1. Dass der pri­va­te Ver­äu­ße­rer ei­nes Ge­braucht­wa­gens nicht in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II als Hal­ter des Fahr­zeugs aus­ge­wie­sen ist, steht ei­nem gut­gläu­bi­gen Er­werb des Ei­gen­tums an dem Fahr­zeug (§ 929 Satz 1, § 932 I 1, II BGB) nicht ent­ge­gen, wenn der Er­wer­ber die­sen Um­stand aus­drück­lich the­ma­ti­siert und vom Ver­äu­ße­rer ei­ne glaub­haf­te und über­zeu­gen­de Er­klä­rung er­hält (hier: Er­klä­rung des Ver­käu­fers, er ver­kau­fe das Fahr­zeug im Auf­trag des an­ge­ge­be­nen Hal­ters).
  2. Ein gut­gläu­bi­ger Er­werb des Ei­gen­tums an ei­nem Ge­braucht­wa­gen ist nicht per se des­halb aus­ge­schlos­sen, weil der Ver­äu­ße­rer dem Er­wer­ber nicht sämt­li­che Fahr­zeug­schlüs­sel über­ge­ben kann. Viel­mehr ist ein gut­gläu­bi­ger Er­werb mög­lich, wenn der Ver­äu­ße­rer das Vor­han­den­sein ei­nes Zweit­schlüs­sels nicht ge­ne­rell ver­neint, son­dern – hier: mit ei­nem Um­zug – er­klärt, war­um der Zweit­schlüs­sel ge­ra­de nicht ver­füg­bar sei, und dem Er­wer­ber (schrift­lich) zu­sagt, er wer­de den Zweit­schlüs­sel kurz­fris­tig nach­rei­chen (im An­schluss an OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 17.05.2017 – 2 U 72/16).
  3. Der Käu­fer ei­nes Ge­braucht­wa­gens han­delt nicht oh­ne Wei­te­res grob fahr­läs­sig i.S. von § 932 II BGB, weil er wei­te­re Nach­for­schun­gen un­ter­lässt, ob­wohl ihm der Käu­fer ei­nen Preis­nach­lass von 2.600 € ge­währt, nach­dem er zu­nächst ei­nen aus­drück­lich als „Ver­hand­lungs­ba­sis“ be­zeich­ne­ten Kauf­preis von 29.900 € ge­nannt hat­te, die Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen nicht bei dem Ver­käu­fer zu Hau­se, son­dern auf ei­nem öf­fent­li­chen Park­platz statt­fin­den und der Ver­käu­fer dem Käu­fer nicht sämt­li­che Fahr­zeug­schlüs­sel über­ge­ben kann.
  4. Dass sich der Er­wer­ber ei­nes Ge­braucht­wa­gens vom Ver­äu­ße­rer kei­ne Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung (Cer­ti­fi­ca­te of Con­for­mi­ty – COC) vor­le­gen lässt, be­grün­det nicht ein­mal den Vor­wurf leich­ter Fahr­läs­sig­keit und hin­dert des­halb ei­nen gut­gläu­bi­gen Er­werb des Ei­gen­tums an dem Fahr­zeug nicht.
  5. Wer gel­tend macht, je­den­falls gut­gläu­big das Ei­gen­tum an ei­nem Kraft­fahr­zeug ge­mäß § 929 Satz 1, § 932 I 1, II BGB er­wor­ben zu ha­ben, muss dar­le­gen und ge­ge­be­nen­falls be­wei­sen, dass ihm der Ver­äu­ße­rer das Fahr­zeug über­ge­ben und ei­ne Ei­ni­gung über den Ei­gen­tums­über­gang i. S. von § 929 Satz 1 BGB statt­ge­fun­den hat. Es ist dann Sa­che des­je­ni­gen, der ei­nen (zu­min­dest gut­gläu­bi­gen) Ei­gen­tums­er­werb in Ab­re­de stellt, dar­zu­le­gen und zu be­wei­sen, dass das Fahr­zeug nicht dem Ver­äu­ße­rer ge­hör­te und der Er­wer­ber nicht in gu­tem Glau­ben war, et­wa weil er ge­bo­te­ne Nach­for­schun­gen un­ter­las­sen ha­be. Be­stand we­gen ei­ner „Ver­dachts­si­tua­ti­on“ An­lass zu wei­te­ren Nach­for­schun­gen, so muss der­je­ni­ge, der sich auf ei­nen (zu­min­dest gut­gläu­bi­gen) Ei­gen­tums­er­werb be­ruft, dar­le­gen und ge­ge­be­nen­falls be­wei­sen, dass er die ge­bo­te­nen Nach­for­schun­gen an­ge­stellt hat.
  6. Wer ge­mäß § 929 Satz 1, § 932 I 1, II BGB gut­gläu­big Ei­gen­tü­mer ei­nes Ge­braucht­wa­gens ge­wor­den ist, aber nur über ei­ne ge­fälsch­te Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) ver­fügt, hat ge­gen den bis­he­ri­gen Ei­gen­tü­mer des Fahr­zeugs – hier: ei­ner Lea­sing­ge­sell­schaft – ei­nen An­spruch auf Her­aus­ga­be der ech­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (§ 985 BGB i. V. mit § 952 II BGB in zu­min­dest ana­lo­ger An­wen­dung).

LG Stutt­gart, Ur­teil vom 18.01.2019 – 23 O 166/18

Sach­ver­halt: Der Klä­ger be­gehrt von der be­klag­ten Lea­sing­ge­sell­schaft haupt­säch­lich die Her­aus­ga­be der zu ei­nem Mer­ce­des-Benz E 220 d ge­hö­ren­den Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief). Wi­der­kla­gend ver­langt die Be­klag­te von dem Klä­ger die Her­aus­ga­be des ur­sprüng­lich dem L ver­leas­ten Fahr­zeugs.

Am 03.02.2018 schlos­sen die Be­klag­te als Lea­sing­ge­be­rin und L als Lea­sing­neh­mer ei­nen Lea­sing­ver­trag über den streit­ge­gen­ständ­li­chen Mer­ce­des-Benz E 220 d, und die Be­klag­te über­ließ L das Fahr­zeug.

Am 24.04.2018 ent­deck­te der Klä­ger auf der In­ter­net­platt­form „mobile.​de“ ein In­se­rat, in dem der Mer­ce­des-Benz E 220 d für 29.900 € zum Kauf an­ge­bo­ten wur­de. Am sel­ben Tag fuhr er mit sei­ner Ehe­frau zu dem Ver­käu­fer, der sich „Amin Fa­rin“ nann­te, nach Dort­mund und schloss – nach Be­sich­ti­gung des Fahr­zeugs – ei­nen schrift­li­chen Kauf­ver­trag über den Mer­ce­des-Benz E 220 d. In die­sem Ver­trag ist die „Pass-Nr.“ des Ver­käu­fers ver­merkt. Au­ßer­dem heißt es im Kauf­ver­trag, der Klä­ger (Käu­fer) ha­be das Fahr­zeug nebst Schlüs­seln und Kenn­zei­chen, die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil I (Fahr­zeug­schein) und Teil II (Fahr­zeug­brief) und Be­schei­ni­gun­gen über die letz­te Haupt- und die letz­te Ab­gas­un­ter­su­chung er­hal­ten. Un­ter „Be­son­de­re Ver­ein­ba­run­gen“ ist ver­merkt: „Der 2. Schlüs­sel wird in­ner­halb ei­ner Wo­che zu­ge­sen­det!“

Wie sich spä­ter her­aus­stell­te, ist die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief), die der Klä­ger am 24.04.2018 er­hielt, ei­ne Fäl­schung.

Spä­te­re Er­mitt­lun­gen er­ga­ben, dass sich der Ver­käu­fer „Amin Fa­rin“ und L mit an­de­ren Per­so­nen zu ei­ner – mut­maß­lich ost­eu­ro­päi­schen und vor­nehm­lich in Nord­rhein-West­fa­len agie­ren­den – Ban­de zu­sam­men­ge­schlos­sen hat­ten, um hoch­wer­ti­ge Kraft­fahr­zeu­ge (ins­be­son­de­re) zu steh­len und zu un­ter­schla­gen.

Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug wur­de am 22.05.2018 un­ter Vor­la­ge der – nicht als Fäl­schung er­kann­ten – Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) mit neu­em Kenn­zei­chen auf den Klä­ger zu­ge­las­sen.

Am sel­ben Tag wur­de das in ei­ner Tief­ga­ra­ge ab­ge­stell­te Fahr­zeug zwi­schen 10.00 Uhr und 11.30 Uhr ge­stoh­len. Zu ei­nem Fahr­zeug­dieb­stahl war es in der Ver­gan­gen­heit auch bei an­de­ren von der ost­eu­ro­päi­schen Ban­de Ge­schä­dig­ten ge­kom­men; der Ban­de war es so mög­lich, das je­wei­li­ge Fahr­zeug ein zwei­tes Mal zu ver­kau­fen. Nach­dem der Klä­ger noch am 22.05.2018 Straf­an­zei­ge er­stat­tet hat­te, konn­te der Mer­ce­des-Benz E 220 d am 27.05.2018 per GPS in Dort­mund ge­or­tet und po­li­zei­lich si­cher­ge­stellt wer­den; es ge­lang je­doch nicht, „Amin Fa­rin“ ding­fest zu ma­chen.

Der Klä­ger ließ das Fahr­zeug nach­fol­gend au­ßer Be­trieb set­zen. Die ge­fälsch­te Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) be­hielt die Po­li­zei ein, und der Klä­ger er­fuhr in die­sem Zu­sam­men­hang, dass die Be­klag­te Be­sit­ze­rin der ori­gi­na­len Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II ist. De­ren Her­aus­ga­be ver­lang­te der Klä­ger mit an­walt­li­chem Schrei­ben vom 30.07.2018. Die Be­klag­te – ver­tre­ten durch die AKM Deutsch­land GmbH – ver­lang­te ih­rer­seits von dem Klä­ger un­ter dem 09.08.2018 die Her­aus­ga­be des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs.

Der Klä­ger macht gel­tend, es ha­be kei­ne Um­stän­de ge­ge­ben, die sei­nen Arg­wohn hät­ten we­cken und ihm vom Er­werb des Mer­ce­des-Benz E 220 d ab­hal­ten müs­sen; er ha­be das Ei­gen­tum an dem Fahr­zeug des­halb gut­gläu­big er­wor­ben. In dem „mobile.​de“-In­se­rat sei der an­ge­ge­be­ne Kauf­preis (29.900 €) als „Ver­hand­lungs­ba­sis“ be­zeich­net ge­we­sen. Der Ver­käu­fer ha­be schon mit Blick auf sei­ne – des Klä­gers – Fahrt von Ba­den-Würt­tem­berg nach Dort­mund und auf be­reits bei der te­le­fo­ni­schen Kon­takt­auf­nah­me ge­nann­te fäl­li­ge Re­pa­ra­tu­ren (Brem­sen, Rei­fen) ei­nen Preis­nach­lass an­ge­bo­ten Letzt­lich ha­be es ei­nen Nach­lass auch we­gen ei­ner Be­schä­di­gung der Ka­ros­se­rie ober­halb des rech­ten Front­schein­wer­fers und we­gen sei­nes – des Klä­gers – Ver­hand­lungs­ge­schicks ge­ge­ben; der Kauf­preis ha­be schließ­lich, wie im schrift­li­chen Kauf­ver­trag fest­ge­hal­ten, 27.300 € be­tra­gen. Er – der Klä­ger – und sei­ne Ehe­frau sei­en da­von aus­ge­gan­gen, dass der im (ge­fälsch­ten) Fahr­zeug­brief ein­ge­tra­ge­ne „Amin Fa­rin“ Ei­gen­tü­mer des Mer­ce­des-Benz E 220 d ge­we­sen sei.

Die Be­klag­te be­haup­tet dem­ge­gen­über, für den Klä­ger sei er­sicht­lich ge­we­sen, dass er es mit ei­ner ge­fälsch­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) zu tun ge­habt ha­be, weil auf dem ge­fälsch­ten Do­ku­ment der Bar­code-Auf­kle­ber mit der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer feh­le. Au­ßer­dem hät­te den Klä­ger miss­trau­isch ma­chen müs­sen, dass als Vor­ei­gen­tü­me­rin in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung nur „Mer­ce­des-Benz Nie­der­las­sung“ oh­ne Fir­mie­rung und Orts­an­ga­be an­ge­ge­ben sei, er ei­nen Preis­nach­lass von 2.600 € er­hal­ten ha­be und der Ver­käu­fer ihm kei­nen Zweit­schlüs­sel ha­be über­ge­ben kön­nen, son­dern ihm die­sen ha­be zu­sen­den wol­len. Dar­über hin­aus – so be­haup­tet die Be­klag­te – ha­be der Klä­ger ver­säumt, die an­ge­ge­be­ne Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer mit der am Fahr­zeug an­ge­brach­ten Num­mer zu ver­glei­chen, und er ha­be vom Ver­käu­fer nicht die Vor­la­ge ei­ner Über­ein­stim­mungs­be­schei­ni­gung (Cer­ti­fi­ca­te of Con­for­mi­ty – COC) ver­langt.

Die Kla­ge hat­te Er­folg, wäh­rend die Wi­der­kla­ge er­folg­los blieb.

Aus den Grün­den: I. 1. Der Klä­ger hat ge­gen die Be­klag­te ge­mäß § 985 I BGB ei­nen An­spruch auf Her­aus­ga­be der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II zum streit­ge­gen­ständ­li­chen Kraft­fahr­zeug Mer­ce­des-Benz E 220 d. Der Klä­ger ist ge­mäß § 929 Satz 1, § 932 I 1, II BGB Ei­gen­tü­mer des streit­ge­gen­ständ­li­chen Mer­ce­des-Benz ge­wor­den. Dem Klä­ger steht als Ei­gen­tü­mer dem­zu­fol­ge ana­log § 952 I BGB ein An­spruch auf Her­aus­ga­be an der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II, die sich im Be­sitz der Be­klag­ten be­fin­det, zu, weil das Ei­gen­tum an der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) dem Ei­gen­tum zum zu­ge­hö­ri­gen Kraft­fahr­zeug nach­folgt (Pa­landt/Herr­ler, BGB, 77. Aufl., § 952 Rn. 7). Dem Vin­di­ka­ti­ons­an­spruch des Klä­gers ge­mäß § 985 BGB steht kein Recht der Be­klag­ten zum Be­sitz ge­mäß § 986 BGB ent­ge­gen.

Die Be­klag­te hat hin­ge­gen kei­nen An­spruch auf Her­aus­ga­be des Kraft­fahr­zeugs ge­mäß § 985 BGB, weil sie ihr Ei­gen­tum durch den Er­werbs­vor­gang am 24.04.2018 ge­mäß § 929 Satz 1, § 932 I 1, II BGB ver­lo­ren hat. Der Klä­ger hat­te beim Er­werbs­vor­gang ge­mäß § 932 I 1, II BGB we­der Kennt­nis noch grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis da­von, dass die Sa­che, das streit­ge­gen­ständ­li­che Kraft­fahr­zeug, nicht dem Ver­äu­ße­rer ge­hör­te.

Der Klä­ger hat sich nach Über­zeu­gung des Ge­richts nach An­hö­rung des Klä­gers in der münd­li­chen Ver­hand­lung mit dem Ver­käu­fer, ei­nem Herrn „Amin Fa­rin“, in Dort­mund über den Über­gang des Ei­gen­tums an dem Mer­ce­des-Benz ge­ei­nigt, der Ver­käu­fer hat dem Klä­ger den un­mit­tel­ba­ren Be­sitz an dem Fahr­zeug ver­schafft, und der Klä­ger war hier­bei und bei Voll­endung des Ei­gen­tums­er­werbs gut­gläu­big (§ 929 Satz 1, § 932 I 1, II BGB). Der Klä­ger wuss­te nach § 932 II BGB nicht, dass der Mer­ce­des-Benz nicht dem Ver­käu­fer, son­dern ei­nem Drit­ten, der Be­klag­ten, ge­hör­te. Das Kraft­fahr­zeug war auch nicht ge­mäß § 935 I BGB ab­han­den­ge­kom­men, weil es vom Lea­sing­neh­mer L zum Nach­teil der Be­klag­ten als Lea­sing­ge­be­rin un­ter­schla­gen wor­den war und un­ter­schla­ge­ne Sa­chen be­kannt­lich nicht ge­mäß § 935 I BGB nicht ab­han­den­ge­kom­men sind.

a) Der Klä­ger hat sich mit dem Ver­käu­fer am 24.04.2018 un­strei­tig über den Über­gang des Ei­gen­tums an dem Fahr­zeug ge­ei­nigt. Die Über­ga­be der Sa­che an den Käu­fer fand eben­falls un­strei­tig am 24.04.2018 statt (vgl. auch Kauf­ver­trag vom 24.04.2018 mit Emp­fangs- und Über­ga­be­be­stä­ti­gung). Der Ver­käu­fer „Amin Fa­rin“ hat dem Klä­ger da­mit un­strei­tig den un­mit­tel­ba­ren Be­sitz an dem Fahr­zeug ver­schafft.

b) Der Klä­ger war bei Voll­endung des ge­ra­de ge­nann­ten Ei­gen­tums­er­werbs gut­gläu­big (§ 932 I 1, II BGB).

aa) Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last ver­teilt sich wie folgt: Wer sich auf ei­ge­nen Ei­gen­tums­er­werb ge­mäß § 932 I 1, II BGB be­ruft, muss die tat­säch­li­chen Er­werbs­vor­aus­set­zun­gen des § 929 Satz 1 BGB be­wei­sen, die hier un­strei­tig vor­lie­gen. Wer den Ei­gen­tums­er­werb be­strei­tet, hier die Be­klag­te, muss das Nich­tei­gen­tum des Ver­äu­ße­rers und tat­säch­li­che Um­stän­de für die Bös­gläu­big­keit (z. B. das Be­ste­hen ei­ner be­son­de­ren Nach­for­schungs­pflicht) des Er­wer­bers, hier des Klä­gers, be­wei­sen (OLG Hamm, Urt. v. 08.07.2013 – 5 U 111/12, NJW-RR 2014, 277, 279; BGH, Urt. v. 05.10.1981 – VI­II ZR 235/80, NJW 1982, 38, 39). Be­ste­hen aus­nahms­wei­se be­son­de­re Nach­for­schungs­pflich­ten, muss der, der sich auf den Er­werb be­ruft, die Bös­gläu­big­keit des Er­wer­bers sub­stan­zi­iert be­strei­ten, in­dem er die ge­tä­tig­ten Nach­for­schun­gen dar­legt und be­weist (Pa­landt/Herr­ler, a. a. O., § 932 Rn. 15).

bb) Nach Stim­men in der Li­te­ra­tur war und ist die Recht­spre­chung zum gut­gläu­bi­gen Er­werb von Kraft­fahr­zeu­gen un­über­sicht­lich (statt vie­ler: Stau­din­ger/Wie­gand, BGB, Neu­be­arb. 2017, § 932 Rn. 139). Dies lie­ge zum Teil dar­an, dass die meis­ten Fäl­le bei den Ober­lan­des­ge­rich­ten und häu­fig un­ter­schied­lich ent­schie­den wür­den. Die Ent­schei­dung hän­ge letzt­end­lich von den je­weils kon­kre­ten Ein­zel­um­stän­den ab, die aus den pu­bli­zier­ten Ur­teils­grün­den nicht im­mer ent­nom­men wer­den könn­ten (Stau­din­ger/Wie­gand, a. a. O., § 932 Rn. 139).

Nach der Recht­spre­chung des BGH ist je­doch die Fra­ge, ob ein Er­wer­ber ei­ner Sa­che sich ei­ne gro­be Fahr­läs­sig­keit ge­mäß § 932 II BGB vor­wer­fen las­sen muss, im We­sent­li­chen ei­ne Tat­fra­ge. Maß­ge­bend sind je­weils die kon­kre­ten Um­stän­de des Ein­zel­falls, was ei­ne sche­ma­ti­sche Be­trach­tungs­wei­se ver­bie­tet (BGH, Urt. v. 13.04.1994 – II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023 = ju­ris Rn. 15). Die Nach­prü­fung durch das Re­vi­si­ons­ge­richt ist dar­auf be­schränkt, ob der Rechts­be­griff der gro­ben Fahr­läs­sig­keit ver­kannt wur­de oder ob Ver­stö­ße ge­gen § 286 ZPO, Denk­ge­set­ze oder Er­fah­rungs­sät­ze vor­lie­gen (BGH, Urt. v. 13.04.1994 – II ZR 196/93, NJW 1994, 2022, 2023 = ju­ris Rn. 15; Urt. v. 11.05.1953 – IV ZR 170/52, BGHZ 10, 14, 16; Urt. v. 05.10.1989 – IX ZR 265/88, NJW 1990, 899, 900 m. w. Nachw.).

Zu ei­nem vom OLG Stutt­gart (Urt. v. 27.02.2013 – 3 U 140/12, WM 2013, 1481) ent­schie­de­nen Fall hat der BGH in Be­stä­ti­gung des OLG Stutt­gart ei­nen gut­gläu­bi­gen Er­werb des Käu­fers mit Ur­teil vom 13.12.2013 – V ZR 58/13, BGHZ 199, 227 – bei­spiels­wei­se oh­ne Wei­te­res an­ge­nom­men. Der BGH führt in der ge­nann­ten Ent­schei­dung (Rn. 4) aus, dass der Er­wer­ber nicht auf­grund der Ant­wort des Ver­käu­fers auf die Fra­ge nach dem Bord­buch und dem Ser­vice­scheck­heft und auch nicht auf­grund der Um­stän­de des Ver­kaufs ha­be miss­trau­isch wer­den müs­sen. Die Her­ab­set­zung des Kauf­prei­ses um 4.000 € von rund 46.000 € auf 42.000 € sei an­ge­sichts der Lauf­leis­tung des Kraft­fahr­zeugs von rund 2.000 km an­ge­mes­sen ge­we­sen. Dass der Ver­käu­fer nicht als Hal­ter ei­nes Fahr­zeugs in den Zu­las­sungs­pa­pie­ren auf­ge­führt ge­we­sen sei, sei nicht un­ge­wöhn­lich bei ei­nem Händ­ler, da die Vor­ein­tra­gung auf­wän­dig sei und die Ein­tra­gung zu­sätz­li­cher frü­he­rer Hal­ter zu Wert­ver­lus­ten füh­re. In dem vom BGH und vom OLG Stutt­gart zu ent­schei­den Fall (OLG Stutt­gart, Urt. v. 27.02.2013 – 3 U 140/12, WM 2013, 1481; BGH, Urt. v. 13.12.2013 – V ZR 58/13, BGHZ 199, 227) wa­ren der Zweit­schlüs­sel, das Bord­buch und das Scheck­heft nicht im Fahr­zeug, son­dern die­se Ge­gen­stän­de wur­den, ins­be­son­de­re der Zweit­schlüs­sel, vom Ver­käu­fer dem dor­ti­gen Käu­fer und Er­wer­ber des Fahr­zeugs we­ni­ge Ta­ge spä­ter, wie bei Über­ga­be des Fahr­zeugs zu­ge­sagt, nach­träg­lich zu­ge­sandt.

Auch das OLG Saar­brü­cken hat im An­schluss an das Land­ge­richt un­längst bei ei­nem ähn­li­chen Sach­ver­halt (ge­fälsch­ter Kfz-Brief, Ver­kaufs­ge­sprä­che nicht beim Ver­käu­fer, son­dern auf ei­nem An­woh­ner­park­platz in Bonn, bei der Über­ga­be feh­len­der Zweit­schlüs­sel u. a.) ei­ne Bös­gläu­big­keit des Er­wer­bers ver­neint (OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 17.05.2017 – 2 U 72/16, ju­ris Rn. 34, 36, 38 ff., 42 ff., 45 ff.).

We­der die von der Be­klag­ten zi­tier­te Ent­schei­dung des BGH (Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, NJW 1975, 735) ge­mäß „§ 366 HGB, § 932 BGB“ im Fal­le ei­nes „Kauf­manns“ (der hie­si­ge Klä­ger ist Pri­vat­mann und Ver­brau­cher), bei dem sich ei­ne Er­kun­di­gungs­pflicht beim letz­ten ein­ge­tra­ge­nen Hal­ter ei­nes Fahr­zeugs auf­drän­gen soll­te (BGH, Urt. v. 05.02.1975 – VI­II ZR 151/73, NJW 1975, 735, 736 f.), noch der von der Be­klag­ten nach Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung vor­ge­leg­te Hin­weis­be­schluss des 12. Zi­vil­se­nats des OLG Stutt­gart (12 U 10/17) zu ei­nem dem Ge­richt hin­sicht­lich des Sach­ver­halts, der erst­in­stanz­li­che Fest­stel­lun­gen so­wie et­wai­ge Aus­sa­gen im De­tail nicht be­kann­ten Ein­zel­fall hin­dert ei­nen gut­gläu­bi­gen Er­werb im kon­kre­ten Ein­zel­fall ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten.

cc) Ge­mes­sen an die­sen Grund­sät­zen der ober- und höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung und vor­nehm­lich nach den kon­kre­ten Um­stän­den des vor­lie­gen­den Ein­zel­falls konn­te der Klä­ger die von der Be­klag­ten vor­ge­brach­ten Um­stän­de, die zu ei­ner be­son­de­ren Nach­for­schungs­pflicht füh­ren könn­ten, zur Über­zeu­gung des Ge­richts im Ein­zel­nen und in der Ge­samt­schau ein­ge­hend ent­kräf­ten (§ 286 ZPO). Der Klä­ger hat­te we­der Kennt­nis noch grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis vom nicht be­ste­hen­den Ei­gen­tum des Ver­käu­fers.

Der Klä­ger hat in sei­ner An­hö­rung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 04.12.2018 auf­grund sei­nes per­sön­li­chen Ein­drucks, in­des auch auf­grund sei­ner de­tail­lier­ten und über­zeu­gen­den An­ga­ben kei­ne Hin­wei­se oder An­halts­punk­te ge­ge­ben, dass von ei­nem bös­gläu­bi­gen Er­werb des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kraft­fahr­zeugs aus­zu­ge­hen sein könn­te. Der Klä­ger konn­te um­ge­kehrt zur Über­zeu­gung des Ge­richts ge­mäß § 286 ZPO et­wai­ge Ver­dachts­mo­men­te oder feh­len­de Nach­for­schun­gen/-fra­gen, die ei­ne grob fähr­läs­si­ge Un­kennt­nis des Klä­gers be­wei­sen könn­ten, glaub­haft wi­der­le­gen.

Der Klä­ger hat in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 04.12.2018 an­ge­ge­ben, dass er das In­se­rat für den Mer­ce­des-Benz E 220 d am 24.04.2018, al­so am Tag des Kaufs, in „mobile.​de“ ge­fun­den ha­be. Im In­se­rat ha­be ein Kauf­preis von 29.900 € ge­stan­den, und der Kauf­preis sei ge­kenn­zeich­net ge­we­sen mit dem Zu­satz „Ver­hand­lungs­ba­sis“. Man ha­be be­reits in dem Te­le­fo­nat am 24.04.2018 über Män­gel und et­wai­ge Preis­nach­läs­se ge­spro­chen. Der Ver­käu­fer „Amin Fa­rin“ ha­be be­reits im Te­le­fo­nat an­ge­ge­ben, dass der Klä­ger für die Fahrt von Ba­den-Würt­tem­berg nach Dort­mund ei­nen Preis­nach­lass von rund 500 € er­hal­ten wer­de und dar­über hin­aus noch Preis­ver­hand­lun­gen und Preis­nach­läs­se vom Ver­käu­fer für Män­gel oder Ver­schleiß­er­schei­nun­gen (Brem­sen und Rei­fen) mög­lich und Nach­ver­hand­lun­gen vor Ort mög­lich sei­en. Der Ver­käu­fer gab dem Käu­fer, dem Klä­ger, am Te­le­fon an, dass er di­rekt von der Ar­beit kä­me und des­halb der Käu­fer vor Ort un­ter Um­stän­den et­was war­ten müs­se. Der Klä­ger wur­de vom Ver­käu­fer auf 19 Uhr zu der Ört­lich­keit in Dort­mund ein­be­stellt, wo­hin er mit sei­ner Ehe­frau am 24.04.2018 auch ge­fah­ren ist.

Der Ver­käu­fer kam dann mit ei­ner klei­nen Ver­spä­tung mit dem in­se­rier­ten Mer­ce­des-Benz E 220 d und hat we­gen Platz­man­gels ge­be­ten, von der be­fah­re­nen Stra­ße auf den ge­gen­über­lie­gen­den Pkw-Park­platz zu fah­ren. Man ha­be sich dann über das Au­to un­ter­hal­ten und ver­han­delt. Der Klä­ger ha­be sich das Fahr­zeug an­ge­se­hen und be­merkt, dass die Brems­be­lä­ge ab­ge­fah­ren wa­ren, weil die Warn­leuch­te im Cock­pit für die ab­ge­fah­re­nen Brem­sen leuch­te­te. Auch die Rei­fen sei­en wei­test­ge­hend ab­ge­fah­ren ge­we­sen. Der Ver­käu­fer ha­be dann für die Kos­ten ei­ner Brems­re­pa­ra­tur, für die Kos­ten für neue Rei­fen und ei­ne Ka­ros­se­rie­be­schä­di­gung ober­halb des rech­ten Front­schein­wer­fers nach Preis­ver­hand­lun­gen auf ei­nen Kauf­preis von 27.300 € nach­ge­ge­ben, den er – der Klä­ger – am En­de am 24.04.2018 nach Ver­trags­schluss auch bar be­zahlt ha­be.

Der Klä­ger hat sich vom Ver­käu­fer, „Amin Fa­rin“, bei Kauf­ver­trags­ab­schluss auch den Pass zei­gen las­sen. Er hat ge­se­hen, dass der Ver­käu­fer des Kauf­ver­trags­for­mu­lar aus­ge­füllt hat und die Pass­num­mer des Ver­käu­fers ab­ge­le­sen und im Kauf­ver­trag ein­ge­tra­gen wor­den ist.

Nach Über­zeu­gung des Ge­richts muss­te der Klä­ger auch kei­nen Arg­wohn he­gen oder zu sei­nem Nach­teil ei­ne grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis be­ste­hen, weil er sich dar­auf ein­ließ, ihm den zwei­ten Kfz-Schlüs­sel noch nach­sen­den zu las­sen (dies hin­der­te im Üb­ri­gen auch im Fall BGH, Urt. v. 13.12.2013 – V ZR 58/13, BGHZ 199, 227 Rn. 2, 4, 7, ei­nen gut­gläu­bi­gen Er­werb nicht). Der Klä­ger hat dies bei den Ver­kaufs­ge­sprä­chen und vor Über­ga­be des Pkw the­ma­ti­siert, und der Ver­käu­fer hat die­se Fra­ge da­hin ge­hend be­ant­wor­tet, dass er ei­nen Um­zug ge­habt ha­be und der Zweit­schlüs­sel erst nach Aus­räu­men der Um­zugs­kar­tons in­ner­halb ei­ner Wo­che dem Klä­ger nach­ge­sen­det wer­den kön­ne. So ha­be man es auch in dem schrift­li­chen Kauf­ver­trag ver­ein­bart und fi­xiert. Hier­bei ha­be sich der Klä­ger, was für das Ge­richt eben­falls nach­voll­zieh­bar ist, nichts Bö­ses ge­dacht, weil Men­schen (manch­mal) um­zö­gen. Das sei für den Klä­ger völ­lig „nor­mal“.

Auch das von der Be­klag­ten ge­nann­te Ver­dachts­mo­ment, dass sich der Kauf des Pkw und der Fahr­zeu­ger­werb auf ei­nem öf­fent­li­chen Park­platz ab­ge­spielt hät­ten, kann kei­ne Bös­gläu­big­keit bei Be­trach­tung die­ses Ge­sichts­punkts und in der Ge­samt­schau be­le­gen. Es ist nicht un­üb­lich, dass Kraft­fahr­zeu­ge auch auf öf­fent­li­chen Park­plät­zen ver­kauft wer­den, weil dort mehr Platz be­steht und das Fahr­zeug häu­fig bes­ser be­sich­tigt wer­den kann. Der Klä­ger hat auch über­zeu­gend an­ge­ge­ben, dass er be­reits ein­mal ein Fahr­zeug von ei­nem Arzt ge­kauft ha­be, wo­bei der Kauf auch auf ei­nem öf­fent­li­chen Park­platz statt­ge­fun­den ha­be. Der vom Ver­käu­fer ge­ge­be­ne Er­klä­rung, sich auf den öf­fent­li­chen Park­platz zu be­ge­ben, weil dort mehr Platz sei, muss­te der Klä­ger nicht miss­trau­en. Eben­so we­nig muss­ten sich grob fahr­läs­si­ge Ver­dachts­mo­men­te auf­drän­gen, dass der Ver­käu­fer dem Klä­ger an­gab, er kom­me di­rekt von der Ar­beit und wol­le sich des­halb an der vom Ver­käu­fer ge­nann­ten Ört­lich­keit tref­fen.

Es ist un­strei­tig, dass der Klä­ger sich kei­ne „COC-Pa­pie­re“ hat vor­le­gen las­sen, was für das Ge­richt je­doch kei­ner­lei Hin­wei­se für ei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­te leich­te oder gro­be Fahr­läs­sig­keit beim Gut­gläu­big­keits­er­werb be­legt. We­der dem Klä­ger noch dem Ge­richt war be­kannt, dass es sol­che Pa­pie­re gibt oder dass es ei­ner ir­gend­wie ge­ar­te­ten Üb­lich­keit ent­spricht, sich „COC-Pa­pie­re“ bei Ge­braucht­wa­gen­käu­fen vor­le­gen zu las­sen.

Hin­ge­gen hat der Klä­ger sich die Zu­las­sungs­be­schei­ni­gun­gen Teil I und Teil II, al­so den Kfz-Brief und den Kfz-Schein, von Herrn „Amin Fa­rin“ zei­gen und zur Kon­trol­le aus­hän­di­gen las­sen. Die­se Do­ku­men­te hat er auch kon­trol­liert und die­se wa­ren kor­rekt, was auch die Be­klag­te nicht be­strei­tet. Er hat das Kenn­zei­chen und die grü­ne Pla­ket­te an der Wind­schutz­schei­be mit den Zu­las­sungs­be­schei­ni­gun­gen ab­ge­gli­chen, was al­les in Ord­nung und iden­tisch ge­we­sen war. Al­len­falls um ei­ne leich­te Fahr­läs­sig­keit und kei­nes­wegs um ei­ne grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis im Rah­men von § 932 I 1, II BGB könn­te es sich han­deln, wenn bei der Über­ga­be und beim Ei­gen­tums­er­werb – wie hier – nicht die Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer durch Öff­nung der Mo­tor­hau­be fest­ge­stellt und ab­ge­gli­chen wird, was im Üb­ri­gen beim Ge­braucht­wa­gen­kauf häu­fig nicht statt­fin­det. Zu­dem hät­te da­durch auch kein wei­te­rer Er­kennt­nis­ge­winn für den Klä­ger be­stan­den, weil so­wohl in der ech­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II als auch in der ge­fälsch­ten Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II die kor­rek­te und mit dem Fahr­zeug iden­ti­sche Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer aus­ge­wie­sen ist. Auch dies hat­te die ost­eu­ro­päi­sche Ban­de bei Be­ge­hung ih­rer Straf­ta­ten und bei den gu­ten Fäl­schun­gen der Do­ku­men­te be­dacht. Das von der Be­klag­ten dem Klä­ger vor­ge­hal­te­ne Ver­säum­nis hät­te dem­nach, auch wenn man ein sol­ches zu­las­ten des Klä­gers un­ter­stell­te, nie kau­sal wer­den kön­nen.

Die wei­te­ren Um­stän­de, die die Be­klag­te vor­tra­gen lässt, dass et­wa als Vor­ei­gen­tü­me­rin nur „Mer­ce­des-Benz Nie­der­las­sung“ oh­ne Fir­mie­rung oder Orts­an­ga­be in der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II an­ge­ge­ben ge­we­sen sei und dass sich ein Bar­code-Auf­kle­ber mit Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer nicht auf der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II be­fun­den ha­be, schei­nen dem Ge­richt teil­wei­se na­he­zu kon­stru­iert und le­bens­fremd. Die­se Um­stän­de hät­te wohl über­haupt kein Käu­fer/Er­wer­ber ent­deckt und führ­ten nicht ein­mal zu ei­ner leicht fahr­läs­si­gen Un­kennt­nis vom Nich­tei­gen­tum ei­nes Ver­äu­ße­rers.

Hin­ge­gen ist es ein zu­nächst be­acht­li­cher Ein­wand der Be­klag­ten, dem Klä­ger ha­be auf­fal­len müs­sen, dass der im ge­fälsch­ten Kfz-Brief auf­ge­führ­te Ei­gen­tü­mer L nicht iden­tisch ge­we­sen ist mit dem Ver­käu­fer und Ver­äu­ße­rer am 24.04.2018, näm­lich mit ei­nem Herrn „Amin Fa­rin“. Die­sen Ein­wand bzw. die­ses Ver­dachts­mo­ment konn­te der Klä­ger je­doch eben­falls zur Über­zeu­gung des Ge­richts ent­kräf­ten. Der Klä­ger hat die Di­ver­genz zwi­schen der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II und dem schrift­li­chen Kauf­ver­trag be­merkt und beim Ei­gen­tums­er­werb aus­drück­lich an­ge­spro­chen, wo­bei dem Klä­ger für die­sen glaub­haft und über­zeu­gend an­ge­ben wur­de, dass die Per­son im Kfz-Brief der Freund des Ver­käu­fers ge­we­sen sei und der Ver­käu­fer für L, der (auch) im ge­fälsch­ten Kfz-Brief stand, das Kraft­fahr­zeug ver­kau­fe. Die­ser Um­stand muss, wie die Ent­schei­dung des BGH (Urt. v. 13.12.2013 – V ZR 58/13, BGHZ 199, 227 Rn. 2, 4, 6 und 7) zeigt, kein zwin­gen­der und aus­rei­chen­der Grund für ei­ne Bös­gläu­big­keit beim Ei­gen­tums­er­werb sein.

Hin­sicht­lich der teil­wei­se recht kon­stru­ier­ten Ein­wän­de der Be­klag­ten (feh­len­der Bar­code-Auf­kle­ber mit der Fahr­zeug-Iden­ti­fi­zie­rungs­num­mer auf der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II oder Auf­fäl­lig­kei­ten bei der Vor­ei­gen­tü­me­rin „Mer­ce­des-Benz Nie­der­las­sung“) ist fest­zu­stel­len, dass die­se – nach Auf­fas­sung der Be­klag­ten – „Auf­fäl­lig­kei­ten“ auch der Zu­las­sungs­be­hör­de beim Klä­ger zu Hau­se, beim Land­rats­amt Ost­alb­kreis in Aa­len, bei der Zu­las­sung am 22.05.2015 nicht an­satz­wei­se auf­ge­fal­len sind, son­dern das streit­ge­gen­ständ­li­che Kraft­fahr­zeug oh­ne Wei­te­res und oh­ne Be­an­stan­dun­gen un­strei­tig zu­ge­las­sen wur­de. Das Ge­richt geht da­von aus, dass ei­ne Zu­las­sungs­be­hör­de, die tag­täg­lich mit sol­chen Do­ku­men­ten um­geht, ei­ne sol­che Un­stim­mig­keit, wenn es tat­säch­lich ei­ne Un­stim­mig­keit wä­re, auf­ge­fal­len wä­re und hät­te auf­fal­len müs­sen. Dies war of­fen­sicht­lich und au­gen­schein­lich nicht der Fall, was dem Ge­richt ein­leuch­tet.

Der Klä­ger konn­te zu den Fra­gen des Zweit­schlüs­sels und zu den be­son­de­ren Ver­ein­ba­run­gen im schrift­li­chen Kauf­ver­trag und auch zu der Fra­ge des Be­klag­ten­ver­tre­ters, war­um sei­ne Adres­se in dem klä­ge­ri­schen Kauf­ver­trags­ex­em­plar nicht auf­ge­führt wor­den sei, zur Über­zeu­gung des Ge­richts un­zwei­fel­haft aus­füh­ren und er­klä­ren, dass zwei Kauf­ver­trags­for­mu­la­re aus­ge­füllt wor­den sei­en und der Ver­käu­fer sich beim Ex­em­plar für den Klä­ger das Aus­fül­len des Adress­teils für den „Käu­fer“ teil­wei­se „ge­spart“ hat.

Auch zu dem Preis­nach­lass von 2.600 € konn­te der Klä­ger zur Über­zeu­gung des Ge­richts un­zwei­fel­haft an­ge­ben, dass be­reits in der An­zei­ge bei „mobile.​de“ an­ge­ge­ben war „Ver­hand­lungs­ba­sis“. Al­lei­ne bei An­ga­be von „VHB“ oder „Ver­hand­lungs­ba­sis“ in ei­ner An­non­ce ist da­von aus­zu­ge­hen, dass ein Ver­käu­fer be­reit ist, ei­nen klei­ne­ren oder un­ter Um­stän­den be­acht­li­chen Preis­nach­lass zu ge­ben. Dies gilt erst recht im kon­kre­ten Ein­zel­fall, weil nicht nur all­ge­mei­ne Preis­ver­hand­lun­gen ge­führt wur­den, und dies be­reits im Te­le­fo­nat zwi­schen dem Klä­ger und dem Ver­käu­fer, son­dern auch we­gen be­ste­hen­der Män­gel und der ein­ge­tre­te­nen Ver­schleiß­er­schei­nun­gen bei den Rei­fen und den Brem­sen. Ein Preis­nach­lass von 2.600 € bei ei­nem Fahr­zeug von rund 30.000 € ist des­halb na­he­lie­gend und al­les an­de­re als le­bens­fremd. Die Klä­ger­sei­te hat den Preis­nach­lass, wie aus­ge­führt, so­mit nicht nur auf die „Brem­sen und ei­nen Krat­zer am rech­ten Schein­wer­fer“ ge­stützt, wes­halb der Be­weis­be­haup­tung und dem Be­weis­an­tritt durch Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens, ob (nur) die­se bei­den Punk­te ei­nen Preis­nach­lass von 2.600 € recht­fer­ti­gen könn­ten, nicht nach­zu­ge­hen war. Der Preis­nach­lass er­klärt sich oh­ne Wei­te­res und nach den über­zeu­gen­den An­ga­ben des Klä­gers in der münd­li­chen Ver­hand­lung auf­grund der all­ge­mei­nen Preis­ver­hand­lun­gen (“Ver­hand­lungs­ba­sis“) und der wei­te­ren Um­stän­den, die der Klä­ger in der münd­li­chen Ver­hand­lung an­ge­führt hat, näm­lich wei­te­rer Preis­nach­lass­mo­men­te: der ab­ge­fah­re­nen Brem­sen, der An­fahrt von Ba­den-Würt­tem­berg nach Dort­mund und an­de­res. Der Preis­nach­lass ins­ge­samt war des­halb nach den über­zeu­gen­den An­ga­ben des Klä­gers nicht nur auf die bei­den un­ter Be­weis ge­stell­ten Punk­te der Be­klag­ten ge­stützt, son­dern auf an­de­re Preis­nach­lass­punk­te und mehr, so­dass mit ei­nem Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten zu nur zwei Punk­ten nicht ge­klärt wer­den kann, ob ein Preis­nach­lass in der Sum­me we­gen die­ser und& noch wei­te­rer Punk­te ge­recht­fer­tigt ist.

Nach Be­wer­tung al­ler Um­stän­de und al­ler Ein­zel­ge­sichts­punk­te so­wie der Be­wer­tung in ei­ner Ge­samt­schau ist ei­ne grob fahr­läs­si­ge Un­kennt­nis ge­mäß § 932 I 1, II BGB dem Klä­ger nicht zur Last zu le­gen, wes­halb der Klä­ger am 24.04.2018 gut­gläu­big Ei­gen­tum ge­mäß § 929 Satz 1, § 932 I 1, II BGB er­wor­ben hat. Dem­zu­fol­ge ist der Klä­ger ana­log § 952 I BGB auch Ei­gen­tü­mer der Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II, die er ge­mäß § 985 BGB als Ei­gen­tü­mer vom Be­sit­zer, der Be­klag­ten, vin­di­zie­ren kann. Ein Recht zum Be­sitz ge­mäß § 986 BGB steht der Be­klag­ten nicht zu.

2. Dem Klä­ger ste­hen so­wohl ge­mäß §§ 280 I, 249 BGB als auch ge­mäß §§ 280 I und II, 286 ZPO die gel­tend ge­mach­ten Ne­ben­for­de­run­gen in Form von not­wen­di­gen und er­for­der­li­chen Rechts­ver­fol­gungs­kos­ten in Hö­he von 12 € (Ak­ten­ein­sichts­kos­ten) und in Hö­he von 1.209,35 € (vor­ge­richt­li­che An­walts­kos­ten) zu. Der Zins­an­spruch für die Rechts­hän­gig­keits­zin­sen in ge­setz­li­cher Hö­he er­gibt sich aus §§ 291, 288 I 2 BGB. Die Kla­ge wur­de der Be­klag­ten am 04.10.2018 zu­ge­stellt. Folg­lich ste­hen dem Klä­ger Rechts­hän­gig­keits­zin­sen seit dem 05.10.2018 zu. …

Hin­weis: Der Er­wer­ber ei­nes Ge­braucht­wa­gens, dem ei­ne ge­fälsch­te Zu­las­sungs­be­schei­ni­gung Teil II (Fahr­zeug­brief) vor­ge­legt wird, muss sich den Vor­wurf der gro­ben Fahr­läs­sig­keit nur ge­fal­len las­sen, wenn er oh­ne Wei­te­res er­ken­nen konn­te, dass er es mit ei­nem ge­fälsch­ten Do­ku­ment zu tun hat (s. et­wa OLG Braun­schweig, Urt. v. 01.09.2011 – 8 U 170/10; OLG Köln, Urt. v. 29.11.2017 – 16 U 86/17).

PDF er­stel­len