1. Angaben, die ein Kraftfahrzeughersteller zum Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs macht, sind nicht so zu verstehen, dass das Fahrzeug beim regulären Betrieb im Straßenverkehr – jederzeit und unter allen Umständen – nicht mehr Kraftstoff verbraucht als angegeben. Denn der tatsächliche Kraftstoffverbrauch hängt vom individuellen Fahrverhalten sowie vom Alter und vom Zustand des Fahrzeugs ab. Ein Käufer kann daher lediglich i. S. von § 434 I 2 Nr. 2, Satz 3 BGB erwarten, dass die angegebenen Verbrauchswerte unter standardisierten Testbedingungen jederzeit reproduzierbar sind (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, NJW-RR 2013, 1146).
  2. Hinsichtlich seines Kraftstoffverbrauchs ist ein Kraftfahrzeug nur dann i. S. von § 434 I 1 BGB oder § 434 I 2 Nr. 2, Satz 3 BGB mangelhaft, wenn der unter standardisierten Testbedingungen gemessene Kraftstoffverbrauch um mehr als 10 % zum Nachteil des Käufers von den Herstellerangaben abweicht (vgl. BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VIII ZR 19/05, NJW 2007, 2111).

LG München II, Urteil vom 15.05.2020 – 13 O 4777/16
(nachfolgend: OLG München, Beschluss vom 17.11.2020 – 23 U 3551/20)

Sachverhalt: Der Kläger erwarb von dem beklagten Kfz-Händler mit Kaufvertrag vom 06.10.2015 einen gebrauchten Pkw Toyota Yaris zum Preis von 16.610 €. Das Fahrzeug, das am 13.08.2014 erstzugelassen worden war und eine Laufleistung von 4.247 km aufwies, ist ein sogenanntes Hybridfahrzeug; es verfügt sowohl über einen Verbrennungsmotor als auch über einen elektrischen Antrieb (Elektromotor und Batterie). Der Kläger zahlte an den Beklagten 5.000 € und finanzierte den restlichen Kaufpreis, indem er mit der Toyota Kreditbank GmbH einen Darlehensvertrag schloss. Das Darlehen mit einem effektiven Jahreszins von 3,99 % sollte der Kläger in 48 monatliche Raten zu je 272 € zurückzahlen, was mittlerweile auch geschenen ist.

Im Rahmen der Kaufvertragsverhandlungen hatte der Verkaufsmitarbeiter V des Beklagten dem Kläger den Toyota Yaris vorgestellt und auf dessen niedrigen Verbrauch hingewiesen. V hatte dem Kläger ein Datenblatt des Fahrzeugherstellers vorgelegt, in dem der kombinierte Durchschnittsverbrauch für Fahrten inner- und außerorts mit 3,3 l bis 3,6 l auf 100 km angegeben war.

Am 29.04.2016 (Kilometerstand: 10.900) rügte der Kläger gegenüber dem Beklagten, dass der Verbrauch deutlich höher als 3,5 l/100 km sei. Am selben Tag stellte der Beklagte fest, dass der Bordcomputer tatsächlich einen Durchschnittsverbrauch von 5,4 l/100 km auswies.

Mit Schreiben vom 15.07.2016 rügte der Kläger nochmals gegenüber dem Beklagten, dass der streitgegenständliche Toyota Yaris deutlich mehr als 3,5 l Kraftstoff auf 100 km verbrauche, und er forderte den Beklagten insoweit auf, bis zum 17.08.2016 nachzuerfüllen. Mit Schreiben vom 25.08.2016 setzte der Kläger dem Beklagten eine Nachfrist zur Nacherfüllung bis zum 05.09.2016. Der Beklagte unternahm nichts. Mit Schreiben vom 04.10.2016 erklärte der Kläger deshalb schließlich gegenüber dem Beklagten den Rücktritt vom Kaufvertrag.

Der Kläger behauptet, er habe ein „energiesparendes“ Fahrzeug erwerben wollen. V habe ihm bei den Kaufvertragsverhandlungen zugesichert, dass der kombinierte Durchschnittsverbrauch des Toyota Yaris bei 3,5 l/100 km liege; darauf habe er – der Kläger – sich verlassen. Tatsächlich sei der Verbrauch aber wesentlich höher. Er habe den Verbrauch nach dem 29.04.2016 selbst gemessen und dabei festgestellt, dass dieser „bis zu 6,8 l/100 km“ betrage. Der Kläger meint, dass sein Fahrzeug mit Blick auf den am 29.04.2016 durch Auslesen des Bordcomputers festgestellten Durchschnittsverbrauchs (5,4 l/100 km) und den von ihm festgestellten Verbrauch von bis zu 6,8 l/100 km mangelhaft sei. Wegen dieses Mangels sei er nach dem erfolglosen Ablauf der Frist zur Nacherfüllung, die er dem Beklagten gesetzt habe, wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Der Beklagte müsse ihm deshalb den Kaufpreis für das Fahrzeug zurückzahlen, ihm seine Aufwendungen, insbesondere die Aufwendungen zur Finanzierung des Kaufpreises, ersetzen und ihm vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten erstatten.

Dementsprechend hat der Kläger beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 7.021,91 € nebst Zinsen sowie dazu zu verurteilen, ihn – den Kläger – von sämtlichen Verbindlichkeiten aus dem mit der Toyota Kreditbank GmbH geschlossenen Darlehensvertrag durch Zahlung freizustellen, und zwar Zug um Zug gegen Rückgewähr des Toyota Yaris. Außerdem hat der Kläger den Beklagten auf Erstattung vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € nebst Zinsen in Anspruch genommen und die Feststellung des Annahmeverzugs des Beklagten begehrt.

Der Beklagte stellt einen Mangel des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Abrede. Das Fahrzeug habe keinen höheren als den vom Hersteller angegebenen Kraftstoffverbrauch (3,3 l–3,6 l/100 km). Auf den im Bordcomputer gespeicherten Wert von 5,4 l/100 km komme es nicht an, da dieser durch das individuelle Fahrverhalten des Klägers beeinflusst sei.

Die Klage hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Der vom Kläger behauptete Sachmangel eines erheblichen Kraftstoffmehrverbrauchs im Vergleich zu den Hersteller- und Verkäuferangaben liegt nicht vor. Daher war der Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag nicht berechtigt. In der Folge hat er auch keinen Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises und der Finanzierungsaufwendungen. Weitergehend besteht auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Schließlich ist der Beklagte nicht zur Rücknahme des Fahrzeugs verpflichtet, und er befindet sich insoweit auch nicht im Annahmeverzug.

A. Keine Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs

I. Rechtliche Grundlagen

Die Verbrauchsangaben aus dem als Anlage K 9 vorgelegten Datenblatt beinhalten öffentliche Äußerungen des Herstellers Toyota i. S. von § 434 I 3 BGB. Sie waren dem Beklagten bzw. dem bei ihm angestellten Verkäufer V, dessen Wissen dem Beklagten zuzurechnen ist (§ 166 I BGB), auch bekannt. Die in dem Datenblatt enthaltenen Aussagen stellen daher eine Beschaffenheit i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar, die der Kläger als Käufer erwarten konnte. Für den im streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Hybridmotor weist das Datenblatt einen kombinierten Verbrauch von 3,3 l bis 3,6 l je 100 km aus.

Für das Vorliegen eines Mangels in Gestalt eines Kraftstoffmehrverbrauchs kommt es nicht darauf an, ob die vom Käufer bei Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr erzielten Verbrauchswerte die Herstellerangaben überschreiten. Denn der tatsächliche Verbrauch hängt vom individuellen Fahrverhalten und vom Alter und Zustand des Fahrzeugs ab. Die Verbrauchsangaben sind daher nicht so zu verstehen, dass sie jederzeit und unter allen Umständen im Straßenverkehr erreicht bzw. eingehalten werden. Sie sind vielmehr so verstehen, dass die Verbrauchsangaben bei einer den gesetzlichen Vorgaben für eine Fahrzeugzulassung entsprechenden Prüfung auf einem genormten Prüfstand jederzeit reproduzierbar sind (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, NJW-RR 2013, 1146). Im Hinblick auf die dabei gemessenen Werte ist weiter zu beachten, dass ein serienmäßig hergestelltes Kraftfahrzeug zwar einem geprüften und zugelassenen Fahrzeugtyp entspricht, es aber trotz Baugleichheit technisch nicht zu vermeidende kleine Unterschiede gibt. Vor diesem Hintergrund liegt ein Mangel nur dann vor, wenn der gemessene Verbrauch um eine Toleranzgrenze von mehr als 10 % über der Herstellerangabe liegt (vgl. BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VIII ZR 19/05, NJW 2007, 2111 Rn. 3 f.1Hinweis: Mit Beschluss vom 08.05.2007 – VIII ZR 19/05 – hat der BGH nicht entschieden, dass ein Kraftfahrzeug wegen seines Kraftstoffverbrauch erst dann mangelhaft ist, wenn der Kraftstoffverbrauch um mehr als 10 % zum Nachteil des Käufers von den Herstellerangaben abweicht. Der BGH hat im Gegenteil darauf hingewiesen, dass für die Mangelhaftigkeit als solche keine Erheblichkeitsschwelle gelte, ein erheblicher, den Käufer zum Rücktritt berechtigender Mangel aber erst vorliege, wenn der Kraftstoffverbrauch um mehr als 10 % von den Herstellerangaben abweiche.).

II. Sachverständige Begutachtung

1. Verwertung der sachverständigen Feststellungen und Ergebnisse

Der Sachverständige hat die Gerichtsakte ausgewertet und die technischen Daten des Fahrzeugs recherchiert. Er hat des Weiteren eine labormäßige Untersuchung des Fahrzeugs im Hinblick auf dessen Kraftstoffverbrauch auf einem genormten Rollenprüfstand durch den TÜV Pfalz veranlasst. Den technischen Bericht des TÜV Pfalz hat er ausgewertet und erläutert. Die gutachterlichen Ausführungen einschließlich der Erläuterung des technischen Berichts des TÜV Pfalz, sowohl im schriftlichen Gutachten als auch im Ergänzungsgutachten, waren klar, schlüssig nachvollziehbar und überzeugend. Gleiches gilt für seine Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2020. Zu den Einwänden der Parteien hat der Gutachter Stellung genommen und deren Fragen erschöpfend beantwortet. Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen Ausführungen bestehen daher nicht. Das Gericht legt die Feststellungen und Ergebnisse des Sachverständigen daher seiner Urteilsfindung zugrunde.

2. Ergebnis der Begutachtung

Das Fahrzeug wurde durch den TÜV Pfalz auf einem Rollenprüfstand auf seinen Kraftstoffverbrauch hin geprüft. Dabei hat das Fahrzeug einen vorgegebenen Fahrzyklus viermal unter den Bedingungen innerörtlichen Verkehrs und viermal unter den Bedingungen außerörtlichen Verkehrs durchfahren. Die Messergebnisse wurden für jeden Fahrzyklus dokumentiert. Aus den jeweiligen Messungen innerorts und außerorts wurde jeweils ein Wert für den kombinierten Verbrauch errechnet. Die vier Werte für den kombinierten Verbrauch lagen zwischen 3,34 1 je 100 km und 3,78 1 je 100 km. Aus diesen vier Werten wurde sodann ein Mittelwert für den kombinierten Verbrauch errechnet. Dieser Wert lag bei 3,57 1 je 100 km.

Zweifel an der ordnungsgemäßen Ermittlung dieses Wertes anhand der vom Sachverständigen als einschlägig benannten Regelungen – Verordnung (EG) Nr. 715/2007 und Regelung Nr. 101 der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (UN/ECE R 101), dort Anhang 8 Nr. 5.1. und die dort vorgeschriebenen Fahrzyklen und Prüfbedingungen – bestehen nicht.

3. Einwand des Klägers hinsichtlich der mangelnden Brauchbarkeit des Gutachtens

Der Sachverständige hat in seinem Ergänzungsgutachten vom 02.10.2019 und in seiner mündlichen Anhörung am 24.01.2020 zum Einwand der Klagepartei Stellung genommen, dass keine Messung der Energieflüsse des Elektroantriebs und in der Folge keine Korrektur der Einzelverbrauchswerte vorgenommen wurde. Insoweit, aber auch nur insoweit, liegt nach Angaben des Sachverständigen eine Abweichung von den Prüfvorgaben vor. Der Sachverständige hat zu den damit verbundenen Auswirkungen erläutert, dass für den Fall, dass die Batterie nicht zu 100 % ordnungsgemäß geladen sei, eine Korrektur der gemessenen Verbrauchswerte erforderlich werde. Ohne eine solche Korrektur seien ein niedrigerer Wert des Innerortsverbrauchs und ein höherer Wert des Außerortsverbrauchs gegeben. Hintergrund sei, dass bei Fahrten innerorts der Elektroantrieb häufiger zum Einsatz komme, weil vergleichsweise niedrige Geschwindigkeiten gefahren würden und die Batterie dabei entladen werde. Außerorts, bei höheren Geschwindigkeiten, komme der Verbrennungsmotor verstärkt zum Einsatz und die Batterie werde gleichzeitig geladen. Das alles komme aber nur bei einem nicht ordnungsgemäßen Ladezustand der Batterie zum Tragen. Aufgrund fehlender Messung der Energieflüsse könne keine messtechnische Aussage dazu getroffen werden, wie der Ladezustand der Batterie gewesen sei. Dessen ungeachtet, sei aber nicht mit einem erheblichen Korrekturbedarf wegen des Ladezustands und daher im Ergebnis auch nicht mit erheblichen Abweichungen zu rechnen. Denn das Fahrzeug sei vor Beginn der Messungen dadurch vorkonditioniert worden, dass es den Prüfvorgaben gemäß den Normzyklus zweimal durchfahren habe. Da zugleich unstreitig sei, dass das Fahrzeug in technisch einwandfreiem Zustand gewesen sei und bei der Untersuchung keine technischen Mängel festgestellt worden seien, sei davon auszugehen, dass der Elektroantrieb und die Batterie ordnungsgemäß funktioniert hätten und die Batterie sich in einem für den Straßenverkehr ordnungsgemäßen Ladezustand befunden habe. In der Folge sei das Ergebnis des kombinierten Verbrauchs hiervon nicht betroffen, „da dieser für den gesamten Testzyklus repräsentativ ist, der Ladezustand der Hybridbatterie vor und nach dem Normzyklus (NEFZ) grundsätzlich das gleiche Niveau erreicht und ein Mittelwert aus vier Messungen gebildet wurde“. Die Schwankungen der kombinierten Verbrauchswerte der einzelnen Messungen zwischen 3,34 l und 3,78 1 je 100 km seien aus technischer Sicht auch nicht hoch. Mit anderen Worten sei zu prognostizieren, dass bei einer Korrektur der Einzelverbrauchswerte durch die zu messenden Energiezuflüsse mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der gleiche kombinierte Verbrauchswert erreicht werde. Allenfalls sei mit geringen Abweichungen zu rechnen, die aber ebenfalls zu einem Mehrverbrauch im Bereich von etwa 8 % im Verhältnis zu einem Verbrauchswert von 3,3 l je 100 km führen würden.

Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass der Sachverständige den beschriebenen Einwand der Klagepartei gegen die Richtigkeit der Messergebnisse überzeugend widerlegt hat und der gemessene Wert eines kombinierten Verbrauchs von 3,57 l je 100 km zutreffend ist.

Der Sachverständige hat weiter erklärt, dass, um eine Messung des Energieflusses durchführen zu können, das Fahrzeug mit einem Bauteil versehen werden müsse, welches die Stromabnahme mittels einer Messzange ermögliche. Solche Bauteile würden nur in Referenzfahrzeuge eingebaut, die von den Herstellern im Rahmen der Typzulassung zur Prüfung vorgestellt würden. Sie seien in Serienfahrzeugen nicht enthalten, weil sie dort nicht benötigt würden. Das streitgegenständliche Fahrzeug müsste dementsprechend nachgerüstet werden.

Der Kläger trägt die Beweislast für das Vorliegen eines Mangels. Es obliegt demgemäß ihm, sein Fahrzeug entsprechend nachzurüsten und eine erneute Prüfung zu ermöglichen. Der Kläger hat die Nachrüstung bisher weder veranlasst, noch dargelegt, dass er sie veranlassen werde. Die von Klageseite begehrte Vorlage von Unterlagen vom Hersteller Toyota nach Maßgabe der §§ 428, 142 ZPO (vgl. Schriftsatz vom 28.02.2020) ist nicht zielführend, zumal die Klageseite auch keine Urkunden konkret benennt. Die Ergänzung der Prüfung kann nach überzeugender Darstellung des Sachverständigen nicht durch die Auswertung von Unterlagen, sondern nur durch die Messung des Ladezustands der Batterie erfolgen, was aber eine entsprechende Nachrüstung des klägerischen Fahrzeugs voraussetzt. Vor diesem Hintergrund ist eine erneute labormäßige Fahrzeuguntersuchung zur Feststellung der Verbrauchswerte nicht möglich. Der Kläger bleibt daher für seine Behauptung, eine erneute Messung würde zu einem erheblich höheren kombinierten Verbrauchswert führen, beweisfällig.

III. Ergebnis

Der Wert des festgestellten kombinierten Verbrauchs liegt für das streitgegenständliche Fahrzeug bei 3,57 l je 100 km. Er liegt daher innerhalb der vom Hersteller Toyota im Datenblatt (Anlage K 9) für den kombinierten Verbrauch angegebenen Bereich von 3,3 l bis 3,6 1 je 100 km. Er liegt damit um 8,18 % über dem im Datenblatt )(Anlage K 9) angegebenen unteren Wert von 3,3 l. Insoweit liegt er noch in einem Toleranzbereich von 10 % oberhalb der Herstellerangaben, innerhalb dessen kein Mangel vorliegt. Er liegt zugleich aber auch unterhalb des im Datenblatt angegeben oberen Wertes von 3,6 1 je 100 km.

Auf die Frage, ob der Zeuge V als angestellter Verkäufer des Beklagten im Verkaufsgespräch eine Zusage gemacht hat, dass der kombinierte Verbrauch bei 3,5 1 je 100 km liege, kommt es aufgrund des sachverständig ermittelten Wertes von 3,57 1 je 100 km nicht mehr an. Denn in diesem Fall läge die Überschreitung bei 0,07 1 je 100 km, was einen Mehrverbrauch von knapp 2 % bedeuten würde. Ein Mangel i. S. des § 434 I 1 BGB oder des § 434 I 2 Nr. 2 BGB liegt also in Ermangelung der Überschreitung der Toleranzgrenze von 10 % auch dann nicht vor.

B. Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit

Hinweis: Mit Beschluss vom 17.11.2020 – 23 U 3551/20 – hat der 23. Zivilsenat des OLG München darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, die Berufung des Klägers gegen das vorstehende Urteil gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung sei, dass das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg habe. In dem Hinweisbeschluss heißt es:

„Das Landgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen. … Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags (§ 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 434 I, 323 I, 346, 348 BGB) sowie auf Erstattung notwendiger Verwendungen und vergeblicher Aufwendungen.

Das Landgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass bei dem Fahrzeug kein Sachmangel i. S. des § 434 I BGB vorliegt.

1 Nach § 434 I BGB ist eine Sache frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang eine vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist (Satz 1), sich für eine nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet (Satz 2 Nr. 1) oder sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (Satz 2 Nr. 2).

2 Der Kläger hat eine Beschaffenheitsvereinbarung dahin gehend, dass das Fahrzeug auch im realen Betrieb und nicht nur auf dem Prüfstand lediglich 3,5 l pro 100 km verbraucht, nicht hinreichend dargelegt.

2.1 Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH setzt eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB voraus, dass der Verkäufer in vertragsgemäß bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft der Kaufsache übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen (BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VIII ZR 253/05, juris Rn. 13; Urt. v. 26.04.2017 – VIII ZR 80/16, juris Rn. 13). An das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 I 1 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen; unter der Geltung des neuen Schuldrechts kommt sie nicht mehr im Zweifel, sondern nur noch in eindeutigen Fällen in Betracht (BGH, Urt. v. 20.03.2019 – VIII ZR 213/18, juris Rn. 22).

2.2 Der Kläger hat vorgetragen, der Zeuge V habe in einem ersten Schritt das Fahrzeug mit einem Ausdruck aus den Internetseiten der Toyota Deutschland GmbH beworben. In einem zweiten Schritt habe er das Fahrzeug damit beworben, dass sich in Bezug auf eigene Erfahrungen und die Auswertung des Bordcomputers der Wert mit durchschnittlich 3,5 l pro 100 km bestätigt habe. Selbst wenn – was der Beklagte bestreitet – der Zeuge V dies geäußert hat, läge keine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. von § 434 I 1 BGB vor. Der Kläger selbst geht davon aus, dass der Zeuge mit diesen Ausführungen das Fahrzeug „beworben“ hat. Dass der Zeuge V nähere Angaben dazu gemacht hat, wie er den Wert von 3,5 l pro 100 km ermittelt hat, das heißt, welche Strecken unter welchen Bedingungen mit dem Fahrzeug zurückgelegt wurden, hat der Kläger nicht dargetan. Er hat vielmehr bei seiner informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2017 ausgeführt, der Zeuge V habe ihm gesagt, 3,5 l seien ausreichend. Darüber, unter welchen Bedingungen bzw. auf welchen Strecken der Verbrauch festgestellt wurde, sei nicht gesprochen worden (S. 3 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2017).

Der Senat verkennt nicht, dass es sich vorliegend nicht um ein Neufahrzeug handelt, sondern der Beklagte das Fahrzeug etwa 14 Monate lang als Vorführwagen genutzt hat. Allein der Umstand, dass dem Beklagten daher über die Herstellerangaben hinaus der tatsächliche Verbrauch bekannt war oder bekannt sein konnte, hat jedoch nicht zur Folge, dass die bloße Angabe, 3,5 l seien ausreichend, zu einer verbindlichen Zusage wird. Da die tatsächlichen Verbrauchswerte im üblichen Verkehrsgeschehen von einer Reihe unwägbarer, von Fall zu Fall verschiedener Faktoren abhängen, war für den Kläger nämlich ohne Weiteres erkennbar, dass die sich bei seiner individuellen Fahrweise ergebenden Werte nicht dem genannten Verbrauchswert entsprechen müssen. Die Angaben des Zeugen V stellen damit lediglich eine werbende, anpreisende Erklärung dar, nicht jedoch eine verbindliche Zusicherung.

3 Die Feststellung des Landgerichts, der Kläger habe nicht nachweisen können, dass der Kraftstoffverbrauch von den Herstellerangaben um mehr als 10 % abweicht, ist in sich widerspruchsfrei und nachvollziehbar.

3.1 Auch wenn der Käufer mehr an Angaben über den tatsächlichen Verbrauch unter realen Bedingungen als an dem Verbrauch auf dem Prüfstand interessiert ist, konnte der Kläger die Erklärung des Zeugen V unter Vorlage des Datenblatts nur so verstehen, dass die Herstellerangaben auf einer verobjektivierenden Grundlage beruhten und sich der bei individueller Fahrweise erzielte Kraftstoffverbrauch mit den angegebenen Werten nicht decken musste (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.1997 – VIII ZR 52/96, BGHZ 136, 94 = juris Rn. 9). Der Kläger konnte daher nur erwarten, dass die im Datenblatt angegebenen Werte unter Testbedingungen reproduzierbar sind (OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, juris Rn. 37).

Nach der Rechtsprechung des BGH stellt es nur eine unerhebliche Minderung des Fahrzeugwerts dar, wenn der Kraftstoffverbrauch eines Fahrzeugs um weniger als 10 % von den Herstellerangaben abweicht, wobei die Abweichung vom Durchschnittswert maßgebend ist (BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VIII ZR 19/05, juris Rn. 3).

3.2 Die durchgeführte Beweisaufnahme hat nicht ergeben, dass der Kraftstoffverbrauch von den Herstellerangaben um mehr als 10 % abweicht; dieser liegt vielmehr in dem vom Hersteller angegebenen Intervall.

3.2.1 Das Landgericht hat insoweit ausgeführt, der Sachverständige habe dargelegt, beim viermaligen Durchfahren eines vorgegebenen Fahrzyklus habe sich ein Mittelwert für den kombinierten Verbrauch von 3,57 l je 100 km ergeben. Zweifel an der Richtigkeit der gutachterlichen Ausführungen bestünden nicht; der Sachverständige habe seine Ausführungen klar, schlüssig nachvollziehbar und überzeugend gemacht und in der mündlichen Verhandlung vom 24.01.2020 zu den Einwänden der Parteien Stellung genommen und deren Fragen erschöpfend beantwortet.

3.2.2 Die Feststellungen des Landgerichts sind für den Senat grundsätzlich bindend. Konkrete Anhaltspunkte i. S. des § 529 I Nr. 1 ZPO, aus denen sich Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Feststellungen des Landgerichts ergeben könnten, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich.

3.2.2.1 Entgegen der Ansicht des Klägers hat das Landgericht nicht völlig ausgeblendet, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug nicht um ein Fahrzeug mit reinem Verbrennungsmotor handelt. Das Landgericht hat vielmehr ausgeführt, der Sachverständige habe erläutert, dass für den Fall, dass die Batterie nicht zu 100 % geladen ist, eine Korrektur der gemessenen Werte erforderlich würde. Aufgrund einer fehlenden Messung der Energieflüsse könne keine messtechnische Aussage dazu getroffen werden, wie der Ladezustand der Batterie gewesen sei. Eine Messung des Energieflusses habe nicht erfolgen können, da das Fahrzeug hierfür erst hätte nachgerüstet werden müssen. Nach den Angaben des Sachverständigen sei jedoch nicht mit einem erheblichen Korrekturbedarf und daher nicht mit erheblichen Abweichungen der Messwerte zu rechnen. Zum einen sei das Fahrzeug durch ein zweimaliges Durchfahren des Normzyklus vorkonditioniert worden. Zum anderen sei zu erwarten, dass mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit derselbe kombinierte Verbrauchswert erreicht würde, da bei einer Korrektur der Wert für den Verbrauch innerorts nach oben, der Wert für den Verbrauch außerorts nach unten korrigiert werden müsste.

3.2.2.2 Die Auffassung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat sich umfassend mit den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des Sachverständigen auseinandergesetzt. Das Landgericht hat ausführlich dargelegt, weshalb es den Angaben des Sachverständigen S folgt, dass auch bei einer Messung der Energieflüsse nicht mit einem erheblichen Korrekturbedarf zu rechnen sei. Der Sachverständige hat in seiner ergänzenden gutachtlichen Stellungnahme vom 02.10.2019 (S. 5) umfassend dargelegt, dass das streitgegenständliche Fahrzeug vor den durchgeführten Verbrauchsmessungen zweimal im gesamten Normzyklus vorkonditioniert worden sei. Danach seien die vier Verbrauchsmessungen im NEFZ durchgeführt worden. Bei dieser Vorgehensweise werde jeweils vor und nach jeder Messung der charakteristische Ladezustand der Hybridbatterie erreicht mit lediglich kleinen Schwankungen. Diese Schwankungen würden zusätzlich dadurch ausgeglichen, dass insgesamt vier Messungen des Kraftstoffverbrauchs durchgeführt und ein Mittelwert gebildet worden seien. Aus technischer Sicht sei daher zu prognostizieren, dass sich im kombinierten Verbrauchswert keine Änderungen ergeben würden und sich der im Gutachten ursprünglich benannte Mehrverbrauch von 8,18 % mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit geringen möglichen Abweichungen aufgrund der üblichen Toleranzen bei einer erneuten Prüfung wieder ergeben werde bzw. festgestellt werden würde (S. 5 f. des Gutachtens). Soweit der Sachverständige auf den ‚ursprünglich benannten Mehrverbrauch von 8,18 %‘ Bezug nimmt, ist zu berücksichtigen, dass die Herstellerangaben einen Verbrauch von 3,3 l bis 3,6 l pro 100 km angeben und der im Gutachten ermittelte Mittelwert 3,57 l pro 100 km beträgt, mithin innerhalb des Intervalls liegt. Ein Mehrverbrauch von 8,18 % liegt lediglich in Bezug auf den unteren Wert des Intervalls von 3,3 l pro 100 km vor.

3.2.2.3 Anhaltspunkte für eine mangelnde Sachkunde des Sachverständigen hat das Landgericht nicht gesehen und der Kläger auch nicht nachvollziehbar dargetan.

Eine mangelnde Sachkunde des Sachverständigen ergibt sich nicht daraus, dass der Sachverständige S mit einem Sachverständigen zusammenarbeitet, dessen Qualifikation mit ‚Sachverständiger für Kfz, Hybrid- und Elektrofahrzeuge, Anlagen und techn. Geräte; Leistungsmessung; Messtechnik‘ umschrieben ist, und er diesen nicht bei der Erstattung des Gutachtens hinzugezogen hat. Weshalb sich hieraus eine mangelnde Eignung des Sachverständigen S ergeben soll, erschließt sich nicht.

Anhaltspunkte für eine mangelnde Sachkunde des Sachverständigen ergeben sich auch nicht daraus, dass dieser als Ergebnis seiner Begutachtung einen Mittelwert und nicht ein Intervall angegeben hat. Die Angabe eines Intervalls war nicht erforderlich, da die Begutachtung nicht im Rahmen des Zulassungsverfahrens erfolgte, sondern im Rahmen der Überprüfung der Herstellerangaben.

3.2.2.4 Soweit der Kläger in seiner Berufung beanstandet, bei der Messung sei der ermittelte Kraftstoffverbrauch innerorts um 16,13 % geringer ausgefallen als im Datenblatt hinterlegt und dies widerspreche jedem wirtschaftlichen Denken und Handeln, ist zu berücksichtigen, dass der Sachverständige dies widerspruchsfrei und nachvollziehbar in seiner Anhörung ausführlich erläutert hat (S. 4 f. des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 25.07.2019). Weitere Fragen hierzu hätte der Kläger in dieser Anhörung stellen können.

3.2.2.5 Soweit der Kläger in der Berufung vorbringt, die dritte Messung sei atypisch und damit unbrauchbar (S. 9 der Berufungsbegründung), ist zu berücksichtigen, dass der persönlich anwesende Kläger insoweit Fragen bei der Anhörung des Sachverständigen am 25.07.2019 hätte stellen können.

3.3 Ein Sachverständigengutachten zum realen Verbrauch musste das Landgericht nicht erholen, da hinsichtlich des realen Verbrauchs keine Beschaffenheitsvereinbarung vorliegt (s. Ziffer 2).

3.4 Entgegen der Ansicht des Klägers war das Landgericht nicht verpflichtet, die Toyota Deutschland GmbH nach § 142 ZPO zur Vorlage sämtlicher für die Begutachtung des Verbrauchs erforderlichen Informationen aufzufordern. Insoweit ist bereits nicht ersichtlich, welche Informationen die Toyota Deutschland GmbH vorlegen soll. Soweit der Kläger ausgeführt hat, es sollten insbesondere die für die Messung relevanten Informationen zur Korrektur des Verbrauchs über die Energieflüsse des Elektroantriebs sowie Daten und Einbauanleitung der Vorbereitung zur Strommessung mittels einer Messzange zwischen Hybridbatterie und Elektromotor vorgelegt werden, ist eine Vorlage nicht erforderlich, da der Sachverständige ausgeführt hat, es sei nicht mit einem erheblichen Korrekturbedarf und daher nicht mit erheblichen Abweichungen der Messwerte zu rechnen (s. Ziffer 3.2.2.1). …

PDF erstellen