1. Schon das Be­ste­hen, nicht erst die Er­he­bung der Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags ge­mäß § 320 BGB schließt die Durch­setz­bar­keit der im Ge­gen­sei­tig­keits­ver­hält­nis zu der nicht er­füll­ten Ge­gen­for­de­rung ste­hen­den For­de­rung und da­mit ei­nen Rück­tritt nach § 323 I BGB aus. Das gilt auch bei der Män­ge­l­ein­re­de.
  2. Der Käu­fer darf den Kauf­preis auch dann ins­ge­samt zu­rück­hal­ten, wenn ein Man­gel der Sa­che erst nach der Lie­fe­rung bzw. Über­ga­be be­merkt wird.

BGH, Ur­teil vom 14.02.2020 – V ZR 11/18

Sach­ver­halt: Der Klä­ger hat­te mit der Streit­hel­fe­rin, sei­ner da­ma­li­gen Ehe­frau, ein Miets­haus ge­kauft und den Kauf durch ein mit Grund­pfand­rech­ten ge­si­cher­tes Dar­le­hen fi­nan­ziert. 2008 wur­de das Grund­stück im Zu­sam­men­hang mit der Schei­dung der Ehe­leu­te in hälf­ti­ges Mit­ei­gen­tum auf­ge­teilt. Die al­lei­ni­ge Ver­wal­tung des Ob­jekts über­nahm die Streit­hel­fe­rin. Mit no­ta­ri­el­lem Ver­trag vom 17.12.2009 ver­kauf­te der Klä­ger der Be­klag­ten sei­nen Mit­ei­gen­tums­an­teil für 583.500 €. Von dem Kauf­preis soll­ten 83.500 € bar be­zahlt wer­den, was auch ge­schah. Die rest­li­chen 500.000 € soll­ten durch Frei­stel­lung des Klä­gers von den Ka­pi­tal­dienst­ver­pflich­tun­gen er­bracht wer­den. Da­zu war in dem Ver­trag vor­ge­se­hen, dass der Ka­pi­tal­dienst für das Dar­le­hen von mo­nat­lich 5.800 € wei­ter­hin von dem Haus­kon­to ein­ge­zo­gen wer­den sol­le, die Be­klag­te al­ler­dings sich bei der Ver­wal­tung des Grund­be­sit­zes er­ge­ben­de Un­ter­de­ckun­gen des Haus­kon­tos durch Ein­zah­lun­gen auf die­ses Kon­to aus­zu­glei­chen ha­be. Für den Fall der Nicht­er­fül­lung der Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung sieht der Ver­trag ein Rück­tritts­recht des Klä­gers vor.

Mit Schrei­ben vom 10.12.2011 ver­lang­te die Streit­hel­fe­rin von dem Klä­ger die Er­stat­tung von 29.000 € als Aus­gleich für von ihr ge­leis­te­te Zah­lun­gen auf das Dar­le­hen für den Zeit­raum von Fe­bru­ar bis No­vem­ber 2011. Der Klä­ger for­der­te die Be­klag­te un­ter Frist­set­zung ver­geb­lich zur Frei­stel­lung von die­ser Ver­pflich­tung auf und trat mit Schrei­ben vom 21.07.2012 von dem Kauf­ver­trag zu­rück. Er ver­langt von der Be­klag­ten die Ab­ga­be der für die Rück­ab­wick­lung des Ver­trags er­for­der­li­chen Er­klä­run­gen so­wie Scha­dens­er­satz in Hö­he von 11.592,31 € nebst Zin­sen. Kurz vor der Er­klä­rung des Rück­tritts, am 18.07.2012, hat­te der Klä­ger sei­nen frü­he­ren hälf­ti­gen Mit­ei­gen­tums­an­teil an den jet­zi­gen Ehe­mann der Streit­hel­fe­rin ver­äu­ßert und sich zur Aus­übung des Rück­tritts von dem Kauf­ver­trag mit der Be­klag­ten ver­pflich­tet. Dem Ver­trag war ei­ne Ver­ein­ba­rung bei­ge­fügt, in der der An­spruch auf Ge­samt­schuld­ne­rin­nen­aus­gleich ge­stun­det wur­de.

Die Be­klag­te wen­det sich ge­gen den Rück­tritt des Klä­gers un­ter an­de­rem un­ter Gel­tend­ma­chung ei­nes Zu­rück­be­hal­tungs­rechts auf­grund be­haup­te­ter Män­gel (u. a. Schwamm­be­fall, Brand­schutz­män­gel, Män­gel an der Grund­lei­tung des Ge­bäu­des, un­zu­rei­chen­de Wär­me­däm­mung an ver­schie­de­nen Bau­tei­len, un­zu­rei­chen­de Ab­dich­tung der Sou­ter­rain­wän­de) im Ge­samt­vo­lu­men von 563.000 € und ver­langt wi­der­kla­gend Frei­stel­lung von au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten von 7.868,28 €.

Das Land­ge­richt hat Kla­ge und Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Klä­gers hat das Ober­lan­des­ge­richt das Ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur er­neu­ten Ent­schei­dung an das Land­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen. Mit dem ers­ten Re­vi­si­ons­ur­teil (v. 22.01.2016 – V ZR 196/14, NJW 2016, 2274) hat der Se­nat das Be­ru­fungs­ur­teil auf­ge­ho­ben und die Sa­che zur ei­ge­nen Sach­ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen. Mit dem vor­lie­gen­den zwei­ten Be­ru­fungs­ur­teil hat das Ober­lan­des­ge­richt der Rück­ab­wick­lungs­kla­ge zum über­wie­gen­den Teil statt­ge­ge­ben und die Be­klag­te un­ter Ab­wei­sung der Kla­ge im Üb­ri­gen zur Ab­ga­be der zur Rück­ab­wick­lung er­for­der­li­chen Er­klä­run­gen Zug um Zug ge­gen Zah­lung von 81.686,64 € ver­ur­teilt. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat es zu­rück­ge­wie­sen. Durch Er­gän­zungs­ur­teil hat das Ober­lan­des­ge­richt die der Streit­hel­fe­rin ent­stan­de­nen Kos­ten teils der Be­klag­ten, teils dem Klä­ger auf­er­legt.

Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wur­den das Be­ru­fungs­ur­teil und das Er­gän­zungs­ur­teil im Kos­ten­punkt und in­so­weit auf­ge­ho­ben, als zum Nach­teil der Be­klag­ten er­kannt wor­den ist. Die Sa­che wur­de zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an ei­nen an­de­ren Se­nat des Be­ru­fungs­ge­richts zu­rück­ver­wie­sen. Die An­schluss­re­vi­si­on des Klä­gers war da­mit ge­gen­stands­los.

Aus den Grün­den: [4]    I. Nach An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts ist der Rück­tritt des Klä­gers von dem Kauf­ver­trag wirk­sam, so­dass er des­sen Rück­ab­wick­lung ver­lan­gen kön­ne. In dem Ver­trag hät­ten die Par­tei­en zwar nicht aus­drück­lich ge­re­gelt, dass der Klä­ger nicht nur den Aus­gleich von Un­ter­de­ckun­gen des Haus­kon­tos, son­dern auch Frei­stel­lung von sei­nen Pflich­ten aus dem Ge­samt­schuld­ner­ver­hält­nis zu der Streit­hel­fe­rin ver­lan­gen kön­ne. Letz­te­res ent­spre­che aber dem Sinn und Zweck des Ver­trags. Der Kauf­preis ha­be durch die Frei­stel­lung von den Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten ent­rich­tet wer­den sol­len. Die­ses Ziel sei ur­sprüng­lich durch die Ver­pflich­tung zum Aus­gleich von Un­ter­de­ckun­gen des Haus­kon­tos zu er­rei­chen ge­we­sen, weil von die­sem auch die Dar­le­hens­ver­pflich­tun­gen be­dient wor­den sei­en. Nach­dem aber die Streit­hel­fe­rin die Ver­pflich­tun­gen aus dem Dar­le­hen un­mit­tel­bar ge­gen­über der Bank be­gli­chen ha­be und Ge­samt­schuld­ner­aus­gleich au­ßer­halb des Haus­kon­tos ver­lan­ge, sei das an­ge­streb­te Ziel ei­ner Be­zah­lung des Kauf­prei­ses durch Aus­gleich von Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten nur in der Wei­se zu er­rei­chen, dass der Klä­ger von den Ver­bind­lich­kei­ten ge­gen­über der Streit­hel­fe­rin frei­ge­stellt wer­de. Dem Frei­stel­lungs­an­spruch kön­ne die Be­klag­te nicht ent­ge­gen­hal­ten, dass die For­de­rung der Streit­hel­fe­rin ge­gen den Klä­ger nicht nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt wor­den sei, die Streit­hel­fe­rin über die Ein­nah­men aus dem Grund­stück nicht ab­ge­rech­net ha­be und der Be­klag­ten an­der­wei­ti­ge An­sprü­che ge­gen die­se zu­stün­den. Es sei näm­lich Auf­ga­be der Be­klag­ten als Frei­stel­lungs­schuld­ne­rin, sol­che Ein­wän­de ge­gen­über der Streit­hel­fe­rin gel­tend zu ma­chen, nicht die Auf­ga­be des Klä­gers als Frei­stel­lungs­gläu­bi­ger. An­halts­punk­te für ei­ne ab­wei­chen­de ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung sei­en nicht fest­zu­stel­len. Dem Ver­trag sei viel­mehr zu ent­neh­men, dass der Klä­ger end­gül­tig von den Dar­le­hens­ver­pflich­tun­gen be­freit wer­den und sich nicht mehr mit der Streit­hel­fe­rin ha­be aus­ein­an­der­set­zen sol­len.

[5]    Der Frei­stel­lungs­an­spruch schei­te­re nicht an der Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags. Die Be­klag­te ha­be sich zum Zeit­punkt des Rück­tritts mit der Er­fül­lung ih­rer Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung in Ver­zug be­fun­den. Aus der et­wai­gen Ver­let­zung ver­trag­li­cher Ab­rech­nungs­pflich­ten durch den Klä­ger er­ge­be sich we­gen de­ren ge­rin­gen Um­fangs kein Recht der Be­klag­ten, die Er­fül­lung ih­rer Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung voll­stän­dig zu ver­wei­gern. Ih­rem Ver­zug stün­den auch Sach­män­gel nicht ent­ge­gen. Nach­bes­se­rung kön­ne sie be­reits des­halb nicht ver­lan­gen, weil sie nur hälf­ti­ges Mit­ei­gen­tum er­wor­ben ha­be. Ein even­tu­el­ler An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der man­gel­frei­en Leis­tung be­lau­fe sich al­len­falls auf 308.311,72 €, über­stei­ge die noch of­fe­ne Kauf­preis­schuld al­so nicht und füh­re da­her nicht zu ei­ner Ein­re­de, wel­che die Wirk­sam­keit des Rück­tritts aus­schlös­se. Glei­ches gel­te für die ver­trags­wid­rig un­ter­blie­be­ne Ab­tre­tung von Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­chen ge­gen Drit­te in ei­nem Um­fang von 150.000 €. Al­ler­dings kön­ne die Be­klag­te Rück­zah­lung des in bar ge­zahl­ten Teils des Kauf­prei­ses so­wie der von ihr ge­leis­te­ten Zah­lun­gen zum Aus­gleich von Un­ter­de­ckun­gen auf dem Haus­kon­to ver­lan­gen.

[6]    Als Fol­ge des Rück­tritts ha­be die Be­klag­te die zur Rück­ab­wick­lung des Ver­trags er­for­der­li­chen Er­klä­run­gen ab­zu­ge­ben, fer­ner ha­be sie dem Klä­ger au­ßer­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten zu er­set­zen. Der gel­tend ge­mach­te An­spruch auf Aus­kehr ver­ein­nahm­ter Miet­erträ­ge und auf Er­satz ei­nes Min­der­er­lö­ses aus dem Wei­ter­ver­kauf des Mit­ei­gen­tums­an­teils be­ste­he hin­ge­gen nicht. Die Wi­der­kla­ge sei un­be­grün­det.

[7]    II. Dies hält recht­li­cher Nach­prü­fung in we­sent­li­chen Punk­ten nicht stand. Das Be­ru­fungs­ur­teil und das Er­gän­zungs­ur­teil sind auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten auf­zu­he­ben. Die An­schluss­re­vi­si­on des Klä­gers wird da­mit ge­gen­stands­los.

Zu­läs­sig­keit der Re­vi­si­on

[8]    Die Re­vi­si­on ist ins­ge­samt zu­läs­sig. Dies gilt auch, so­weit sie sich ge­gen das Er­gän­zungs­ur­teil rich­tet. Ist die Re­vi­si­on ge­gen das vor­an­ge­gan­ge­ne Ur­teil zu­läs­sig, dann ist sie auch ge­gen das Er­gän­zungs­ur­teil zu­läs­sig, wenn die­ses – wie hier – aus­schließ­lich den Kos­ten­punkt be­trifft (vgl. Se­nat, Urt. v. 17.10.2003 – V ZR 71/03, VIZ 2004, 234, 235 f. und BGH, Urt. v. 06.07.2006 – III ZR 13/05, WM 2006, 1956 Rn. 4 je­weils m. w. Nachw.).

Be­grün­det­heit der Re­vi­si­on

[9]    Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten hat auch in der Sa­che Er­folg.

[10]   Der Klä­ger kann von der Be­klag­ten die Ab­ga­be der Er­klä­run­gen, die für die Rück­ge­währ der auf­grund des Kauf­ver­trags der Par­tei­en sei­ner­seits er­brach­ten Leis­tun­gen er­for­der­lich sind, nur auf­grund von § 346 I BGB und nur ver­lan­gen, wenn er nach § 323 I BGB in Ver­bin­dung mit der Rück­tritts­re­ge­lung in Nr. 5.6 des Ver­trags wirk­sam von dem Ver­trag zu­rück­ge­tre­ten ist. Das ist der Fall, wenn die Be­klag­te zur Frei­stel­lung des Klä­gers auch von sei­nen Ver­pflich­tun­gen ge­gen­über der Streit­hel­fe­rin aus der ge­mein­sa­men Ver­pflich­tung ge­gen­über der dar­le­hens­ge­ben­den Bank ver­pflich­tet ist (un­ten A), wenn die­se Ver­pflich­tung fäl­lig ist (un­ten B), wenn sie durch­setz­bar ist (un­ten C) und wenn die Be­klag­te ihr in­ner­halb ei­ner Frist von sechs Wo­chen nicht nach­ge­kom­men ist. Die von dem Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­ne Be­grün­dung trägt sei­ne An­nah­me, die­se Vor­aus­set­zun­gen lä­gen vor, in zwei ent­schei­den­den Punk­ten nicht.

[11]   A. Rechts­feh­ler­frei nimmt das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings an, dass die Be­klag­te den Klä­ger auch von sei­nen Aus­gleichs­ver­pflich­tun­gen als Ge­samt­schuld­ner der Dar­le­hens­ver­bind­lich­kei­ten im Ver­hält­nis zur Streit­hel­fe­rin frei­zu­stel­len hat.

[12]   1. Zu die­sem Er­geb­nis ge­langt das Be­ru­fungs­ge­richt auf­grund ei­ner Aus­le­gung der Frei­stel­lungs­ver­ein­ba­rung im Kauf­ver­trag der Par­tei­en. Die­se Aus­le­gung ist im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nur ein­ge­schränkt über­prüf­bar (vgl. Se­nat, Urt. v. 22.04.2016 – V ZR 189/15, NZM 2016, 640 Rn. 7; Urt. v. 21.10.2016 – V ZR 78/16, ZfIR 2017, 355 Rn. 20) und in die­sem Rah­men nicht zu be­an­stan­den. Durch den Aus­gleich et­wai­ger Un­ter­de­ckun­gen auf dem Haus­kon­to soll­te die Be­klag­te nach Nr. 3.2.(a) des Ver­trags ih­rer Ver­pflich­tung, den Klä­ger von der Be­las­tung mit dem Ka­pi­tal­dienst ge­gen­über der Bank frei­zu­stel­len, auch oh­ne Ab­rech­nun­gen sei­tens der Streit­hel­fe­rin ge­nü­gen kön­nen. Nach­dem die Streit­hel­fe­rin den Ka­pi­tal­dienst nicht mehr über das Haus­kon­to ab­wi­ckel­te, konn­te die Re­ge­lung ih­ren Zweck nicht mehr er­fül­len; folg­lich ent­spricht die von dem Be­ru­fungs­ge­richt an­ge­nom­me­ne Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung auch hin­sicht­lich ei­nes An­spruchs der Streit­hel­fe­rin aus dem Ge­sichts­punkt des In­nen­aus­gleichs un­ter Ge­samt­schuld­nern den In­ter­es­sen der Ver­trags­par­tei­en (vgl. da­zu das ers­te Re­vi­si­ons­ur­teil des Se­nats vom 22.01.2016 – V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 Rn. 24–26). Hier­ge­gen er­hebt die Re­vi­si­on auch kei­ne Ein­wän­de.

[13]   2. Im Er­geb­nis nicht zu be­an­stan­den ist auch die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, die Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung der Be­klag­ten set­ze we­der ei­ne Ab­rech­nung des Klä­gers noch ei­ne Ab­rech­nung der Streit­hel­fe­rin über die Ver­wal­tung des An­we­sens vor­aus.

[14]   a) Zu­tref­fend geht das Be­ru­fungs­ge­richt da­von aus, dass die Ab­wehr von For­de­run­gen, von de­nen der Frei­stel­lungs­gläu­bi­ger frei­zu­stel­len ist, nach all­ge­mei­nen Grund­sät­zen nicht des­sen Auf­ga­be, son­dern Sa­che des Frei­stel­lungs­ver­pflich­te­ten ist (Se­nat, Urt. v. 19.04.2002 – V ZR 3/01, WM 2002, 1358, 1359; Urt. v. 22.01.2016 – V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 Rn. 27; BGH, Urt. v. 19.01.1983 – IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729, 1730; Urt. v. 15.12.2010 – VI­II ZR 86/09, WM 2011, 861 Rn. 12). Rich­tig ist wei­ter, dass die Par­tei­en von der Mög­lich­keit, die­ses Pflich­ten­pro­gramm ver­trag­lich ab­wei­chend zu ge­stal­ten, kei­nen Ge­brauch ge­macht ha­ben. Sie ha­ben le­dig­lich die Ab­wick­lung über das Haus­kon­to ver­ein­bart, die ih­nen die Aus­ein­an­der­set­zung mit der Streit­hel­fe­rin er­spa­ren soll­te.

[15]   b) Ein an­de­res Er­geb­nis lässt sich auch nicht mit­tels ei­ner er­gän­zen­den Aus­le­gung des Ver­trags der Par­tei­en er­rei­chen. Die – an sich ge­bo­te­ne (vgl. ers­tes Re­vi­si­ons­ur­teil des Se­nats vom 22.01.2016 – V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 Rn. 27) – Prü­fung, ob ei­ne sol­che Aus­le­gung des Ver­trags der Par­tei­en mög­lich ist, hat das Be­ru­fungs­ge­richt zwar nicht an­ge­stellt. Der Se­nat kann sie aber auf­grund der sei­ner Nach­prü­fung un­ter­lie­gen­den tat­säch­li­chen Grund­la­gen nach­ho­len, weil die hier­für er­for­der­li­chen Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen und wei­te­re Fest­stel­lun­gen nicht zu er­war­ten sind (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 12.12.1997 – V ZR 250/96, NJW 1998, 1219 f.; Urt. v. 12.10.2012 – V ZR 222/11, NJW-RR 2013, 494 Rn. 16; Beschl. v. 18.07.2019 – V ZR 77/18, NZM 2019, 904 Rn. 3). Da­nach schei­det ei­ne er­gän­zen­de Ver­trags­aus­le­gung aus.

[16]   aa) Zwei­fel­haft ist schon, ob die Ver­ein­ba­run­gen der Par­tei­en über die Frei­stel­lung des Klä­gers über­haupt ei­ne plan­wid­ri­ge Lü­cke auf­wei­sen; ei­ne sol­che ist die Vor­aus­set­zung für ei­ne er­gän­zen­de Ver­trags­aus­le­gung (vgl. Se­nat, Urt. v. 12.10.2012 – V ZR 222/11, NJW-RR 2013, 494 Rn. 9, Urt. v. 23.05.2014 – V ZR 208/12, NJW 2014, 3439 Rn. 8; Urt. v. 30.06.2017 – V ZR 248/16, WM 2017, 1937 Rn. 7). Der Kauf­preis für den Mit­ei­gen­tums­an­teil des Klä­gers soll­te nach den Vor­stel­lun­gen der Par­tei­en zum weit über­wie­gen­den Teil aus dem An­teil der Be­klag­ten an den Miet­über­schüs­sen und durch Zu­zah­lun­gen der Be­klag­ten be­gli­chen wer­den. Nach der Prä­am­bel des Ver­trags war ih­nen klar, dass sie we­der et­wai­ge Miet­über­schüs­se noch den Zu­zah­lungs­be­darf fest­stel­len konn­ten, weil die Streit­hel­fe­rin die Mie­ten al­lei­ne ver­ein­nahm­te und nicht ab­rech­ne­te. Se­hen­den Au­ges ha­ben sie sich zu ei­ner Ab­rech­nung über das Haus­kon­to ent­schlos­sen, die aber nur so lan­ge funk­tio­nie­ren konn­te, wie die Streit­hel­fe­rin tat­säch­lich über das Haus­kon­to ab­rech­ne­te.

[17]   bb) Ei­ne er­gän­zen­de Ver­trags­aus­le­gung schei­tert je­den­falls dar­an, dass sich der hy­po­the­ti­sche Wil­le der Par­tei­en, wie für ei­ne er­gän­zen­de Ver­trags­aus­le­gung er­for­der­lich (BGH, Urt. v. 20.07.2005 – VI­II ZR 397/03, WM 2005, 1963, 1965 f.), nicht fest­stel­len lässt. Die Par­tei­en ha­ben näm­lich, wor­auf der Se­nat schon im ers­ten Re­vi­si­ons­ur­teil hin­ge­wie­sen hat (Urt. v. 22.01.2016 – V ZR 196/14, NJW 2016, 2274 Rn. 27), mit der letzt­lich ge­schei­ter­ten Re­ge­lung zwei mit­ein­an­der un­ver­ein­ba­re Zie­le er­rei­chen wol­len: Ei­ner­seits soll­te der Klä­ger die Rech­te aus sei­nem Mit­ei­gen­tums­an­teil voll­stän­dig an die Be­klag­te über­tra­gen und durch die­se von sei­nen Dar­le­hens­ver­pflich­tun­gen frei­ge­stellt wer­den. An­de­rer­seits woll­te die Be­klag­te ei­ne Aus­ein­an­der­set­zung mit der Streit­hel­fe­rin über die Ab­rech­nung der Miet­ein­nah­men, von de­ren Wohn­vor­tei­len und der Aus­ga­ben ver­mei­den; die­se Ab­rech­nung konn­te aber auch der Klä­ger nicht er­rei­chen. In die­ser Si­tua­ti­on kommt ei­ne er­gän­zen­de Ver­trags­aus­le­gung nicht in Be­tracht. Es bleibt des­halb bei dem nor­ma­len Pflich­ten­pro­gramm ei­ner Frei­stel­lungs­ver­ein­ba­rung und da­mit bei der Ver­pflich­tung der Be­klag­ten, Aus­gleichs­an­sprü­che der Streit­hel­fe­rin ab­zu­weh­ren.

[18]   c) Dar­an än­dert es nichts, dass ein Frei­stel­lungs­gläu­bi­ger im Grund­satz ver­pflich­tet ist, ei­nen Frei­stel­lungs­schuld­ner über die Grund­la­gen, die Hö­he und die Ein­wen­dun­gen und Ein­re­den ge­gen die For­de­run­gen, die Ge­gen­stand der Frei­stel­lung sein sol­len, zu un­ter­rich­ten (Se­nat, Urt. v. 17.07.2009 – V ZR 254/08, NJW-RR 2010, 200 Rn. 37; BGH, Urt. v. 19.01.1983 – IVa ZR 116/81, NJW 1983, 1729, 1730). Hier be­steht ei­ne sol­che Ver­pflich­tung näm­lich nicht. Der Um­fang der Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung der Be­klag­ten hängt al­lein von dem Er­geb­nis ei­ner Ab­rech­nung der Miet­ein­nah­men, der an­zu­ech­nen­den Miet­vor­tei­le und der Aus­ga­ben für das Ge­bäu­de auf dem Grund­stück ab, die nur die Streit­hel­fe­rin vor­neh­men kann, nach der Prä­am­bel des Ver­trags aber schon in der Ver­gan­gen­heit nicht vor­ge­nom­men hat und auch wei­ter­hin nicht vor­nimmt. Es war des­halb von vorn­her­ein klar, dass die Er­tei­lung sol­cher In­for­ma­tio­nen nach den Vor­schrif­ten des Ge­mein­schafts­rechts ge­gen­über der Streit­hel­fe­rin durch­ge­setzt wer­den müss­te. In ei­ner sol­chen Si­tua­ti­on be­ste­hen kei­ne Ne­ben­pflich­ten des Frei­stel­lungs­gläu­bi­gers. Viel­mehr bleibt es al­lein Auf­ga­be des Frei­stel­lungs­schuld­ners, hier der Be­klag­ten, sich die zur Ab­wehr un­be­rech­tig­ter An­sprü­che er­for­der­li­chen In­for­ma­tio­nen zu be­schaf­fen.

[19]   B. Oh­ne Er­folg wen­det die Be­klag­te wei­ter ein, der Frei­stel­lungs­an­spruch sei im Zeit­punkt des Rück­tritts nicht fäl­lig ge­we­sen.

[20]   1. Die Be­klag­te stützt ih­ren Ein­wand auf ei­ne Re­ge­lung in der zwi­schen der Streit­hel­fe­rin und dem Klä­ger vom 18.07.2012 ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung, wo­nach die Streit­hel­fe­rin dem Klä­ger den An­spruch aus dem Ge­sichts­punkt des Ge­samt­schuld­ne­rin­nen­aus­gleichs „stun­det“, bis die­ser nach der Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags mit der Be­klag­ten wie­der als Ei­gen­tü­mer in das Grund­buch ein­ge­tra­gen oder der Rück­tritt ge­schei­tert sei. Die­se Ver­ein­ba­rung be­rührt aber die Fäl­lig­keit des Frei­stel­lungs­an­spruchs nicht.

[21]   2. Die Ver­ein­ba­rung be­trifft nur das In­nen­ver­hält­nis zwi­schen der Streit­hel­fe­rin und dem Klä­ger. Sie ist nicht als Stun­dungs­ab­re­de, son­dern als pac­tum de non pe­ten­do aus­zu­le­gen, das im Ge­gen­satz zur Stun­dung nicht die Fäl­lig­keit hin­aus­schiebt, son­dern le­dig­lich ei­ne ge­richt­li­che Aus­ein­an­der­set­zung über ei­ne For­de­rung einst­wei­len ver­hin­dern soll (vgl. BGH, Beschl. v. 25.03.1998 – VI­II ZR 298/97, NJW 1998, 2060, 2061; Urt. v. 28.02.2002 – VII ZR 455/00, WM 2002, 872, 873 je­weils m. w. Nachw.). Die­se bis­lang un­ter­blie­be­ne Aus­le­gung kann der Se­nat man­gels zu er­war­ten­der wei­te­rer Fest­stel­lun­gen selbst vor­neh­men. Für sie spricht, dass der Klä­ger den Rück­tritt von dem Ver­trag mit der Be­klag­ten, der die Grund­la­ge der Ver­ein­ba­rung vom 18.07.2012 bil­den soll­te, auf die un­ter­blie­be­ne Frei­stel­lung von sei­nen Ver­pflich­tun­gen aus dem Ge­samt­schuld­ne­rin­nen­aus­gleich stüt­zen woll­te. Ei­ne Stun­dung der Aus­gleichs­ver­pflich­tung hät­te die­sen Rück­tritts­grund zu Fall ge­bracht und war er­sicht­lich we­der ge­wollt noch ver­an­lasst. Die Qua­li­fi­ka­ti­on der Ver­ein­ba­rung als pac­tum de non pe­ten­do stützt auch der Um­stand, dass die Ver­ein­ba­rung zwi­schen der Streit­hel­fe­rin und dem Klä­ger vom 18.07.2012 die zwi­schen ih­nen be­ste­hen­den ver­mö­gens­recht­li­chen Kon­flik­te um­fas­send be­rei­ni­gen und ein an­hän­gi­ges fa­mi­li­en­recht­li­ches Ver­fah­ren für die Dau­er des Still­hal­tens der Streit­hel­fe­rin hin­sicht­lich des An­spruchs aus dem Ge­samt­schuld­ne­rin­nen­aus­gleich ru­hen soll­te.

[22]   C. Im Er­geb­nis nicht trag­fä­hig ist al­ler­dings die Be­grün­dung, mit wel­cher das Be­ru­fungs­ge­richt die Durch­setz­bar­keit des Frei­stel­lungs­an­spruchs be­jaht, auf des­sen Nicht­er­fül­lung der Klä­ger sei­nen Rück­tritt stützt. Es kann an der Durch­setz­bar­keit des Frei­stel­lungs­an­spruchs feh­len, weil der Be­klag­ten mög­li­cher­wei­se die Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags ge­mäß § 320 I BGB und die auf die glei­che Vor­schrift zu stüt­zen­de Män­ge­l­ein­re­de zu­stan­den. Dann aber wä­ren der Rück­tritt un­wirk­sam und die auf ihn ge­stütz­te Rück­ab­wick­lungs­kla­ge un­be­grün­det.

[23]   1. Noch zu­tref­fend nimmt das Be­ru­fungs­ge­richt al­ler­dings an, die Durch­setz­bar­keit des Frei­stel­lungs­an­spruchs und da­mit die Wirk­sam­keit des Rück­tritts schei­ter­ten nicht an der feh­len­den ei­ge­nen Ver­trags­treue des Klä­gers.

[24]   a) Al­ler­dings ist um­strit­ten, ob der Rück­tritt des Gläu­bi­gers sei­ne ei­ge­ne Ver­trags­treue vor­aus­setzt. Bei ei­nem Rück­tritt nach § 326 BGB a.F. war die ei­ge­ne Ver­trags­treue des Gläu­bi­gers ei­ne un­ge­schrie­be­ne Tat­be­stands­vor­aus­set­zung (vgl. da­zu Se­nat, Urt. v. 13.11.1998 – V ZR 386/97, ZIP 1999, 367, 369 m. w. Nachw.). Ob sie auch für ei­nen Rück­tritt nach § 323 BGB n.F. gilt, um den es hier geht, wird un­ter­schied­lich be­ur­teilt. Teils wird die Fra­ge be­jaht, teils aber auch mit der Be­grün­dung ver­neint, im Hin­blick auf die stren­gen Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Aus­schluss des Rück­tritts­rechts in § 323 VI BGB stel­le die ei­ge­ne Ver­trags­treue des Gläu­bi­gers kei­ne ei­gen­stän­di­ge Tat­be­stands­vor­aus­set­zung des § 323 BGB mehr dar (da­zu aus­führ­lich BeckOGK/Loo­schel­ders, Stand: 01.12.2019, § 323 BGB Rn. 103 f. m. w. Nachw. zu bei­den An­sich­ten). Die­se Fra­ge muss hier nicht ent­schie­den wer­den.

[25]   b) Das Be­ru­fungs­ge­richt kommt näm­lich rechts­feh­ler­frei zu dem Er­geb­nis, der Klä­ger ha­be sei­ne Ver­trags­treue­pflicht nicht ver­letzt.

[26]   aa) Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten er­gibt sich ei­ne Ver­let­zung sei­ner Ver­trags­treue­pflicht durch den Klä­ger nicht dar­aus, dass er, wie sie meint, sei­ne Pflicht zur Un­ter­stüt­zung al­ler Be­mü­hun­gen zur Dar­le­hens­ab­lö­sung nach Nr. 3.2.(c)(aa) des Ver­trags ver­letzt hat, in­dem er sei­ne Zu­stim­mung zur Dar­le­hens­über­nah­me nicht er­teilt hat. Zwei­fel­haft ist schon, ob der Klä­ger da­zu über­haupt ver­pflich­tet war. Die Dar­le­hens­ab­lö­sung soll­te näm­lich nach den ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen ihm selbst, nicht der Be­klag­ten güns­tig sein. Je­den­falls ist die Ab­lö­sung des Dar­le­hens nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nicht an der Ver­wei­ge­rung der Zu­stim­mung durch den Klä­ger, son­dern an der Ver­wei­ge­rung der Zu­stim­mung durch die Streit­hel­fe­rin ge­schei­tert. Au­ßer­dem hat­te der Klä­ger, wie das Be­ru­fungs­ge­richt fest­ge­stellt hat, der Be­klag­ten ei­ne aus­rei­chen­de Voll­macht er­teilt, so­dass die Be­klag­te die ver­lang­te Zu­stim­mung selbst wirk­sam hät­te er­klä­ren kön­nen.

[27]   bb) Feh­len­de ei­ge­ne Ver­trags­treue des Klä­gers er­gibt auch die Be­haup­tung der Be­klag­ten nicht, der Klä­ger ha­be oh­ne Rück­spra­che mit ihr Ver­län­ge­rungs- und Um­schul­dungs­ver­ein­ba­run­gen ab­ge­schlos­sen. Der Klä­ger darf zwar nach der Re­ge­lung in Nr. 3.2.(c)(cc)(β) des Ver­trags sei­ne Rech­te ge­gen­über der Bank nur nach vor­he­ri­ger Ab­stim­mung mit der Be­klag­ten aus­üben. Das er­gibt ein Feh­len der ei­ge­nen Ver­trags­treue des Klä­gers aber nur, wenn sol­che Ver­ein­ba­run­gen vor der Er­klä­rung des Rück­tritts er­folgt wä­ren und wenn sie für die Be­klag­te nach­tei­lig ge­we­sen sein soll­ten. Das zeigt die Be­klag­te nicht auf. In dem in der Re­vi­si­ons­be­grün­dung in Be­zug ge­nom­me­nen Vor­trag führt sie nur aus, ihr sei der In­halt der be­haup­te­ten Ver­län­ge­rungs- und Um­schul­dungs­ver­ein­ba­run­gen im Ein­zel­nen un­be­kannt.

[28]   cc) Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten folgt das Feh­len der ei­ge­nen Ver­trags­treue des Klä­gers auch nicht dar­aus, dass er sich durch den Ab­schluss des Kauf­ver­trags mit dem jet­zi­gen Ehe­mann der Streit­hel­fe­rin vom 18.07.2012 von dem Ver­trag mit der Be­klag­ten los­ge­sagt hät­te. In die­sem Ver­trag ist zwar ver­ein­bart, dass der Klä­ger ge­gen­über der Be­klag­ten den Rück­tritt er­klä­ren und sei­nen an die­se über­tra­ge­nen Mit­ei­gen­tums­an­teil an den Ehe­mann der Streit­hel­fe­rin ver­äu­ßern soll. Da­mit hat es al­ler­dings nicht sein Be­wen­den. Viel­mehr heißt es in dem Ver­trag wei­ter, dass der Ver­kauf nur für den Fall ei­nes wirk­sa­men Rück­tritts durch­ge­führt wird, und es mög­li­cher­wei­se nicht zu ei­nem sol­chen kommt. Dass der Klä­ger den Rück­tritt auch für den Fall zu er­klä­ren hät­te, dass des­sen recht­li­che Vor­aus­set­zun­gen nicht vor­lie­gen, lässt sich dem Ver­trag da­ge­gen nicht ent­neh­men.

[29]   2. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat aber nicht er­kannt, dass der Be­klag­ten nach ih­rem Vor­trag bei Er­klä­rung des Rück­tritts die Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags ge­mäß § 320 I BGB zu­ge­stan­den ha­ben kann. Trä­fe dies zu, wä­re der Frei­stel­lungs­an­spruch des Klä­gers schon we­gen des Be­ste­hens der Ein­re­de bei der Er­klä­rung des Rück­tritts nicht durch­setz­bar ge­we­sen und der Rück­tritt dar­an ge­schei­tert.

[30]   a) Das Be­ste­hen die­ser Ein­re­de er­gibt sich al­ler­dings nicht schon aus dem Vor­trag der Be­klag­ten, der Klä­ger ha­be ihr ent­ge­gen Nr. 3.2.(b)(aa) des Ver­trags kei­ne Kon­to­voll­macht über die Haus­kon­ten er­teilt so­wie ent­ge­gen Nr. 3.2.(b)(dd) des Ver­trags nicht an der zü­gi­gen Er­rich­tung ei­nes neu­en Haus­kon­tos mit­ge­wirkt, wes­we­gen im Zeit­raum von Mai 2010 bis Ju­li 2011 Mie­ten in Hö­he von 75.000 € auf dem al­ten Haus­kon­to ein­ge­gan­gen sei­en, über die sie nicht ha­be ver­fü­gen kön­nen, von de­nen ihr aber die Hälf­te zu­ge­stan­den ha­be. Aus die­sen Um­stän­den könn­te ein Scha­dens­er­satz­an­spruch oder ei­ne Ein­re­de der Be­klag­ten aus § 320 I 1 BGB in­des­sen nur fol­gen, wenn die be­haup­te­ten Miet­ein­gän­ge ganz oder teil­wei­se we­der für die Ver­wal­tung des An­we­sens noch für die Til­gung des Dar­le­hens ein­zu­set­zen ge­we­sen wä­ren. Die Be­klag­te zeigt aber kei­nen sub­stan­zi­ier­ten Vor­trag da­zu auf.

[31]   b) Auch die von der Be­klag­ten be­haup­te­te un­ter­blie­be­ne Vor­la­ge ei­ner auf den wirt­schaft­li­chen Über­gang be­zo­ge­nen Ab­rech­nung stellt die Durch­setz­bar­keit des Frei­stel­lungs­an­spruchs des Klä­gers nicht in­fra­ge. Zwar hat sich der Klä­ger in Nr. 7.2. des Ver­trags ver­pflich­tet, be­zo­gen auf den Stich­tag des wirt­schaft­li­chen Über­gangs die stich­tags­über­grei­fen­den Nut­zun­gen und Las­ten ab­zu­rech­nen. Al­ler­dings ist die Be­klag­te mit der Er­fül­lung ih­rer Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung dies­be­züg­lich vor­leis­tungs­pflich­tig, was nach § 320 I 1 Halb­satz 2 BGB der Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags ent­ge­gen­steht. Die Vor­leis­tungs­pflicht wur­de von den Par­tei­en da­durch kon­klu­dent ver­ein­bart, dass sie den Ver­trag in dem Be­wusst­sein schlos­sen, dass die Streit­hel­fe­rin seit Jah­ren nicht über die Ver­wal­tung des ge­mein­schaft­li­chen Grund­stücks ab­ge­rech­net hat­te, al­so da­von aus­gin­gen, dass der Klä­ger die vor­ge­se­he­ne Ab­rech­nung nicht oh­ne Wei­te­res vor­le­gen konn­te. Die Durch­füh­rung der in Nr. 3.2.(a) des Ver­trags vor­ge­se­he­nen Frei­stel­lung konn­te des­halb nur ge­lin­gen, wenn die Be­klag­te be­züg­lich der Frei­stel­lung vor­leis­tungs­pflich­tig war. Ih­re Vor­leis­tungs­pflicht wird da­durch aus­ge­gli­chen, dass ihr der Klä­ger al­le ihm ge­gen­über der Streit­hel­fe­rin zu­ste­hen­den Ab­rech­nungs- und Aus­kunfts­an­sprü­che ab­ge­tre­ten hat.

[32]   c) Nichts an­de­res gilt für ei­ne mög­li­che Ver­let­zung von Nr. 4.1.(b) des Ver­trags. Da­nach ga­ran­tiert der Klä­ger, dass kei­ne die Be­klag­te bin­den­de Ver­ein­ba­rung über die Nut­zungs­ent­schä­di­gung be­züg­lich der von der Streit­hel­fe­rin ge­nutz­ten Woh­nung be­ste­he. Es kann da­hin­ste­hen, ob – wie die Be­klag­te be­haup­tet – zwi­schen dem Klä­ger und der Streit­hel­fe­rin ver­ein­bart wur­de, dass die­se kei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung zu zah­len ha­be. Denn ei­ne sol­che Ver­ein­ba­rung wür­de die Be­klag­te ge­mäß § 1010 I BGB nur bin­den, wenn sie als Be­las­tung im Grund­buch ein­ge­tra­gen wä­re, was nach dem in Nr. 1.1 des Kauf­ver­trags be­schrie­be­nen Grund­buch­stand nicht der Fall ist.

[33]   d) Die Durch­setz­bar­keit des Frei­stel­lungs­an­spruchs des Klä­gers kann aber nach dem – als Even­tu­al­be­grün­dung der Ein­re­de un­ab­hän­gig von der Rang­fol­ge zu be­rück­sich­ti­gen­den (da­zu: OLG Köln, Urt. v. 14.01.1970 – 18 U 95/69, MDR 1970, 686; Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 79. Aufl., § 214 Rn. 2 für Ein­re­de der Ver­jäh­rung) – Vor­trag der Be­klag­ten dar­an schei­tern, dass der Klä­ger der Be­klag­ten sei­ne Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­gen frü­he­re Ei­gen­tü­mer, Hand­wer­ker, Schä­di­ger und sons­ti­ge Drit­te nicht wirk­sam ab­ge­tre­ten hat und die Be­klag­te des­halb nach § 320 I BGB zur Ver­wei­ge­rung der Frei­stel­lung be­rech­tigt war.

[34]   aa) Zur Ab­tre­tung die­ser An­sprü­che an die Be­klag­te hat sich der Klä­ger in Nr. 7.5. des Kauf­ver­trags der Par­tei­en ver­pflich­tet. Die­se Ver­pflich­tung hat er nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nicht er­füllt. In dem Ver­trag ist zwar ei­ne Ab­tre­tungs­er­klä­rung ent­hal­ten. Die­se Ab­tre­tungs­er­klä­rung ist aber ins Lee­re ge­gan­gen, weil der Klä­ger die glei­chen An­sprü­che zu­vor be­reits an die Streit­hel­fe­rin ab­ge­tre­ten hat­te.

[35]   bb) Da­durch ist der Klä­ger von sei­ner Ver­pflich­tung zur Ab­tre­tung die­ser An­sprü­che in­des­sen nicht frei­ge­wor­den. Zwar ste­hen die An­sprü­che jetzt der Streit­hel­fe­rin zu. Das Un­ver­mö­gen des Klä­gers (vgl. § 275 I Fall 1 BGB) zur Ab­tre­tung tritt aber nur und erst ein, wenn der Klä­ger die Streit­hel­fe­rin um ei­ne Rück­ab­tre­tung die­ser An­sprü­che an ihn oder ei­ne Ab­tre­tung der An­sprü­che an die Be­klag­te bit­tet und die­se ein ent­spre­chen­des An­sin­nen end­gül­tig ab­lehnt (vgl. Se­nat, Urt. v. 19.01.2018 – V ZR 273/16, DNotZ 2018, 686 Rn. 25 m. w. Nachw.). Das hat das Be­ru­fungs­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist des­halb da­von aus­zu­ge­hen, dass das nicht ge­sche­hen ist. Dann aber steht der Be­klag­ten ge­gen den Klä­ger wei­ter­hin ein Er­fül­lungs­an­spruch zu.

[36]   cc) Der Fort­be­stand des Er­fül­lungs­an­spruchs könn­te das Recht zur Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags ge­mäß § 320 I 1 BGB be­grün­den.

[37]   (1) Für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ist man­gels ge­gen­tei­li­ger Fest­stel­lun­gen da­von aus­zu­ge­hen, dass die Ab­tre­tungs­ver­pflich­tung in ei­nem Ge­gen­sei­tig­keits­ver­hält­nis zu der Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung der Be­klag­ten steht.

[38]   (2) Dann aber wä­re die Ein­re­de be­grün­det, oh­ne dass es dar­auf an­kä­me, ob die Be­klag­te die Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags ge­mäß § 320 BGB vor oder nach der Er­klä­rung des Rück­tritts durch den Klä­ger er­ho­ben hat. Denn schon das Be­ste­hen, nicht erst die Er­he­bung der Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags ge­mäß § 320 BGB schließt die Durch­setz­bar­keit der im Ge­gen­sei­tig­keits­ver­hält­nis zu der nicht er­füll­ten Ge­gen­for­de­rung ste­hen­den For­de­rung und da­mit ei­nen Rück­tritt nach § 323 I BGB und die­ser Vor­schrift nach­ge­bil­de­ten oder die­se er­gän­zen­den ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen aus.

[39]   Ent­schie­den ist das für den Ein­tritt des Ver­zugs nach § 284 BGB a.F. bzw. § 286 BGB n.F. (Se­nat, Urt. v. 26.10.1965 – V ZR 87/63, NJW 1966, 200 f., Urt. v. 07.05.1982 – V ZR 90/81, BGHZ 84, 42, 44; Urt. v. 06.12.1991 – V ZR 229/90, BGHZ 116, 244, 249; Urt. v. 11.12.2009 – V ZR 217/08, NJW 2010, 1272 Rn. 23; BGH, Urt. v. 08.07.1982 – VII ZR 96/81, NJW 1982, 2494, 2495; Urt. v. 06.05.1999 – VII ZR 180/98, NJW 1999, 2110; Urt. v. 09.06.2016 – IX ZR 314/14, BGHZ 210, 321 Rn. 98) und den auf dem Ein­tritt des Ver­zu­ges be­ru­hen­den Rück­tritt nach § 326 BGB a.F. (Se­nat, Urt. v. 18.01.1991 – V ZR 11/90, BGHZ 113, 232, 236; Urt. v. 06.12.1991 – V ZR 229/90, BGHZ 116, 244, 249 f.; Urt. v. 05.12.2003 – V ZR 341/02, ZfIR 2004, 394, 395).

[40]   Für den Rück­tritt nach § 323 I BGB gilt nichts an­de­res (vgl. BeckOGK/Loo­schel­ders, a. a. O., § 323 BGB Rn. 95; Be­ckOK-BGB/Hu­bert Schmidt, Stand: 01.02.2020, § 323 Rn. 5; Er­man/Wes­ter­mann, BGB, 15. Aufl., § 323 Rn. 10; MünchKomm-BGB/Ernst, 8. Aufl., § 323 Rn. 47 mit § 286 Rn. 25; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 79. Aufl., § 323 Rn. 11; So­er­gel/Gsell, BGB, 13. Aufl., § 323 Rn. 51; Stau­din­ger/Schwar­ze, BGB, Neu­be­arb. 2015, § 323 Rn. B28). Die­se Vor­schrift macht den Rück­tritt zwar, an­ders als der frü­he­re § 326 BGB a.F., nicht von dem Ein­tritt des Ver­zugs, son­dern da­von ab­hän­gig, dass der Schuld­ner trotz Be­stim­mung ei­ner an­ge­mes­se­nen Frist zur Leis­tung oder Nach­er­fül­lung durch den Gläu­bi­ger ei­ne fäl­li­ge Leis­tung nicht oder nicht ver­trags­ge­mäß er­bracht hat. Un­ter fäl­li­ger Leis­tung ver­steht das Ge­setz in § 323 I BGB aber nichts an­de­res als in § 286 I BGB, der nach Text und In­halt den bis­he­ri­gen § 284 BGB a.F. ab­ge­löst hat (MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 323 Rn. 47; Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 323 Rn. 9).

[41]   e) Rechts­feh­ler­haft sieht das Be­ru­fungs­ge­richt die von der Be­klag­ten be­haup­te­ten Män­gel schon des­halb als un­er­heb­lich an, weil die Be­klag­te nicht kon­kre­ti­siert ha­be, wel­che Män­gel­rech­te sie hier­aus ab­lei­te. Soll­te ihr Vor­trag zu­tref­fen, wä­re die Be­klag­te zur Er­he­bung der Män­ge­l­ein­re­de ge­mäß § 320 I BGB be­rech­tigt. Schon das Be­ste­hen die­ser Ein­re­de wür­de, oh­ne dass es ei­ner Kon­kre­ti­sie­rung der Rech­te, die aus den Män­geln ab­ge­lei­tet wer­den sol­len, be­dürf­te, dem Frei­stel­lungs­an­spruch des Klä­gers näm­lich die Durch­setz­bar­keit neh­men und sei­nen auf die Nicht­er­fül­lung die­ses An­spruchs ge­stütz­ten Rück­tritt un­wirk­sam ma­chen.

[42]   aa) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sich mit ei­ner Aus­nah­me we­der mit dem Vor­han­den­sein oder Feh­len der von der Be­klag­ten gel­tend ge­mach­ten Män­gel des Ge­bäu­des noch mit der Fra­ge be­fasst, ob der Klä­ger die­se Män­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat. Des­halb ist für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu un­ter­stel­len, dass die Män­gel im Üb­ri­gen in dem von der Be­klag­ten be­haup­te­ten Um­fang be­ste­hen, dass sie be­heb­bar sind und dass sich der Klä­ger auf­grund sei­ner Kennt­nis von die­sen Män­geln nicht auf den ver­ein­bar­ten Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen kann.

[43]   bb) Die auf die­se Män­gel ge­stütz­te Män­ge­l­ein­re­de der Be­klag­ten schei­tert ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts nicht von vor­ne­her­ein dar­an, dass die Be­klag­te nur ei­nen Mit­ei­gen­tums­an­teil am Grund­stück er­wor­ben hat und ihr des­halb al­len­falls ein auf die Quo­te des Mit­ei­gen­tums­an­teils be­schränk­ter An­spruch auf Frei­stel­lung von Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten zu­ste­hen könn­te. Auch dem Er­wer­ber ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück steht viel­mehr ein vol­ler Nach­er­fül­lungs­an­spruch zu.

[44]   (1) Die Fra­ge nach In­halt und Um­fang von Nach­er­fül­lungs­an­sprü­chen wird für den Ver­kauf des Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück, so­weit er­sicht­lich, in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur nicht be­han­delt. Er­ör­tert wird al­ler­dings ei­ne ver­gleich­ba­re Fra­ge­stel­lung bei dem Kauf ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung, näm­lich, ob dem Käu­fer ein An­spruch auf Nach­er­fül­lung auch in Be­zug auf Män­gel des ge­mein­schaft­li­chen Ei­gen­tums zu­steht oder ob er ei­nen auf die Quo­te des Mit­ei­gen­tums­an­teils be­schränk­ten An­spruch auf Frei­stel­lung von den Män­gel­be­sei­ti­gungs­kos­ten hat. Die Fra­ge wird teil­wei­se im zu­letzt ge­nann­ten Sinn be­ant­wor­tet. Der Nach­er­fül­lungs­an­spruch des § 439 I BGB sei nicht auf den Kauf ei­nes Bruch­teils ei­ner Sa­che zu­ge­schnit­ten. Denn bei Er­werb ei­ner Mit­ei­gen­tums­quo­te kön­ne der Ge­gen­stand der Nach­er­fül­lung nicht in­di­vi­dua­li­siert wer­den, die Be­sei­ti­gung des Man­gels an der abs­trak­ten Quo­te sei da­her un­mög­lich. Wer ei­nen Bruch­teil ver­kau­fe, haf­te nicht zur Gän­ze auf Man­gel­be­sei­ti­gung. Die Nach­bes­se­rung sei fer­ner des­halb un­mög­lich, weil der Ver­käu­fer ge­gen­über den wei­te­ren Mit­ei­gen­tü­mern nicht be­fugt sei, de­ren Ei­gen­tum zur Durch­füh­rung der Män­gel­be­sei­ti­gung zu be­an­spru­chen (vgl. Grei­ner, NZM 2017, 713, 716; ders. in: Evan­ge­li­scher Bun­des­ver­band für Im­mo­bi­li­en­we­sen in Wis­sen­schaft und Pra­xis e. V. [Hrsg.], Bau­trä­ger­haf­tung, PiG 104 [2017], S. 43 ff., 48 f.; Pau­se, NZ­Bau 2017, 22, 25; Po­schitz, GWR 2016, 353, 355 f.). Über­wie­gend wird je­doch an­ge­nom­men, dass dem Käu­fer ei­ner neu er­rich­te­ten Ei­gen­tums­woh­nung ein vol­ler Nach­bes­se­rungs­an­spruch zu­steht (vgl. Be­ckOK-WEG/Mül­ler, Stand: 01.02.2020, § 10 Rn. 720a.7; Bern­hard/Bub, FD-MietR 2016, 377317; Cra­mer/Czi­up­ka, RNotZ 2016, 289, 292; Dötsch, ZWE 2016, 315, 317; Häu­b­lein, ZfIR 2015, 805, 806; Tho­de, ju­ris­PR-Priv­BauR 12/2016 Anm. 2; Vo­gel, ZWE 2016, 442, 446). Im Vor­der­grund der Be­trach­tung steht da­bei aber re­gel­mä­ßig die Fall­kon­stel­la­ti­on ei­ner neu er­rich­te­ten oder neu zu er­rich­ten­den Ei­gen­tums­woh­nung, in der den Er­wer­bern Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­gen den Bau­trä­ger zu­ste­hen. Die Fra­ge nach ei­nem An­spruch auf Nach­er­fül­lung in Be­zug auf Män­gel des Ge­mein­schafts­ei­gen­tums kann sich aber auch bei dem Kauf ei­ner Be­stands­woh­nung stel­len. Ih­re Be­ant­wor­tung hat der Se­nat bis­lang of­fen­ge­las­sen (vgl. Urt. v. 24.07.2015 – V ZR 167/14, ZfIR 2015, 801 Rn. 22; s. auch BGH, Urt. v. 25.02.2016 – VII ZR 156/13, ZfIR 2016, 419 Rn. 39).

[45]   (2) Für den Kauf ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem nicht in Woh­nungs­ei­gen­tum auf­ge­teil­ten Grund­stück ist die Fra­ge im Sin­ne der zwei­ten An­sicht zu ent­schei­den.

[46]   (a) Be­zugs­punkt des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs des Käu­fers ist auch bei dem Kauf ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück nicht der Mit­ei­gen­tums­an­teil als ding­li­che Rechts­po­si­ti­on, son­dern das (be­bau­te) Grund­stück.

[47]   (aa) Die Be­stim­mung des Be­zugs­punkts des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs des Käu­fers hängt ent­schei­dend da­von ab, ob der Kauf ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück als Rechts- oder als Sach­kauf ein­zu­ord­nen ist. Im ers­ten Fall wä­re Be­zugs­punkt im Grund­satz nur die ding­li­che Rechts­po­si­ti­on. Auf Män­gel des Grund­stücks oder des auf ihm ste­hen­den Ge­bäu­des kä­me es, ähn­lich wie et­wa bei ei­nem Un­ter­neh­mens­kauf (vgl. da­zu: BGH, Urt. v. 27.02.1970 – I ZR 103/68, WM 1970, 819, 821; Stau­din­ger/Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2013, § 453 Rn. 148 m. w. Nachw.), nur an, wenn die Be­schaf­fen­heit et­wa des Ge­bäu­des auf dem Grund­stück für den Kauf der Rechts­po­si­ti­on ent­schei­dend ist. Ist der Kauf ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück da­ge­gen als Sach­kauf ein­zu­ord­nen, be­zieht sich der Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Käu­fers oh­ne Wei­te­res auch auf das er­wor­be­ne Grund­stück und das auf ihm ste­hen­de Ge­bäu­de, an des­sen Ei­gen­tum der Käu­fer mit dem Er­werb des An­teils be­tei­ligt wer­den möch­te.

[48]   (bb) Der Kauf ei­ner Ei­gen­tums­woh­nung – nach § 1 II WEG das Son­der­ei­gen­tum an ei­ner Woh­nung in Ver­bin­dung mit ei­nem Mit­ei­gen­tums­an­teil an dem ge­mein­schaft­li­chen Grund­stück – wird all­ge­mein un­aus­ge­spro­chen als Sach­kauf an­ge­se­hen. Auch der Se­nat geht, oh­ne die Fra­ge zu pro­ble­ma­ti­sie­ren, da­von aus, dass es sich hier­bei um ei­nen (mit Ele­men­ten ei­nes Rechts­kaufs ver­se­he­nen) Sach­kauf han­delt (vgl. Urt. v. 24.07.2015 – V ZR 167/14, ZfIR 2015, 801 Rn. 22 f.). Eben­so wird der Kauf ei­nes Grund­stücks durch meh­re­re Er­wer­ber, die dar­an Bruch­teils­ei­gen­tum er­wer­ben wol­len, so­weit er­sicht­lich, ein­hel­lig als Sach­kauf an­ge­se­hen. Um­strit­ten ist, ob das auch für den Er­werb ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem be­bau­ten, nicht in Woh­nungs­ei­gen­tum auf­ge­teil­ten Grund­stück gilt. Teil­wei­se wird hier­in ein Rechts­kauf ge­se­hen (Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 79. Aufl., § 453 Rn. 4). Nach an­de­rer Auf­fas­sung liegt zwar ein Rechts­kauf vor; er sei aber wie ein Sach­kauf zu be­han­deln (OLG Hamm, Urt. v. 19.06.1985 – 20 U 35/85, DB 1985, 2400 f.). Nach ei­ner drit­ten Mei­nung ist der Kauf ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück ein Sach­kauf (OLG Köln, Urt. v. 29.11.1989 – 2 U 60/89, WM 1990, 1082, 1084; Mü­Komm-BGB/Wes­ter­mann, 8. Aufl., § 433 Rn. 12 a. E.; Stau­din­ger/Beck­mann, a. a. O., § 433 Rn. 9).

[49]   (cc) Die zu­letzt ge­nann­te Mei­nung trifft zu. Das Recht des Mit­ei­gen­tü­mers nach Bruch­tei­len ist nicht et­wa ein ne­ben dem Ei­gen­tum ste­hen­des und die­ses be­las­ten­des Bruch­teil­recht. Es ist viel­mehr in sei­nem We­sen dem Sach­ei­gen­tum gleich­ar­tig, al­so Ei­gen­tum und ein selbst­stän­di­ges Recht in glei­cher Art wie das Recht als Gan­zes (BGH, Urt. v. 14.02.1962 – IV ZR 156/61, BGHZ 36, 365, 368 m. w. Nachw.; MünchKomm-BGB/Kars­ten Schmidt, 8. Aufl., § 1008 Rn. 1; Stau­din­ger/Tho­le, BGB, Neu­be­arb. 2019, § 1008 Rn. 4). Wer ei­nen Mit­ei­gen­tums­an­teil an ei­nem Grund­stück er­wirbt, er­wirbt des­halb nicht ein be­schränk­tes ding­li­ches Recht am Grund­stück, son­dern ei­ne Be­tei­li­gung am Ei­gen­tum und am (Ei­gen-)Be­sitz an dem Grund­stück. Der Kauf ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück un­ter­liegt da­her un­mit­tel­bar den Re­ge­lun­gen über den Sach­kauf. Be­zugs­punkt et­wai­ger Nach­er­fül­lungs­an­sprü­che ist des­halb kein Recht, son­dern das Grund­stück, des­sen Mit­ei­gen­tü­mer der Er­wer­ber wer­den will.

[50]   (b) Dem­ge­mäß hat auch der Käu­fer ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils nach § 433 I 2 BGB ei­nen An­spruch dar­auf, dass das Grund­stück ins­ge­samt frei von Sach- und Rechts­män­geln ist. Da­nach be­stimmt sich der Um­fang des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs.

[51]   Hier­bei han­delt es sich nach den Vor­stel­lun­gen des Ge­setz­ge­bers nicht um ei­nen ei­gen­stän­di­gen, neu­en An­spruch, der durch die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che aus­ge­löst wird. Viel­mehr setzt der Nach­er­fül­lungs­an­spruch den ur­sprüng­li­chen Er­fül­lungs­an­spruch nach § 433 I 2 BGB im Sin­ne ei­ner „Rester­fül­lung“, da­mit in sei­ner Struk­tur un­ver­än­dert und nur mit den durch die Lie­fe­rung der man­gel­haf­ten Sa­che ge­bo­te­nen Mo­di­fi­ka­tio­nen ver­se­hen fort (Ent­wurfs­be­grün­dung in BT-Drs. 14/6040, S. 220). Mit der Nach­er­fül­lung soll nach der ge­setz­ge­be­ri­schen Kon­zep­ti­on le­dig­lich die Er­fül­lung die­ser Ver­käu­fer­pflich­ten durch­ge­setzt wer­den; der Käu­fer soll mit der Nach­er­fül­lung das er­hal­ten, was er ver­trag­lich zu be­an­spru­chen hat (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2012 – VI­II ZR 226/11, BGHZ 195, 135 Rn. 24 m. w. Nachw.). Der Un­ter­schied zum Er­fül­lungs­an­spruch be­steht – ne­ben der spe­zi­el­len Ver­jäh­rungs­frist des § 438 BGB und den Aus­schlüs­sen nach §§ 442, 444 BGB – im We­sent­li­chen dar­in, dass Ge­gen­stand des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs nicht mehr die erst­ma­li­ge Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Kauf­sa­che ist, son­dern die Her­stel­lung ih­rer Man­gel­frei­heit durch Nach­bes­se­rung oder durch Er­satz­lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che (vgl. BGH, Urt. v. 13.04.2011 – VI­II ZR 220/10, BGHZ 189, 196 Rn. 50 m. w. Nachw.). Der An­spruch auf vol­le Nach­er­fül­lung steht vor­be­halt­lich ei­nes Un­ver­mö­gens des Ver­käu­fers (da­zu un­ten Rn. 61) auch dem Käu­fer ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück zu. An­satz­punk­te, den Nach­er­fül­lungs­an­spruch ei­nes sol­chen Käu­fers auf ei­ne le­dig­lich an­tei­li­ge Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung zu be­schrän­ken, bie­tet die Vor­schrift nicht (vgl. so für Woh­nungs­ei­gen­tum: Cra­mer/Czi­up­ka, RNotZ 2016, 289, 292; Vo­gel, ZWE 2016, 442, 446).

[52]   cc) Ist die Kauf­sa­che, wie hier zu un­ter­stel­len ist, man­gel­haft, kann der Ver­käu­fer nicht we­gen Nicht­zah­lung des Kauf­prei­ses von dem Ver­trag zu­rück­tre­ten. Die Kauf­preis­for­de­rung kann dann näm­lich nicht durch­ge­setzt wer­den, weil dem Käu­fer auch dann die Män­ge­l­ein­re­de nach § 320 I BGB zu­steht, wenn er we­der Män­gel gel­tend ge­macht noch kon­kre­ti­siert hat, wel­che Rech­te er aus et­wai­gen Män­geln ab­lei­ten möch­te. Zu bei­dem ist er im Grund­satz nicht ver­pflich­tet. Ihn kann aber die Ob­lie­gen­heit tref­fen, dem Ver­käu­fer den Grund für das Aus­blei­ben der die­sem ge­schul­de­ten Kauf­preis­zah­lung oder ent­spre­chen­den Ge­gen­leis­tung – hier der Frei­stel­lung – mit­zu­tei­len (da­zu un­ten Rn. 60).

[53]   (1) Wie oben (Rn. 40) dar­ge­legt, schließt schon das Recht, die Ein­re­de nach § 320 I BGB zu er­he­ben, die Durch­setz­bar­keit der Zah­lungs­ver­pflich­tung des Käu­fers und da­mit ei­nen auf das Aus­blei­ben der Zah­lung trotz ent­spre­chen­der Frist­set­zung ge­stütz­ten Rück­tritt des Ver­käu­fers aus. Das gilt auch für das aus § 320 I BGB fol­gen­de Recht des Käu­fers, die Män­ge­l­ein­re­de zu er­he­ben. Ent­schie­den ist das für den Fall, dass der Käu­fer den Feh­ler der Sa­che schon bei ih­rer An­lie­fe­rung be­merkt und sie zu­rück­weist. Der Käu­fer dürf­te so­gar bei ge­ring­fü­gi­gen Män­geln nicht nur ei­nen zur Män­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Teil­be­trag des Kauf­prei­ses, son­dern den Kauf­preis ins­ge­samt zu­rück­hal­ten (BGH, Urt. v. 26.10.2016 – VI­II ZR 211/15, WM 2017, 1180 Rn. 23; Urt. v. 06.12.2017 – VI­II ZR 219/16, WM 2018, 1811 Rn. 42 f.). Das gilt erst recht bei er­heb­li­chen Män­geln, de­ren Vor­han­den­sein hier zu un­ter­stel­len ist. Ein Sach­grund, dem Käu­fer die­ses Recht in der hier ge­ge­be­nen Fall­kon­stel­la­ti­on zu ver­weh­ren, dass der Man­gel der Sa­che nicht schon bei Lie­fe­rung bzw. hier Über­ga­be des Grund­stücks be­merkt wird, son­dern erst da­nach, ist nicht er­kenn­bar. Der Käu­fer darf den Kauf­preis auch dann ins­ge­samt zu­rück­hal­ten, wenn ein Man­gel der Sa­che erst nach der Lie­fe­rung bzw. Über­ga­be be­merkt wird (vgl. BeckOGK/Rüf­ner, Stand: 01.01.2020, § 320 Rn. 60; Be­ckOK-BGB/Hu­bert Schmidt, a. a. O., § 320 Rn. 22; Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.02.2020, § 437 Rn. 172; ju­risPK-BGB/Beck­mann, 9. Aufl., § 320 Rn. 37; MünchKomm-BGB/Em­me­rich, 8. Aufl., § 320 Rn. 4 f., bei be­ste­hen­dem Nach­er­fül­lungs­an­spruch auch MünchKomm-BGB/H. P. Wes­ter­mann, 8. Aufl., § 437 Rn. 22; Pa­landt/Grü­ne­berg, a. a. O., § 320 Rn. 9 f.; Stau­din­ger/Schwar­ze, a. a. O., § 320 Rn. 71; i. E. eben­so Gru­ne­wald, in: FS H. P. Wes­ter­mann, 2008, S. 245, 251 un­ter Be­ru­fung auf die all­ge­mei­ne Män­ge­l­ein­re­de; a. M. Hk-BGB/Sa­en­ger, 10. Aufl., § 438 Rn. 13).

[54]   (2) Aus § 437 BGB er­gibt sich ent­ge­gen der An­sicht des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers nichts an­de­res. Der Nach­er­fül­lungs­an­spruch des Käu­fers ge­mäß § 437 Nr. 1 BGB ist, wie oben (Rn. 51) aus­ge­führt, kein be­son­de­rer, durch die man­gel­haf­te Lie­fe­rung aus­ge­lös­ter An­spruch, der ge­son­dert gel­tend ge­macht wer­den müss­te. Es han­delt sich viel­mehr um den mo­di­fi­zier­ten ur­sprüng­li­chen Er­fül­lungs­an­spruch, der sich nach er­folg­ter Lie­fe­rung auf den noch aus­ste­hen­den Leis­tungs­rest, näm­lich die Her­stel­lung der Man­gel­frei­heit re­du­ziert und vor al­lem von der Lie­fe­rung an ei­ner kür­ze­ren Ver­jäh­rungs­frist un­ter­stellt wird. An dem Cha­rak­ter des An­spruchs als Leis­tungs­an­spruch und dar­an, dass er den ur­sprüng­li­chen Leis­tungs­an­spruch nur fort­setzt, än­dert die Lie­fe­rung und Über­ga­be der Sa­che nichts. Das er­gibt sich schon aus dem Wort­laut der Vor­schrift, die im Ein­lei­tungs­satz nicht an die Über­ga­be und die Lie­fe­rung bzw. Über­ga­be der Sa­che, son­dern an das Vor­han­den­sein von Män­geln an­knüpft. Die­ses Kon­zept ent­spricht auch den Vor­stel­lun­gen des Ge­setz­ge­bers. Die Schuld­rechts­kom­mis­si­on hat­te in ih­rem Be­richt, auf dem der Ge­setz­ge­ber auf­bau­te, le­dig­lich ei­ne Re­ge­lung vor­ge­schla­gen, die dem Käu­fer ei­nen als An­spruch auf rest­li­che Er­fül­lung ver­stan­de­nen Nach­er­fül­lungs­an­spruch ein­räum­te (Bun­des­mi­nis­ter der Jus­tiz [Hrsg.], Ab­schluß­be­richt der Kom­mis­si­on zur Über­ar­bei­tung des Schuld­rechts, 1991, S. 209 zu § 438 BGB-KE). Eben­so wie sie woll­te der Ge­setz­ge­ber die Ge­währ­leis­tung zum Teil der Er­fül­lungs­ver­pflich­tung des Ver­käu­fers ma­chen, wie das sei­ner­zeit schon bei der Rechts­män­gel­haf­tung und bei dem Nach­lie­fe­rungs­an­spruch ge­mäß § 480 BGB a.F. und vor al­lem in der weit­hin von dem Ge­setz ab­wei­chen­den Ver­trags­pra­xis vor­ge­se­hen war (BT-Drs. 14/6040, S. 220). Die Ein­füh­rung des heu­ti­gen § 437 BGB soll­te die­sen Cha­rak­ter des Nach­er­fül­lungs­an­spruchs nicht ver­än­dern. Sie soll­te, ganz im Ge­gen­teil, le­dig­lich dem Miss­ver­ständ­nis vor­beu­gen, die Nach­er­fül­lung set­ze wie ein se­kun­dä­rer Rechts­be­helf ei­ne Frist­set­zung vor­aus (An­mer­kung zu § 437 in der Kon­so­li­dier­ten Fas­sung des Dis­kus­si­ons­ent­wurfs ei­nes Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts vom 06.03.2001, http://​www.​gesmat.​bundesgerichtshof.​de/​gesetzesmaterialien/​15_​wp/​schuldrechtsmodG/​diske_​kf.​pdf).

[55]   (3) Die­sem Ver­ständ­nis des § 437 BGB lässt sich auch nicht, wie der Pro­zess­be­voll­mäch­tig­te des Klä­gers meint, ent­ge­gen­hal­ten, dass der Ge­setz­ge­ber bei dem Er­lass des Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts die Män­ge­l­ein­re­de er­satz­los auf­ge­ge­ben ha­be. Das ist näm­lich nicht der Fall.

[56]   (a) Nach dem bis zum 31.12.2001 gel­ten­den Kauf­recht stand dem Käu­fer ei­nes Grund­stücks nach Auf­las­sung und Über­ga­be des Grund­stücks we­gen et­wai­ger Sach­män­gel die Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags nach § 320 BGB nicht mehr zu. Er war viel­mehr auf die ihm durch die kauf­recht­li­chen Ge­währ­leis­tungs­vor­schrif­ten ein­ge­räum­ten Rech­te be­schränkt. Das be­deu­te­te aber nicht, dass der Käu­fer die Zah­lung des Kauf­prei­ses nur ver­wei­gern durf­te, wenn er sich für ei­nen der An­sprü­che auf Wan­de­lung, Min­de­rung oder Scha­dens­er­satz ent­schied. Auch oh­ne Spe­zi­fi­zie­rung des Ge­währ­leis­tungs­an­spruchs konn­te der Käu­fer den Kauf­preis viel­mehr schon dann und in­so­weit ein­be­hal­ten, als er über­haupt be­rech­tigt war, Wan­de­lung, Min­de­rung oder Scha­dens­er­satz zu ver­lan­gen. Die Zu­läs­sig­keit ei­ner sol­chen all­ge­mei­nen Män­ge­l­ein­re­de auf der Grund­la­ge ei­nes noch nicht nä­her kon­kre­ti­sier­ten Ge­währ­leis­tungs­an­spruchs war nicht aus­drück­lich ge­setz­lich ge­re­gelt. Sie wur­de aber in § 478 BGB a.F. prak­tisch vor­aus­ge­setzt. Da­nach be­rech­tig­te die recht­zei­ti­ge Män­gel­an­zei­ge den Käu­fer da­zu, die Zah­lung des Kauf­prei­ses ganz oder teil­wei­se „auch“ nach Voll­endung der Ver­jäh­rung zu ver­wei­gern. Dar­aus er­gab sich, dass sie schon vor­her be­stand. Der Käu­fer, der den Kauf­preis­an­spruch ab­weh­ren woll­te, soll­te sich we­gen des ihm zu­ste­hen­den Wahl­rechts nicht auf ei­nen be­stimm­ten Ge­währ­leis­tungs­an­spruch fest­le­gen müs­sen, so­lan­ge der Ver­käu­fer sei­ne For­de­rung nicht ein­klag­te und der Stand des Rechts­streits den Käu­fer nicht da­zu zwang, sich zu ent­schei­den (zum Gan­zen: Se­nat, Urt. v. 18.01.1991 – V ZR 11/90, BGHZ 113, 232, 235; Urt. v. 23.04.1999 – V ZR 340/97, ju­ris Rn. 20). Nicht ent­schie­den war un­ter al­tem Recht, ob schon das blo­ße Be­ste­hen der Män­ge­l­ein­re­de oder erst ih­re Gel­tend­ma­chung dem Gläu­bi­ger ge­gen­über den Ver­zug und da­mit auch ein Rück­tritt nach § 326 BGB a.F. aus­schloss. An­er­kannt war aber, dass die Er­he­bung der Män­ge­l­ein­re­de in ei­nem an­schlie­ßen­den Rechts­streit im Er­geb­nis Rück­wir­kung hat­te. Sie führ­te näm­lich da­zu, dass der Ver­zug des Käu­fers und mit ihm der auf den Ver­zug ge­stütz­te Rück­tritt nach § 326 BGB a.F. von dem Zeit­punkt an und in dem Um­fang ent­fie­len, in dem der Käu­fer zur Er­he­bung der Män­ge­l­ein­re­de be­rech­tigt war (Se­nat, Urt. v. 18.01.1991 – V ZR 11/90, BGHZ 113, 232, 236 un­ter Be­zug­nah­me auf BGH, Urt. v. 16.03.1988 – VI­II ZR 184/87, BGHZ 104, 6, 11 f. für die Ein­re­de der Ver­jäh­rung).

[57]   (b) Dar­an hat sich durch das Ge­setz zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts vom 26.11.2001 (BGBl. 2001 I 3138) im Er­geb­nis nichts ge­än­dert. Die in § 478 BGB a.F. vor­aus­ge­setz­te Män­ge­l­ein­re­de ist nicht er­satz­los auf­ge­ho­ben wor­den, son­dern in der Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­trags ge­mäß § 320 I BGB auf­ge­gan­gen.

[58]   (aa) Der Ge­setz­ge­ber hat die Vor­schrift des § 478 BGB a.F. als rein ver­jäh­rungs­recht­li­che Vor­schrift auf­ge­fasst und sie als sol­che durch den heu­ti­gen § 438 BGB er­setzt (BT-Drs. 14/6040, S. 205).

[59]   (bb) Ver­an­las­sung, die in der Vor­schrift vor­aus­ge­setz­te Män­ge­l­ein­re­de durch ei­ne aus­drück­li­che Vor­schrift auf­recht­zu­er­hal­ten, hat­te der Ge­setz­ge­ber nicht. Ziel der Än­de­rung des Kauf­rechts durch das Ge­setz der Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts war es, das bis­he­ri­ge be­son­de­re Ge­währ­leis­tungs­recht auf­zu­ge­ben und die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­haf­ten Sa­che als Nicht­er­fül­lung der Ver­käu­fer­pflich­ten zu be­grei­fen (BT-Drs. 14/6040, S. 209 f. und 219 f.). In An­leh­nung an die frü­he­ren Re­ge­lun­gen für den Rechts­man­gel in § 440 BGB a.F. und für den Gat­tungs­kauf in § 480 BGB a.F. soll­ten sich die Rechts­be­hel­fe des Käu­fers nach dem all­ge­mei­nen Leis­tungs­stö­rungs­recht rich­ten. Da­bei soll­te nicht mehr, wie frü­her, zwi­schen dem Stück- und dem Gat­tungs­kauf un­ter­schie­den wer­den. Die Lie­fe­rung ei­ner man­gel­frei­en Sa­che soll­te viel­mehr mit dem heu­ti­gen § 433 I 2 BGB Teil der Pri­mär­ver­pflich­tung des Ver­käu­fers wer­den (BT-Drs. 14/6040, S. 209). Da­mit ent­fiel die Not­wen­dig­keit, ei­ne be­son­de­re Män­ge­l­ein­re­de ge­setz­lich vor­zu­se­hen. Sie war un­ter frü­he­rem Kauf­recht not­wen­dig, weil die Lie­fe­rung ei­ner sach­man­gel­frei­en Sa­che nicht zu der Pri­mär­ver­pflich­tung des Ver­käu­fers zähl­te und es ei­nen Nach­lie­fe­rungs­an­spruch nur beim Gat­tungs­kauf gab. Es be­durf­te des­halb ei­ner Re­ge­lung, die den Käu­fer be­rech­tig­te, im Hin­blick auf be­ste­hen­de Sach­män­gel die Zah­lung zu ver­wei­gern. Die­ses Recht des Käu­fers er­gibt sich jetzt un­mit­tel­bar aus § 320 I BGB, weil der Ver­käu­fer sei­ne Pri­mär­ver­pflich­tung mit der Lie­fe­rung und Über­eig­nung ei­ner män­gel­be­haf­te­ten Sa­che nur teil­wei­se er­füllt.

[60]   (4) Die Män­ge­l­ein­re­de des Käu­fers führt nicht zu ei­nem Schwe­be­zu­stand, der den Ver­käu­fer über Ge­bühr be­las­tet. Denn auch die Ein­re­de aus § 320 BGB steht un­ter dem Vor­be­halt von Treu und Glau­ben. So kann et­wa der Mie­ter we­gen ei­nes Man­gels der Woh­nung, von dem der Ver­mie­ter kei­ne Kennt­nis hat, ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht erst an den Mie­ten gel­tend ma­chen, die fäl­lig wer­den, nach­dem der Mie­ter dem Ver­mie­ter den Man­gel an­ge­zeigt hat (BGH, Urt. v. 03.11.2010 – VI­II ZR 330/09, ZGS 2011, 95 Rn. 12). Die­ser Ge­dan­ke lässt sich zwar we­gen der Ein­ma­lig­keit des Leis­tungs­aus­tauschs nicht oh­ne Wei­te­res auf das Kauf­recht über­tra­gen. Aber auch beim Kauf steht die Ein­re­de aus § 320 BGB un­ter dem Vor­be­halt von Treu und Glau­ben. Sie steht ei­ner Par­tei des Kauf­ver­trags et­wa dann nicht zu, wenn sie deut­lich ge­macht hat, dass sie nicht am Ver­trag fest­hal­ten will (BGH, Urt. v. 17.07.2013 – VI­II ZR 163/12, WM 2013, 1720 Rn. 26). Auch ei­ne Kauf­ver­trags­par­tei, die an dem Ver­trag fest­hal­ten will, darf die Ein­re­de aus § 320 BGB nicht da­zu ein­set­zen, die Rech­te der an­de­ren Ver­trags­par­tei zu ver­ei­teln (MünchKomm-BGB/Em­me­rich, a. a. O., § 320 Rn. 5). Das gilt glei­cher­ma­ßen für die Män­ge­l­ein­re­de. Sie ent­fällt, wenn der Käu­fer in­ner­halb ei­ner ihm da­zu von dem Ver­käu­fer ge­setz­ten an­ge­mes­se­nen Frist die von ihm gel­tend ge­mach­ten Män­gel nicht kon­kre­ti­siert und sich auch nicht für ei­nes der ihm zu­ste­hen­den Män­gel­rech­te ent­schei­det; dies folgt aus dem Ver­bot wi­der­sprüch­li­chen Ver­hal­tens (vgl. Se­nat, Urt. v. 11.12.2009 – V ZR 217/08, ZNotP 2010, 98 Rn. 24 für § 321 BGB; MünchKomm-BGB/Em­me­rich, a. a. O., § 320 Rn. 5; MünchKomm-BGB/H. P. Wes­ter­mann, a. a. O., § 437 Rn. 22; Gru­ne­wald, a. a. O., S. 245, 252 f.). Man­gels ab­wei­chen­der Fest­stel­lun­gen ist für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu un­ter­stel­len, dass es ei­ne ent­spre­chen­de Nach­fra­ge oder Frist­set­zung sei­tens des Klä­gers nicht ge­ge­ben hat.

[61]   dd) Der Män­ge­l­ein­re­de der Be­klag­ten steht nach den bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts auch nicht das Un­ver­mö­gen des Klä­gers (§ 275 I Fall 1 BGB) ent­ge­gen.

[62]   (1) Der Ver­käu­fer kann sei­ner Nach­er­fül­lungs­pflicht in al­ler Re­gel nur nach­kom­men, wenn der Käu­fer dar­an mit­wirkt. Des­halb trifft den Käu­fer ei­ne Ob­lie­gen­heit, dem Ver­käu­fer Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung zu ge­ben. Sie be­schränkt sich nicht auf ei­ne münd­li­che oder schrift­li­che Auf­for­de­rung zur Nach­er­fül­lung, son­dern er­fasst zum Bei­spiel auch die Be­reit­schaft des Käu­fers, dem Ver­käu­fer die Kauf­sa­che zur Über­prü­fung der er­ho­be­nen Män­gel­rü­gen zur Ver­fü­gung zu stel­len (BGH, Urt. v. 10.03.2010 – VI­II ZR 310/08, NJW 2010, 1448 Rn. 12 f.). Bei dem Kauf ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück trifft den Käu­fer die Ob­lie­gen­heit, dem Ver­käu­fer nicht nur selbst Ge­le­gen­heit zur Nach­er­fül­lung zu ge­ben, son­dern auch da­für zu sor­gen, dass die an­de­ren Mit­ei­gen­tü­mer der Durch­füh­rung der Maß­nah­men, so­weit er­for­der­lich, zu­stim­men und, so­weit es sich um i. S. von § 744 II BGB zur Er­hal­tung des Ge­gen­stands not­wen­di­ge Maß­re­geln oder um ei­ne Maß­nah­me der Ver­wal­tung und Be­nut­zung des ge­mein­schaft­li­chen Ge­gen­stands han­delt, die i. S. von § 745 II BGB dem In­ter­es­se al­ler Teil­ha­ber nach bil­li­gem Er­mes­sen ent­spricht, sich auch an der Fi­nan­zie­rung der Maß­nah­me ent­spre­chend ih­ren Mit­ei­gen­tums­an­tei­len be­tei­li­gen. Wenn es dem Käu­fer nicht ge­lingt oder nur im Kla­ge­we­ge ge­lin­gen könn­te, die üb­ri­gen Mit­ei­gen­tü­mer da­zu zu be­we­gen, den zur Män­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Maß­nah­men zu­zu­stim­men und die da­für ent­ste­hen­den Kos­ten ent­spre­chend ih­rem Mit­ei­gen­tums­an­teil zu tra­gen, wird der Ver­käu­fer ge­mäß § 275 I Fall 1 BGB von sei­ner Ver­pflich­tung zur Nach­er­fül­lung frei. Denn die Ent­schei­dung ei­nes sol­chen Rechts­streits ab­zu­war­ten, kann dem an sich zur Nach­er­fül­lung be­rei­ten Ver­käu­fer nicht an­ge­son­nen wer­den.

[63]   (2) Ein sol­ches Un­ver­mö­gen des Klä­gers hat das Be­ru­fungs­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Für die Wirk­sam­keit sei­nes Rück­tritts kommt es hier­auf, wie noch zu zei­gen sein wird (Rn. 79), aber nicht an.

[64]   ee) Die ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen er­ge­ben schließ­lich nicht, dass die Be­klag­te auf ih­re Män­ge­l­ein­re­de ver­zich­tet hät­te. Ein sol­cher ein­sei­ti­ger Ver­zicht ist zwar mög­lich. Je­doch sind an ei­ne kon­klu­den­te Ver­zichts­er­klä­rung stren­ge An­for­de­run­gen zu stel­len, da der In­ha­ber sei­ne Rech­te oh­ne ei­nen nach au­ßen deut­lich her­vor­tre­ten­den An­lass in der Re­gel nicht schmä­lern will (vgl. Se­nat, Urt. v. 30.09.2005 – V ZR 197/04, BGH-Re­port 2006, 4, 5; BGH, Urt. v. 07.03.2002 – IX ZR 293/00, WM 2002, 999, 1002 m. w. Nachw.). Die­sen An­for­de­run­gen ge­nü­gen die blo­ße An­nah­me des man­gel­haf­ten Grund­stücks durch die Be­klag­te und der Um­stand nicht, dass die Be­klag­te nach den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts vor Er­klä­rung des Rück­tritts kei­ne Män­gel bzw. Nach­er­fül­lungs­an­sprü­che gel­tend ge­macht hat.

[65]   3. Die von dem Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­ne Be­grün­dung trägt auch die Ab­wei­sung der Wi­der­kla­ge der Be­klag­ten nicht. De­ren Er­folg hängt näm­lich von der Wirk­sam­keit des Rück­tritts des Klä­gers ab. Ein wirk­sa­mer Rück­tritt des Klä­gers lässt sich in­des­sen, wie dar­ge­stellt, mit der von dem Be­ru­fungs­ge­richt ge­ge­be­nen Be­grün­dung nicht be­ja­hen.

[66]   4. Die Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts er­weist sich auch nicht aus ei­nem an­de­ren Grund als rich­tig. Der Klä­ger hat zwar noch wei­te­re Ma­le den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt. Die­se schei­tern aber nach dem für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren zu­grun­de zu le­gen­den Sach­ver­halt aus den glei­chen Grün­den wie der Rück­tritt vom 21.07.2012, mit dem sich das Be­ru­fungs­ge­richt be­fasst hat.

[67]   III. Die an­ge­foch­te­nen Ur­tei­le sind da­her auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten auf­zu­he­ben, so­weit zu ih­rem Nach­teil er­kannt wor­den ist. Die Sa­che ist hin­sicht­lich der Re­vi­si­on der Be­klag­ten nicht zur End­ent­schei­dung reif (§ 563 III ZPO), weil es noch wei­te­rer Fest­stel­lun­gen be­darf. Sie ist da­her in­so­weit zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 563 I 1 ZPO). Hier­bei macht der Se­nat von der Mög­lich­keit des § 563 I 2 ZPO Ge­brauch. Für das wei­te­re Ver­fah­ren weist der Se­nat auf Fol­gen­des hin:

[68]   1. Die Wirk­sam­keit der von dem Klä­ger er­klär­ten Rück­trit­te hängt ent­schei­dend da­von ab, ob sein Frei­stel­lungs­an­spruch durch­setz­bar war. Das wie­der­um be­stimmt sich da­nach, ob die Be­klag­te ent­we­der mit Blick auf die ge­schei­ter­te Ab­tre­tung der Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che zur Er­he­bung der Ein­re­de des nicht er­füll­ten Ver­tra­ges ge­mäß § 320 I BGB oder auf­grund der von ihr be­haup­te­ten Män­gel zur Er­he­bung der aus der­sel­ben Vor­schrift fol­gen­den Män­ge­l­ein­re­de be­rech­tigt war.

[69]   2. Ob die Wirk­sam­keit der Rück­trit­te des Klä­gers an der fehl­ge­schla­ge­nen Ab­tre­tung der Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ge­gen Drit­te schei­tert, hängt zu­nächst da­von ab, ob die Ver­pflich­tung des Klä­gers zur Ab­tre­tung die­ser An­sprü­che nach dem Er­geb­nis der vor­zu­neh­men­den Aus­le­gung des Ver­trags in ei­nem Ge­gen­sei­tig­keits­ver­hält­nis zur Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung der Be­klag­ten steht. Wenn das zu be­ja­hen sein soll­te, wä­re fest­zu­stel­len, ob und in wel­chem Um­fang Män­gel be­ste­hen, die die ab­ge­tre­te­nen Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che aus­lö­sen. Er­ge­ben sich Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che von nicht nur ge­ring­fü­gi­gem Um­fang, kann es auf die Be­reit­schaft der Streit­hel­fe­rin zur Rück­ab­tre­tung die­ser An­sprü­che an­kom­men.

[70]   a) Die Wei­ge­rung der Streit­hel­fe­rin, die Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ent­we­der an den Klä­ger zur Wei­ter­ab­tre­tung an die Be­klag­te oder un­mit­tel­bar an die Be­klag­te ab­zu­tre­ten, wür­de da­zu füh­ren, dass die Ver­pflich­tung des Klä­gers zur Ab­tre­tung die­ser An­sprü­che nach § 275 I 1 Fall 1 BGB er­lischt. Da­mit ent­fie­le der Nach­er­fül­lungs­an­spruch der Be­klag­ten. Gleich­zei­tig wür­de die Be­klag­te ge­mäß § 326 I 1, § 441 III BGB kraft Ge­set­zes nach Min­de­rungs­grund­sät­zen in dem Ver­hält­nis von ih­rer Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung frei, in dem der Wert des Mit­ei­gen­tums­an­teils ein­schließ­lich der Ab­tre­tung der An­sprü­che zu dem Wert des Mit­ei­gen­tums­an­teils oh­ne die­se Ab­tre­tung ge­stan­den ha­ben wür­de.

[71]   b) Dar­aus folgt aber nicht oh­ne Wei­te­res die Wirk­sam­keit der Rück­trit­te des Klä­gers.

[72]   aa) Ent­ge­gen der An­sicht des Be­ru­fungs­ge­richts ist die Be­klag­te dann näm­lich nicht ver­pflich­tet, den Klä­ger in dem nach dem ge­setz­li­chen Tei­ler­lö­schen der Frei­stel­lungs­pflicht ver­blie­be­nen Um­fang oh­ne Ein­schrän­kun­gen frei­zu­stel­len. Viel­mehr kann sich nur die Fra­ge stel­len, ob sie die Frei­stel­lung des Klä­gers von den zu er­stat­ten­den Dar­le­hens­ra­ten bis zur Er­schöp­fung des weg­ge­fal­le­nen Teils der Frei­stel­lungs­pflicht ganz ver­wei­gern kann und erst da­nach wie­der voll auf­neh­men muss oder ob sie den Klä­ger wei­ter von den an­fal­len­den Ra­ten frei­stel­len muss, aber nur in ei­nem um den an­tei­lig auf die Ra­ten ver­teil­ten Kür­zungs­be­trag re­du­zier­ten Um­fang.

[73]   bb) Was das Tei­ler­lö­schen der Ver­pflich­tung zur Ge­gen­leis­tung ge­mäß § 326 I 1 Halb­satz 2 BGB be­deu­tet, wenn die Ge­gen­leis­tung – wie hier – in Ra­ten zu er­brin­gen ist, wird, so­weit er­sicht­lich, nicht er­ör­tert. Die Ver­wei­sung auf § 441 III BGB in § 326 I 1 Halb­satz 2 BGB legt al­ler­dings ei­ne An­leh­nung an den Fall der Min­de­rung na­he. Dort wer­den die dem vor­lie­gen­den Fall ver­gleich­ba­ren Fall­ge­stal­tun­gen ei­ner teil­wei­se ge­stun­de­ten Kauf­preis­for­de­rung und ei­nes Ra­ten­kaufs un­ter­schied­lich ge­löst. Teils wird ein Wahl­recht des Käu­fers an­ge­nom­men, ent­we­der bis zur Er­schöp­fung des Min­de­rungs­be­trags kei­ne Ra­ten und da­nach wie­der un­ge­kürz­te Ra­ten zu er­brin­gen oder von vor­her­ein nur um den gleich­mä­ßig auf al­le Ra­ten ver­teil­ten Min­de­rungs­be­trag ge­kürz­te Ra­ten (so MünchKomm-BGB/H. P. Wes­ter­mann, a. a. O., § 441 Rn. 8). Teils wird ein sol­ches Wahl­recht ver­neint und ei­ne an­tei­li­ge Ver­tei­lung auf die Ra­ten an­ge­nom­men (RG, Seuf­fert­sA 67, 438, 439 [Nr. 247] und Bol­ze­Pr [Pra­xis des RG in Zi­vil­sa­chen] Bd. XXII Nr. 331, 332, al­ler­dings noch für die Rechts­la­ge vor dem In­kraft­tre­ten des BGB; Planck/Kno­ke, BGB, 4. Aufl., § 472 Anm. 3; Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2014, § 441 Rn. 29). Auch wenn die zwei­te Lö­sung für den Fall des § 326 I 1 Halb­satz 2 BGB eher über­zeugt, wä­re in ers­ter Li­nie durch Aus­le­gung fest­zu­stel­len, wel­che Lö­sung den bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen der Par­tei­en nach den Re­ge­lun­gen ih­res Ver­trags ent­spricht.

[74]   cc) Soll­te die Aus­le­gung zur An­nah­me ei­ner an­tei­li­gen Re­du­zie­rung der Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung der Be­klag­ten füh­ren, hin­ge die Wirk­sam­keit der Rück­trit­te des Klä­gers da­von ab, ob er der Be­klag­ten je­weils wirk­sam ei­ne Frist zur Frei­stel­lung ge­mäß § 281 I BGB ge­setzt hat. Zwei­fel dar­an er­ge­ben sich dar­aus, dass er ei­ne un­be­schränk­te Frei­stel­lung ver­langt hat, in­des dann nur ei­ne re­du­zier­te Frei­stel­lung hät­te ver­lan­gen dür­fen. Nach der höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung zur Mah­nung nach § 286 I BGB/§ 284 BGB a.F., die auf die Frist­set­zung nach § 281 I BGB über­tra­gen wird (MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 281 Rn. 36), hängt die Wirk­sam­keit der Mah­nung da­von ab, ob die Be­klag­te die un­ein­ge­schränk­te Frei­stel­lungs­auf­for­de­rung des Klä­gers als Auf­for­de­rung zur Be­wir­kung der tat­säch­lich ge­schul­de­ten Leis­tung ver­ste­hen muss­te und der Klä­ger auch zur An­nah­me der ge­gen­über sei­nen Vor­stel­lun­gen ge­rin­ge­ren Leis­tung be­reit war (Se­nat, Urt. v. 19.05.1967 – V ZR 24/66, WM 1967, 660, 662; Urt. v. 25.06.1999 – V ZR 190/98, NJW 1999, 3115, 3116). Soll­ten die­se Vor­aus­set­zun­gen nicht fest­zu­stel­len sein, wä­ren die Rück­trit­te des Klä­gers un­wirk­sam.

[75]   3. Ob der Be­klag­ten die Män­ge­l­ein­re­de nach § 320 I BGB zu­steht, be­stimmt sich ent­schei­dend nach dem Vor­han­den­sein und dem Um­fang der von ihr be­haup­te­ten Män­gel.

[76]   a) Der Ein­wand des Klä­gers, die Streit­hel­fe­rin sei mit ei­ner Nach­er­fül­lung nicht ein­ver­stan­den, lässt die Män­ge­l­ein­re­de nicht ent­fal­len.

[77]   aa) Der Ver­käu­fer ei­nes Mit­ei­gen­tums­an­teils an ei­nem Grund­stück wird zwar nach § 275 I Fall 1 BGB von sei­ner Ver­pflich­tung zur Nach­er­fül­lung frei, wenn es dem Käu­fer nicht oder nur im Kla­ge­we­ge ge­lingt, die üb­ri­gen Mit­ei­gen­tü­mer da­zu zu be­we­gen, den zur Män­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­chen Maß­nah­men zu­zu­stim­men und die da­für ent­ste­hen­den Kos­ten ent­spre­chend ih­rem Mit­ei­gen­tums­an­teil zu tra­gen.

[78]   bb) Das Un­ver­mö­gen des Klä­gers zur Nach­er­fül­lung führ­te, an­ders als bei dem Schei­tern der Ab­tre­tung der Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che (da­zu oben Rn. 70), al­ler­dings nicht zu ei­nem teil­wei­sen Er­lö­schen der Frei­stel­lungs­ver­pflich­tung der Be­klag­ten kraft Ge­set­zes nach § 326 I 1 Halb­satz 2 BGB. Die Re­ge­lung des § 326 I 1 BGB gilt näm­lich nach Satz 2 der Vor­schrift nicht, wenn der Schuld­ner im Fal­le der nicht ver­trags­ge­mä­ßen Leis­tung die Nach­er­fül­lung nach § 275 I bis III BGB nicht zu er­brin­gen braucht. Nach­er­fül­lung ist nach § 437 Nr. 1, § 439 I BGB nicht jed­we­de nach­träg­li­che Er­fül­lung, son­dern nur die nach­träg­li­che Be­sei­ti­gung ei­nes Man­gels (MünchKomm-BGB/Ernst, a. a. O., § 326 Rn. 36). Mit die­ser dif­fe­ren­zie­ren­den Re­ge­lung woll­te der Ge­setz­ge­ber dem Um­stand Rech­nung tra­gen, dass die ge­setz­li­che Teil­be­frei­ung nur bei der Teil­leis­tung im vor­aus­sicht­li­chen In­ter­es­se des Gläu­bi­gers liegt, der Rück­tritt in­des­sen in § 437 Nr. 2, § 441 BGB als ein fa­kul­ta­ti­ver Recht­be­helf aus­ge­stal­tet ist. Dem mög­li­chen In­ter­es­se des Käu­fers, sich von dem Ver­trag zu lö­sen, soll­te das Rück­tritts­recht nach § 326 V BGB Rech­nung tra­gen (BT-Drs. 14/6040, S. 188 f., BT-Drs. 14/6857, S. 55 f. und BT-Drs. 14/7052, S. 193).

[79]   cc) Die Be­klag­te wä­re des­halb bei ei­nem Un­ver­mö­gen des Klä­gers zur Be­sei­ti­gung von Män­geln nach § 326 V BGB zum Rück­tritt von dem Ver­trag be­rech­tigt. Die­se Rück­tritts­be­rech­ti­gung führ­te – vor­be­halt­lich der oben (Rn. 60) be­schrie­be­nen Ob­lie­gen­heit der Be­klag­ten zur Kon­kre­ti­sie­rung der gel­tend ge­mach­ten Män­gel und Rechts­be­hel­fe – zum Fort­be­stand der Män­ge­l­ein­re­de. Der Aus­schluss ei­ner ge­setz­li­chen Be­frei­ung von der Ge­gen­leis­tung bei Un­mög­lich­keit der Nach­er­fül­lung dient da­zu, dem Gläu­bi­ger der Sach­leis­tung, beim Kauf­ver­trag al­so dem Käu­fer, das an sich be­ste­hen­de Wahl­recht zwi­schen den ein­zel­nen Rechts­be­hel­fen zu er­hal­ten. Gä­be es die Re­ge­lung in § 326 I 2 BGB nicht, trä­te in sol­chen Fäl­len näm­lich kraft Ge­set­zes ei­ne Min­de­rung ein, auch wenn der Käu­fer ei­gent­lich ei­nen an­de­ren Rechts­be­helf wäh­len möch­te. Die­ses Er­geb­nis soll, wie aus­ge­führt (Rn. 78), mit den Re­ge­lun­gen in § 326 I 2, V BGB ver­mie­den wer­den. Das lässt sich aber nur er­rei­chen, wenn – vor­be­halt­lich der oben (Rn. 60) be­schrie­be­nen Ob­lie­gen­heit zur Kon­kre­ti­sie­rung der Män­gel und Rechts­be­hel­fe – bis zum Rück­tritt bzw. dem Ver­lan­gen von Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (vgl. § 281 IV BGB) auch die Män­ge­l­ein­re­de gilt.

[80]   b) Die­se Män­ge­l­ein­re­de be­steht aber oh­ne Wei­te­res nur für Män­gel, die auf dem Feh­len ei­ner nach § 434 I 1 BGB ge­trof­fe­nen Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung be­ru­hen. Die­se wür­den näm­lich nicht von dem Haf­tungs­aus­schluss er­fasst (vgl. Se­nat, Urt. v. 06.11.2015 – V ZR 78/14, BGHZ 207, 349 Rn. 9).

[81]   c) Für an­de­re Män­gel be­steht die Män­ge­l­ein­re­de nur, wenn sich der Klä­ger auf den Haf­tungs­aus­schluss nicht be­ru­fen kann. Das wie­der­um hängt da­von ab, ob der Klä­ger arg­lis­tig ge­han­delt hat. Denn in­so­weit dürf­te er sich nach § 444 Fall 1 BGB auf den Haf­tungs­aus­schluss nicht be­ru­fen.

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