- Der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Neuwagen – möglicherweise – anhaftet, ist i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig und rechtfertigt deshalb keinen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag. Denn das Fahrzeug kann mit geringem Kosten- und Zeitaufwand technisch so überarbeitet werden, dass darin keine unzulässigen Abschalteinrichtungen i. S. von Art. 5 II, 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 mehr zum Einsatz kommen. Diese Überarbeitung durch die Installation eines Softwareupdates und (hier) den Einbau eines Strömungsgleichrichters wirkt sich auf das Fahrzeug nicht negativ aus, insbesondere nicht auf seinen Kraftstoffverbrauch, seine CO2-Emissionen oder die Motorleistung.
- Die Beurteilung der Frage, ob die in der Lieferung einer mangelhaften Kaufsache liegende Pflichtverletzung des Verkäufers i. S. von § 323 V 2 BGB unerheblich ist und deshalb einen Rücktritt des Käufers vom Kaufvertrag nicht rechtfertigt, erfordert eine umfassende Interessenabwa?gung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls. Dabei ist zugunsten es Verkäufers eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – möglicherweise mangelhaften – Fahrzeugs zu berücksichtigen, dass der Käufer das Fahrzeug auch schon vor einer technischen Überarbeitung uneingeschränkt nutzen kann. Ein nicht unerheblicher Stellenwert muss außerdem dem Gesichtspunkt zukommen, dass die vielen vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeuge nur sukzessive nachgebessert werden können und ein Käufer deshalb möglicherweise länger darauf warten muss, dass sein Fahrzeug überarbeitet wird.
- Der Käufer muss darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass ein Mangel, auf den er Rechte stützt, bei Übergabe der Kaufsache (§ 434 I 1 BGB i. V. mit § 446 Satz 1 BGB) vorlag und trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist. Ebenso trägt der Käufer – und nicht der Verkäufer – die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Mangel nicht geringfügig ist und deshalb ein Rücktritt des Käufers nicht an § 323 V 2 BGB scheitert.
- Ein Kfz-Vertragshändler muss sich das Wissen des Fahrzeugherstellers nicht zurechnen lassen, da der Hersteller nicht Gehilfe des Händlers bei der Erfüllung von dessen Verkäuferpflichten ist. Der Käufer eines vom VW-Abgasskandal betroffenen – möglicherweise mangelhaften – Fahrzeugs kann deshalb nicht mit Erfolg geltend machen, er habe dem – mit dem Fahrzeughersteller nicht identischen – Verkäufer keine Frist zur Nacherfüllung gesetzt, weil ihn der Fahrzeughersteller arglistig getäuscht habe.
- Eine Frist von 14 Tagen zur Lieferung eines mangelfreien Neuwagens ist nicht angemessen i. S. von § 323 I BGB, sondern unangemessen kurz. Zwar wird durch das Setzen einer zu knapp bemessene Frist in der Regel eine angemessene Frist in Lauf gesetzt. Das gilt aber ausnahmsweise dann nicht, wenn der Käufer die Frist nur zum Schein gesetzt hat. Davon kann auszugehen sein, wenn der Käufer eines angeblich mangelhaften Neuwagens dem Verkäufer eine offensichtlich viel zu kurze Frist zur Lieferung eines mangelfreien Neufahrzeugs (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB) setzt, um so – missbräuchlich – die Voraussetzungen für einen offenbar von vornherein beabsichtigten Rücktritt vom Kaufvertrag zu schaffen.
OLG Koblenz, Beschluss vom 27.09.2017 – 2 U 4/17
(nachfolgend: OLG Koblenz, Beschluss vom 09.10.2017 – 2 U 4/17)
Sachverhalt: Der Kläger begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen neuen Pkw (Škoda Roomster 1.6 TDI Style), den er am 22.12.2014 mit der beklagten Škoda-Vertragshändlerin geschlossen hat.
Das in Rede stehende Fahrzeug, für das der Kläger 16.960,81 € gezahlt hat, ist mit einem EA189-Dieselmotor ausgestattet und deshalb vom VW-Abgasskandal betroffen: In dem Fahrzeug kommt eine Software – eine Abschalteinrichtung – zum Einsatz, die während eines Emissionstests auf einem Prüfstand gezielt einen Betriebsmodus aktiviert, in dem insbesondere die Stickoxid(NOX)-Emissionen niedriger sind beim realen Betrieb des Fahrzeugs im Straßenverkehr.
Der Kläger sieht darin einen Mangel. Mit Schreiben seines jetzigen Prozessbevollmächtigten vom 03.12.2015 forderte er die Beklagte deshalb zur Nacherfüllung durch Lieferung eines mangelfreien Fahrzeugs (§§ 437 Nr. 1, 439 I Fall 2 BGB) auf. Hierfür setzte er der Beklagten eine Frist bis zum 18.12.2015. Die Beklagte teilte unter dem 04.12.2015 mit, dass das Fahrzeug des Klägers nach Mitteilung des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 15.10.2015 weiterhin uneingeschränkt im Straßenverkehr nutzbar sei. Die Herstellerin des Motors, die Volkswagen AG, habe dem Kraftfahrt-Bundesamt am 07.10.2015 einen Maßnahmenplan vorgelegt habe, der die Entwicklung der notwendigen technischen Lösungen vorsehe. Gleichzeitig verzichtete die Beklagte bis zum 31.12.2016 darauf, im Hinblick auf etwaige Mängelrechte des Klägers wegen der den Schadstoffausstoß manipulierenden Software die Einrede der Verjährung zu erheben.
Daraufhin erklärte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 11.12.2015 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Mit seiner Klage hat der Kläger die Rückzahlung des Kaufpreises und den Ersatz außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt; außerdem hat er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte mit der Rücknahme des streitgegenständlichen Fahrzeugs in Annahmeverzug sei. Zur Begründung hat der geltend gemacht, eine Nachbesserung seines Fahrzeugs durch die Installation eines Softwareupdates sei technisch nicht möglich. Vielmehr führe das Update zu einem höheren Kraftstoffverbrauch und Leistungseinbußen; außerdem bleibe trotz des Updates der Wiederverkaufswert seines Fahrzeugs vermindert.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen (LG Mainz, Urt. v. 05.12.2016 – 9 O 17/16). Zur Begründung hat es ausgeführt, letztlich könne dahinstehen, ob die Abschalteinrichtung, die im Fahrzeug des Klägers zum Einsatz komme, einen Sachmangel darstelle. Denn jedenfalls sei ein etwaiger Sachmangel unerheblich i. S. des § 323 V 2 BGB. Bei der im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung durchzuführenden Interessenabwägung sei im Falle behebbarer Mängel maßgeblich auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen. Hier könne der Mangel durch eine einfache technische Überarbeitung (Softwareupdate, Montage eines Strömungsgleichrichters) mit geringem finanziellem und zeitlichem Aufwand beseitigt werden. Bis zur Umrüstung sei die Nutzung des Fahrzeugs uneingeschränkt möglich; insbesondere seien im Hinblick auf den vom Kraftfahrt-Bundesamt akzeptierten Maßnahmenplan der Volkswagen AG weder ein Entzug der Zulassung noch Konsequenzen für die Feinstaubplakette zu befürchten. Die Behauptungen des Klägers zu den mit der Umrüstung angeblich verbundenen Nachteilen seien erkennbar ins Blaue hinein aufgestellt; der Vortrag zu dem wegen der Abschalteinrichtung angeblich niedrigeren Wiederverkaufswert sei unsubstanziiert.
Außerdem habe der Kläger der Beklagten keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt, obwohl eine Fristsetzung nicht entbehrlich gewesen sei. Bei der Beurteilung der Angemessenheit sei auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Der Beklagten sei zuzubilligen, die Mangelbeseitigung gemäß dem vom VW-Konzern mit dem Kraftfahrt-Bundesamt abgestimmten Maßnahmenplan vorzunehmen. Zwar werde dem Kläger hierdurch ein ungewöhnlich langes Zuwarten zugemutet, wobei jedoch zu berücksichtigen sei, dass es sich bei der in Rede stehenden Problematik um ein Massenphänomen handele, sodass eine Mangelbeseitigung naturgemäß nur schrittweise erfolgen könne und daher zwangsläufig einen längeren Zeitraum in Anspruch nehme. Dies sei für den Kläger nicht mit konkret spürbaren negativen Folgen verbunden und daher nicht unzumutbar.
Auf einen wirksamen Rücktritt wegen sonstiger – vom Vorliegen der Abschalteinrichtung unabhängiger – Mängel könne der Kläger seine Klage nicht mit Erfolg stützen, weil es insoweit an einer Fristsetzung zur Nacherfüllung fehle.
Das OLG Koblenz hat darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, die Berufung des Klägers gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen.
Aus den Gründen: II. Der Senat beabsichtigt nach vorläufiger Beratung, die Berufung gemäß § 522 II ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Nach § 513 I ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Diese Voraussetzungen sind nicht dargelegt. Den gegen die Abweisung der Klage gerichteten Berufungsangriffen des Klägers bleibt der erwünschte Erfolg versagt.
Es kann dahinstehen, ob das vom Kläger gekaufte Neufahrzeug im Hinblick auf die darin verwendete Motorsteuerungssoftware, die das Kraftfahrt-Bundesamt aufgrund der von VW zur Verfügung gestellten Informationen als unzulässige Abschalteinrichtung i. S. von Art. 5 II, 3 Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 gewertet hat (vgl. Deutscher Bundestag – Wissenschaftliche Dienste, Überblick über rechtliche Vorgaben im Zusammenhang mit dem Rückruf von Kraftfahrzeugen durch das Kraftfahrt-Bundesamt, S. 4 m. w. Nachw.), mit einem Sachmangel i. S. von § 434 I BGB behaftet ist (dafür – ohne nähere Begründung – OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 6; offengelassen von OLG Hamm, Beschl. v. 05.01.2017 – 28 U 201/16, juris Rn. 33).
Die Voraussetzungen eines Anspruchs des Klägers auf Rückzahlung des Kaufpreises gemäß §§ 434 I, 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I, 346, 348 BGB sind auch bei Unterstellung eines Sachmangels aus den vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründen nicht gegeben. Damit ist auch dem Begehren des Klägers auf Erstattung der geltend gemachten Nebenforderungen und auf Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten die Grundlage entzogen.
1. Das dem Kläger im Falle eines Mangels grundsätzlich zustehende Rücktrittsrecht gemäß §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 440, 323 BGB ist hier nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, weil die in der – zugunsten des Klägers unterstellten – Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung unerheblich ist.
a) Nach der Rechtsprechung des BGH, der der Senat folgt, erfordert die Beurteilung der Frage, ob eine Pflichtverletzung unerheblich im genannten Sinne ist, eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls, wobei auf den Zeitpunkt der Rücktrittserklärung des Käufers und bei behebbaren Mängeln grundsätzlich auf die Kosten der Mängelbeseitigung abzustellen ist. Von der Geringfügigkeit eines behebbaren Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung ist in der Regel auszugehen, wenn die Kosten der Mangelbeseitigung im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind. Diese Erheblichkeitsschwelle des § 323 V 2 BGB wird erst bei einem Mängelbeseitigungsaufwand überschritten, der mehr als fünf Prozent des Kaufpreises beträgt (vgl. zu allem BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 18 ff., 30 m. zahlreichen w. Nachw.). Bei behebbaren Sachmängeln unterhalb der genannten Schwelle ist es dem Käufer in der Regel zuzumuten, am Vertrag festzuhalten und sich – nach erfolglosem Nachbesserungsverlangen – mit einer Minderung des Kaufpreises oder mit der Geltendmachung des kleinen Schadensersatzes zu begnügen (vgl. BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13, BGHZ 201, 290 Rn. 38).
Letzteres ist hier nach der vom Landgericht vorgenommenen umfassenden Interessenabwägung, die sämtliche Umstände des vorliegenden Einzelfalls berücksichtigt und die der Senat teilt, der Fall.
b) Zu Recht ist das Landgericht im rechtlichen Ansatz davon ausgegangen, dass es sich vorliegend zum maßgeblichen Zeitpunkt der Rücktrittserklärung um einen behebbaren Mangel im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung handelte, auch wenn die behördliche Genehmigung der von Volkswagen als Hersteller des Motors vorgesehenen Mangelbeseitigungsmaßnahmen in diesem Zeitpunkt noch ausstand.
Nach der Rechtsprechung des BGH ist es zwar regelmäßig als erheblicher Mangel einzustufen, wenn die Ursache der Fehlfunktion eines Motors trotz mehrerer vorausgegangener Reparaturversuche noch nicht ermittelt (BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, juris Rn. 18), die Mangelursache im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung mithin ungeklärt ist (vgl. BGH, Urt. v. 29.06.2011 – VIII ZR 202/10, juris Rn. 21).
Damit ist die vorliegende Sachlage indes nicht vergleichbar. Unter dem 04.12.2015 hatte die Beklagte bereits mitgeteilt, dass „Fahrzeuge mit den Dieselmotoren des Typs EA189 nach Abstimmung mit dem Kraftfahrt-Bundesamt für Ihren Mandanten kostenfrei eine technische Lösung erhalten“ und Volkswagen dem Kraftfahrt-Bundesamt am 07.10.2015 einen Maßnahmenplan vorgelegt habe, der die Entwicklung der notwendigen technischen Lösungen vorsehe. Der Kläger konnte im Zeitpunkt seines mit Anwaltsschreiben vom 11.12.2015 erklärten Rücktritts mithin davon ausgehen, dass er kostenfrei eine technische Lösung erhalten werde, die dem von ihm gerügten Mangel der Motorsteuerungssoftware Abhilfe verschaffen würde.
c) Zu Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass der genannte Mangel, auf den – allein – der Kläger seinen Rücktritt der Beklagten gegenüber gestützt hat, durch eine einfache technische Überarbeitung in Form eines Softwareupdates und eines zusätzlichen Bauteils in Form eines Strömungsgleichrichters mit geringem finanziellem Aufwand beseitigt werden kann.
Dies steht zur Überzeugung des Senats (§ 286 I ZPO) – von anderen allgemein- und gerichtskundigen Informationen aus öffentlich zugänglichen Quellen, auf die sich auch der Kläger stets berufen hat, ganz abgesehen – jedenfalls aufgrund des … vorgelegten Schreibens der Volkswagen AG vom 05.05.2017 fest, in dem diese gegenüber den deutschen Behörden die Škoda-Motoren der Baureihe EA189 betreffend nach ausführlichen Tests bestätigt hat, dass die von Škoda vorgeschlagenen technischen Maßnahmen auch den hier betroffenen 1,6-Liter-Motor wieder in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 … bringen. Nach diesem Schreiben, dessen von der Beklagten in Bezug genommenen Inhalt der Kläger nicht entgegengetreten ist (§ 138 III ZPO), stellt das getestete Programm die Übereinstimmung im Hinblick auf (NOX-)Schadstoffausstoß, Kraftstoffverbrauch, Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß, Motorgeräusch und Motorleistung her.
Damit steht zugleich fest, dass die vom Kläger – indes ohne jegliche tatsächliche Anhaltspunkte – behaupteten angeblichen Nebeneffekte der Umrüstung nicht eintreten werden. Gleiches hat die Beklagte bereits erstinstanzlich im Schriftsatz vom 29.06.2016 dargelegt unter Hinweis auf verschiedene Motoren der Baureihe EA189 betreffende Bescheide des Kraftfahrt-Bundesamtes, mit denen die technische Überarbeitung der Motoren freigegeben und zugleich bestätigt wurde, dass die Umsetzung der technischen Maßnahmen zu keinerlei negativen Auswirkungen auf Kraftstoffverbrauchswerte, CO2-Emissionswerte, Motorleistung, Drehmoment und Geräuschimmissionen geführt hat.
Der Senat vermag vor diesem Hintergrund die Auffassung des Klägers nicht nachzuvollziehen, es stehe nicht fest, dass eine erfolgreiche Nachbesserung möglich sei. Dies gilt umso mehr, als das Kraftfahrt-Bundesamt – unbestritten – nunmehr auch für den hier konkret betroffenen Motortyp des klägerischen Fahrzeugs die durch die Herstellerin vorgesehenen technischen Maßnahmen genehmigt hat. Die abweichenden Behauptungen des Klägers erweisen sich vor diesem Hintergrund als „ins Blaue hinein“ aufgestellt, weshalb die mit der Berufung als rechtsfehlerhaft unterlassene Einholung eines Sachverständigengutachtens als unzulässiger Ausforschungsbeweis zu unterbleiben hat (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 01.04.2014 – XI ZR 171/12, juris Rn. 15 m. w. Nachw.).
d) Soweit der Kläger die Annahme hier nach dem angefochtenen Urteil in Rede stehender Mängelbeseitigungskosten „in Höhe von maximal circa 100 €“ rügt, führt er im Weiteren selbst aus, dass es hierauf nicht ankomme, macht eine entsprechende Berufungsrüge mithin offensichtlich nicht ernstlich geltend.
Die Aussage des Klägers ist indes auch insoweit zutreffend, als es entgegen seiner Annahme nicht Sache der Beklagten ist, die für die Unerheblichkeit der Pflichtverletzung maßgeblichen Tatsachen vorzutragen und/oder zu beweisen. Nach der gesetzlichen Systematik ist vielmehr der Käufer beweisbelastet dafür, dass ein Mangel bei Übergabe der Kaufsache (§ 434 I 1 BGB i. V. mit § 446 Satz 1 BGB) vorlag und dieser trotz Nachbesserungsversuchen des Verkäufers weiter vorhanden ist (BGH, Urt. v. 09.03.2011 – VIII ZR 266/09, juris Rn. 11). Die aus § 363 BGB folgende Beweislastverteilung gilt gleichermaßen für die Frage, ob eine in der nach dem Vorbringen des Käufers nicht vertragsgemäß bewirkten Leistung liegende Pflichtverletzung erheblich und der Anspruch nicht kraft Gesetzes nach § 323 V 2 BGB ausgeschlossen ist. Dass der Mängelbeseitigungsaufwand vorliegend fünf Prozent des Kaufpreises von 16.960,81 € überschreitet – das wären vorliegend 848,04 € – hat der für das Nichtvorliegen des gesetzlichen Ausschlusstatbestands mithin darlegungs- und beweispflichtige Kläger indes weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt.
e) Die vom Landgericht bei der Beurteilung der Unerheblichkeit der Pflichtverletzung vorgenommene Interessenabwägung hält der rechtlichen Nachprüfung durch den Senat auch im Übrigen stand.
Insbesondere trifft die Behauptung der Berufungsbegründung nicht zu, dass das Erstgericht „völlig unbeachtet“ gelassen habe, „ob und inwieweit ein merkantiler Minderwert sich an dem streitbefangenen Fahrzeug realisieren wird“, worauf das Urteil beruhe. Das Landgericht hat den Vortrag des Klägers entgegen seiner Darstellung nicht als „völlig unerheblich angesehen“, sondern seinen Vortrag zu einem infolge der Abschalteinrichtung angeblich niedrigeren Wiederverkaufswert mit für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbarer Begründung vielmehr als unsubstanziiert erachtet. Die dahin erhobene Berufungsrüge des Klägers greift mithin nicht durch.
Angesichts der vom Landgericht weiter zutreffend angestellten Erwägungen – dass ein Maßnahmenplan der Motorherstellerin für die Umrüstung der betroffenen Fahrzeuge vorgesehen ist, der Kläger bis zur Umrüstung sein Fahrzeug uneingeschränkt nutzen kann, insbesondere seitens des Kraftfahrt-Bundesamtes bis zur Umrüstung weder ein Entzug der Zulassung noch Konsequenzen für die Feinstaubplakette zu befürchten sind –, die mit der Berufung nicht angegriffen werden, scheitert „der Einwand der möglichen Mangelbeseitigung“ – bei dem es sich im vorliegenden Zusammenhang in Wahrheit um lediglich einen Gesichtspunkt im Rahmen der Interessenabwägung handelt – auch nicht „bereits daran, dass dem Kläger überhaupt kein Zeitpunkt in Aussicht gestellt wurde, zu dem eine Mangelbeseitigung hätte erfolgen sollen“.
Das Landgericht hat bei seiner Abwägung berücksichtigt, dass seinerzeit ein genauer Zeitpunkt für die technische Überarbeitung des Fahrzeugs noch nicht feststand. Es hat auch – zutreffend – gesehen und (wenn auch in anderem Zusammenhang) näher dargelegt, dass dem Kläger hierdurch zwar ein ungewöhnlich langes Zuwarten zugemutet wird, das jedoch für den Kläger nicht mit konkret spürbaren negativen Folgen verbunden und daher nicht unzumutbar ist. Aufseiten der Beklagten ist bei der gebotenen umfassenden Interessenabwägung nämlich – wie vom Landgericht im Zusammenhang mit der hier nicht streitentscheidenden Frage einer angemessenen Nachfrist ausgeführt – zu berücksichtigen, dass bei den 2,4 Millionen von der durch das Kraftfahrt-Bundesamt geforderten Umrüstung betroffenen Fahrzeugen eine Mangelbeseitigung in der Tat „naturgemäß nur schrittweise erfolgen“ kann und diese daher „zwangsläufig einen längeren Zeitraum in Anspruch“ nimmt.
Diesem Gesichtspunkt, dem bei der Interessenabwägung ein nicht unerheblicher Stellenwert zukommen muss, steht nicht entgegen – wie die Berufung meint –, „dass die Hersteller durch unredliches und strafbares Verhalten eine Situation erzeugen, die letztendlich auf dem Rücken der Käufer und Verbraucher ausgetragen werden soll“. Ein solches Verhalten des Herstellers muss sich die Beklagte im Streitfall, wie unten (unter II 2 b) dargelegt, nicht zurechnen lassen.
Einen Rechtsfehler bei der Einstellung der für die Interessenabwägung zugrunde zu legenden Gesichtspunkte hat der Kläger damit nicht aufzuzeigen vermocht.
2. Der Senat folgt dem Landgericht jedenfalls im Ergebnis auch dahin, dass ein wirksamer Rücktritt des Klägers im vorliegenden Einzelfall auch daran scheitert, dass er der Beklagten keine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt hat (§ 323 I BGB).
a) Das Nacherfüllungsverlangen war nicht entbehrlich, da keine objektive Unmöglichkeit der Nacherfüllung gemäß § 326 V BGB, § 275 I BGB vorlag. Auch ein Fall der vorübergehenden objektiven, der endgültigen Unmöglichkeit gleichzusetzenden Unmöglichkeit, die das Erreichen des Vertragszwecks infrage gestellt und ein Festhalten am Vertrag zum Zeitpunkt des Eintritts des Hindernisses unzumutbar gemacht hätte (vgl. BGH, Urt. v. 11.03.1982 – VII ZR 357/80, BGHZ 83, 197 [200 f.]), liegt hier jedenfalls im Hinblick auf die fehlende Funktionsbeeinträchtigung des Fahrzeugs und die vonseiten des Kraftfahrt-Bundesamtes und der Herstellerin gemäß dem bereits im Rücktrittszeitpunkt von der Beklagten angesprochenen Maßnahmenplan zeitnah angestrebte Nachbesserungslösung nicht vor.
b) Ein Nacherfüllungsverlangen war auch nicht aufgrund einer Unzumutbarkeit der Nachbesserung gemäß § 440 Satz 1 Fall 3 BGB wegen eines der Beklagten zuzurechnenden arglistigen Verhaltens entbehrlich.
Hat der Verkäufer beim Abschluss eines Kaufvertrags eine Täuschungshandlung begangen, so ist in der Regel davon auszugehen, dass die für eine Nacherfüllung erforderliche Vertrauensgrundlage beschädigt ist. Dies gilt insbesondere, aber nicht nur dann, wenn die Nacherfüllung durch den Verkäufer selbst oder unter dessen Anleitung im Wege der Mängelbeseitigung erfolgen soll (BGH, Beschl. v. 08.12.2006 – V ZR 249/05, juris Rn. 13).
Ein arglistiges Verhalten der Beklagten ist vorliegend nicht feststellbar. Dass bei bestimmten Diesel-Kraftfahrzeugen des Volkswagen-Konzerns die Motorsteuerung mittels einer speziellen Software gezielt manipuliert worden war, wurde erst im September 2015 bekannt (Deutscher Bundestag – Wissenschaftliche Dienste, Überblick über rechtliche Vorgaben im Zusammenhang mit dem Rückruf von Kraftfahrzeugen durch das Kraftfahrt-Bundesamt, S. 4 m. w. Nachw.). Davon, dass die Beklagte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (22.12.2014) Kenntnis von der Manipulation der Motorsteuerung gehabt hätte, kann daher nicht ausgegangen werden.
Entgegen der Auffassung des Klägers muss sich der Vertragshändler das Wissen der Herstellerin nicht zurechnen lassen (OLG Hamm, Beschl. v. 05.01.2017 – 28 U 201/16, juris Rn. 34; OLG Celle, Beschl. v. 30.06.2016 – 7 W 26/16, juris Rn. 8), weil diese nach gefestigter Rechtsprechung nicht ihre Erfüllungsgehilfin bei der Erfüllung der Pflicht zu mangelfreier Lieferung ist (BGH, Urt. v. 02.04.2014 – VIII ZR 46/13, NJW 2014, 2183 Rn. 31 m. w. Nachw., s. auch Reinking/Eggert, Der Autokauf, 13. Aufl., Rn. 1247).
c) Die vom Kläger zunächst mit Anwaltsschreiben vom 03.12.2015 gesetzte Frist zur Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs bis 18.12.2015 war unangemessen kurz.
Bei der Bestimmung der Angemessenheit einer Frist ist eine Interessenabwägung der Parteien vorzunehmen. Die vom Gesetz geforderte Nachfrist soll den Schuldner in die Lage versetzen, eine bereits in Angriff genommene Leistung zu vollenden. Welche Zeitspanne dafür angemessen ist, bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Durch eine zu knapp bemessene Nachfrist wird in der Regel eine angemessene Frist in Lauf gesetzt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise aber dann, wenn der Gläubiger die Nachfrist nur zum Schein gesetzt oder zu erkennen gegeben hat, dass er die Leistung keinesfalls annehmen werde, selbst wenn sie innerhalb einer angemessenen Frist erbracht werden sollte (zu allem BGH, Urt. v. 21.06.1985 – V ZR 134/84, juris Rn. 21 ff.).
Vorliegend stand der Vollendung der „bereits in Angriff genommenen Leistung“ – Lieferung eines vertraglich näher spezifizierten Neufahrzeugs – lediglich die Beseitigung der durch die verwendete Software der Motorsteuerung verursachten Auswirkungen entgegen. Dass die Beklagte indes nicht – wie vom Kläger verlangt – innerhalb von 14 Tagen ein Neufahrzeug „wie es im ursprünglichen Kaufvertrag ausgewiesen ist und an ihn veräußert wurde“ zu beschaffen und zu liefern imstande sein konnte, liegt angesichts der im Kaufvertrag vereinbarten näheren Spezifikationen einerseits und der bekanntermaßen bei mehreren Monaten liegenden Lieferzeit eines bestellten Neufahrzeugs andererseits so auf der Hand, dass die auf wenige Tage bemessene – offensichtlich viel zu kurze – Nachfrist erkennbar von vornherein nur zum Schein gesetzt wurde.
Der Kläger hat im ersten Schreiben an die Beklagte vom 03.12.2015 selbst ausgeführt, dass er die Wahl zwischen Mangelbeseitigung und Nachlieferung habe und die Nachlieferung wähle. Dies konnte in Kenntnis der offensichtlichen Unmöglichkeit der begehrten Nachlieferung ersichtlich nur dem – missbräuchlichen – Zweck dienen, die Voraussetzungen eines Rücktrittsrechts zu schaffen (vgl. Palandt/Grüneberg, BGB, 76. Aufl., § 323 Rn. 14) und das mit Kaufvertrag vom 22.12.2014, mithin fast ein Jahr zuvor, erworbene Fahrzeug zurückzugeben, ohne dabei den Wert der Nutzung des Wagens nach § 346 I, II 1 Nr. 1 BGB (vgl. hierzu Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 3574) in Anrechnung zu bringen. Dafür spricht auch der Umstand, dass der Kläger bereits wenige Tage nach seiner Aufforderung zur – vorgeblich begehrten – Nachlieferung mit Schreiben vom 11.12.2015 bereits den – nach den genannten Umständen offenbar von vornherein beabsichtigten – Rücktritt vom Vertrag erklärt und dabei die Rückerstattung des vollen Kaufpreises verlangt hat. Dass der Kläger sich schlechterdings, auf die im September 2015 bekannt gewordene „Diesel-Affäre“ gestützt, vom Kaufvertrag vertragsreuig lösen wollte liegt daher für den Senat auf der Hand. Die Ausübung des Rücktritts rechts wäre daher jedenfalls treuwidrig und gemäß § 242 BGB ausgeschlossen (Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 323 Rn. 33 m. w. Nachw.).
3. Auf andere Umstände als die vorstehend erörterte „Abschalteinrichtung“ hat der Kläger seinen Rücktritt vom 11.12.2015 nicht gestützt. Soweit er solche Umstände im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemacht haben will, fehlt es einem berechtigten Rücktrittsverlangen insoweit mithin jedenfalls – wie das Landgericht zu Recht bereits ausgeführt hat – an der gemäß § 323 I BGB erforderlichen Nachfristsetzung der Beklagten gegenüber. …
Hinweise: Die Auffassung des OLG Koblenz, der Käufer müsse darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass der Mangel, auf den er seinen Rücktritt vom Kaufvertrag stützt, nicht i. S. von § 323 V 2 BGB geringfügig sei, steht nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des BGH. Danach trägt der Verkäufer die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass ein Mangel geringfügig i. S. des § 323 V 2 BGB ist und den Käufer deshalb nicht zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt. Dies – so der BGH – ergebe sich schon daraus, dass das Gesetz den Ausschluss des Rücktrittsrechts bei einem nur unerheblichen Mangel als Ausnahme formuliere (s. BGH, Urt. v. 18.10.2017 – VIII ZR 242/16 Rn. 11 m. w. Nachw.). – Nach Zurücknahme der Berufung hat das OLG Koblenz durch Beschluss vom 09.10.2017 – 2 U 4/17 – ausgesprochen, dass die Zurücknahme den Verlust des Rechtsmittels zur Folge habe und der Berufungskläger die Kosten des Berufungsverfahrens tragen müsse (§ 516 III ZPO).