1. Bie­tet ein Ge­braucht­wa­gen­händ­ler ein mit ei­ner grü­nen Um­welt­pla­ket­te ver­se­he­nes Fahr­zeug zum Kauf an, so er­klärt er da­mit re­gel­mä­ßig zu­gleich still­schwei­gend, dass das Fahr­zeug die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen für die Er­tei­lung die­ser Pla­ket­te er­fül­le und sie da­her zu Recht füh­re.
  2. Ein zwi­schen den Par­tei­en ei­nes Kfz-Kauf­ver­tra­ges ver­ein­bar­ter all­ge­mei­ner Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss er­streckt sich re­gel­mä­ßig nicht auf ei­nen Man­gel i. S. von § 434 I 1 BGB. Des­halb kann sich der Ver­käu­fer nicht mit Er­folg auf den Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen, wenn die Par­tei­en kon­klu­dent i. S. von § 434 I 1 BGB ver­ein­bart ha­ben, dass das Fahr­zeug die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen für die Er­tei­lung ei­ner grü­nen Um­welt­pla­ket­te er­fül­le und sie da­her zu Recht füh­re, ob­wohl dies man­gels ei­nes Die­sel­par­ti­kel­fil­ters tat­säch­lich nicht der Fall ist.
  3. Ein Ver­käu­fer ver­schweigt ei­nen zu of­fen­ba­ren­den Man­gel be­reits dann arg­lis­tig, wenn er ihn min­des­tens für mög­lich hält und gleich­zei­tig da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Käu­fer den Man­gel nicht kennt und bei Kennt­nis den Kauf­ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te (im An­schluss an BGH, Urt. v. 15.04.2015 – VI­II ZR 80/14, NJW 2015, 1669 Rn. 16).

AG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 08.03.2018 – 235 C 139/17

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem be­klag­ten Ge­braucht­wa­gen­händ­ler mit schrift­li­chem Kauf­ver­trag vom 14.01.2017 ei­nen ge­brauch­ten Re­nault Mas­ter zum Preis von 4.900 €. An dem Fahr­zeug war sei­ner­zeit ei­ne grü­ne Um­welt­pla­ket­te an­ge­bracht; es ver­füg­te je­doch nicht über ei­nen Die­sel­par­ti­kel­fil­ter.

In der Fol­ge­zeit lei­te­te die Stadt Aa­chen ge­gen den Klä­ger ein Buß­geld­ver­fah­ren we­gen des Vor­wurfs ein, er ha­be mit dem Re­nault Mas­ter trotz ei­nes Ver­kehrs­ver­bots zur Ver­min­de­rung schäd­li­cher Luft­ver­un­rei­ni­gun­gen (Zei­chen 270.1, 270.2) am Ver­kehr teil­ge­nom­men (Nr. 153 BKat). Der Klä­ger ließ das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug dar­auf­hin mit ei­nem Die­sel­par­ti­kel­fil­ter nach­rüs­ten. Hier­für ent­stan­den ihm Kos­ten in Hö­he von 1.125,20 €, de­ren Er­stat­tung er von dem Be­klag­ten mit an­walt­li­chen Schrei­ben vom 05.07.2017 und vom 05.10.2017 – er­folg­los – ver­lang­te.

Der Klä­ger be­haup­tet, er ha­be beim Kauf des Fahr­zeugs nicht ge­wusst, dass der Re­nault Mas­ter kei­nen Die­sel­par­ti­kel­fil­ter ge­habt ha­be. We­gen der an dem Fahr­zeug an­ge­brach­ten grü­nen Um­welt­pla­ket­te sei er da­von aus­ge­gan­gen, dass das Fahr­zeug die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen für die Er­tei­lung die­ser Pla­ket­te er­fül­le.

Die auf Zah­lung von 1.125,20 € ge­rich­te­te Kla­ge hat­te Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger hat ge­gen den Be­klag­ten ei­nen Scha­dens­er­satz­an­spruch in Hö­he von 1.125,20 € ge­mäß §§ 433, 434 I, 437 Nr. 3, 440, 280 I, III, 281 BGB. Das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug hat ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB.

Der Sach­man­gel liegt dar­in, dass das Fahr­zeug nicht da­zu be­rech­tigt ist, die grü­ne Um­welt­pla­ket­te zu füh­ren. In­so­fern folgt das er­ken­nen­de Ge­richt den Aus­füh­run­gen des OLG Düs­sel­dorf in sei­nem Ur­teil vom 22.12.2011 – I-22 U 103/11, ju­ris Rn. 19 = BeckRS 2012, 04907:

„Ei­ne aus­drück­li­che Ver­ein­ba­rung über ei­ne sol­che Be­schaf­fen­heit ha­ben die Par­tei­en zwar nicht ge­trof­fen. Un­strei­tig trug das Fahr­zeug zum Zeit­punkt des Ab­schlus­ses des Kauf­ver­tra­ges je­doch ei­ne grü­ne Pla­ket­te. Ei­ne sol­che ist ty­pi­scher­wei­se bei der äu­ße­ren Be­sich­ti­gung er­kenn­bar, da sie deut­lich sicht­bar im Front­be­reich an­ge­bracht wird. So war das auch bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug. Die Fra­ge, wel­che Zu­gangs­be­rech­ti­gung auf­grund der Pla­ket­te, ins­be­son­de­re zur Ein­fahrt in In­nen­städ­te, be­steht, ist von all­ge­mei­ner Be­deu­tung. Re­gel­mä­ßig ist da­her auch oh­ne aus­drück­li­che Ge­sprä­che hier­über kon­klu­dent ver­ein­bart, dass das Fahr­zeug be­rech­tigt ist, die Pla­ket­te zu füh­ren, die zum Zeit­punkt des Ver­kaufs an­ge­bracht ist. Ei­ne sol­che Pla­ket­te kann zwar ver­gleichs­wei­se ein­fach da­durch er­langt wer­den, dass durch Vor­la­ge des Fahr­zeug­schei­nes ei­ne au­to­ri­sier­te Stel­le die ent­spre­chen­de Schlüs­sel­num­mer prüft und dann ei­ne Pla­ket­te ver­gibt. Es muss al­so nicht zwangs­läu­fig die Ver­ga­be durch den TÜV oder ei­ne ähn­li­che Stel­le er­fol­gen, be­rech­tigt sind auch Kfz-Be­trie­be. Gleich­wohl ist nach der ent­spre­chen­den Ver­ord­nung Vor­aus­set­zung, dass ei­ne ‚sorg­fäl­ti­ge Prü­fung‘ statt­fin­det. Der Käu­fer ei­nes ent­spre­chen­den Pkw kann da­her da­von aus­ge­hen, dass die für die Er­tei­lung der Pla­ket­te er­for­der­li­chen Wer­te von dem Fahr­zeug auch tat­säch­lich ein­ge­hal­ten wer­den. Ver­gleich­bar der TÜV-Un­ter­su­chung wird durch die Pla­ket­te do­ku­men­tiert, dass das Fahr­zeug auch dem hier­durch be­schei­nig­ten Zu­stand ent­spricht (vgl. zur TÜV-Pla­ket­te BGH, Urt. v. 24.02.1988 – VI­II ZR 145/87, NJW-RR 1988, 943). … Da­zu [= zu zen­tra­len Aus­sa­gen zu den Ei­gen­schaf­ten ei­nes Fahr­zeugs] zählt je­den­falls heut­zu­ta­ge im Hin­blick auf zahl­rei­che Re­strik­tio­nen auch der Um­stand, wel­che Um­welt­pla­ket­te ge­führt wer­den kann.“

Der Klä­ger ist auch nicht mit ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch aus­ge­schlos­sen, weil er bei Ver­trags­schluss den vor­ge­nann­ten Man­gel kann­te (§ 442 I 1 BGB). Der Be­klag­te hat in­so­fern le­dig­lich be­haup­tet, der Klä­ger sei von sei­nen Mit­ar­bei­tern dar­auf hin­ge­wie­sen wor­den, dass sie nicht wüss­ten, ob das Fahr­zeug ei­nen Die­sel­par­ti­kel­fil­ter ha­be oder nicht. Po­si­ti­ve Kennt­nis sei­tens des Klä­gers, dass das Fahr­zeug nicht be­rech­tigt war, die grü­ne Pla­ket­te zu füh­ren, hat der Be­klag­te da­mit schon nicht be­haup­tet und er ist im Üb­ri­gen für die von ihm auf­ge­stell­te Be­haup­tung auch be­weis­fäl­lig ge­blie­ben.

Auch der im Kauf­ver­trag vom 14.01.2017 ver­ein­bar­te Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss steht ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klä­gers nicht ent­ge­gen. Zwar ist ein sol­cher Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss zu­läs­sig und da­nach die Haf­tung für Män­gel des Fahr­zeugs grund­sätz­lich aus­ge­schlos­sen. Ein sol­cher pau­scha­ler Haf­tungs­aus­schluss ist aber re­gel­mä­ßig – und so auch hier – da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass er nicht für ei­ne be­stimm­te von den Par­tei­en ge­trof­fe­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung gilt (vgl. BGH, Ur­t. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = DAR 2007, 265 Rn. 31). Der Be­klag­te kann sich da­her hin­sicht­lich der feh­len­den Be­rech­ti­gung, die grü­ne Pla­ket­te zu füh­ren, nicht auf den Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss be­ru­fen.

Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch des Klä­gers schei­tert vor­lie­gend auch nicht dar­an, dass der Klä­ger, be­vor er den Die­sel­par­ti­kel­fil­ter durch ei­nen Drit­ten nach­rüs­ten ließ, dem Be­klag­ten kei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung i. S. von § 439 I BGB ge­setzt hat.

Zwar ist dem Ver­käu­fer im Fal­le ei­nes Sach­man­gels grund­sätz­lich die Mög­lich­keit der Man­gel­be­sei­ti­gung durch Nach­bes­se­rung oder Nach­lie­fe­rung zu ge­wäh­ren. Al­ler­dings gilt dies ge­mäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB dann nicht, wenn die dem Käu­fer zu­ste­hen­de Art der Nach­er­fül­lung un­zu­mut­bar ist. Für die Be­ur­tei­lung, ob die Nach­er­fül­lung dem Käu­fer un­zu­mut­bar ist, sind al­le Um­stän­de des Ein­zel­falls zu be­rück­sich­ti­gen, ins­be­son­de­re die Zu­ver­läs­sig­keit des Ver­käu­fers (vgl. BT-Drs. 14/6040, S. 233 f.), die­sem vor­zu­wer­fen­de Ne­ben­pflicht­ver­let­zun­gen (BT-Drs. 14/6040, S. 223) oder der Um­stand, dass der Ver­käu­fer be­reits bei dem ers­ten Er­fül­lungs­ver­such, al­so bei Über­ga­be, ei­nen er­heb­li­chen Man­gel an fach­li­cher Kom­pe­tenz hat er­ken­nen las­sen (Er­man/Gru­ne­wald, BGB, 14. Aufl., § 440 Rn. 3; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 74. Aufl., § 440 Rn. 8; Be­ckOK-BGB/Faust, Stand: 01.08.2014, § 440 Rn. 37) und das Ver­trau­ens­ver­hält­nis zwi­schen den Par­tei­en nach­hal­tig ge­stört ist (Stau­din­ger/Ma­tu­sche-Beck­mann, BGB, Neu­be­arb. 2014, § 440 Rn. 25). Die Nach­er­fül­lung ist da­nach dann un­zu­mut­bar – und da­mit ei­ne Frist­set­zung ent­behr­lich –, wenn der Ver­käu­fer den Man­gel arg­lis­tig ver­schwie­gen hat, da durch das Ver­hal­ten des Ver­käu­fers die Er­war­tung ei­ner ord­nungs­ge­mä­ßen Nach­er­fül­lung zer­stört wird.

Ein Ver­käu­fer ver­schweigt ei­nen of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Man­gel be­reits dann arg­lis­tig, wenn er ihn min­des­tens für mög­lich hält und gleich­zei­tig da­mit rech­net und bil­li­gend in Kauf nimmt, dass der Ver­trags­part­ner den Feh­ler nicht kennt und bei Kennt­nis den Kauf­ver­trag nicht oder nicht mit dem ver­ein­bar­ten In­halt ge­schlos­sen hät­te (BGH, Urt. v. 11.02.2004 – VI­II ZR 386/02, DAR 2004, 268 [un­ter II 1]; Urt. v. 30.04.2003 – V ZR 100/02, NJW 2003, 2380 [un­ter II 2 b] m. w. Nachw.; st. Rspr.).

Der Be­klag­te hat un­wi­der­spro­chen vor­ge­tra­gen, dass er sich bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht si­cher ge­we­sen sei, ob das Fahr­zeug über ei­nen Die­sel­par­ti­kel­fil­ter ver­fü­ge; gleich­wohl hat er die­ses un­strei­tig mit grü­ner Pla­ket­te an­ge­bo­ten. Die Er­klä­rung, ei­ne grü­ne Pla­ket­te sei vor­han­den, hat aber nicht nur den Cha­rak­ter ei­ner rei­nen Wis­sens­er­klä­rung, die sich dar­auf be­zieht, dass ei­ne sol­che Pla­ket­te am Fahr­zeug an­ge­bracht ist. Sie hat im Rah­men von Ver­kaufs­ver­hand­lun­gen auch die Be­deu­tung, dass das Fahr­zeug tat­säch­lich be­rech­tigt ist, die grü­ne Pla­ket­te zu füh­ren. Dies war je­doch un­strei­tig nicht der Fall.

Dem Vor­trag des Klä­gers, wo­nach im Rah­men der Kauf­ver­trags­ver­hand­lun­gen nicht ein­mal an­deu­tungs­wei­se dar­auf hin­ge­wie­sen wur­de, dass das Fahr­zeug trotz der dar­an an­ge­brach­ten grü­nen Um­welt­pla­ket­te nicht über ei­nen Die­sel­par­ti­kel­fil­ter und da­mit über die tech­ni­schen Vor­aus­set­zun­gen für die Er­tei­lung der dar­an an­ge­brach­ten grü­nen Um­welt­pla­ket­te ver­fügt ha­be, ist der Be­klag­te nicht in er­heb­li­cher Wei­se ent­ge­gen­ge­tre­ten, so­dass es ei­ner Be­weis­auf­nah­me durch Ver­neh­mung des Zeu­gen S nicht be­durf­te. So­weit der Be­klag­te le­dig­lich vor­ge­tra­gen hat, sei­ne Mit­ar­bei­ter hät­ten dem Klä­ger ge­sagt, dass sie nicht wüss­ten, ob der Wa­gen über ei­nen Die­sel­par­ti­kel­fil­ter ver­fü­ge, ist dies un­zu­rei­chend, da dar­aus nicht her­vor­geht, wel­cher Mit­ar­bei­ter wann und war­um ei­ne sol­che Be­mer­kung ge­gen­über dem Klä­ger ge­macht ha­ben will. Der Vor­trag ist auch aus sich her­aus nicht nach­voll­zieh­bar, da nicht er­kenn­bar ist, wie­so die Par­tei­en trotz der an­ge­brach­ten grü­nen Pla­ket­te An­lass ge­habt ha­ben sol­len, über das et­wai­ge Feh­len des Die­sel­par­ti­kel­fil­ters zu spre­chen. …

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