahrzeug der Klägerin sei mangelfrei. Sie bestreitet mit Nichtwissen, dass bereits im Mai 2013 ein erfolgloser Nachbesserungsversuch bei einem BMW-Vertragshändler in V. stattgefunden habe. In der BMW-Niederlassung N. – so behauptet die Beklagte – seien jedenfalls am 12.07.2013 die von der Klägerin behaupteten Mängel nicht festzustellen gewesen, obwohl der Zeuge X das streitgegenständliche Fahrzeug dort „auf Herz und Nieren“ geprüft habe.

Nach Auffassung der Beklagten hätte die Klägerin sie über die angeblich von Dritten unternommenen Nachbesserungsversuche informieren müssen. Da dies nicht geschehen sei, wären am 29.07.2013 die Voraussetzungen für einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht erfüllt gewesen.

Die angeblichen Mängel (b) und (c), so macht die Beklagte weiter geltend, habe die Klägerin ihr – der Beklagten – gegenüber nicht gerügt. Auf diese Mängel könne daher ein Rücktritt vom Kaufvertrag ohnehin nicht gestützt werden. Im Übrigen habe sie – die Beklagte – der Klägerin die Nachbesserung des streitgegenständlichen Fahrzeugs angeboten; die Klägerin habe davon aber keinen Gebrauch gemacht.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Die … Klage ist unbegründet. Die Klägerin kann nicht Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß §§ 346 I, 473 Nr. 2 Fall 1, 323 I, 433 BGB in Verbindung mit dem Kaufvertrag vom 23.06.2012 verlangen, weil sie nicht wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten ist.

Im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vom 29.07.2013 – wie auch im Entscheidungszeitpunkt – lagen die vertraglich vereinbarten Rücktrittsvoraussetzungen nicht vor. Selbst wenn man als wahr unterstellt, dass es im Mai 2013 und Juli 2013 in V. und in N. Fremdnachbesserungsversuche gegeben hat, die aber erfolglos geblieben sind, folgt hieraus kein Rücktrittsrecht für die Klägerin, weil sie die – behaupteten – erfolglosen Nachbesserungsversuche nicht bei der Beklagten angezeigt hat. Hierzu war sie aber gemäß Abschnitt VII Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten verpflichtet.

Die Klägerin kann sich nicht darauf zurückziehen, dass es sich weder in V. noch in N. um den „ersten“ Nachbesserungsversuch gehandelt habe, sondern dass der „erste“ Nachbesserungsversuch … am 09.04.2013 … im Hause der Beklagten stattgefunden habe.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass es am 09.04.2013 im Einverständnis mit dem Zeugen Z, der … für die Klägerin auftrat, nicht zu einer abschließenden Fehlersuche und auch nicht zu einem Nachbesserungsversuch gekommen ist.

Zunächst einmal hat sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht bestätigt, dass der Zeuge M gegenüber dem Zeugen Z den behaupteten Mangel „Ruckeln des Getriebes beim Automatik-Schaltvorgang“ eingestanden hat. Dies folgt schon nicht aus der Aussage des Zeugen X. Dieser bekundete in seiner Vernehmung …, dass sich bei der Auswertung des Fehlerspeichers … nur ergeben habe, dass das Fahrzeug einmal mit geöffneter Tür gefahren worden sei und einmal bei Reservetank die Standheizung angemacht worden sei. Sonst seien keine weiteren Fehler gespeichert gewesen. Er bekundete weiter, dass der Zeuge M auf die Frage des Zeugen Z, ob sich der Zeuge M das Fahrzeug anschauen würde, lediglich gesagt habe, „das Ruckeln“ sei „in M. bekannt“, und es könne auch daran liegen, dass im Winter das Öl dickflüssiger sei.

Selbst wenn der Zeuge das tatsächlich so gesagt hat, folgt daraus noch nicht zwangsläufig, dass er mit diesen allgemeinen Aussagen den behaupteten Mangel konkret am Fahrzeug der Klägerin ohne weitergehende Überprüfung eingestanden hat. Und selbst wenn „das Ruckeln“ tatsächlich „i M. bekannt“ wäre, hieße das ja dann noch nicht automatisch, dass dann auch das .Fahrzeug der Klägerin von dem Problem „Ruckeln“ betroffen ist.

Nichts anderes ergibt sich diesbezüglich aus der Aussage des Zeugen M. Vielmehr bekundete der Zeuge glaubhaft, dass er dem Zeugen Z eine Probefahrt am nächsten Tag nahegelegt habe, wenn der Motor richtig kalt sei. Denn der Zeuge Z habe beschrieben, dass „das Ruckeln“ immer morgens direkt nach dem Start auftrete. Deswegen sei eine Probefahrt bei heißem bzw. noch nicht vollständig ausgekühltem Motor nicht sinnvoll für die Fehlersuche gewesen. Der Zeuge Z habe aber das Fahrzeug nicht über Nacht bei der Beklagten … stehen lassen wollen. Er habe gesagt, dass er sich die Sache überlegen ·wolle und sich gegebenenfalls noch einmal melde.

Trotz der Nähe zum Lager der Beklagten bestehen hinsichtlich der Glaubwürdigkeit des Zeugen M keine Zweifel. Vielmehr hatte die Kammer den Eindruck, dass der Zeuge bemüht war, den Sachverhalt aus seiner Erinnerung heraus objektiv wiederzugeben. Ob die Beklagte dem Zeugen Z ein Ersatzfahrzeug hätte anbieten müssen, ist dabei nicht erheblich. Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme einigten sich der Zeuge M und der Zeuge Z darauf, dass der Zeuge Z das Fahrzeug wieder mitnimmt, weil der Zeuge Z sich die Sache noch einmal überlegen wollte. Dass der Zeuge Z sich wegen der großen Entfernung gezwungen gesehen hätte, das Fahrzeug wieder mitzunehmen, hat sich dabei gerade nicht ergeben.

Nach alledem stellt sich der Termin am 09.04:2013 nicht als Nachbesserungsversuch – und deswegen auch nicht als gescheiterter Nachbesserungsversuch – dar. Die Klägerin hätte deswegen die Beklagte von dem klägerseits behaupteten fehlgeschlagenen Termin in V. in Kenntnis setzen müssen und – falls dieser nicht stattgefunden hat – jedenfalls von dem klägerseits behaupteten fehlgeschlagenen Nachbesserungsversuch in N.

Bedenken gegen die Wirksamkeit der Klausel in Abschnitt VII Nr. 3 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten bestehen nicht. Einer AGB-rechtlichen Klauselkontrolle hält die Regelung stand.

Die Klausel ist weder überraschend noch mehrdeutig (§ 305c BGB). Spezielle Klauselverbote i. S. der §§ 308, 309 BGB sind nicht einschlägig.

Die Klausel hält auch einer Inhaltskontrolle nach Maßgabe des § 307 BGB stand. Insbesondere stellt sich die Klausel nicht als eine Benachteiligung des Verbrauchers und als eine Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des Gewährleistungssystems beim Verbrauchsgüterkauf dar. Nach dem gesetzlichen Leitbild ist das Recht zur Nacherfüllung nach § 439 BGB auch beim Verbrauchsgüterkauf das ureigenste Recht des Verkäufers. Wenn also die Beklagte zugunsten des Käufers zulässt, dass auch von anderen BMW-Niederlassungen und/oder Vertragshändlern Nacherfüllungsversuche durchgeführt werden dürfen, so ist es nur recht und billig, wenn sie verlangt, über das Scheitern eines ersten Nachbesserungsversuchs in Kenntnis gesetzt zu werden. Denn jedenfalls dann muss es ihr ermöglicht werden, den zweiten Nachbesserungsversuch selbst in die Hand zu nehmen oder jedenfalls nach dem Scheitern des ersten Nachbesserungsversuchs Kontakt mit dem Käufer aufzunehmen, um das weitere Vorgehen abzustimmen. Das kann sie aber nur, wenn sie vom Scheitern des ersten Nacherfüllungsversuchs Kenntnis hat.

Da der Anspruch in der Hauptsache nicht besteht, waren die geltend gemachten Zinsansprüche, der Anspruch auf Ersatz der Bereitstellungsgebühr sowie der Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Anwaltskosten nebst Zinsen … ebenfalls abzuweisen. …

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