- Auch der Käufer eines Gebrauchtwagens kann i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB erwarten, dass das Fahrzeug verkehrssicher und bei Dunkelheit nutzbar ist. Ein (hier rund sieben Jahre alter) mit Xenon-Scheinwerfern ausgestatteter Pkw kann deshalb mangelhaft sein, wenn die Beleuchtungsstärke der Xenon-Scheinwerfer aufgrund einer starken Eintrübung der Projektionslinsen deutlich abgeschwächt ist und infolgedessen die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs und seine Nutzbarkeit bei Dunkelheit erheblich eingeschränkt sind.
- Ein Mangel kann sich auch dann erst nach Gefahrübergang „zeigen“ (§ 476 BGB a.F. = § 477 BGB n.F.), wenn der Käufer ihn im Falle einer eingehenden Untersuchung der Kaufsache schon bei der Übergabe hätte entdecken können (im Anschluss an BGH, Urt. v. 14.09.2005 – VIII ZR 363/04).
AG Kiel, Urteil vom 09.03.2018 – 108 C 8/17
(nachfolgend: LG Kiel, Urteil vom 02.06.2020 – 1 S 93/18)
Sachverhalt: Der Kläger begehrt von dem beklagten Gebrauchtwagenhändler Schadensersatz.
Er erwarb von dem Beklagten am 01.12.2014 einen gebrauchten, am 08.02.2007 erstzugelassenen Pkw (Peugeot 407) mit einer Laufleistung von 115.642 km zum Preis von 7.200 €. Mit Schreiben vom 11.05.2015, das dem Beklagten noch im Mai 2015 zuging, zeigte der Kläger dem Beklagten verschiedene Mängel des Fahrzeugs an. Unter anderem monierte er, dass die Xenon-Scheinwerfer, mit denen das streitgegenständliche Fahrzeug ausgestattet ist, eine zu schwache Lichtausbeute hätten. Da der Beklagte auf die Mängelrügen nicht reagierte, mandatierte der Kläger seinen späteren Prozessbevollmächtigten, der den Beklagten mit Schreiben vom 03.06.2016 zur Nachbesserung aufforderte. Der Beklagte wies die geltend gemachten Nachbesserungsansprüche zurück. Der Kläger holte daraufhin einen Kostenvoranschlag für die Beseitigung der Mängel ein; danach belaufen sich die Kosten für den Austausch der Xenon-Scheinwerfer auf insgesamt 3.223,70 € netto.
Der Kläger behauptet, die Xenon-Scheinwerfer des Fahrzeugs hätten eine zu schwache Lichtausbeute; der Pkw sei deshalb nicht verkehrssicher und in seiner Gebrauchstauglichkeit erheblich eingeschränkt. Die Scheinwerfer müssten daher ausgetauscht werden. Der Beklagte macht demgegenüber geltend, die Scheinwerfer seien bei der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger mangelfrei gewesen. Der Kläger habe den Pkw vor dem Kauf akribisch untersucht und dabei auch die Scheinwerfer in Augenschein genommen und getestet. Eine zu schwache Lichtausbeute wäre dem Kläger dabei aufgefallen. Sollten die Scheinwerfer tatsächlich eine zu schwache Lichtausbeute haben, so sei dies eine Verschleißerscheinung; der Pkw sei bei der Übergabe an den Kläger bereits sieben Jahre alt gewesen, und der Kläger habe das Fahrzeug zwischenzeitlich genutzt.
Die Klage hatte insoweit Erfolg, als sie auf Zahlung von 3.3223,70 € nebst Zinsen gerichtet war.
Aus den Gründen: Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe der Mängelbeseitigungskosten von 3.223,70 € aus §§ 433 I, 434 I 2 Nr. 2, § 437 Nr. 3, §§ 280 I, III, 281 I BGB. Hiernach kann bei einem Kaufvertrag der Käufer von dem Verkäufer dann, wenn die Kaufsache einen Mangel aufweist und der Käufer den Verkäufer erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat, Schadensersatz statt der Leistung unter anderem in Höhe der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten verlangen. Die vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen liegen vor.
Zwischen den Parteien bestand ein Kaufvertrag über das streitgegenständliche Fahrzeug. Das Fahrzeug weist in Bezug auf die Xenon-Scheinwerfer einen Sachmangel auf. Gemäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich bei Gefahrübergang für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Auch der Käufer eines Gebrauchtwagens kann erwarten, ein verkehrssicheres und auch bei Dunkelheit nutzbares Fahrzeug zu erhalten. Das streitgegenständliche Fahrzeug ist jedoch wegen der Beschaffenheit der verbauten Xenon-Scheinwerfer nicht in einem solchen Zustand.
Dem Kläger ist für seine Behauptung, die Xenon-Scheinwerfer des Fahrzeugs hätten eine zu schwache Lichtausbeute, sodass das Fahrzeug nicht verkehrssicher und seine Benutzbarkeit erheblich eingeschränkt sei, für welche er nach den allgemeinen Regeln die Beweislast trägt, die Beweisführung gelungen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Beleuchtungsstärke der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug verbauten Xenon-Scheinwerfer aufgrund einer starken gelblich-braunen Eintrübung beider in den Scheinwerfern eingebauter Projektionslinsen deutlich abgeschwächt ist und dass hierdurch die Verkehrssicherheit und Benutzbarkeit des Fahrzeugs insbesondere bei Dunkelheit erheblich eingeschränkt ist. Nach dem in § 286 ZPO normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Ergebnisses der Beweisaufnahme und der sonstigen Wahrnehmungen in der mündlichen Verhandlung von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist. So liegt es hier.
Das Sachverständigengutachten des Sachverständigen S ist bezogen auf die erste Beweisfrage positiv ergiebig. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, sowohl die Projektionslinsen als auch die Xenon-Brenner der in dem streitgegenständlichen Fahrzeug eingebauten Scheinwerfer seien durch einen gelblich-braunen Materialantrag eingetrübt. Die Projektionslinsen seien mit circa 95 % ihrer Fläche betroffen. Bei den Ablagerungen handele es sich nicht um Verschmutzungen durch Staub oder sonstige von außen in den Scheinwerfer eingetragene Schmutzpartikel. Insbesondere durch die eingetrübten Projektionslinsen in beiden Scheinwerfern sei deren Beleuchtungsstärke deutlich abgeschwächt. Die Benutzbarkeit des Fahrzeugs sei mit den verbauten Scheinwerfern insbesondere bei Dunkelheit erheblich eingeschränkt und seine Verkehrssicherheit beeinträchtigt. Bei einer Hauptuntersuchung wäre der Zustand der Scheinwerfer als „erheblicher Mangel“ einzustufen.
Das Gericht folgt den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen. Als Diplom-Ingenieur und vereidigter Sachverständiger für Kraftfahrzeugschäden und -bewertung ist der Sachverständige für die vorliegende Begutachtung besonders qualifiziert. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar. Insbesondere ist der Sachverständige von zutreffenden und zwischen den Parteien unstreitigen Tatsachen ausgegangen, hat die daraus gezogenen Schlüsse logisch und widerspruchsfrei dargestellt und kommt dabei in seinem Gutachten zu einem eindeutigen Ergebnis. Auch die Vorgehensweise des Sachverständigen ist für das Gericht nachvollziehbar. Im Rahmen seiner Untersuchungen hat der Sachverständige zunächst die einzelnen Bestandteile der streitgegenständlichen Scheinwerfer auf Beschädigungen untersucht und sodann ihre Leuchtwirkung mit derjenigen von vergleichbaren Xenon-Scheinwerfern eines Vergleichsfahrzeugs verglichen.
Soweit auch das Sachverständigengutachten des Sachverständigen G bezogen auf die Beweisfragen positiv ergiebig ist, war von dem Gericht mit dem Sachverständigengutachten des Sachverständigen S ein zweites Gutachten einzuholen, da eine Entscheidung auf das Sachverständigengutachten des Sachverständigen G nicht gestützt werden konnte. Denn auch nach Einholung eines Ergänzungsgutachtens durch den Sachverständigen G blieb für das Gericht unklar, welche Leuchtwirkung von Scheinwerfern wie den streitgegenständlichen normalerweise erwartet werden kann und weshalb eine etwaige Minderleistung der Scheinwerfer auf die vorgefundene Trübung der Projektionslinsen und nicht auf abgenutzte Leuchtmittel zurückzuführen ist. Darüber hinaus gelangte der Sachverständige G zu seinen Feststellungen durch einen Vergleich der streitgegenständlichen Xenon-Scheinwerfer mit einer Scheinwerferanlage ohne Xenon-Scheinwerfer, ohne hierfür eine für das Gericht plausible Begründung zu liefern.
Die Scheinwerfer des streitgegenständlichen Fahrzeugs waren auch schon bei Gefahrübergang mangelhaft. Gemäß § 446 Satz 1 BGB geht die Gefahr des zufälligen Untergangs und der zufälligen Verschlechterung mit Übergabe der Kaufsache auf den Käufer über. Vorliegend waren die Scheinwerfer des streitgegenständlichen Fahrzeugs bereits zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger mangelhaft. Der Beklagte ist für seine Behauptung, die Scheinwerfer seien bei der Übergabe des Fahrzeugs mangelfrei gewesen, beweisfällig geblieben. Er trägt für seine Behauptung gemäß § 476 BGB a.F. die Beweislast. Nach dieser Vorschrift wird bei einem Verbrauchsgüterkauf dann, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Die Vorschrift ist auf den vorliegenden Fall anwendbar, da es sich bei dem streitgegenständlichen Kaufvertrag unstreitig um einen Verbrauchsgüterkauf i. S. des § 474 I 1 BGB a.F. handelt und sie zudem in ihrer hier zitierten Form zum Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses noch in Geltung war. Auch liegen die Voraussetzungen für die Anwendung der Beweislastumkehr des § 476 BGB a.F. vor. Der Kläger hat unstreitig noch im Mai 2015 und damit innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe des Fahrzeugs an ihn festgestellt, dass beide Xenon-Hauptscheinwerfer des Fahrzeugs eine zu schwache Lichtausbeute haben, und dies gegenüber dem Beklagten angezeigt.
Soweit die Beklagtenseite einwendet, eine zu schwache Lichtausbeute der Scheinwerfer habe bei Übergabe des Fahrzeugs noch nicht vorliegen können, da der Kläger einen solchen Mangel im Rahmen der von ihm vor dem Kauf des Fahrzeugs akribisch durchgeführten Untersuchung des Fahrzeugs, bei welcher er auch die Scheinwerfer des Fahrzeugs in Augenschein genommen und getestet habe, hätte feststellen müssen, verkennt sie, dass die Anwendbarkeit von § 476 BGB a.F. nicht voraussetzt, dass der Sachmangel bereits bei Übergabe des Fahrzeugs festgestellt wird oder hätte festgestellt werden können. Denn die Vorschrift regelt gerade eine Beweiserleichterung zugunsten des Käufers dahin gehend, dass dieser nur darlegen und gegebenenfalls beweisen muss, dass sich der Sachmangel innerhalb von sechs Monaten nach Übergabe der Kaufsache gezeigt hat, was hier unstreitig der Fall war. Dabei setzt ein Zeigen i. S. des § 476 BGB a.F. nicht voraus, dass der Sachmangel zuvor für die Vertragsparteien unerkennbar war (vgl. BGH, Urt. v. 14.09.2005 – VIII ZR 363/04).
Die gesetzliche Vermutung des § 476 BGB a.F. ist vorliegend auch nicht mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Soweit der Beklagte sich in diesem Zusammenhang hilfsweise darauf beruft, die zu schwache Lichtausbeute der Scheinwerfer sei auf das bei Übergabe bereits gesteigerte Alter des Fahrzeugs und den mit der zwischenzeitlichen Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger einhergehenden Verschleiß zurückzuführen, resultiert hieraus noch nicht die Unvereinbarkeit der Vermutung mit der Art der Sache oder mit der Art des Mangels. Denn nach der Rechtsprechung des BGH findet die Vermutung des § 476 BGB a.F. grundsätzlich auch Anwendung auf gebrauchte Sachen (BGH, Urt. v. 14.09.2005 – VIII ZR 363/04). Sie ist zudem nicht schon dann ausgeschlossen, wenn ein Mangel geltend gemacht wird, der typischerweise jederzeit auftreten kann (BGH, Urt. v. 14.09.2005 – VIII ZR 363/04). Schließlich spricht auch der Umstand, dass bei gebrauchten Sachen jederzeit mit Verschleißmängeln zu rechnen ist, nicht gegen die Anwendbarkeit der Vermutung (vgl. u. a. OLG Koblenz, Urt. v. 19.04.2007 – 5 U 768/06).
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die zu schwache Lichtausbeute der Scheinwerfer auf die zwischenzeitliche Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger und den hiermit einhergehenden Verschleiß zurückzuführen ist. Es kann dahinstehen, ob das insoweit negativ ergiebige Sachverständigengutachten des Sachverständigen G auch bezogen auf die vorgenannte Beweisfrage unverwertbar ist, da jedenfalls das Sachverständigengutachten des Sachverständigen S bezogen auf die Beweisfrage unergiebig ist. Der Sachverständige S hat in seinem Gutachten ausgeführt, dass zu der Frage, ob der mangelhafte Zustand der Scheinwerfer auf das gesteigerte Fahrzeugalter und auf den mit der zwischenzeitlichen Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger einhergehenden Verschleiß zurückzuführen ist, sachverständigenseits keine klare Aussage getroffen werden könne, da der Zustand der Scheinwerfer nicht primär vom Fahrzeugalter und der Laufleistung des Fahrzeugs abhänge, sondern überwiegend von der Betriebsdauer der eingebauten Scheinwerfer. Diese sei wiederum davon abhängig, wie das Fahrzeug genutzt werde, und könne bei baugleichen Fahrzeugen vergleichbaren Fahrzeugalters und ähnlicher Laufleistung besser oder schlechter als der bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug vorgefundene Zustand sein. Ein gewöhnliches Maß für den Zustand eines Schweinwerfers für ein bestimmtes Fahrzeugalter und einer bestimmten Laufleistung gebe es nicht.
Der Kläger hat dem Beklagten auch spätestens mit vorgerichtlichem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 03.06.2015 erfolglos eine Frist zur Nacherfüllung bis zum 12.06.2015 gesetzt.
Dem Kläger ist durch die Übergabe des mangelhaften Fahrzeugs ein Schaden in Höhe der für die Beseitigung des Sachmangels erforderlichen Kosten entstanden. Diese belaufen sich vorliegend auf insgesamt 3223,70 € für den Einbau zweier neuer Scheinwerfer sowie den Austausch und die Einstellung der Scheinwerfergehäuse. Die vorstehenden Kosten sind auch für die Beseitigung des Sachmangels erforderlich. Im Rahmen seiner Untersuchungen hat der Sachverständige S festgestellt, dass nur der Austausch der ebenfalls eingetrübten Xenon-Brenner der Scheinwerfer zur Mängelbeseitigung nicht ausreicht. Durch einen solchen Austausch ließe sich zwar die Beleuchtungsstärke der Scheinwerfer verbessern. Es verblieben jedoch bei beiden Scheinwerfern die stark ausgeprägten Verfärbungen und Anhaftungen an den Projektionslinsen, welche die Beleuchtungsstärke stark abschwächen würden.
Der Anspruch auf Zahlung der Zinsen auf die Hauptforderung ergibt sich aus §§ 280 I, II, 286 I, 288 I BGB.
Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der mit der Klage geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten zuzüglich der hierauf geltend gemachten Prozesszinsen bzw. auf Freistellung hiervon. Ein Anspruch aus §§ 280 I, II, 286 I, 291 BGB scheidet aus, da sich der Beklagte zum Zeitpunkt der Mandatierung des Prozessbevollmächtigten des Klägers durch diesen noch nicht im Verzug befand. Denn zu einer gemäß § 286 I BGB für die Begründung des Schuldnerverzugs des Beklagten erforderlichen Mahnung des Klägers vor Mandatierung seines Prozessbevollmächtigten hat die Klägerseite auch nach mit gerichtlicher Verfügung vom 16.06.2016 erteiltem gerichtlichen Hinweis nicht schlüssig vorgetragen. Eine Mahnung ist die dringliche und unmissverständliche Aufforderung an den Schuldner, die geschuldete Leistung zu erbringen. Eine solche Aufforderung ist dem Vortrag der Klägerseite ebenso wenig zu entnehmen, wie der … eingereichten Mängelliste, welche der Kläger vor Mandatierung seines Prozessbevollmächtigten an den Beklagten übermittelte. In Letzterer sind lediglich die vom Kläger an dem Fahrzeug festgestellten Mängel aufgelistet.
Hinweis: Die Berufung des Beklagten hatte Erfolg. Das LG Kiel hat die amtsgerichtliche Entscheidung mit Urteil vom 02.06.2020 – 1 S 93/18 – abgeändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
„Dem Kläger steht gegenüber dem Beklagten der geltend gemachte Schadensersatzanspruch in Höhe von Mängelbeseitigungskosten im Zusammenhang mit einem Gebrauchtwagenkauf nicht zu. Voraussetzung für den sich allein aus §§ 433 I, 434 I 2 Nr. 2, § 437 Nr. 3 Fall 1, §§ 280 I, III, 281 I BGB rechtfertigenden Schadensersatzanspruch ist das Vorliegen eines Sachmangels. Der Kläger hat nicht bewiesen, dass der gekaufte Gebrauchtwagen in Bezug auf die Xenon-Scheinwerfer sachmangelbehaftet war.
Mangels besonderer vertraglicher Vereinbarungen richtet sich die Frage der Mangelfreiheit nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB. Danach ist die Sache frei von Sachmängeln, wenn sie sich bei Gefahrübergang für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Dies zugrunde gelegt, hat der Kläger das Vorliegen eines Mangels nicht bewiesen. Dabei kommt ihm, weil es sich bei dem Kaufvertrag um einen sogenannten Verbrauchsgüterkauf im Sinne von § 474 I 1 BGB a.F. handelt, die Vermutungsregelung des § 476 BGB a.F. zugute. Danach wird bei einem Verbrauchsgüterkauf dann, wenn sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt, vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelbehaftet war, es sei denn, diese Vermutung ist mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar. Diese Regelung setzt allerdings einen binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang aufgetretenen Sachmangel voraus. Der Käufer hat danach darzulegen und im Bestreitensfall nachzuweisen, dass der sichtbar gewordene Mangel auf einer binnen sechs Monaten ab Gefahrübergang aufgetretenen Ursache beruht, die ihrerseits eine (weitere) vertragswidrige Beschaffenheit darstellt (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 = NJW 2017, 1093 Rn. 26 m. w. Nachw.). Wird ein vertragswidriger Zustand binnen sechs Monaten nach Gefahrübergang offenbar, wird vermutet, dass die Vertragswidrigkeit schon zur Zeit der Lieferung bestand (vgl. BGH, Urt. v. 12.10.2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 = NJW 2017, 1093 Rn. 33 m. w. Nachw.).
Der Zustand, wie der Sachverständige ihn in Bezug auf die Xenon-Scheinwerfer circa drei Jahre nach Gefahrübergang festgestellt hat, mag als technischer Mangel zu beschreiben sein. Nach der Zusammenfassung des eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachtens G vom 15. 9. 2017 sind die in beiden Scheinwerfern eingebauten Projektionslinsen aufgrund einer starken gelblich-braunen Eintrübung (durch einen von innen anhaftenden Belag) als mangelhaft anzusehen. Aufgrund der sich daraus ergebenden beeinträchtigten Verkehrssicherheit wäre dieser Umstand bei einer Hauptuntersuchung als „erheblicher Mangel“ einzustufen, so der Sachverständige in seiner Zusammenfassung weiter. Diese Zustandsbeschreibung stellt indes keinen „vertragswidrigen Zustand“ und damit keinen Mangel im Sinne der oben genannten Vorschrift dar. Die insoweit zu beurteilende Frage ist rechtlicher Natur und nicht eine Frage der Beweiswürdigung des Sachverständigengutachtens, sodass das Berufungsgericht nicht gehindert ist, die Frage anders als das Amtsgericht zu beurteilen. Der Kläger hat nicht bewiesen, dass in Bezug auf die Scheinwerfer innerhalb der ersten sechs Monate ab Übergabe eine vertragswidrige Beschaffenheit aufgetreten ist. Die Kammer geht nach dem Inhalt des Sachverständigengutachtens G davon aus, dass der Zustand der Xenon-Scheinwerfer auf einer besonderen Art des Verschleißes beruht. Von einem Qualitätsmangel des Produkts, von Konstruktions- oder von Montagefehlern war im Gutachten nicht die Rede. Der Sachverständige hat die eingeschränkte Beleuchtungsstärke vielmehr darauf zurückgeführt, dass die Xenon-Brenner ihre maximale Lebensdauer erreicht haben und deshalb auszutauschen waren, und dass die Projektionslinsen der eingebauten Scheinwerfer stark eingetrübt waren (S. 18 des Gutachtens). Das Erreichen der maximalen Lebensdauer des Brenners durch den Betrieb des Fahrzeugs weist auf einen alters- und damit verschleißbedingten Mangel hin. Auch die Linsentrübung ist als solcher technischer Defekt zu werten, da der Sachverständige das Vorhandensein einer Trübung als von der Betriebsdauer des Scheinwerfers abhängig darstellte, das heißt davon, wie oft das Fahrzeug mit eingeschaltetem Licht gefahren wurde.
Ob normaler Verschleiß vorliegt oder ein Sachmangel im Sinne des Gesetzes, beurteilt sich nach der oben genannten Vorschrift danach, ob die Kaufsache eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist. Diese Frage hat der Sachverständige nicht zugunsten des Klägers beantwortet. Zu der Frage, ob der Zustand der Scheinwerfer einem für das Fahrzeugalter und die Laufleistung normalen Zustand entspricht, hat der Sachverständige erklärt, dass sachverständigerseits keine klare Aussage getroffen werden kann, weil die Linsentrübung trotz gleichen Fahrzeugalters extrem unterschiedlich ausfalle, je nach dem, ob das Fahrzeug durch einen Rentner (seltene oder keine Fahrten bei Dunkelheit) oder durch einen Berufspendler betrieben wurde (Betrieb fast ausschließlich mit eingeschaltetem Licht morgens und abends).
Das Fahrzeug eignete sich für die gewöhnliche Verwendung und wies eine Beschaffenheit auf, die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Der Käufer eines gebrauchten, insbesondere älteren Pkw mit entsprechender Laufleistung, wie dem bei Verkauf annähernd acht Jahre alten Peugeot hier, muss die typischen Verschleißerscheinungen eines Fahrzeugs dieses Alters und dieser Laufleistung in Rechnung stellen und mit schon vorhandenen, jedoch noch nicht offenbar gewordenen Verschleißerscheinungen rechnen, die im weiteren Verlauf zur Funktionsunfähigkeit führen können, wenn das Verschleißteil nicht erneuert wird (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 01.10.2008 – I-18 U 1/08, BeckRS 2009, 86560). Auch wenn es sich bei Xenon-Scheinwerfern nicht um Fahrzeugteile handelt, die sich als austauschbedürftige Verschleißteile im direkten Blickfeld befinden wie die üblicherweise bekannten Verschleißteile (Kupplung und Bremsbeläge), muss sich der Käufer eines mit Xenonlicht ausgestatteten Pkw darauf verweisen lassen, dass er nach bestimmter Laufleistung des Fahrzeugs mit der Erneuerungsbedürftigkeit der Scheinwerfer rechnen muss. Denn es ist auf einen verobjektivierten Empfängerhorizont abzustellen.
Ist nach alledem vom Vorliegen eines Mangels nicht auszugehen, steht dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Die Klage war daher abzuweisen.“