Den Inhaber einer Kfz-Werkstatt, der Reparaturarbeiten an einem Fahrzeug durchführt, treffen als Werkunternehmer neben der Pflicht zur ordnungsgemäßen Reparatur des Fahrzeugs (§§ 631, 633 I BGB) Prüfungs- und Hinweispflichten. Diese betreffen zwar in erster Linie sein eigenes Werk – die Reparatur des Fahrzeugs – und fehlerhafte Vorarbeiten und Schäden, die dazu führen, dass eine fachgerechte Reparatur nicht möglich ist. Der Werkunternehmer muss den Besteller aber auch auf Unzulänglichkeiten eines Fahrzeugteils – hier: eine gelängte Steuerkette – hinweisen, das im Rahmen des Reparatur ganz oder teilweise aus- und wieder eingebaut werden muss und dessen Defekt nach Durchführung der Reparatur zum einen nicht mehr ohne Weiteres entdeckt und behoben werden kann und zum anderen erkennbar künftig zu einem (gravierenden) Schaden führen wird.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.10.2019 – I-21 U 43/18
Sachverhalt: Der Kläger ließ an seinem Pkw BMW X6 xDrive 30d Ende Juli/Anfang August 2015 von der Beklagten eine Reparatur vornehmen, bei der alle hydraulischen Ventilspielausgleichselemente und Schlepphebel erneuert wurden. Insbesondere wurden die Hydrostößel erneuert. Die Beklagte stellte dem Kläger für die Reparatur unter dem 11.08.2015 einen Betrag von 362,38 € in Rechnung; weitere Kosten in Höhe von 1.376 € übernahm aus Kulanz der Fahrzeughersteller. Auf der Rechnung vom 11.08.2015 ist vermerkt, dass beim Fahrzeug des Klägers ein Kettenspanner erneuert worden und mit dem Pkw eine Bewertungsfahrt unternommen worden sei.
Nachdem der Kläger sein Fahrzeug am 11.08.2015 zurückerhalten hatte, legte er damit circa 700 km zurück. Am 18.08.2015 stellte er den Pkw erneut in der Werkstatt der Beklagten vor. Dort wurde das Fahrzeug etwa vier Wochen lang untersucht. Sodann teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass die Ventile des Motors auf die Zylinderkolben durchgeschlagen seien und der Motor einen Totalschaden erlitten habe. Eine Reparatur sei nur durch den Einbau eines Austauschmotors möglich.
Der Kläger schaltete daraufhin seine späteren Prozessbevollmächtigten ein und ließ auf deren Anraten ein DEKRA-Sachverständigengutachten bezüglich der Ursache des Motorschadens erstellen, für das er 2.387,18 € aufwendete. In diesem Gutachten kam der Sachverständige L zu dem Ergebnis, dass die Beklagte bei der Reparatur des Pkw übersehen habe, dass die Steuerketten stark gelängt gewesen seien und hätten ausgetauscht werden müssen. Dadurch sei es zu Veränderungen und Verzögerungen im Ventiltakt gekommen, was wiederum zu den Schäden geführt habe. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten den Kläger jedenfalls auf das Problem und die Gefahr hinweisen müssen.
Gestützt darauf forderten die späteren Prozessbevollmächtigten des Klägers die Beklagte mit Schreiben vom 28.10.2015 auf, den Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs instand zu setzen und dem Kläger bis zum 06.11.2015 die für das Gutachten aufgewendeten Kosten zu erstatten. Die Beklagte lehnte dies ab.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger die Zahlung von 18.512,05 € sowie die Freistellung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.029,35 €.
Er behauptet, die Mitarbeiter der Beklagten hätten bei der – für sich genommen mangelfreien – Reparatur seines Fahrzeugs erkennen können und müssen, dass die Steuerketten stark gelängt gewesen seien. Diese seien bei einem – hier erfolgten – Austausch der Hydrostößel auszubauen, jedenfalls aber derart zu sehen, dass man eine Längung erkennen könne. Es sei ferner bekannt, dass es bei BMW-Motoren dieses Problem gebe, welche Schäden daraus entstehen könnten und dass gelängte Steuerketten ausgetauscht werden müssten. Die Beklagte – so meint der Kläger – hätte ihn zumindest auf die gelängten Steuerketten hinweisen müssen, damit er sich für die erforderliche Reparatur hätte entscheiden können.
Der Kläger macht geltend, es spiele bezüglich des Motorschadens keine Rolle, dass er mehrmals die Ölwechselintervalle überschritten habe. Dies sei ohnehin nur deshalb passiert, weil ihm die Beklagte jeweils nicht schnell genug einen Werkstatttermin habe geben können; gemeldet habe er sich jeweils rechtzeitig.
Der geforderte Betrag (18.512,05 €) setzt sich zusammen aus den Kosten für einen Austauschmotor (12.554,87 €), einer Nutzungsausfallentschädigung für – zunächst nur – 30 Tage in Höhe von jeweils 119 €, insgesamt 3.570 €, und den Kosten für das private Sachverständigengutachten (2.387,18 €).
Die Beklagte behauptet, der streitgegenständliche Schaden sei nur entstanden, weil der Kläger nach der ursprünglichen Reparatur seines Fahrzeugs auf ein – von ihm selbst angegebenes – Ruckeln und sonstige Anzeichen dafür, dass etwas nicht in Ordnung sei, nicht geachtet habe, sondern noch rund 700 km mit dem Pkw gefahren sei. Darüber hinaus habe zu dem Schaden beigetragen, dass der Kläger die Ölwechselintervalle immer wieder grob überschritten habe. Ursächlich dafür sei nicht gewesen, dass der Kläger keinen Werkstatttermin bekommen habe. Ein geeigneter Austauschmotor – so behauptet die Beklagte – koste nicht 12.544,87 €, wie der Kläger behaupte.
Das Gericht hat dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 11.757,09 € nebst Zinsen zugesprochen und einen Freistellungsanspruch in Höhe von 958,19 € zuerkannt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe in dieser Höhe einen Anspruch auf Schadensersatz gegen die Beklagte aus § 280 I BGB, weil die Beklagte eine ihr obliegende Nebenpflicht verletzt habe. Die Beklagte hätte bei der Reparatur Ende Juli/Anfang August 2015 erkennen können und müssen, dass die Steuerketten gelängt gewesen seien und damit die Gefahr bestanden habe, dass es beim Betrieb des Motors zu Taktstörungen und im weiteren Verlauf zu Schäden an den Zylindern und damit am Motor kommen werde. Darauf hätte sie den Kläger hinweisen müssen. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger die Steuerketten hätte austauschen lassen, wenn ihm ein entsprechender Hinweis erteilt worden wäre, und es dann zu dem Motorschaden nicht gekommen wäre. Dagegen wäre – so das Landgericht – der Motorschaden nicht vermieden worden, wenn der Kläger sofort die Werkstatt der Beklagten aufgesucht hätte, als nach der Rückgabe des Fahrzeugs ungewöhnliche Vibrationen auftraten. Zu diesem Zeitpunkt sei der Schaden nämlich bereits eingetreten gewesen.
Die Kosten für einen Austauschmotor könnten zwar, wie vom Kläger angegeben, mit 12.554,87 € angesetzt werden. Davon müsse die Beklagte dem Kläger aber nur 8.369,91 € ersetzen. Denn es sei ein Abzug „neu für alt“ in Höhe von 1/3 gerechtfertigt, obwohl der Kläger einen Austauschmotor und keinen neuen Motor erhalten habe. Dieser – insgesamt überholte – Austauschmotor sei nämlich in seiner Funktion einem neuen Motor gleichwertig, zumal dafür eine Herstellergarantie bestehe. Das Gericht lege zugrunde, dass der ursprüngliche Motor im Pkw des Klägers bei der Reparatur Ende Juli/Anfang August 2015 eine Laufleistung von über 167.000 km aufgewiesen habe, also schon deutlich abgenutzt gewesen sei, und der Kläger in Gestalt des Austauschmotors einen zwar generalüberholten, aber keinen ganz neuen Motor erhalten habe. Daher erscheine ein Abzug von 1/3 angemessen.
Die Beklagte müsse dem Kläger die Kosten für das private Sachverständigengutachten in voller Höhe ersetzen, weil der Kläger diese Kosten habe aufwenden dürfen, um zu klären, ob er einen Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte habe, und um diesen Anspruch gegebenenfalls geltend zu machen. Das Gutachten sei schließlich auch in dem vorliegenden Rechtsstreit verwertet worden.
Darüber hinaus stehe dem Kläger eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von von 1.000 € zu, weil er sein von dem Motorschaden betroffenes Fahrzeug aufgrund dieses Schadens nicht habe nutzen könne. Dies stelle nach ständiger und langjähriger Rechtsprechung eine ersatzfähige Einbuße dar. Der Kläger sei aber nach seinen Angaben nicht ganz ohne Fahrzeug gewesen, sondern habe über ein – allerdings deutlich kleineres und schwächer motorisiertes – Ersatzfahrzeug verfügt. Daher sei ihm die Möglichkeit, mit einem eigenen Pkw zu fahren, nicht völlig abgeschnitten gewesen; er habe aber spürbare Komforteinbußen hinnehmen müssen. Diese würden mit einem Betrag von 1.000 € abgegolten, weil der Kläger – wie für die Nutzung eines eigenen Pkw typisch – seine Fahrten weiterhin selbst habe organisieren können und lediglich einen geringeren Komfort habe hinnehmen müssen.
Zinsen in gesetzlicher Höhe könne der Kläger aus 2.387,18 € seit dem 07.11.2015 und aus weiteren 9.369,91 € seit dem 15.02.2016 verlangen. Der Anspruch ergebe sich hinsichtlich der 2.387,18 € aus Verzug (§ 286 I 1, § 288 I BGB) und im Übrigen aus §§ 291, 288 I 2 BGB.
Schließlich habe die Beklagte dem Kläger vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten zu ersetzen. Diese seien Teil des dem Kläger entstandenen Schadens, und der Kläger habe es angesichts einer unübersichtlichen und ungewöhnlichen Sach- und Rechtslage für angemessen und erforderlich halten dürfen, sich zur richtigen und erfolgreichen Geltendmachung seiner Ansprüche anwaltlicher Hilfe zu bedienen.
Die Berufung der Beklagten hatte teilweise Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat zwar zutreffend entschieden, dass dem Kläger gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß § 634 Nr. 4 Fall 1, § 280 I BGB zusteht, weil diese gegen Nebenpflichten verstoßen hat, die ihr aufgrund des mit dem Kläger geschlossenen Werkvertrags oblagen. Dieser Schadensersatzanspruch besteht jedoch lediglich in der tenorierten Höhe.
Materiell-rechtlich sind der Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits die Regelungen der §§ 631 ff. BGB in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung zugrunde zu legen.
1. Die von der Beklagten im Auftrag des Klägers durchgeführten Reparaturarbeiten selbst waren unstreitig nicht mangelhaft. Die Klägerin hat jedoch vorwerfbar gegen ihr im Rahmen des erteilten Auftrags gemäß § 242 BGB obliegende Prüfungs- und Hinweispflichten verstoßen, indem sie den Zustand der Steuerketten nicht überprüft und den Kläger nicht darauf hingewiesen hat, dass diese zur Vermeidung eines Motorschadens ausgetauscht werden müssten.
a) Zum Zeitpunkt der Reparatur des Fahrzeugs des Klägers durch die Beklagte bestand ein aufklärungsbedürftiger Zustand.
Der Senat ist aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen P davon überzeugt, dass die Steuerketten des Fahrzeugs des Klägers bereits zu diesem Zeitpunkt eine solche erhebliche Längung aufwiesen, dass die notwendige Spannung auch durch den hydraulischen Kettenspanner langfristig nicht mehr gewährleistet war (vgl. S. 17 des Gutachtens des Sachverständigen vom 05.10.2016) und die Ketten zur Vermeidung eines Motorschadens hätten ausgetauscht werden müssen.
Die Motorsteuerketten unterliegen nach den nachvollziehbaren Darstellungen des Sachverständigen P einem gewissen Verschleiß. Der natürliche Verschleiß an diesen Metallteilen wird durch entsprechende Spannelemente, die Kettenspanner, ausgeglichen (S. 16 des Gutachtens vom 05.10.2016).
Das Fahrzeug des Klägers hat nach einer weiteren Nutzungsdauer von rund 700 km nach seiner Rückgabe an den Kläger einen Motorschaden erlitten, der darauf zurückzuführen ist, dass die Steuerketten erheblich gelängt waren, wodurch die Ventilsteuerung gestört war. Die Steuerketten wiesen zu diesem Zeitpunkt im zusammengeschobenen Zustand bezogen auf die gesamte Kettenlänge im Vergleich zum Normalzustand eine Längung um sieben bzw. drei Millimeter auf (vgl. S. 15 des Gutachtens vom 05.10.2016). Durch diese Längung kam es zu einer Berührung zwischen Ventilen und Kolbenböden mit der Folge des eingetretenen Motorschadens (vgl. S. 19 des Gutachtens vom 05.10.2016).
Der Senat ist insbesondere auch davon überzeugt, dass eine erhebliche, einen Austausch der Steuerketten erfordernde Längung bereits zum Zeitpunkt der Reparatur des Fahrzeugs durch die Beklagte vorlag und nicht erst im Rahmen der anschließenden Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger eingetreten ist. Der Kläger hatte bereits nach wenigen Kilometern eine ungewöhnliche Vibration festgestellt, die den Ausführungen des Sachverständigen zufolge ein Symptom einer fehlerhaften Längung der Steuerketten darstellt. Der Sachverständige P hat weiter überzeugend ausgeführt, dass die Längung der Steuerketten ein langsam fortschreitender Prozess ist, der sich über einen längeren Zeitraum hinweg entwickelt. Er hat insbesondere ausgeschlossen, dass diese Längung innerhalb von nur rund 700 km erfolgt sein kann, und nachvollziehbar festgestellt, dass eine erhebliche Längung bereits zum Zeitpunkt der Durchführung der Reparatur durch die Beklagte vorgelegen haben muss (vgl. S. 18 des Gutachtens vom 05.10.2016).
Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte nach Durchführung der Reparatur einen Testdurchlauf durchgeführt hat, bei dem die Steuerzeiten (d. h. die Zeiten, in denen die automatisch gesteuerten Ventile des Motors öffnen und schließen) keine Auffälligkeit aufwiesen. Selbst wenn die Steuerkette zum Zeitpunkt der Reparatur noch weniger gelängt gewesen sein sollte und noch keine Verschiebung der Steuerzeiten der Ventile eingetreten war, weil die eingetretene Längung noch durch den vorhandenen Kettenspanner ausgeglichen wurde, kann die Längung nur wenig geringer gewesen sein als in dem von dem Sachverständigen festgestellten Zustand, da es sich hierbei um einen langsam fortschreitenden Prozess handelt. Angesichts der Kürze der Nutzungsdauer nach der Rückgabe des Fahrzeugs muss die Längung jedenfalls so weit fortgeschritten gewesen sein, dass ein weiterer Ausgleich durch den Kettenspanner nicht mehr möglich war und damit die Gefahr einer fehlerhaften Ventilsteuerung bestand, sodass bei einer Nutzung des Fahrzeuges über einen nur noch kurzen Nutzungszeitraum mit einem Motorschaden zu rechnen war.
Dass im Anschluss an die Reparatur die Steuerzeiten noch eingehalten worden waren, führt insbesondere auch nicht dazu, dass zum Zeitpunkt der durch die Beklagte durchgeführten Reparatur noch keine Längung der Steuerketten vorlag, die ihren Austausch erforderlich machte. Vielmehr ist der Austausch der Steuerketten dem Kunden nicht erst dann anzuraten, wenn diese derart gelängt sind, dass die Steuerzeiten nicht mehr eingehalten werden, sondern bereits dann, wenn eine solche Längung vorliegt, dass der Kettenspanner bereits annähernd vollständig ausgefahren ist und eine weitere Längung nicht mehr ausgeglichen werden kann. Angesichts des erheblichen drohenden Schadens einer Motorschädigung gilt hier dasselbe wie etwa bei einem zu geringem Ölstand: Dieser ist nicht erst dann auszugleichen, wenn sich die Gefahr, dass der Ölfilm reißt, verwirklicht, sondern bereits vorher, um dies und einen hierauf beruhenden möglichen Schaden zu vermeiden.
2. Indem die Beklagte den Zustand der Steuerketten bei der Durchführung ihrer Reparatur nicht überprüft und den Kläger nicht auf den Zustand der Steuerketten hingewiesen hat, hat sie gegen ihre Nebenpflichten verstoßen.
Zwar betreffen die den Werkunternehmer, der Reparaturarbeiten durchführt, obliegenden werkvertraglichen Prüf- und Hinweispflichten in erster Linie dessen eigenes Werk oder fehlerhafte Vorarbeiten und Schäden, die dazu führen, dass das eigene Werk nicht zur sachgerechten Beseitigung der aufgetretenen Schäden führen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.02.1999 – 22 U 161/98). Allerdings begründen die allgemeinen Grundsätze der vertraglichen Kooperations- und Treuepflicht darüber hinaus die Pflicht der Beklagten, den Kläger auf Unzulänglichkeiten von Teilen des Fahrzeugs hinzuweisen, die sie im Rahmen des Reparaturauftrags ganz oder teilweise aus- und wieder einzubauen hatte und deren Mängel nach Ausführung ihrer Werkleistungen einerseits nicht mehr ohne Weiteres entdeckt und behoben werden konnten und andererseits erkennbar zu einem künftigen Schaden des Fahrzeugs führen würden (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.10.2007 – I-5 U 6/07, juris Rn. 43 zur Haftung eines Putzers für Leistungen von Vorunternehmern).
Nach dem von dem Sachverständigen P bestätigten eigenen Vortrag der Beklagten musste ihr Monteur, der die beauftragten Reparaturarbeiten durchführte, hierbei jedenfalls die obere Steuerkette teilweise demontieren und später wieder einbauen. Hierbei oblag es ihm, die Steuerkette jedenfalls einer Augenscheinüberprüfung zu unterziehen, ob sie sich noch in einem ordnungsgemäßen Zustand befand. Im eingebauten Zustand ist diese Kette nicht mehr sichtbar und sind Fehler nicht ohne Weiteres erkenn- und behebbar.
Nach den weiteren überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen hätte ein erfahrener Monteur bei der Durchführung der Reparaturarbeiten feststellen können und müssen, dass die Steuerkette bereits eine erhebliche Längung aufwies. Die obere Steuerkette hatte zum Zeitpunkt ihres späteren Ausbaus eine Längung von insgesamt sechs Millimetern. Die Beklagte räumt diesbezüglich selbst ein, dass die Längung der Steuerketten „extrem“ gewesen sei (vgl. S. 2 des Schriftsatz vom 04.11.2018). Selbst wenn man angesichts des Umstands, dass sich zunächst die Steuerzeiten korrekt einstellen ließen, davon ausgeht, dass die Längung noch kein solches Ausmaß hatte, dass Fehler in der Ventilsteuerung auftraten, da sie noch durch den Kettenspanner ausgeglichen werden konnte, kann die Längung zum Zeitpunkt der Reparatur, da es sich um einen langsam fortschreitenden Prozess handelt, lediglich geringfügig kürzer gewesen sein. Weiter ist zu berücksichtigen, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen eine Steuerkette im Normalzustand eine Längung von null Millimetern hat (vgl. S. 6 des Protokolls vom 26.06.2019). Angesichts dieses Umstands ist auch eine Längung um sechs Millimeter augenfällig. Weiter ist der Umstand zu bedenken, dass die Steuerkette nach den weiteren Feststellungen des Sachverständigen ein erhebliches Spiel in den Kettengelenken aufwies (vgl. S. 15 des Gutachtens vom 05.10.2016; dies bestätigt durch die Feststellungen des DEKRA-Gutachtens auf S 9). Der Monteur der Beklagten musste die obere Steuerkette zur Durchführung seiner Reparatur in die Hand nehmen. Selbst wenn ihm die eingetretene Längung der Kette optisch nicht aufgefallen war, hätte er jedenfalls hierdurch wahrnehmen können und müssen, dass das Spiel der Einzelteile der Steuerkette untereinander gelockert war. Diese Umstände hätte der Monteur der Beklagten jedenfalls zum Anlass nehmen müssen, etwa anhand einer Untersuchung durch die Öffnung des Kettenspanners zu untersuchen, ob die Steuerkette ein kritisches Maß erreicht hatte. Er hätte in diesem Fall nach den weiteren überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen die Länge der Kette mithilfe eines Messgeräts durch die Öffnung des Kettenspanners überprüfen müssen (vgl. S. 4 des Protokolls vom 26.02.2019). Ferner hätte er anhand des Stands des Kettenspanners feststellen können und müssen, dass die Kette bereits ein kritisches Maß erreicht hatte. Denn nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen des Gutachtens der DEKRA war der Kettenspanner zum Zeitpunkt der anschließenden Untersuchung durch diese bereits weit herausgefahren, was ein Zeichen für eine erhebliche Längung der Steuerkette ist (vgl. S. 6 des DEKRA-Gutachtens).
3. Die Beklagte hat dem Kläger gem. § 634 Nr. 4 Fall 1, 280 I BGB denjenigen Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist, dass sie der ihr obliegenden Prüfungs- und Hinweispflicht nicht nachgekommen ist.
a) Die Beklagte hat dem Kläger zunächst den Schaden zu ersetzen, der ihm dadurch entstanden ist, dass sein Fahrzeug aufgrund der nicht behobenen Längung der Steuerketten einen Motorschaden erlitten hat und der Motor ausgetauscht werden musste.
Dem Kläger ist ein Schaden in Höhe der von ihm nachgewiesenen Kosten für den Erwerb des Austauschmotors (2.500 €) sowie für den erforderlichen Einbau des Motors (1.091,24 €) und ferner der Kosten für die Wiederzulassung des Fahrzeugs (52,70 €), also in Höhe von insgesamt 3.643,94 €, entstanden. Hätte die Beklagte den Kläger darauf hingewiesen, dass die Steuerketten gelängt sind und hiermit die Gefahr eines Motorschadens einhergeht, ist unter Berücksichtigung der Vermutung eines aufklärungsgerechten Verhaltens des Klägers (st. Rspr., vgl. etwa BGH, Urt. v. 08.05.2012 – XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 = juris Rn. 27 ff.) anzunehmen, dass dieser den Austausch der Steuerketten in Auftrag gegeben hätte. Hierdurch wären ihm die Kosten des Austauschs des Motors erspart geblieben.
Von diesen Kosten sind allerdings die Kosten abzuziehen, die dem Kläger im Falle des aufklärungsgerechten Verhaltens, also der Durchführung der Erneuerung der Steuerketten, (ohnehin) entstanden wären. Hätte der Kläger die Steuerketten austauschen lassen, hätte dies nach den Ausführungen des Sachverständigen P jedenfalls Kosten in Höhe von 3.574,46 € verursacht. Der Sachverständige P hat bestätigt, dass die von der Beklagten vorgetragenen Kosten in Höhe von 3.974,46 € für einen Austausch der Steuerketten durch diese abzüglich von Stundenlohnarbeiten in einer Höhe von rund 400 € angefallen wären.
Soweit der Kläger in der Berufungsinstanz vorgetragen hat, er hätte im Falle eines Hinweise nicht die Beklagte mit dem Austausch der Steuerketten beauftragt, sondern einen Dritten, der diese Arbeiten kostengünstiger ausgeführt hätte, handelt es sich um einen neuen, gemäß § 531 II 1 ZPO unbeachtlichen Vortrag. Der Kläger hat erstinstanzlich zur Begründung seiner Klage ausdrücklich vorgetragen, im Falle des unterbliebenen Hinweises hätte er die Beklagte mit dem Austausch der Steuerketten beauftragt (vgl. S. 4 der Klageschrift vom 25.05.2016). Soweit der Kläger weiter vorgetragen hat, ihm wären bei einer Reparatur durch die Beklagte keine Kosten entstanden, da er insoweit einen „Garantievertrag“ abgeschlossen habe, hat er diesen – von der Beklagten bestrittenen – Vortrag weder durch Vorlage eines solchen Vertrags substanziiert noch unter Beweis gestellt.
b) Bei der Ermittlung des Schadens des Klägers war nicht ein weiterer Betrag von 4.000 € als verbleibende Wertminderung nach dem Einbau des Austauschmotors zu berücksichtigen.
Ob das Fahrzeug des Klägers mit einem generalüberholten Austauschmotor und einer Kilometerleistung von 108.000 anstelle des konkret eingebauten Motors und einer Kilometerleistung von rund 275.000 einen Wert von 14.000 € anstelle von 10.000 € gehabt hätte, kann offenbleiben. Denn der Kläger hatte zum Zeitpunkt des erforderlichen Motoraustauschs keinen Anspruch auf den Einbau eines neuen oder als neuwertig geltenden Austauschmotors. Sein Fahrzeug wies zum Zeitpunkt der Reparatur durch die Beklagte bereits einen Kilometerstand von rund 167.000 auf; zum Zeitpunkt des Einbaus des neuen Motors betrug er 167.849. Vor diesem Hintergrund kann dahinstehen, ob ein Fahrzeug mit einer rund 167.000 km geringeren Laufleistung einen höheren Wert gehabt hätte.
Auch im Übrigen ist eine verbleibende Wertminderung nach Einbau des Austauschmotors durch den Kläger nicht ersichtlich. Dass nach Einbau des neuen Motors technische Mängel verblieben sind, ist weder vorgetragen noch offensichtlich. Vielmehr hat der Kläger das Fahrzeug anschließend unstreitig jedenfalls weitere 108.000 km gefahren. Selbst wenn der Umstand, dass es sich bei dem eingebauten Austauschmotor nicht um einen Werksmotor von BMW handelt, bei der Bewertung des Fahrzeugs eine Rolle spielen sollte, ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der eingebaute Motor immerhin eine über 100.000 km geringere Fahrleistung aufwies (65.000 km) als der ursprüngliche Motor (167.000 km).
c) Der Kläger hat gemäß § 249 BGB ferner Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Privatgutachtenkosten in Höhe von 2.387,18 €.
d) Soweit das Landgericht dem Kläger ferner eine Nutzungsausfallentschädigung in Höhe von 1.000 € zugesprochen hat, ist das Urteil nicht zu beanstanden.
e) Aus den vorstehenden Ausführungen folgt folgende Schadensberechnung:
Kosten Ankauf Austauschmotor | 2.500,00 € | |
Kosten Einbau Austauschmotor | 1.091,24 € | |
Kosten Wiederzulassung | 52,70 € | |
Zwischensumme | 3.643,94 € | |
Vorteilsausgleich (Austausch Steuerketten) | − | 3.574,46 € |
Zwischenergebnis | 69,48 € | |
Kosten Gutachten | 2.387,18 € | |
Nutzungsausfallentschädigung | 1.000,00 € | |
Ergebnis | 3.456,66 € |
3. Das Landgericht hat zutreffend ein Mitverschulden des Klägers an dem Schaden gemäß § 254 BGB verneint. Der Kläger hat zwar eingeräumt, bereits nach wenigen Kilometern ein „Vibrieren“ des Fahrzeugs festgestellt zu haben. Hierbei handelt es sich jedoch um ein äußerst unspezifisches Symptom. Nach den auch insoweit überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen P ist eine fachliche Einordnung der von dem Kläger festgestellten „Vibrationen“ bezüglich ihrer Ursachen und eventuellen Folgen für einen Laien nicht oder nur ansatzweise möglich (vgl. S. 18 des Gutachtens vom 05.10.2016). Ferner ist zu berücksichtigen, dass sich der Wagen gerade zur Reparatur bei einem Fachunternehmen befunden hatte, sodass der Kläger zunächst darauf vertrauen durfte, dass dieses Symptom nicht derart gravierend sein werde, dass er unmittelbar seine Fahrt abbrechen und sich – erneut – an eine Werkstatt wenden müsse.
4. Der Kläger hat ferner gemäß § 634 Nr. 4 Fall 1, §§ 280 I, 249 BGB Anspruch auf Freistellung von den ihm entstandenen Anwaltskosten. Hierbei war als Streitwert der Anspruch in dem begründeten Umfang zugrunde zu legen (3.456,66 €).
5. Der Zinsanspruch des Klägers beruht auf §§ 286 I, 291, 288 I BGB. Hinsichtlich des Beginns des Anspruchs auf Prozesszinsen war das erstinstanzliche Urteil geringfügig abzuändern, da die Verzinsung nach § 291 BGB erst ab dem 16.02.2016, dem Tag nach der Zustellung der Klageschrift am 15.02.2016, beginnt (§ 187 I BGB). …