Art. 5 I und Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es erlaubt, dass die Verjährungsfrist für die Klage eines Verbrauchers eine kürzere Dauer als zwei Jahre ab Lieferung des Gutes beträgt, wenn dieser Mitgliedstaat von der in der zweiten dieser Bestimmungen der Richtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, und wenn der Verkäufer und der Verbraucher für das betreffende gebrauchte Gut eine Haftungsfrist des Verkäufers vereinbart haben, die kürzer als zwei Jahre, nämlich ein Jahr, ist.
EuGH (Fünfte Kammer), Urteil vom 13.07.2017 – C-133/16 (Ferenschild/JPC Motor SA)
Das vorliegende Urteil betrifft die Auslegung von Art. 5 I und Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.05.1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. 1999 L 171, 12). Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Christian Ferenschild und der JPC Motor SA, in dem Herr Ferenschild von der JPC Motor SA unter anderem den Ersatz des Schadens fordert, den er aufgrund der Vertragswidrigkeit eines von der JPC Motor SA erworbenen Fahrzeugs erlittenen hat.
Sachverhalt: Am 21.09.2010 erwarb Herr Ferenschild, ein niederländischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Belgien, von der JPC Motor SA ein Gebrauchtfahrzeug zum Preis von 14.000 €.
Die Zulassung dieses Fahrzeugs wurde am 22.09.2010 von der Abteilung für Fahrzeugzulassung (Belgien) verweigert, weil der Pkw im Schengener Informationssystem (SIS) als gestohlen gemeldet war. Somit wurde eine Vertragswidrigkeit des Fahrzeugs festgestellt.
Am 07.10.2010 wies der Versicherer, bei dem Herr Ferenschild eine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen hatte, die JPC Motor SA auf diese Vertragswidrigkeit hin. Der Versicherer berief sich mit der Begründung, dass das Fahrzeug einen versteckten Funktionsmangel aufweise, auf eine Haftung des Verkäufers und forderte ihn auf, das Fahrzeug zurückzunehmen und den Kaufpreis vorbehaltlich etwaiger zwischen dem Zeitpunkt des Verkaufs und dem künftigen Zeitpunkt der Aufhebung dieses Verkaufs entstandener Kosten oder erlittener Verluste zurückzuzahlen.
Nachforschungen der JPC Motor SA ergaben, dass die Fahrzeugpapiere – und nicht das Fahrzeug selbst – gestohlen worden waren, um ein ähnliches, aus einer Straftat stammendes Auto in Italien zu „verbergen“. Somit konnte das von Herrn Ferenschild erworbene Fahrzeug am 07.01.2011 von der Abteilung für Fahrzeugzulassung ordnungsgemäß zugelassen werden.
Am 21.10.2011 forderte der Rechtsbeistand von Herrn Ferenschild die JPC Motor SA zum Ersatz der Schäden auf, die seinem Mandanten aufgrund der Vertragswidrigkeit des Fahrzeugs entstanden seien. Nachdem die JPC Motor SA die Schadensersatzforderung unter Berufung auf ihre verspätete Geltendmachung bestritten hatte, erhob Herr Ferenschild am 12.03.2012 beim Tribunal de commerce de Mons (Handelsgericht Mons, Belgien) Klage auf Ersatz der aufgrund der Vertragswidrigkeit des in Rede stehenden Fahrzeugs erlittenen Schäden. Er verlangte – nebst Verzugs- und Prozesszinsen seit dem 07.10.2010 – die Erstattung der Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs und der aufgewendeten Verwaltungskosten sowie eine Minderung des Kaufpreises für den Wertverlust des erworbenen Fahrzeugs.
Mit Urteil vom 09.01.2014 wies das Tribunal de commerce de Mons (Handelsgericht Mons, Belgien) die Klage von Herrn Ferenschild ab. Am 03.04.2014 legte Herr Ferenschild bei der Cour d’appel de Mons (Appellationsgericht Mons, Belgien) Berufung gegen dieses Urteil ein. Am 08.06.2015 entschied die Cour d’appel de Mons (Appellationsgericht Mons, Belgien), dass das verkaufte Fahrzeug vertragswidrig i. S. der Art. 1649bis ff. des Zivilgesetzbuchs gewesen, die Vertragswidrigkeit aber durch die Zulassung des Fahrzeugs aufgelöst worden sei. Dennoch wurde von Amts wegen die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung beschlossen, um den Parteien Gelegenheit zu geben, unter anderem zur Verjährung der Klageforderung Stellung zu nehmen.
Zur Verjährung der Klageforderung führt das vorlegende Gericht erstens aus, dass zwischen der „Garantiefrist“ und der „Verjährungsfrist“ zu unterscheiden sei. Hierzu präzisiert es zum einen, dass die in Art. 1649quater § 1 des Zivilgesetzbuchs vorgesehene Garantiefrist zwei Jahre ab Lieferung des Gutes betrage. Diese Frist könne nach Unterabsatz 3 dieser Bestimmung durch eine Vereinbarung der Parteien des Kaufvertrags für gebrauchte Güter auf eine Mindestdauer von einem Jahr verkürzt werden. Die Parteien des Ausgangsverfahrens hätten von dieser Möglichkeit zur Verkürzung der Garantiefrist auf ein Jahr Gebrauch gemacht. Zum anderen betrage die in Art. 1649quater § 3 des Zivilgesetzbuchs vorgesehene Verjährungsfrist ein Jahr ab dem Tag, an dem die Vertragswidrigkeit vom Verbraucher festgestellt worden sei, wobei diese Frist nicht vor dem Ende der in § 1 dieses Artikels vorgesehenen zweijährigen Frist ablaufen dürfe. Das vorlegende Gericht stellt zweitens fest, dass die Klage im vorliegenden Fall am 12.03.2012 eingereicht worden sei, mithin mehr als ein Jahr nach der Lieferung des in Rede stehenden Fahrzeugs am 21.09.2010 und der Feststellung der Vertragswidrigkeit dieses Fahrzeugs am 22.09.2010. In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage der Auslegung von Art. 1649quater § 3 des Zivilgesetzbuchs zur Verjährungsfrist in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in der die Garantiefrist per Vereinbarung auf die Dauer von einem Jahr verkürzt worden sei. Genauer gesagt möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die in dieser Bestimmung genannte Verjährungsfrist in einer solchen Situation bis zum Ablauf der in Art. 1649quater § 1 vorgesehenen zweijährigen Garantiefrist verlängert werden muss.
Hierzu macht JPC Motor SA unter anderem geltend, dass die Verlängerung der Verjährungsfrist bis zum Ablauf der zweijährigen Frist in Anbetracht des Gesetzeszwecks von Art. 1649quater § 3 des Zivilgesetzbuchs – der vermeiden solle, dass die Ansprüche eines Verbrauchers vor Ablauf der Garantiefrist verjährten – dann nicht gerechtfertigt sei, wenn die Garantiefrist zulässigerweise auf die Dauer von einem Jahr verkürzt worden sei. In einer solchen Situation sei diese Bestimmung dahin auszulegen, dass die Verjährungsfrist für eine gerichtliche Klage, die vom Verbraucher erhoben werden könne, vor dem Ende der zweijährigen Frist ab der Lieferung des gebrauchten Gutes ablaufen könne. Herr Ferenschild beruft sich seinerseits insbesondere darauf, dass Art. 5 I sowie Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG den Mitgliedstaaten nicht erlaube, für die Klage eines Verbrauchers bezogen auf den Verkauf eines gebrauchten Gutes eine kürzere Verjährungsfrist als zwei Jahre ab Lieferung des Gutes vorzusehen.
Das vorlegende Gericht gibt zu bedenken, Art. 1649quater § 3 des Zivilgesetzbuchs könnte dahin ausgelegt werden, dass die Verjährungsfrist für die Klage des Verbrauchers vor dem Ende der zweijährigen Frist nach Lieferung des gebrauchten Gutes ablaufe. Daher stelle sich die Frage der Vereinbarkeit der Bestimmungen des belgischen Rechts mit der Richtlinie 1999/44/EG und insbesondere deren Art. 5 I sowie Art. 7 I Unterabsatz 2. Unter diesen Umständen hat die Cour d’appel de Mons (Appellationsgericht Mons, Belgien) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:
Ist Art. 5 I i. V. mit Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG dahin auszulegen, dass er einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht, die dahin ausgelegt wird, dass sie es bei gebrauchten Gütern zulässt, dass die Verjährungsfrist für die Ansprüche des Verbrauchers vor dem Ende der Frist von zwei Jahren nach der Lieferung des vertragswidrigen Verbrauchsguts abläuft, wenn der Verkäufer und der Verbraucher eine Garantiefrist von weniger als zwei Jahren vereinbart haben?
Der EuGH hat diese Frage wie aus dem Leitsatz ersichtlich beantwortet.
Aus den Gründen: [32] Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 5 I und Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es erlaubt, dass die Verjährungsfrist für die Klage eines Verbrauchers weniger als zwei Jahre ab Lieferung des Gutes beträgt, wenn dieser Mitgliedstaat von der in der zweiten dieser Bestimmungen der Richtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat und Verkäufer und Verbraucher für das betreffende gebrauchte Gut eine Haftungsdauer des Verkäufers vereinbart haben, die kürzer als zwei Jahre, nämlich ein Jahr, ist.
[33] Um dem vorlegenden Gericht eine sachgerechte Antwort zu geben, ist erstens darauf hinzuweisen, dass nach Art. 5 („Fristen“) Abs. 1 der Richtlinie 1999/44/EG zwischen zwei Arten von Fristen zu unterscheiden ist, von denen jede eine unterschiedliche Zielsetzung verfolgt.
[34] Es handelt sich zum einen um die in Art. 5 I 1 dieser Richtlinie genannte Frist, das heißt die Haftungsdauer des Verkäufers, die sich auf den Zeitraum bezieht, in dem das Auftreten einer Vertragswidrigkeit des in Rede stehenden Gutes die in Art. 3 der Richtlinie vorgesehene Haftung des Verkäufers auslöst und somit zur Entstehung der Rechte führt, die dieser zuletzt genannte Artikel zugunsten des Verbrauchers vorsieht. Diese Haftungsdauer des Verkäufers beträgt grundsätzlich zwei Jahre ab Lieferung des Gutes.
[35] Zum anderen handelt es sich bei der Frist, auf die sich Art. 5 I 2 der Richtlinie bezieht, um eine Verjährungsfrist, die dem Zeitraum entspricht, in dem der Verbraucher seine Rechte, die während der Haftungsdauer des Verkäufers entstanden sind, tatsächlich gegenüber diesem ausüben kann.
[36] Zweitens überlässt es Art. 5 I der Richtlinie 1999/44/EG – wie der Generalanwalt in Nr. 52 seiner Schlussanträge festgestellt hat –, auch wenn er die Einführung einer Haftungsdauer des Verkäufers vorschreibt, deren Mindestdauer grundsätzlich zwei Jahre ab der Lieferung des Gutes beträgt, den nationalen Gesetzgebungen, über die Einführung einer Verjährungsfrist für eine Klage des Verbrauchers zu entscheiden.
[37] Aus dem Wortlaut von Art. 5 I 2 dieser Richtlinie ergibt sich allerdings in Verbindung mit ihrem 17. Erwägungsgrund, dass eine Verjährungsfrist – soweit eine solche im nationalen Recht eingeführt wurde – nicht während der zwei Jahre ablaufen darf, die auf die Lieferung des betreffenden Gutes folgen, und zwar auch dann, wenn diese Frist nach dem nationalen Recht nicht mit dem Zeitpunkt der Lieferung dieses Gutes zu laufen beginnt.
[38] Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass zur Gewährleistung eines einheitlichen Verbraucherschutz-Mindestniveaus im Rahmen des Binnenmarkts gemäß insbesondere Art. 1 I der Richtlinie 1999/44/EG mit ihrem Art. 5 I zwei verschiedene Fristen eingeführt wurden, nämlich eine Haftungsdauer des Verkäufers und eine Verjährungsfrist. Diese beiden Fristen haben grundsätzlich eine unabdingbare Mindestdauer von zwei Jahren ab der Lieferung des betreffenden Gutes.
[39] Die Unabdingbarkeit dieser grundsätzlichen Mindestdauer wird durch den Wortlaut von Art. 7 I Unterabsatz 1 dieser Richtlinie in Verbindung mit ihrem siebten Erwägungsgrund bestätigt, da die Parteien nach dieser Bestimmung grundsätzlich nicht durch eine Vereinbarung von ihr abweichen dürfen und die Mitgliedstaaten auf ihre Einhaltung achten müssen (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urt. v. 04.06.2015 – C-497/13, EU:C:2015:357 Rn. 55 – Faber).
[40] Drittens lässt – wie der Generalanwalt in Nr. 53 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat – schon der Wortlaut von Art. 5 I der Richtlinie 1999/44/EG den Schluss zu, dass die Haftungsdauer des Verkäufers und die Dauer einer etwaigen Verjährungsfrist nicht miteinander verknüpft sind. In Art. 5 I 2 dieser Richtlinie wird nämlich nicht auf den ersten Satz dieser Bestimmung verwiesen. Diese Bestimmung macht somit entgegen den Ausführungen insbesondere der belgischen Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen die Dauer einer etwaigen Verjährungsfrist nicht von der Haftungsdauer des Verkäufers abhängig.
[41] In Anbetracht der vorstehenden Gesichtspunkte ist zum einen festzustellen, dass die Verjährungsfrist von mindestens zwei Jahren ab der Lieferung des Gutes einen wichtigen Aspekt des von der Richtlinie 1999/44/EG gewährleisteten Verbraucherschutzes darstellt, und zum anderen, dass die Dauer dieser Frist nicht von der Haftungsdauer des Verkäufers abhängt.
[42] Viertens ist davon auszugehen, dass Art. 7 I Unterabsatz 2 dieser Richtlinie, nach dem es den Mitgliedstaaten freisteht, im Fall von gebrauchten Gütern vorzusehen, dass der Verkäufer und der Verbraucher sich darauf einigen können, dass der Verkäufer weniger lange haftet als in Art. 5 I der Richtlinie vorgesehen – wobei diese Frist nicht unter einem Jahr liegen darf –, keine andere Auslegung rechtfertigt.
[43] Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG nicht auf die Verjährungsfrist bezieht, sondern ausschließlich auf die Haftungsdauer des Verkäufers, wie sie in Art. 5 I 1 dieser Richtlinie genannt wird. Verschiedene Sprachfassungen der Richtlinie, unter anderem die Fassungen in spanischer, englischer, französischer und italienischer Sprache, beziehen sich nämlich in Art. 7 I Unterabsatz 2 auf die Haftung des Verkäufers.
[44] Ferner ist der Wortlaut von Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG in seiner deutschen Sprachfassung insoweit noch klarer. Während diese Bestimmung im ersten Satz nämlich die Möglichkeit vorsieht, für gebrauchte Güter den Zeitraum zu begrenzen, in dem der Verkäufer nach Art. 5 I dieser Richtlinie haftet („der Verkäufer weniger lange haftet als in Art. 5 I vorgesehen“), wird in ihrem zweiten Satz klar ausgeführt, dass sich diese Möglichkeit auf die Dauer der Haftung des Verkäufers bezieht („[d]iese kürzere Haftungsdauer“).
[45] Eine solche Auslegung wird darüber hinaus vom 16. Erwägungsgrund bestätigt, in dem es heißt, dass die Mitgliedstaaten den Parteien gestatten können, für gebrauchte Güter eine kürzere „Haftungsdauer“ zu vereinbaren.
[46] Sodann ist darauf hinzuweisen, dass – wie bereits in Rn. 39 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde – die Haftungsdauer des Verkäufers von zwei Jahren ab der Lieferung des Gutes, wie sie in Art. 5 I 1 der Richtlinie 1999/44/EG genannt wird, eine zwingende Frist darstellt, die die Vertragsparteien grundsätzlich nicht abbedingen können. Daher stellt Art. 7 I Unterabsatz 2 dieser Richtlinie, der den Mitgliedstaaten gestattet, im Fall gebrauchter Güter vorzusehen, dass die Parteien eine kürzere Haftungsdauer des Verkäufers mit einer Mindestdauer von einem Jahr vereinbaren können, wie der Generalanwalt in den Nrn. 74 und 75 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, eine Ausnahmeregelung dar, die eng auszulegen ist (vgl. entsprechend EuGH, Urt. v. 01.03.2012 – C-166/11, EU:C:2012:119 Rn. 26 – González Alonso – und die dort angeführte Rechtsprechung).
[47] Die den Mitgliedstaaten eingeräumte Möglichkeit, im Fall gebrauchter Güter vorzusehen, dass die Parteien die Haftungsdauer des Verkäufers auf ein Jahr ab der Lieferung des Gutes begrenzen dürfen, verleiht ihnen daher keine Befugnis, auch zu bestimmen, dass die Parteien die Dauer der in Art. 5 I 2 der Richtlinie genannten Verjährungsfrist begrenzen dürfen.
[48] Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten das von der Richtlinie 1999/44/EG vorgesehene Mindestschutzniveau zu beachten haben. Somit können sie zwar gemäß Art. 8 II dieser Richtlinie in Verbindung mit ihrem 24. Erwägungsgrund in dem von der Richtlinie geregelten Bereich strengere Bestimmungen zur Gewährleistung eines noch höheren Verbraucherschutzniveaus erlassen oder beibehalten, dürfen aber nicht die vom Unionsgesetzgeber vorgesehenen Garantien beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne EuGH, Urt. v. 17.04.2008 – C-404/06, EU:C:2008:231 Rn. 36 – Quelle).
[49] Eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die es ermöglicht, dass die Begrenzung der Haftungsdauer des Verkäufers auf ein Jahr eine Verkürzung der für den Verbraucher bestehenden Verjährungsfrist mit sich bringt, würde zu einem geringeren Schutzniveau für diesen führen und würde die Garantien beeinträchtigen, die er nach der Richtlinie 1999/44/EG genießt. Wie der Generalanwalt in Nr. 93 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, würde der Verbraucher dann noch vor Ablauf von zwei Jahren nach der Lieferung des Gutes – eines Zeitraums, der ihm jedoch nach dem Wortlaut von Art. 5 I 2 dieser Richtlinie garantiert wird – gänzlich seines Rechtsschutzes beraubt.
[50] Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 I und Art. 7 I Unterabsatz 2 der Richtlinie 1999/44/EG dahin auszulegen sind, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats entgegenstehen, die es erlaubt, dass die Verjährungsfrist für die Klage eines Verbrauchers eine kürzere Dauer als zwei Jahre ab Lieferung des Gutes beträgt, wenn dieser Mitgliedstaat von der in der zweiten dieser Bestimmungen der Richtlinie eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, und wenn der Verkäufer und der Verbraucher für das betreffende gebrauchte Gut eine Haftungsfrist des Verkäufers vereinbart haben, die kürzer als zwei Jahre, nämlich ein Jahr, ist.
Hinweis zum belgischen Recht: Im belgischen Recht wurde die Richtlinie 1999/44/EG mit dem am 01.01.2005 in Kraft getretenen Gesetz vom 01.09.2004 über den Schutz der Verbraucher beim Verkauf von Verbrauchsgütern im Code civil (Zivilgesetzbuch) umgesetzt.
Art. 1649quater des Zivilgesetzbuchs bestimmt:
„§ 1 – Verkäufer haften Verbrauchern gegenüber für Vertragswidrigkeiten, die bei Lieferung des Verbrauchsgutes bestehen und innerhalb einer Frist von zwei Jahren nach der vorerwähnten Lieferung offenbar werden. … In Abweichung von Absatz 1 können Verkäufer und Verbraucher für gebrauchte Güter eine Frist von weniger als zwei Jahren vereinbaren, die allerdings ein Jahr nicht unterschreiten darf. …
§ 3 – Ansprüche von Verbrauchern verjähren in einem Jahr ab Feststellung einer Vertragswidrigkeit, wobei diese Frist nicht vor der in § 1 vorgesehenen Frist von zwei Jahren ablaufen darf. …“