Ein Käufer, der eine mangelhafte Kaufsache behält und den Mangel (zunächst) nicht beseitigen lässt, kann vom Verkäufer, wenn die Voraussetzungen für einen Anspruch auf „kleinen“ Schadensersatz statt der Leistung (§ 437 Nr. 3, §§ 280 I, II, 281 BGB) erfüllt sind, Schadensersatz in Höhe der fiktiven Mängelbeseitigungskosten verlangen. Dem steht nicht entgegen, dass der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des BGH seine Rechtsprechung zur Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten mit Urteil vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 – aufgegeben hat. Denn diese Rechtsprechungsänderung ist im Kaufrecht nicht nachzuvollziehen, weil dort eine dem § 637 III BGB entsprechende Vorschrift fehlt und daher der Käufer vom Verkäufer keinen Vorschuss für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Aufwendungen verlangen kann.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.10.2018 – 24 U 194/17
Sachverhalt: Die Klägerin verlangt von der Beklagten, von der sie ein Hausgrundstück in K. erworben hat, Schadensersatz.
Im notariellen Kaufvertrag vom 25.10.2012 heißt es unter anderem:
„B. … III. 1. Das auf dem Grundstück errichtete Gebäude wurde etwa im Jahre 1968 errichtet und befindet sich in einem seinem Alter und dem Erhaltungsaufwand entsprechenden Zustand. Der Bauzustand ist dem Käufer aufgrund eigener Nutzung der Praxisräume im Erdgeschoss bekannt. Der Käufer erkennt den derzeitigen Zustand des Kaufgegenstandes als vertragsgemäß an und erwirbt den Grundbesitz in dem gegenwärtigen Zustand und in den bestehenden tatsächlichen Grundstücksgrenzen.
Eine Haftung des Verkäufers für jede Art von Sachmängeln des Grundstücks und des aufstehenden Gebäudes wird ausdrücklich ausgeschlossen. …
5. … Der Verkäufer erklärt weiterhin, dass die vorhandene Bebauung baurechtlich genehmigt ist und keine behördlichen Auflagen zu der Bebauung und Nutzung der Bebauung bestehen, die nicht erfüllt wären. Diese 'Angaben werden als Beschaffenheit des Kaufgegenstandes zum gegenwärtigen Zeitpunkt vereinbart.“
Das Grundstück ist mit einem dreigeschossigen Gebäude bebaut, in dem sich Wohn- und Gewerbeeinheiten befinden. Im Dachgeschoss des Gebäudes befinden sich zwei Wohnungen, von denen im Zeitpunkt des Übergangs der Nutzen und Lasten des Grundstücks auf die Klägerin nur eine vermietet war. Die Klägerin betrieb als Mieterin seit dem 01.10.2003 in dem Gebäude eine Arztpraxis, die sich zunächst im ersten Obergeschoss befand und später ins Erdgeschoss verlagert wurde, in dem zuvor eine Apotheke betrieben worden war.
Nach Abschluss des Kaufvertrags wandte sich die Klägerin, die bauliche Veränderungen an dem erworbenen Gebäude vornehmen wollte, über ihren Architekten an die Bauaufsichtsbehörde in K. Diese teilte der Klägerin mit E-Mail vom 08.04.2014 mit, dass eine Nutzung der Räume im Dachgeschoss zu Wohnzwecken nicht genehmigt worden und eine Nutzungsänderung nicht beantragt worden sei. Eine Nutzungsänderung sei möglich; insoweit sei jedoch ein Bauantrag einzureichen. In der Folgezeit stellte sich heraus, dass auch eine gewerbliche Nutzung der Räume im ersten Obergeschoss nicht genehmigt worden war.
Mit Schreiben vom 06.05.2014 forderte die Klägerin die Beklagte unter Hinweis auf den zur Erlangung einer nachträglichen Genehmigung zu erwartenden Sanierungsaufwand auf, ihre Haftung dem Grunde nach anzuerkennen. Die Beklagte wies Ansprüche der Klägerin mit anwaltlichem Schreiben vom 16.06.2014 mit der Begründung zurück, dass die im Kaufvertrag getroffene Beschaffenheitsvereinbarung den dargestellten Sachverhalt nicht umfasse.
Unter dem 16.11.2014 leitete die Klägerin ein selbstständiges Beweisverfahren ein. Sie behauptet, nach dem in diesem Verfahren eingeholten Sachverständigengutachten bedürfe es zur Herstellung eines genehmigungsfähigen Zustands baulicher Maßnahmen, die mit einem Kostenaufwand von 29.050 € zuzüglich Umsatzsteuer (5.519,50 €) verbunden seien. Für diese Kosten – so meint die Klägerin – müsse die Beklagte haften, weil die im notariellen Kaufvertrag enthaltene Beschaffenheitsvereinbarung auch die behördlicherseits erlaubte Nutzung des Gebäudes umfasse.
Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 26.10.2017 unter anderem zur Zahlung von 29.050 € verurteilt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die meint, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 438 I Nr. 2 lit. a BGB für einschlägig erachtet. Tatsächlich gelte die zweijährige Verjährungsfrist nach § 438 I Nr. 3 BGB.
Die Berufung hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: II. … Das Landgericht hat der Klage zu Recht im Wesentlichen stattgegeben.
Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Klägerin aufgrund des Fehlens einer kaufvertraglich vereinbarten Beschaffenheit des Gebäudes Schadensersatzansprüche gemäß §§ 433 I, 434 I 1, § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 BGB zustehen, die nicht verjährt sind und von denen die Klägerin bei Vertragsschluss auch keine Kenntnis hatte.
Soweit das Landgericht zutreffend weitere Anspruchsvoraussetzungen bejaht (z. B. Entbehrlichkeit einer Fristsetzung zur Mängelbeseitigung durch die Klägerin), Feststellungsanträgen stattgegeben und die Schadenshöhe gemäß dem vom Sachverständigen H geschätzten Betrag zur Herstellung eines vertragsgemäßen Zustands in Höhe von 29.050 € (vgl. Gutachten vom 13.11.2015, S. 19) angesetzt hat, ist die Beklagte dem in der Berufungsbegründung nicht entgegengetreten, weshalb Ausführungen des Senats hierzu nicht veranlasst sind.
1. Das verkaufte Haus hatte nicht die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit gemäß § 434 I 1 BGB. Der vereinbarte allgemeine Ausschluss der Sachmängelhaftung erstreckte sich darauf nicht (vgl. hierzu auch BGH, Urt. v. 06.11.2015 – V ZR 78/14, juris 9; Urt. v. 13.03.2013 – VIII ZR 186/12, juris Rn. 20; Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 96/12, juris Rn. 19; Urt. v. 19.12.2012 – VIII ZR 117/12, juris Rn. 15; Urt. v. 29.11.2006 – VIII ZR 92/06, juris Rn. 31).
Zutreffend hat das Landgericht die von der Beklagten übernommene Haftung für die baurechtliche Genehmigung der vorhandenen Bebauung als vertraglich vereinbarte Beschaffenheit, auch im Hinblick auf die Nutzung als Wohnraum (Dachgeschoss) und Gewerberaum (1. OG), als begründet angesehen.
In der Entscheidung des für Immobilienkaufrecht zuständigen V. Zivilsenats des BGH vom 31.10.1997 hat dieser ausgeführt, dass die Versicherung eines Verkäufers, dass die „aufstehenden Gebäude“ behördlicherseits genehmigt und abgenommen sind, vom Käufer nach Treu und Glauben und unter Berücksichtigung der Verkehrssitte so verstanden werden muss, dass die verkauften Gebäude baurechtlich genehmigt sind und die behördliche Genehmigung sowie die Abnahme sich nicht nur auf das Mauerwerk, den Grundriss und die Aufteilung des Hauses beziehen, sondern die Nutzung des Gebäudes einschließen, die dem Ausbauzustand, den das Haus mit seinen Räumlichkeiten bei Vertragsschluss konkret aufweist, entspricht. Ist das nicht der Fall, muss der Verkäufer den Käufer hierauf ausdrücklich hinweisen und seine Zusicherung entsprechend eingrenzen. Es genügt insoweit nicht, dass das Haus entsprechend der erteilten Baugenehmigung errichtet und von der Bauaufsichtsbehörde abgenommen wurde. Denn die Zusicherung bezieht sich nicht auf den Zeitpunkt der Errichtung und behördlichen Endabnahme des Hauses, sondern auf den des Verkaufs. Sie erstreckt sich folglich auf alle nach Fertigstellung des Bauwerks erfolgten genehmigungsbedürftigen Änderungen (V ZR 248/96, juris Rn. 9). Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt betraf die Nutzung eines hierfür nicht genehmigten Spitzbodens im Dachgeschoss als Wohnraum.
Diese Grundsätze hat der V. Zivilsenat in seiner Entscheidung vom 17.09.1999 (V ZR 220/98, juris Rn. 9) bekräftigt. Dort war die Nutzung eines Spitzbodens und die von Kellerräumen zu Wohnzwecken nicht genehmigt gewesen.
Soweit sich diese vor der Schuldrechtsreform ergangenen Entscheidungen des BGH auf zugesicherte Eigenschaften i. S. des § 459 II BGB a.F. bezogen, ändert dies nichts. Denn der Beschaffenheitsbegriff im neuen Recht umfasst grundsätzlich auch all diejenigen Merkmale der Kaufsache, die nach früherem Recht zusicherungsfähige Eigenschaften waren. Dies folgt bereits daraus, dass die Garantie der Beschaffenheit nach neuem Recht der früheren Eigenschaftszusicherung entspricht und folglich deren Anwendungsbereich abdecken muss (vgl. Staudinger/Matusche-Beckmann, BGB, Neubearb. 2013, § 434 Rn. 51 m. zahlreichen w. Nachw.).
Die vom BGH entwickelten Grundsätze, denen der Senat folgt, sind auch im zu entscheidenden Fall anwendbar. Die verwendeten Begrifflichkeiten (hier: „vorhandene Bebauung“; genannte Entscheidungen des BGH: „aufstehende Gebäude“) sind vom Wortsinn her vergleichbar und beziehen sich unter Heranziehung allgemeiner Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) unter Berücksichtigung von Treu und Glauben sowie der Verkehrssitte jeweils auf die vom Kaufvertrag erfassten Bauwerke als mit dem Erdboden verbundene, unbewegliche Sachen (vgl. hierzu Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 438 Rn. 41 m. w. Nachw.). Damit umfasst die kaufvertragliche Beschaffenheitsvereinbarung auch die bei Vertragsschluss vorhandene Nutzung der Gebäudeteile zu Wohnzwecken bzw. zur gewerblichen Nutzung.
Soweit die Beklagte meint, die zum Zeitpunkt des Besitzübergangs auf die Klägerin nicht vermietete Dachgeschosswohnung sei von der Beschaffenheitsvereinbarung „erlaubte Nutzung zu Wohnzwecken“ nicht umfasst, so beruht dies auf einem Rechtsirrtum. Denn dass dieser Teil des Dachgeschosses als Wohnung ausgebaut und zuvor als solche auch vermietet worden war, steht zwischen den Parteien nicht im Streit. Die Klägerin durfte deshalb berechtigterweise erwarten, dass diese beiden Parteien bekannte Nutzung auch zukünftig ohne Gesetzesverstoß würde erfolgen dürfen, denn Gegenteiliges hat die Beklagte in den Vertragsverhandlungen nicht angegeben.
2. Zutreffend ist das Landgericht weiter davon ausgegangen, dass hier die fünfjährige Verjährungsfrist des § 438 I Nr. 2 BGB Anwendung zu finden hat, was dazu führt, dass keine Verjährung eingetreten ist. Sowohl das im Jahr 2014 eingeleitete selbstständige Beweisverfahren (§ 204 I Nr. 7 BGB) als auch die im Jahr 2016 erhobene und im Folgejahr erweiterte Klage (§ 204 I Nr. 1 BGB) haben die mit Übergabe des Kaufobjekts (§ 438 II BGB) im Jahr 2012 begonnene Verjährung gehemmt.
Wie vom Landgericht richtig ausgeführt, beziehen sich die fehlenden Nutzungsgenehmigungen allein auf das Bauwerk und nicht auf das Grundstück. Denn erforderlich zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit wären bauliche Veränderungen des Gebäudes (und nicht des Grundstücks). Auch diesen Ausführungen schließt der Senat sich an und verweist zur Vermeidung von Wiederholungen hierauf. Soweit die Beklagte in der Berufungsbegründung geltend macht, § 438 I Nr. 2 lit. a und lit. b BGB knüpften an die Substanz des Bauwerks und eingebrachte Baumaterialien an, während für Mängel des Grundstücks diese Verjährungsfristen nicht einschlägig seien, so ist das für sich genommen zutreffend. Dabei übersieht die Beklagte indes bei ihrer weiteren Argumentation, dass es hier allein um Mängel des Bauwerks geht, während Mängel des Grundstücks, die der zweijährigen Verjährung unterstehen würden, nicht in Rede stehen. Wie vom Landgericht zutreffend herausgearbeitet, müssen Mängel am Bauwerk und am Grundstück unterschieden werden. Die unterschiedlichen Fristen der Verjährung beruhen darauf, dass Mängel an Bauwerken typischerweise erst nach einiger Zeit feststellbar sind, während Grundstücksmängel (z. B. Aussicht, Größe, Bodenkontamination) in der Regel einer schnelleren Feststellung unterliegen (vgl. hierzu Erman/Grunewald, BGB, 15. Aufl. [2017], § 438 Rn. 7 m. w. Nachw.).
Soweit die Beklagte meint, § 438 I Nr. 2 lit. a BGB verfolge das Ziel, Bauhandwerker zu schützen, so irrt sie. Die Verjährungsfrist für Baumaterialien nach § 438 I Nr. 2 lit. b BGB wurde mit der Schuldrechtsreform neu eingeführt, um die Stellung der Bauhandwerker, die gemäß § 634a I Nr. 2 BGB fünf Jahre lang haften, beim Kauf mangelhafter Baumaterialien, die von ihnen in ein Bauwerk eingebaut wurden, zu schützen. Sie haben so die Möglichkeit, ihrerseits fünf Jahre gegenüber dem Verkäufer der mangelhaften Baumaterialien Gewährleistungsansprüche geltend zu machen (vgl. hierzu nur Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 438 Rn. 41 f. m. w. Nachw.) und somit innerhalb der Zeit, in der sie selbst vom Bauherrn/Besteller in Anspruch genommen werden können. Bis zur Schuldrechtsreform galt § 477 BGB a.F., der die Verjährung bei Mängeln von beweglichen Sachen auf sechs Monate von der Ablieferung an beschränkte.
Mit den hier vorliegenden Mängeln am Bauwerk durch die fehlenden Nutzungsgenehmigungen hat dieser Komplex nichts zu tun und sollte auch nicht vermengt werden. Allein entscheidend ist, dass sich der Sachmangel auf das Bauwerk und nicht auf das Grundstück bezieht, weshalb die fünfjährige Verjährungsfrist Anwendung findet.
3. Das Vorbringen der Beklagten, die Klägerin habe die fehlende Genehmigung der gewerblichen Nutzung des ersten Obergeschosses gekannt und sei deshalb mit Ansprüchen insoweit ausgeschlossen (§ 442 I BGB), ist bereits unsubstanziiert. Nachvollziehbare Indizien zur behaupteten Kenntnis der Klägerin bzw. ihrer grob fahrlässigen Unkenntnis hat die Beklagte nicht genannt und sich mit deren Vorbringen, dass baurechtliche Erfordernisse und das Vorliegen behördlicher Nutzungsgenehmigungen vor dem Betrieb einer Arztpraxis nicht überprüft würden, nicht auseinandergesetzt. Im Übrigen ist sie als Verkäuferin für eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin darlegungs- und beweisverpflichtet (vgl. BGH, Urt. v. 12.11.2010 – V ZR 181/09, juris Rn. 15, 17; Staudinger/Matusche-Beckmann, a. a. O., § 442 Rn. 40 m. w. Nachw.). Beweis hat sie indes ebenfalls nicht angetreten.
4. Die Klägerin berechnet den geltend gemachten Schaden anhand der Schadensschätzung des Sachverständigen H in seinem im Rahmen des selbstständigen Beweisverfahrens erstellten Gutachtens vom 13.11.2015. Dem ist das Landgericht zu Recht und von der Berufung unbeanstandet gefolgt.
Ob die Klägerin ihren Schaden überhaupt aufgrund einer fiktiven Schadensberechnung bemessen kann, erscheint aufgrund des aktuell zum Werkvertragsrecht ergangenen Urteils des BGH vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 – allerdings diskussionswürdig. Darin ist der für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des BGH von seiner ständigen Rechtsprechung abgerückt, wonach ein Besteller, der ein mangelhaftes Werk behält und den Mangel nicht beseitigen lässt, den Schaden entweder nach dem Wertunterschied zwischen dem hypothetischen Wert ohne Mangel und dem tatsächlichen Wert mit Mangel bemessen kann oder alternativ nach der Höhe der fiktiven Mangelbeseitigungskosten, die den Minderwert übersteigen können und bei Unverhältnismäßigkeit gemäß § 252 II 1 BGB zu begrenzen sind (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, juris Rn. 26 ff.). An der letztgenannten Alternative hält der BGH für Werkverträge ausdrücklich nicht mehr fest: Das Vermögen des Bestellers sei erst um die Höhe der fiktiven Aufwendungen vermindert, wenn er die Kosten hierfür tatsächlich begleiche. Eine Schadensbemessung nach fiktiven Mängelbeseitigungskosten bilde das Leistungsdefizit im Wertvertragsrecht auch bei wertender Betrachtung nicht zutreffend ab, führe vielmehr häufig zu einer Überkompensation; ein Ersatz fiktiver Kosten für nicht getroffene Dispositionen scheide daher aus (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, juris Rn. 31 ff.). Die Möglichkeiten, die Wertdifferenz als Schaden geltend zu machen oder auch Minderung zu verlangen, stelle eine ausreichende Kompensation des Bestellers dar. Wenn der Besteller sich entscheide, den Mangel selbst auf Kosten des Unternehmers zu beseitigen, könne er die tatsächlich aufgewandten Kosten als Schaden ersetzt verlangen. Vor Begleichung der Kosten könne er Befreiung von den zur Mängelbeseitigung eingegangenen Verbindlichkeiten verlangen, überdies einen Vorschuss gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB (BGH, Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, juris Rn. 44 ff.).
Ob diese Entscheidung Auswirkungen auf die Rechtsprechung zum Kaufrecht hat, ist noch nicht höchstrichterlich geklärt. Die für das Kaufrecht zuständigen Zivilsenate (V. Zivilsenat und VIII. Zivilsenat) des BGH haben bisher in ständiger Rechtsprechung unter Bezugnahme auf die bisherige Rechtsprechung des für Werkvertragsrecht zuständigen VII. Senats angenommen, dass ein Käufer seinen zu ersetzenden Schaden im Rahmen des kleinen Schadensersatzes auf der Grundlage der Mängelbeseitigungskosten unabhängig von einer Beseitigung des Mangels berechnen könne (vgl. BGH, Urt. v. 29.04.2015 – VIII ZR 104/14, juris Rn. 12; Urt. v. 11.12.2015 – V ZR 26/15, juris Rn. 21; Urt. v. 04.04.2014 – V ZR 275/12, juris Rn. 33; Urt. v. 15.06.2012 – V ZR 198/11, juris Rn. 31).
Diese im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Frage beantwortet der Senat dahin gehend, dass es jedenfalls für das Kaufrecht bei der bisherigen Rechtsprechung verbleibt. Die Änderung der Rechtsprechung zum Werkvertragsrecht beruht – auch nach den eigenen Ausführungen des VII. Zivilsenats des BGH (Urt. v. 22.02.2018 – VII ZR 46/17, juris Rn. 70) – auf den Besonderheiten des Werkvertragsrechts. Zwar besteht nach den Erfahrungen des Senats in Fällen wie dem vorliegenden Immobilienkaufvertrag, bei dem der Käufer ein mängelbehaftetes Haus erwirbt, ebenfalls die Gefahr einer Überkompensation des Schadens. Allerdings kommt es nach Auffassung des Senats entscheidend darauf an, dass es im Werkvertragsrecht keines Anspruchs auf Erstattung fiktiver Mängelbeseitigungskosten bedarf, weil der Besteller ein Selbstvornahmerecht gemäß § 634 Nr. 2, § 637 BGB hat und in diesem Rahmen einen Vorschuss für die zur Beseitigung des Mangels erforderlichen Kosten verlangen kann. Eine entsprechende Norm gibt es im Kaufrecht hingegen nicht. Solange dies so bleibt, sollte der Käufer aber seinen Schaden anhand der fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen können. Ansonsten müsste er unter Umständen erhebliche Kosten vorfinanzieren, was ihm in Anbetracht des vorangegangenen, meist finanzierten Kaufs der Immobilie tatsächlich gar nicht möglich ist.
III. …
IV. Wegen der Rechtsfrage, ob der Käufer einer Immobilie einen durch Mängel der Kaufsache begründeten Schaden nach den fiktiven Mängelbeseitigungskosten bemessen kann, wird die Revision gemäß § 543 II Nr. 1 ZPO zugelassen. Diese Frage hat im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 22.02.2018 – VII ZR 46/17 –, die zum Werkvertragsrecht ergangen ist, grundsätzliche Bedeutung. Es stellt sich die Frage, ob und inwieweit die dortigen Ausführungen zum Schadensersatz nach den §§ 280 I, III, 281 BGB – auf die sowohl das Werkvertragsrecht in § 634 Nr. 4 BGB als auch das Kaufrecht in § 437 Nr. 3 BGB verweisen – auch für das Kaufrecht gelten.