- Wird ein gebrauchtes Fahrzeug (hier: ein Luftfahrzeug) im Kaufvertrag als „unfallfrei“ bezeichnet, liegt mindestens eine Beschaffenheitsvereinbarung (§ 434 I 1 BGB) des Inhalts vor, dass das Fahrzeug unfallfrei sei. Ob der Verkäufer sogar eine Garantie (§ 443 I, § 444 Fall 2 BGB) dafür übernommen hat, dass das Fahrzeug unfallfrei ist, kann dahinstehen. Denn ein vereinbarter Gewährleistungsausschluss gilt schon nicht für einen Mangel, der darin besteht, dass die Kaufsache nicht die i. S. von § 434 I 1 BGB vereinbarte Beschaffenheit hat (im Anschluss an BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12 Rn. 15 m. w. Nachw.).
- Beansprucht der Verkäufer eines Fahrzeugs nach einem Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag eine Nutzungsentschädigung (§ 346 I, II 1 Nr. 1 BGB), so hat er als Anspruchsteller nach den allgemeinen Grundsätzen die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs erfüllt sind. Den Käufer trifft jedoch eine sekundäre Darlegungslast, der er dadurch genügt, dass er zum Umfang der Nutzung des Fahrzeugs vorträgt.
- Mangels einer automatischen Saldierung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis (vgl. § 348 Satz 1 BGB) muss der auf Rückabwicklung des Kaufvertrags in Anspruch genommene Verkäufer mit einem Anspruch auf Nutzungsentschädigung ausdrücklich oder konkludent gegen die Rückgewähransprüche des Käufers aufrechnen, damit es zu einer Saldierung kommt.
OLG München, Urteil vom 14.02.2019 – 8 U 130/18
Sachverhalt: Der Beklagte war seit 2014 Eigentümer eines Flugzeugs Piper PA-31T-1 Cheyenne (Baujahr 1981), das im Jahr 2015 zum Verkauf stand.
Die Klägerin beauftragte den Diplom-Sachverständigen für Luftfahrzeuge M damit, den Wert des Flugzeugs zu ermitteln. M besichtigte die Maschine am 11.09.2015 und teilte anschließend dem Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin G einen von ihm ermittelten Zeitwert in Höhe von 500.000 € mit. Im schriftlichen Gutachten des M vom 17.09.2015 heißt es auch, das Flugzeug sei – soweit mit der Dokumentation ermittelbar – unfallfrei.
Die Klägerin kaufte das Flugzeug mit Kaufvertrag vom 11.09.2015 zum Preis von 500.000 €. Im Kaufvertrag heißt es unter „Sonstiges“, dass das Luftfahrzeug unfallfrei sei. Ferner haben die Parteien vereinbart, dass das Luftfahrzeug in gebrauchtem Zustand wie besichtigt und Probe geflogen unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung verkauft werde.
Unter dem 02.10.2015 trat die R-GmbH in den Kaufvertrag ein und verleaste das Flugzeug anschließend an die Klägerin. Die R-GmbH zahlte den Kaufpreis an den Beklagten, der darüber unter dem 02.10.2015 eine Rechnung erstellte und der Klägerin das Flugzeug am 08.10.2015 übergab. In der Folgezeit nutzte die Klägerin das Flugzeug und wandte für den Unterhalt, die Zulassung und verschiedene Einbauten insgesamt mindestens 35.209 € auf.
Mit Anwaltsschreiben vom 06.03.2017 trat die Klägerin mit der Begründung, das Flugzeug sei bei der Übergabe am 08.10.2015 nicht unfallfrei gewesen, vom Kaufvertrag zurück. Sie setzte dem Beklagten eine Frist bis zum 20.03.2017 zur Rückzahlung des Kaufpreises, Zug um Zug gegen Rückgabe des Flugzeugs, und zur Erstattung der bisher gezahlten Leasingraten und -sonderzahlungen sowie weiterer Aufwendungen in Höhe von 32.209 €.
Das Flugzeug hatte bei einem Vorfall im Jahr 1999 einen Bruch des linken Hauptfahrwerks erlitten und war mit der linken Tragfläche und dem linken Propeller auf die Landebahn aufgeschlagen.
Am 07.07.2017 trat die R-GmbH alle ihr aus dem Kaufvertrag gegenüber dem Beklagten zustehenden Recht an die Klägerin ab und ermächtigte die Klägerin zur Geltendmachung im eigenen Namen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Flugzeug zwar entgegen einer von den Parteien getroffenen Beschaffenheitsvereinbarung bei der Übergabe an die Klägerin nicht unfallfrei gewesen sei, sondern im Jahr 1999 einen Unfall i. S. von § 2 FlUUG erlitten gehabt habe. Rechte wegen dieses Mangels habe die Klägerin aber nicht, weil sie den Mangel bei Abschluss des Kaufvertrags gekannt habe (§ 442 1 1 BGB). Der Zeuge M habe insoweit glaubhaft angegeben, er habe G seine Erkenntnisse über den Vorfall, der sich 1999 ereignet habe, am 11.09.2015 beim Mittagessen mitgeteilt habe. G habe deshalb positive Kenntnis von dem Unfall gehabt.
Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hatte überwiegend Erfolg.
Aus den Gründen: II. Die … Berufung der Klägerin … hat in der Sache hinsichtlich der Berufungsanträge I., II. und IV. Erfolg, da das Flugzeug nicht die im Kaufvertrag vereinbarte Beschaffenheit der Unfallfreiheit aufweist, sodass die geltend gemachten Gewährleistungsansprüche begründet sind. Der Beklagte hat allerdings mit ihm zustehenden Ansprüchen auf Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.434,32 € gegen die Aufwendungsersatzansprüche der Klägerin (Berufungsantrag zu II) aufgerechnet. Die Klägerin kann jedoch Erstattung ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht verlangen, sodass die Klage insoweit abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen war.
1. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rücktritt vom Kaufvertrag sowie Ersatz vergeblicher Aufwendungen gegen den Beklagten zu, da das verkaufte Flugzeug bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufwies und daher mit einem Sachmangel behaftet war (§ 434 I 1 BGB).
Die Parteien haben hier im Kaufvertragsformular unter „Sonstiges“ ausdrücklich festgehalten, dass das Luftfahrzeug unfallfrei sei. Hierbei handelt es sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH mindestens um eine Beschaffenheitsvereinbarung über die Unfallfreiheit (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12 Rn. 14); ob es sich darüber hinausgehend um eine Beschaffenheitsgarantie gemäß § 443 I BGB handelt, kann dahinstehen.
Die Haftung des Beklagten für diese vereinbarte Beschaffenheit ist auch nicht aufgrund des vertraglich vereinbarten Gewährleistungsausschlusses entfallen. Der Gewährleistungsausschluss, den die Parteien im Kaufvertrag vereinbart haben, kann vor dem Hintergrund der vereinbarten Beschaffenheit der Unfallfreiheit des Flugzeugs vielmehr nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nur dahin ausgelegt werden, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten soll (vgl. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12 Rn. 15).
2. Diese vereinbarte Beschaffenheit der Unfallfreiheit des streitgegenständlichen Flugzeugs ist nicht gegeben, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat.
a) Der Senat ist der Auffassung, dass jedenfalls ein nach dem Flugunfall-Untersuchungs-Gesetz (FlUUG) untersuchungspflichtiger Unfall auch zivilrechtlich offenbarungspflichtig ist und deshalb jedenfalls ein Flugzeug, das einen solchen „Unfall“ erlitten hat, in einem Kaufvertrag nicht mehr als „unfallfrei“ bezeichnet werden kann.
§ 2 FlUUG (entspricht Art. 2 der Verordnung (EU) Nr. 996/2010) definiert einen Unfall im Sinne dieses Gesetzes unter anderem als ein
„Ereignis bei dem Betrieb eines Luftfahrzeugs …, wenn hierbei:
…
2. das Luftfahrzeug oder die Luftfahrzeugzelle einen Schaden erlitten hat und
- dadurch der Festigkeitsverband der Luftfahrzeugzelle, die Flugleistungen oder die Flugeigenschaften beeinträchtigt sind und
- die Behebung dieses Schadens in aller Regel eine große Reparatur oder einen Austausch des beschädigten Luftfahrzeugbauteils erfordern würde;
es sei denn, dass nach einem Triebwerkschaden oder Triebwerksausfall die Beschädigung des Luftfahrzeugs begrenzt ist auf das betroffene Triebwerk, seine Verkleidung oder sein Zubehör, oder dass der Schaden an einem Luftfahrzeug begrenzt ist auf Schäden an Propellern, Flügelspitzen, Funkantennen, Bereifung, Bremsen, Beplankung oder auf kleinere Einbeulungen oder Löcher in der Außenhaut …“.
Einen solchen „Unfall“ hat das streitgegenständliche Flugzeug im Jahr 1999 erlitten. Nach den – vom Beklagten nicht bestrittenen und daher gemäß § 138 III ZPO als zugestanden anzusehenden – Angaben der Klagepartei hat das Flugzeug bei einem Reifenplatzer im Jahr 1999 (BLOWN TIRE IN TAKE OFF-ROLL) einen Bruch des linken Hauptfahrwerks erlitten und ist mit der linken Tragfläche und dem linken Propeller auf die Landebahn aufgeschlagen. Durch den Bruch des Hauptfahrwerks sowie das Aufschlagen des Propellers auf die Landefläche hat das Flugzeug einen Schaden erlitten und wurden unzweifelhaft die Flugeigenschaften beeinträchtigt. Unter anderem musste der Propeller ausgetauscht werden; die Reparaturkosten lagen den ebenfalls unwidersprochenen Angaben des Klägers zufolge bei circa 326.000 DM. Damit sind sowohl die tatbestandlichen Voraussetzungen einer „großen Reparatur“ als auch die eines Austauschs des beschädigten Luftfahrtbauteils gemäß § 2 Unfall Nr. 2 FlUUG gegeben.
Ein in Nr. 2 genannter Ausnahmetatbestand – bloßer Triebwerkschaden oder ein begrenzter Schaden an den Propellern, Flügelspitzen etc. – ist aufgrund der bei dem Vorfall nachweislich entstandenen Schäden (Bruch des linken Hauptfahrwerks, Aufschlag auf die Landebahn mit der linken Tragfläche und dem linken Propeller) dagegen nicht gegeben. Denn es handelt sich bei diesen Schäden – entgegen der Auffassung der Berufung – nicht um einen lediglich „begrenzten Schaden“ im Sinne dieser Bestimmung.
b) Die danach unzutreffende Beschaffenheitsangabe „unfallfrei“ wird auch nicht etwa dadurch zutreffend, dass der Unfall hier bei Kaufvertragsschluss bereits circa 16 Jahre zurücklag. Eine solche Einschränkung enthält der Kaufvertrag nicht. Ob angesichts der seit dem Unfall verstrichenen Zeit für eine ungefragte Offenbarung von Unfällen etwas anderes gelten könnte, kann daher dahinstehen
c) Ebenfalls dahinstehen kann, ob die Unfallfreiheit eines Luftfahrzeugs nicht nach zivilrechtlichen Maßstäben noch deutlich strenger zu beurteilen wäre, insbesondere entsprechend der Judikatur zu Kfz-Unfällen, bei denen bekanntermaßen nur bloße Bagatellschäden nicht offenbarungspflichtig sind (vgl. z. B. BGH, Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12 Rn. 14). Für Kraftfahrzeuge gilt, dass über Bagatellschäden hinausgehende Unfallschäden deshalb offenbarungspflichtig sind, weil dies dem betroffenen Kfz den auf dem Markt preismindernden Makel eines Unfallfahrzeugs verleiht. Dass das auf dem Flugzeugmarkt anders wäre, hat der Beklagte zwar behauptet. Dagegen spricht aber schon, dass das hier verwendete „Kaufvertragsformular für Luftfahrzeuge“ – wie bei Kfz – eine Rubrik für Angaben zur Unfallfreiheit enthält. Wenn das im Flugzeugmarkt bedeutungslos wäre, gäbe eine solche Rubrik keinen Sinn. Es mag auch zutreffen, dass das streitgegenständliche Flugzeug nach der Reparatur mit Neuteilen „besser dastand als vorher“, wie insbesondere der Zeuge M wiederholt meinte. Auch das ist aber bei älteren Kfz nicht anders. Auch bei diesen ändert selbst eine mit Neuteilen in der Herstellerwerkstatt vorgenommene Reparatur nichts an der Offenbarungspflicht. Warum das bei Flugzeugen grundsätzlich anders sein sollte, erhellt sich dem Senat nicht.
3. Entgegen der Auffassung des Landgerichts hatte die Klägerin keine hinreichende Kenntnis davon, dass das Flugzeug aufgrund des Unfalls im Jahr 1999 die genannten Schäden erlitten hat.
a) Gemäß § 442 I 1 BGB sind die Rechte des Käufers wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn er bei Vertragsschluss den Mangel kennt. Der Verkäufer trägt die Beweislast für die Tatsachen zur Kenntnis des Käufers (Palandt/Weidenkaff, BGB, 77. Aufl., § 442 Rn. 6).
b) Dem Beklagten ist ein Nachweis, dass die Klägerin vor Vertragsschluss Kenntnis von dem Unfall des Flugzeugs im Jahr 1999 hatte, nicht gelungen. Der Senat hat nach Wiederholung der Beweisaufnahme nicht die Überzeugung gewonnen, dass der Zeuge M dem Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin G von dem Vorfall im Jahr 1999, den dabei entstandenen Schäden am Flugzeug sowie den nachfolgend durchgeführten Reparaturen am 11.9.2015 berichtet hat. Soweit der Zeuge M in erster Instanz angegeben hatte, dass er G am 11.09.2005 beim Mittagessen erzählt habe, dass sich bei seinen Überprüfungen der Dokumente ein Vorfall aus dem Jahr 1999 ergeben habe, dass ein Propeller Bodenberührung gehabt habe, hat er bei der Einvernahme durch den Senat nunmehr bekundet, dass beim Mittagessen nicht über den Vorfall gesprochen worden sei, sondern er erst bei einem anschließenden Treffen im Büro des Beklagten G gegenüber erwähnt habe, dass das Flugzeug vor vielen Jahren eine Propeller-Boden-Berührung gehabt habe. Was er diesem im Einzelnen gesagt habe, konnte der Zeuge nach seiner Erinnerung jedoch nicht mehr angeben. Der Zeuge M hat auch auf konkrete Fragen des Senats, welche Angaben über den Vorfall im Jahr 1999, die dabei erlittenen Unfallschäden und die nachfolgenden Reparaturen er am 11.09.2015 gegenüber G gemacht habe, nur äußerst vage Antworten gegeben. Er hatte insbesondere keine sichere Erinnerung mehr daran, was er G zu vorhandenen Vorschäden gesagt hat. Der Senat konnte sich aufgrund der nur sehr vagen Angaben des Zeugen M zu Zeitpunkt und Inhalt der G gegenüber gemachten Angaben daher nicht davon überzeugen, dass G von dem Zeugen über das Unfallgeschehen im Jahr 1999 informiert wurde und daher positive Kenntnis davon besaß, ohne dass es weiterer Ausführungen zur Glaubwürdigkeit des Zeugen bedarf.
Der Senat hat allerdings Zweifel daran, dass dem Geschäftsführer der Komplementärin der Klägerin das Unfallgeschehen vor Abschluss des Kaufvertrags vom Zeugen M offenbart wurde, da der Zeuge in seinem Schreiben vom 14.03.2017 (E-Mail), in welchem er zu seiner im Gutachten getroffenen Aussage über die Unfallfreiheit gegenüber der Klägerin Stellung nehmen sollte, mit keinem Wort darauf eingegangen ist, dass er G seinerzeit über den Vorfall im Jahr 1999 unterrichtet habe, was jedoch nahegelegen hätte, wenn eine solche Unterrichtung tatsächlich erfolgt wäre.
Der Beklagte wäre jedenfalls auch im Falle eines non liquet beweisfällig für die von ihm behauptete Kenntnis des Klägers geblieben.
c) Der Klägerin wäre eine Kenntnis des Zeugen M von dem Unfall im Jahr 1999 auch nicht zuzurechnen, da der Zeuge M nicht Wissensvertreter der Klägerin gemäß § 166 I BGB analog, sondern Dritter ist (vgl. BGH, Urt. v. 25.03.1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296; Urt. v. 24.01.1992 – V ZR 262/90, BGHZ 117, 104, 106).
In analoger Anwendung von § 166 I BGB sind dem Geschäftsherrn auch Kenntnisse von sogenannten Wissensvertretern zuzurechnen, die ohne Vertretungsmacht eigenverantwortlich für den Geschäftsherrn handeln (BGH, Urt. v. 25.03.1982 – VII ZR 60/81, BGHZ 83, 293, 296; Urt. v. 24.01.1992 – V ZR 262/90, BGHZ 117, 104, 106). Wissensvertreter ist jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen ist, im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmt Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen und gegebenenfalls weiterzugeben. Eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht ist nicht erforderlich. Personen, die den Geschäftsherrn lediglich intern beraten haben und die weder am Vertragsschluss noch an dessen Vorbereitung beteiligt waren, sind indes keine Wissensvertreter (Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 166 Rn. 7 m. w. Nachw.).
So verhält es sich im Streitfall. Denn der Zeuge M war von der Klägerin lediglich mit der Erstellung eines Wertgutachtens beauftragt worden; in die Verkaufsverhandlungen in Bezug auf das Flugzeug war er jedoch nach eigenen Angaben nicht einbezogen.
d) Im Übrigen hatte der Zeuge M auch keine Kenntnis von dem Vorfall in seiner gesamten Tragweite. Nach seinen Angaben war dem Zeugen lediglich bekannt, dass der linke Propeller des Flugzeugs bei dem Vorfall im Jahr 1999 auf die Landebahn aufgeschlagen ist und anschließend durch die Firma F gegen einen neuen Propeller ausgetauscht wurde. Von einem Bruch des linken Hauptfahrwerks und einem Aufschlagen der linken Tragfläche auf der Landebahn hatte der Zeuge keine Kenntnis.
4. Der Klägerin steht daher wegen der nicht vorhandenen Beschaffenheit der Unfallfreiheit des Flugzeugs dem Grunde nach sowohl ein Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Kaufpreises an die Leasinggesellschaft Zug um Zug gegen Rückgabe des Flugzeugs (§ 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 440, 323, 326 V BGB, §§ 346 I, 348, 320 BGB) als auch ein Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen (§ 437 Nr. 3 Fall 2, §§ 280 I, III, 281, 284 BGB), die sie im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat, gegen den Beklagten zu.
Sowohl bei den unter Nr. 1 bis 4 der Klageschrift geltend gemachten Wartungskosten, Gebühren und Gutachterkosten als auch bei der gemäß Nr. 5 geltend gemachten Wertsteigerung aufgrund von Renovierungs- und Innenausbaumaßnahmen handelt es sich um Aufwendungen i. S. von § 284 BGB (vgl. MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl. [2016], § 284 Rn. 17). Diese hat die Klägerin auch im Vertrauen auf den Erhalt der Leistung gemacht hat, da sämtliche Rechnungen vor dem am 06.03.2017 erklärten Rücktritt datieren. Die für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen erforderliche schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten ist vorliegend gegeben, da der Beklagte die Klägerin über den Schadensfall im Jahr 19999 nicht informiert hat, obwohl er nach eigenen Angaben, die er auch im Termin am 14.02.2019 wiederholt hat, vor Abschluss des Kaufvertrags hiervon Kenntnis hatte.
5. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen auch in der geltend gemachten Höhe zu.
a) Hinsichtlich der geltend gemachten Aufwendungen unter Nr. 1 bis 4:
1. Wartungskosten in Höhe von 23.009,99 €
2. Gebühr Luftfahrt-Bundesamt vom 21.09.2016 in Höhe von 400 €
3. Gebühr für Erstgenehmigung IHP in Höhe von 600 €
4. Gutachterkosten für Zeitwertermittlung in Höhe von 1.200 €
hat der Beklagte die von der Klägerin durch Vorlage von Rechnungen belegten Aufwendungen dem Grunde und der Höhe nach unstreitig gestellt (Schriftsatz vom 07.06.2017, S. 9).
b) Die Klägerin hat hinsichtlich der gemäß Nr. 5 geltend gemachten, vom Beklagten bestrittenen Wertsteigerung durch einen hochwertigen Innenausbau in Höhe von 10.000 € Rechnungen für Renovierungs- und Innenausbaumaßnahmen in Höhe von 31.555,23 € netto vorgelegt. Soweit die Berufung hiergegen einwendet und unter Zeugenbeweis gestellt hat, dass zwei der ausführenden Firmen keine Qualifikation für die durchgeführten Arbeiten besessen hätten, sodass die Lufttüchtigkeitszulassung hierdurch erloschen sei und ein Ersatz der Kosten für die (zurückzubauenden) Einbauten seitens des Beklagten daher nicht geschuldet sei, dringt sie mit ihrem Einwand nicht durch.
aa) Gemäß Art. 5 der Verordnung (EG) Nr. 216/2008 wird für Luftfahrzeuge i. S. des Art. 4 I lit. b und die daran angebrachten Erzeugnisse, Teil und Ausrüstungen der Nachweis für die Erfüllung der in Anhang I festgelegten grundlegenden Anforderungen für die Lufttüchtigkeit durch ein individuelles Lufttüchtigkeitszeugnis gemäß Art. 5 II lit. c erbracht. Dieses gilt, solange es nicht ausgesetzt, entzogen oder widerrufen wird und solange das Luftfahrzeug entsprechend den grundlegenden Anforderungen für die Erhaltung der Lufttüchtigkeit gemäß den genannten Bestimmungen in Anhang I instand gehalten wird.
bb) So verhält es sich im Streitfall. Die Klägerin hat ein aktuelle Bescheinigung über die Prüfung der Lufttüchtigkeit vom 11.08.2017 vorgelegt. Mithin erfolgte die Prüfung der Lufttüchtigkeit des Flugzeugs zeitlich nach den erfolgten Einbauten im Flugzeug, die ausweislich der vorgelegten Rechnungen allesamt im Jahr 2016 vorgenommen wurden. Da das Lufttüchtigkeitszeugnis gemäß Art. 5 II lit. c bis zum Widerruf als erteilt gilt, ist daher aufgrund der Tatbestandswirkung dieses Zeugnisses vom Vorliegen der Lufttüchtigkeitszulassung auszugehen. Dem angebotenen Zeugenbeweis war daher bereits aus diesem Grunde nicht nachzugehen.
6. Der Beklagte hat gegen die geltend gemachte Forderung der Klägerin auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen mit einem ihr zustehenden Wertersatz für die Gebrauchsvorteile aufgrund der Nutzung des Flugzeugs in Höhe von 2.434,32 € aufgerechnet (§§ 346 I, 348, 320 BGB).
aa) Die Klägerin hat im Rahmen der Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 346 II 1 Nr. 1 BGB Wertersatz für die Gebrauchsvorteile aufgrund der Nutzung des Flugzeugs zu leisten. Für die Berechnung des Gebrauchsvorteils ist grundsätzlich der objektive Wert der gezogenen Nutzungen maßgeblich. Der Wert von Gebrauchsvorteilen bei der Eigennutzung beweglicher Sachen wird nach der zeitanteiligen linearen Wertminderung berechnet, also nach einem Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebrauch und der voraussichtlichen Gesamtnutzungsdauer der Sache unter Berücksichtigung des Werts der Sache bzw. des vereinbarten Kaufpreises (sog. Wertverzehr, vgl. BGH, Urt. v. 31.03.2006 – V ZR 51/05, BGHZ 167, 108 = NJW 2006, 1582 Rn. 12). Bei Kfz stellt die höchstrichterliche Rechtsprechung bei der Ermittlung des Wertersatzes für herauszugebende Nutzungen auf die gefahrenen Kilometer ab (BGH, Urt. v. 09.04.2014 – VIII ZR 215/13, NJW 2014, 2435 Rn. 11 ff.). Die Höhe dieser Nutzungsentschädigung berechnet sich im Regelfall nach der anerkannten Formel für die zeitanteilige lineare Wertminderung wie folgt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.07.2014 – I-3 U 39/12):
$${\frac{\text{Gebrauchtkaufpreis}\times\text{zurückgelegte Kilometer}}{\text{erwartete Restlaufleistung}}}.$$
Nach dieser Berechnungsmethode ist nach Auffassung des Senat vorliegend auch der Wert der Gebrauchsvorteile für die Nutzung des Flugzeugs durch die Klägerin zu ermitteln, da die zurückgelegten Flugstunden – ebenso wie die gefahrenen Kilometer eines Kfz – einen objektiven Anknüpfungspunkt für die Ermittlung des Wertersatzes bilden.
Der Beklagte ist nach allgemeinen Beweisregeln darlegungs- und beweispflichtig für die von ihm geltend gemachte Nutzungsentschädigung. Allerdings trifft die Klägerin insoweit eine sekundäre Darlegungslast, als der Beklagte keine Kenntnis über den Umfang der Nutzung des Flugzeugs durch die Klägerin besitzt, sodass die Klagepartei die zurückgelegten Flugkilometer dazulegen hat.
Mit Blick auf § 348 BGB, der die Erfüllung der sich aus dem Rücktritt ergebenden Verpflichtungen Zug um Zug vorsieht und hierzu auf § 320 BGB verweist, kommt es nicht zu einer automatischen Saldierung der wechselseitigen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis, sondern es bedarf gegebenenfalls der Aufrechnung (BGH, vom 12.01.2016 – XI ZR 366/15 Rn. 16; Palandt/Grüneberg, BGB, 77. Aufl., § 348 Rn. 1). Ein Zurückbehaltungsrecht steht dem Beklagten dagegen insoweit nicht zu.
bb) Die Klagepartei hat auf den Hinweis des Senats mitgeteilt, dass das Flugzeug seit Übergabe 57 Flugstunden zurückgelegt habe (Schriftsatz vom 15.11.2018, S. 1). Die vom Beklagten angenommene Gesamtlaufleistung des streitgegenständlichen Flugzeugs von 15.000 Flugstunden und eine sich aufgrund der Angaben der Klägerin daher ergebende Restlaufleistung von 11.704 Flugstunden (Schriftsatz vom 15.01.2019, S. 2) hat die Klagepartei nicht infrage gestellt. Unter Zugrundelegung der vom Senat für anwendbar gehaltenen Berechnungsmethode zur Ermittlung des Wertverzehrs aufgrund der Nutzung des Flugzeugs durch die Klagepartei hat der Beklagte eine Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.434,23 € errechnet und hiermit hilfsweise Aufrechnung erklärt (Schriftsatz vom 15.01.2019, S. 2). Zwar hat die Klagepartei im Termin angegeben, dass das Flugzeug zwischenzeitlich zwei weitere Flugstunden zurückgelegt habe; der Beklagte hat daraufhin jedoch eine Neuberechnung der von ihm beanspruchten Nutzungsentschädigung mit weiterer Aufrechnung nicht vorgenommen.
cc) Da der Beklagte keine Tilgungsbestimmung getroffen hat, beurteilt sich die Reihenfolge der Anrechnung der Leistung gemäß § 366 II BGB. Da die Forderung der Klagepartei auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen der Klägerin geringere Sicherheit bietet, wurde diese durch die vom Beklagten erklärte Aufrechnung in Höhe von 2.434,23 € getilgt.
7. Da der Klagepartei die geltend gemachten Gewährleistungsansprüche zustehen, befindet sich der Beklagte hinsichtlich der ihm im Schriftsatz vom 06.03.2017 angebotenen Leistungen in Annahmeverzug (§ 293 BGB).
8. Die Klägerin hat Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Zinsen (Berufungsantrag zu I), da sich der Beklagte aufgrund der Fristsetzung im Schriftsatz vom 06.03.2017 mit der Erfüllung der darin fällig gestellten Rückzahlungsverpflichtung ab dem 21.03.2017 in Verzug befand (§§ 286 I, 288 I BGB). Denn die Mahnung kann mit der die Fälligkeit begründenden Handlung verbunden werden, wie im Streitfall geschehen (BGH, Urt. v. 13.07.2010 – XI ZR 27/10, NJW 2010, 2940 Rn. 14).
Den geltend gemachten Aufwendungsersatz (Berufungsantrag zu II) hat die Klagepartei im Wege der Klageerweiterung am 19.07.2017 geltend gemacht, welche der Beklagtenseite am 26.07.2017 zugestellt wurde, sodass sie die Verzinsung ab 27.07.2017 verlangen kann (§ 291 BGB)
9. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Ersatz ihrer vorgerichtlichen Anwaltskosten.
aa) Bei der Beurteilung der Frage, ob und in welchem Umfang der dem Geschädigten zustehende Schadensersatzanspruch auch die Erstattung von Rechtsanwaltskosten umfasst, ist zwischen dem Innenverhältnis des Geschädigten zu dem für ihn tätigen Rechtsanwalt und dem Außenverhältnis des Geschädigten zum Schädiger zu unterscheiden. Voraussetzung für den Erstattungsanspruch im geltend gemachten Umfang ist grundsätzlich, dass der Geschädigte im Innenverhältnis zur Zahlung der in Rechnung gestellte Kosten verpflichtet ist und dass die konkrete anwaltliche Tätigkeit im Außenverhältnis aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig war (BGH, Urt. v. 19.10.2010 – VI ZR 237/09 Rn. 15; Urt. v. 26.02.2013 – XI ZR 345/10 Rn. 36).
Dabei ist auch zu prüfen, ob vertretbare sachliche Gründe für eine rein außergerichtliche Geltendmachung bestanden haben oder ob dadurch lediglich Mehrkosten verursacht worden sind (vgl. BGH, Urt. v. 04.12.2007 – VI ZR 277/06 Rn. 17). Hierbei handelt es sich um echte, vom Geschädigten dazulegende und zu beweisende Anspruchsvoraussetzungen und nicht lediglich um im Rahmen des § 254 BGB bedeutsame, die Ersatzpflicht beschränkenden und damit in die Darlegungs- und Beweislast des Schädigers fallende Umstände (BGH, Urt. v. 27.07.2010 – VI ZR 261/09 Rn. 26).
bb) Hierzu fehlt es jedoch an jeglichem Vortrag der Klagepartei zu den nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung von ihr dazulegenden und zu beweisenden Anspruchsvoraussetzungen, sodass die Klage insoweit unbegründet und die Berufung daher zurückzuweisen war. Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sind Nebenforderung gemäß § 4 I Halbsatz 2 ZPO (BGH, Beschl. v. 29.04.2010 – III ZR 145/09 Rn. 3; Beschl. v. 21.12.2010 – XI ZR 157/10). Daher war auch kein Hinweis des Gerichts erforderlich (§ 139 II ZPO; BGH, Urt. v. 21.02.2017 – XI ZR 467/15 Rn. 37).