1. Ein Ge­braucht­wa­gen – hier: ein Mer­ce­des-Benz G 350 Blu­e­TEC Edi­ti­on 35 – ist we­gen des Feh­lens ei­ner ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit (§ 434 I 1 BGB) man­gel­haft, wenn sei­ne Lauf­leis­tung nicht wie ver­ein­bart 19.500 km, son­dern 25.522 km be­trägt. In die­sem Fall kommt aus­nahms­wei­se ei­ne Er­satz­lie­fe­rung (§ 439 I Fall 2 BGB) in Be­tracht, wenn der Käu­fer das er­wor­be­ne Fahr­zeug vor Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges nicht be­sich­tigt hat und es ihm nur dar­um ging, ei­nen Mer­ce­des-Benz G 350 Blu­e­TEC Edi­ti­on 35 mit ei­ner Lauf­leis­tung von we­ni­ger als 20.000 km zu er­wer­ben. Des­halb kann der Käu­fer we­gen der hö­he­ren Lauf­leis­tung grund­sätz­lich erst vom Kauf­ver­trag zu­rück­tre­ten, nach­dem er dem Ver­käu­fer er­folg­los ei­ne an­ge­mes­se­ne Frist zur Nach­er­fül­lung ge­setzt hat (§ 323 I BGB).
  2. Se­hen die All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ei­nes Kfz-Händ­lers vor, dass der Händ­ler Scha­dens­er­satz in Hö­he von pau­schal 10 % des Kauf­prei­ses ver­lan­gen darf, falls der Käu­fer das er­wor­be­ne Fahr­zeug ver­trags­wid­rig nicht ab­nimmt, so ist der Käu­fer zur Zah­lung des ent­spre­chen­den Be­tra­ges nur ver­pflich­tet, wenn zu­guns­ten des Händ­lers die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen An­spruch auf Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung (§§ 280 I, III, 281 BGB) er­füllt sind. Dar­an fehlt es, wenn der Händ­ler das in Re­de ste­hen­de Fahr­zeug oh­ne Ver­lust an ei­nen Drit­ten ver­äu­ßern konn­te.

LG Mün­chen II, Ur­teil vom 19.01.2017 – 2 HK O 3604/16
(nach­fol­gend: OLG Mün­chen, Ur­teil vom 14.09.2017 – 23 U 667/17)

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin kauf­te von der Be­klag­ten am 17.06.2016 ei­nen Ge­braucht­wa­gen (Mer­ce­des-Benz G 350 Blu­e­TEC Edi­ti­on 35 AMG), den sie zu­vor nicht be­sich­tigt hat­te. Als Kauf­preis wur­den 89.500 € brut­to ver­ein­bart. Im schrift­li­chen Kauf­ver­trag wur­de „Ta­chostand: 19.500 km“ ver­merkt.

Bei Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges la­gen der Klä­ge­rin die Ver­trags­be­din­gun­gen der Be­klag­ten vor. Die­se lau­ten un­ter an­de­rem:

II. Zah­lung

1. …

2. Ge­gen An­sprü­che des Ver­käu­fers kann der Käu­fer nur dann auf­rech­nen, wenn die Ge­gen­for­de­rung des Käu­fers un­be­strit­ten ist oder ein rechts­kräf­ti­ger Ti­tel vor­liegt, ein Zu­rück­be­hal­tungs­recht kann er nur gel­tend ma­chen, so­weit es auf An­sprü­chen aus dem Kauf­ver­trag be­ruht.

IV. Ab­nah­me

1. Der Käu­fer ist ver­pflich­tet, den Kauf­ge­gen­stand in­ner­halb von 8 Ta­gen ab Zu­gang der Be­reits­fell­uhgs­an­zei­ge ab­zu­neh­men. lm Fal­le der Nicht­ab­hah­me kann der Ver­käu­fer von sei­nen ge­setz­li­chen Rech­ten Ge­brauch ma­chen.

2. Ver­langt der Ver­käu­fer Scha­dens­er­satz, so be­trägt die­ser 10 % des Kauf­prei­ses. Der Scha­den­er­satz ist hö­her oder nied­ri­ger an­zu­set­zen, wenn der Ver­käu­fer ei­nen hö­he­ren oder der Käu­fer ei­nen ge­rin­ge­ren Scha­den nach­weist.“

Au­ßer­dem fin­det sich auf der ers­ten Sei­te des Kauf­ver­tra­ges fol­gen­de Re­ge­lung:

„6. … Al­le An­ga­ben zum Fahr­zeug, insb. zu Un­fall­frei­heit und Lauf­leis­tung so­wie Nachia­ckie­run­gen, ver­ste­hen sich laut Vor­be­sit­zer bzw lt. Fahr­zeug­brief und sind kei­ne ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­hei­ten gem. § 434 ff. BGB. … Sol­che er­ge­ben sich al­lei­ne aus dem Ver­trag und ha­ben schrift­lich zu er­fol­gen.“

Die Klä­ge­rin über­wies den ge­sam­ten Kauf­preis vor dem 28.06.2016 an die Be­klag­te.

Am 29.06.2016 soll­te die Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin das Fahr­zeug bei der Be­klag­ten ab­ho­len.  Dort stell­te sie fest, dass der Ki­lo­me­ter­stand tat­säch­lich 25.522 be­trug. Zu der Ein­tra­gung „Ta­chostand: 19.500 km“ im Kauf­ver­trag war es ge­kom­men, weil der Vor­be­sit­zer das Fahr­zeug von der Be­klag­ten ge­mie­tet und bei der Rück­ga­be ei­ne Lauf­leis­tung an­ge­ge­ben hat­te, die die Be­klag­te oh­ne Prü­fung in den Kauf­ver­trag über­nom­men hat­te.

Zwi­schen der Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin, ih­rem Ehe­mann und den Ge­schäfts­füh­rern der Kom­ple­men­tä­rin der Be­klag­ten kam es des­halb zu Ver­hand­lun­gen, in de­nen es um ei­ne Min­de­rung des Kauf­prei­ses ging. Im Ver­trau­en auf ei­ne güt­li­che Ei­ni­gung ver­an­lass­te die Be­klag­te die Rück­zah­lung von 600 € an die Klä­ge­rin. Ei­ne Ei­ni­gung kam je­doch nicht zu­stan­de; die von der Si­tua­ti­on über­for­der­te Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin ver­ließ die Ge­schäfts­räu­me der Be­klag­ten, oh­ne das ge­kauf­te Fahr­zeug mit­zu­neh­men.

Mit Schrei­ben vom 01.07.2016 er­klär­te die Klä­ge­rin so­dann den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag. Nach­dem ihr die Be­klag­te ei­ne Frist zur Ab­nah­me des Fahr­zeugs ge­setzt hat­te, er­klär­te die Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin, dass sie und ihr Ehe­mann kein In­ter­es­se mehr an dem Fahr­zeug hät­ten und es des­halb nicht ab­neh­men wür­den. Dar­auf­hin trat die Be­klag­te am 05.07.2017 ih­rer­seits vom Kauf­ver­trag zu­rück. Sie zahl­te an die Klä­ge­rin (89.500 € − 600 € − 8.950 € =) 79.950 €, wo­bei sie ge­gen den An­spruch der Klä­ge­rin auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses mit ei­ner auf Ab­schnitt IV Nr. 2 ih­rer All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ge­stüt­zen Scha­dens­er­satz­for­de­rung in Hö­he von 8.950 € auf­rech­ne­te.

In der Fol­ge­zeit ver­kauf­te die Be­klag­te das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug an ei­nen Drit­ten.

Die Klä­ge­rin er­klär­te am 11.07.2016 die An­fech­tung ih­rer auf den Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges ge­rich­te­ten Wil­lens­er­klä­rung we­gen ei­nes Ei­gen­schafts­irr­tums (§ 119 II BGB) und we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung (§ 123 I Fall 1 BGB).

Mit der Kla­ge hat sie die Zah­lung von 8.950 € nebst Zin­sen und au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ver­langt.

Die Klä­ge­rin be­haup­tet, die Be­klag­te ha­be die Lauf­leis­tung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs wis­sent­lich falsch an­ge­ge­ben. Sie – die Klä­ge­rin – ha­be die­ses Fahr­zeug mit Kauf­ver­trag vom 17.06.2016 für 78.530 € an ei­nen Käu­fer wei­ter­ver­kauft, der an ei­nem Fahr­zeug mit ei­ner Lauf­leis­tung von un­ter 20.000 km in­ter­es­siert ge­we­sen sei. Ein Fahr­zeug mit ei­ner Lauf­leis­tung von 25.522 km hät­te der Käu­fer des­halb ver­mut­lich nicht ab­neh­men wol­len, zu­mal die hö­he­re Lauf­leis­tung ei­nen er­heb­li­chen Wert­ver­lust zur Fol­ge ha­be.

Die Klä­ge­rin meint, dass der Be­klag­ten da­durch, dass sie – die Klä­ge­rin – das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug nicht ab­ge­nom­men ha­be, kein Scha­den ent­stan­den sei, weil sie den Wa­gen oh­ne Ver­lust an ei­nen Drit­ten ha­be ver­äu­ßern kön­nen. Hilfs­wei­se hat die Klä­ge­rin ge­gen den Scha­dens­er­satz­an­spruch der Be­klag­ten mit ei­nem An­spruch auf Er­satz des ihr ent­gan­ge­nen Ge­winns (3.319,92 €) auf­ge­rech­net.

Die Kla­ge hat­te ganz über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ge­rin steht grund­sätz­lich … ein An­spruch auf Rück­zah­lung des ge­sam­ten Kauf­prei­ses in Hö­he von 89.500 € ge­mäß § 346 I BGB zu. Die­ser An­spruch ist teil­wei­se durch Er­fül­lung er­lo­schen. In Hö­he des ein­ge­klag­ten Rest­be­tra­ges ist er nicht durch die Auf­rech­nung mit ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch er­lo­schen. Denn ei­nen tat­säch­lich ent­stan­de­nen Scha­den hat die Be­klag­ten­sei­te nicht vor­ge­tra­gen. Aus den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen (Ab­schnitt IV Nr. 2) er­gibt sich le­dig­lich ei­ne pau­scha­lier­te Scha­dens­hö­he, nicht aber ein An­spruch an sich.

lm Ein­zel­nen:

1. Die Par­tei­en ha­ben ei­nen Kauf­ver­trag über ei­nen Pkw ab­ge­schlos­sen.

Die um 6.000 km er­höh­te Lauf­leis­tung laut Ta­chostand stellt als Ab­wei­chung von der ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit („Ta­chostand: 19.500 km“) ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 434 I 1 BGB dar.

Der von der Klä­ger­sei­te des­we­gen er­klär­te Rück­tritt ist al­ler­dings un­wirk­sam.

Da­bei kann grund­sätz­lich of­fen­blei­ben, ob die von der Be­klag­ten ver­wen­de­ten All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen, die … „An­ga­ben zum Fahr­zeug“, ins­be­son­de­re zur Lauf­leis­tung, als „kei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­run­gen“ de­fi­nie­ren wol­len, wirk­sam ein­be­zo­gen wur­den und wirk­sam sind. Au­ßer­dem kann of­fen­blei­ben, ob die hö­he­re … Lauf­leis­tung ei­nen un­er­heb­li­chen Man­gel i. S. von § 323 V 2 BGB dar­stellt.

Je­den­falls liegt im hier vor­lie­gen­den Fall kein un­be­heb­ba­rer Man­gel vor. Denn nach­dem un­strit­tig das Fahr­zeug nicht be­sich­tigt wor­den ist und es le­dig­lich um den Er­werb ei­nes be­stimm­ten Typs (Mer­ce­des-Benz G 350 Blu­e­TEC Edi­ti­on 35 AMG) ging, der ei­ne mög­lichst ge­rin­ge Lauf­leis­tung auf­wei­sen soll­te, wä­re ei­ne Nach­er­fül­lung durch ein an­de­res Fahr­zeug tat­säch­lich grund­sätz­lich mög­lich ge­we­sen. Hier liegt der üb­li­che Fall des Stück­kaufs im Ge­braucht­fahr­zeug­han­del nicht vor.

Die Klä­ge­rin hät­te dem­entspre­chend vor ih­rem Rück­tritt ei­ne Frist set­zen müs­sen; dies ist nicht ge­sche­hen. Der Rück­tritt vom 01.07.2016 ist so­mit un­wirk­sam.

Auch die An­fech­tung greift man­gels An­fech­tungs­grun­des nicht durch. Ei­ne An­fech­tung we­gen Ei­gen­schafts­irr­tums ge­mäß § 119 II BGB ist im Be­reich der Sach­män­gel­ge­währ­leis­tung be­kannt­lich nicht mög­lich (Vor­rang der Sach­män­gel­ge­währ­leis­tung; vgl. Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 76. Aufl. [2017], § 119 Rn. 28).

Der hier al­lein in Be­tracht kom­men­de An­fech­tungs­grund des § 123 I Fall 1 BGB (arg­lis­ti­ge Täu­schung) hin­sicht­lich des Ta­chostands ist nicht hin­rei­chend nach­ge­wie­sen. Die Be­weis­last für die Vor­aus­set­zun­gen des § 123 I Fall 1 BGB trägt die Klä­ger­sei­te. Den Be­weis für Arg­list hat sie al­ler­dings nicht ge­führt.

Arg­list er­for­dert wis­sent­li­ches Han­deln. Da­bei kommt es ge­mäß § 166 I BGB auf den Wis­sens­stand der Ge­schäfts­füh­rer [der Kom­ple­men­tä­rin der Be­klag­ten] an. Dass die­se in Kennt­nis des hö­he­ren Ta­chostands, der sich ja oh­ne Wei­te­res – wie hier auch tat­säch­lich ge­sche­hen – mit ei­nem Blick ins Fahr­zeug er­ken­nen ließ, ei­nen nied­ri­ge­ren Ki­lo­me­ter­stand im Kauf­ver­trag ein­tru­gen, ist schon schwer vor­stell­bar. Es liegt hier näm­lich ge­ra­de kein Fall von „Ta­chostand­ma­ni­pu­la­ti­on“ vor. Nach ih­ren über­ein­stim­men­den An­ga­ben in der münd­li­chen Ver­hand­lung sind die Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten von ei­nem Ta­chostand von 19.500 km aus­ge­gan­gen, den sie nicht mehr an­hand des kon­kre­ten Fahr­zeugs über­prüft ha­ben. Auch die Aus­sa­ge des fak­ti­schen Ge­schäfts­füh­rers der Klä­ge­rin hat nichts an­de­res er­ge­ben: Da­nach sind al­le Be­tei­lig­ten zu­nächst von ei­nem Ver­se­hen aus­ge­gan­gen. Im Üb­ri­gen ist auch nicht nach­ge­wie­sen, dass die Ge­schäfts­füh­rer der Be­klag­ten die Vor­stel­lung ge­habt hat­ten, bei ei­nem Ta­chostand von 22.500 km wür­de der Ver­trag nicht zu­stan­de kom­men.

Die Be­klag­te ist dem­nach am 05.07.2016 wirk­sam ge­mäß § 323 I BGB we­gen Nicht­ab­nah­me des ver­kauf­ten Fahr­zeu­ges zu­rück­ge­tre­ten. … Ei­ne Frist­set­zung ist er­folgt, war im Üb­ri­gen aber ent­behr­lich ge­mäß § 323 II Nr. 1 BGB. Die Klä­ge­rin hat ernst­haft und end­gül­tig die Ab­nah­me des Fahr­zeugs ver­wei­gert. Die Ab­nah­me­ver­pflich­tung steht hier im Ge­gen­sei­tig­keits­ver­hält­nis. Dies er­gibt sich ins­be­son­de­re auch aus den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen der Be­klag­ten, die wirk­sam ein­be­zo­gen sind (hier Ab­schnitt IV Nr. 1).

Da­mit wan­del­te sich das Schuld­ver­hält­nis in ein ge­setz­li­ches Ab­wick­lungs­ver­hält­nis um. Nach § 346 I BGB steht der Klä­ge­rin so­mit die Rück­zah­lung des von ihr ge­zahl­ten Kauf­prei­ses zu. Hier­von hat die Be­klag­ten­sei­te ins­ge­samt 80.550 € zu­rück­ge­zahlt (§ 362 I BGB). Der An­spruch auf die rest­li­che Sum­me (Kla­ge­for­de­rung) be­steht und ist nicht durch Auf­rech­nung nach § 389 BGB er­lo­schen:

Die Auf­rech­nung mit ei­nem Ge­gen­an­spruch auf Scha­dens­er­satz ist er­klärt wor­den (§ 388 BGB). Die Gel­tend­ma­chung ei­nes Scha­dens­er­satz­an­spruchs ist durch den Rück­tritt nicht aus­ge­schlos­sen (§ 325 BGB).

Al­ler­dings steht der Be­klag­ten kein Scha­dens­er­satz­an­spruch zu:

Ein Scha­dens­er­satz­an­spruch er­gibt sich nicht aus den All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen, in de­ren Ab­schnitt IV Nr. 1 im Fal­le der Nicht­ab­nah­me auf die ge­setz­li­chen Rech­te ver­wie­sen wird. Auch die Rech­nungs­stel­lung vom 05.07.2016 führt als sol­che nicht zu ei­nem Er­satz­an­spruch; sie do­ku­men­tiert le­dig­lich die Auf­fas­sung der Be­klag­ten­sei­te, man ha­be ei­nen An­spruch.

Al­lein in­fra­ge kommt als An­spruchs­grund­la­ge so­mit §§ 280 I, III, 281 I BGB:

  • Die Klä­ge­rin hat ih­re Pflicht aus dem Kauf­ver­trag, das Fahr­zeug ab­zu­neh­men, nicht er­füllt.
  • Der Be­klag­ten müss­te kau­sal durch die­se Pflicht­ver­let­zung ein Scha­den ent­stan­den sein. Die Be­klag­ten­sei­te hat ei­nen Scha­den al­ler­dings we­der hin­rei­chend vor­ge­tra­gen noch un­ter Be­weis ge­stellt. Denn auf den ent­spre­chen­den Hin­weis vom 05.12.2016 ist nicht in­ner­halb der ge­setz­ten Frist vor­ge­tra­gen wor­den. Es ist al­so of­fen­ge­blie­ben, ob der im Schrift­satz vom 16.11.2016 ge­nann­te Kauf­preis von 78.900 € beim Wei­ter­ver­kauf ein Brut­to- oder ein Net­to­preis war. Soll­te es sich um den Net­to­preis (oh­ne MwSt.) han­deln, hat die Be­klag­te durch die Nicht­ab­nah­me des Fahr­zeugs von­sei­ten der Klä­ge­rin kei­nen Scha­den er­lit­ten.

Über die Hilfs­auf­rech­nung war da­her nicht mehr zu ent­schei­den.

Der Zins­an­spruch er­gibt sich aus dem Zah­lungs­ver­zug, der spä­tes­tens am 25.07.2016 ein­ge­tre­ten ist; da­mit ist die Zins­zah­lung ab dem fol­gen­den Tag ge­schul­det (vgl. Pa­landt/Grü­ne­berg,, BGB, 76. Aufl., § 286 Rn. 35). Die Kla­ge war in­so­weit (hin­sicht­lich der ab dem 08.07.2016 ge­for­der­ten Zins­zah­lun­gen) ab­zu­wei­sen.

Auch der An­spruch auf Er­satz der au­ßer­ge­richt­li­chen An­walts­kos­ten er­gibt sich aus §§ 280 I, II, 286 BGB. Die ent­spre­chen­den Kos­ten der Klä­ger­sei­te sind von der Be­klag­ten­sei­te we­der dem Grun­de noch der Hö­he nach an­ge­grif­fen wor­den …

Hin­weis: Auf die Be­ru­fung der Be­klag­ten hat das OLG Mün­chen (Urt. v. 14.09.2017 – 23 U 667/17) das Ur­teil des Land­ge­richts auf­ge­ho­ben und die Kla­ge ins­ge­samt ab­ge­wie­sen. Zur Be­grün­dung hat das Ober­lan­des­ge­richt aus­ge­führt:

„II. … Die Klä­ge­rin hat­te zwar auf­grund des wirk­sa­men Rück­tritts der Be­klag­ten vom 05.07.2016 nach § 323 I BGB i. V. mit § 346 BGB An­spruch auf Rück­zah­lung des rest­li­chen Kauf­prei­ses; die­ser An­spruch ist je­doch durch die gleich­zei­tig er­folg­te Auf­rech­nung mit ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch in Hö­he von 8.950 € nach § 389 BGB er­lo­schen. Ei­ne Auf­rech­nung der Klä­ge­rin mit ei­nem et­wai­gen ihr zu­ste­hen­den Scha­den­er­satz­an­spruch ge­gen die Scha­dens­er­satz­for­de­rung der Be­klag­ten war da­her nicht mehr mög­lich.

1 Ent­ge­gen der von der Klä­ge­rin ver­tre­te­nen An­sicht hat sie sich nicht be­reits vor dem am 05.07.2016 von dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Kauf­ver­trag ge­löst.

1.1 Zu­tref­fend geht das Land­ge­richt da­von aus, dass die Klä­ge­rin die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner An­fech­tung we­gen arg­lis­ti­ger Täu­schung (§ 123 BGB) nicht dar­ge­tan hat und dass der Vor­rang der kauf­ver­trag­li­chen Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che vor der Irr­tums­an­fech­tung nach § 119 II BGB (vgl. BGH, Beschl. v. 18.10.2007 – V ZB 44/07, ju­ris Rn. 9 m. w. Nachw.), auch für die Zeit vor Ge­fahr­über­gang gilt (Pa­landt/El­len­ber­ger, BGB, 76. Aufl., § 119 Rn. 28).

1.2 Der von der Klä­ge­rin am 01.07.2016 er­klär­te Rück­tritt vom Ver­trag war man­gels Rück­tritts­grund un­wirk­sam.

1.2.1 Die Be­klag­te hat der Klä­ge­rin – trotz der un­strei­tig fal­schen An­ga­be des Ta­chostands im Kauf­ver­trag – die Kauf­sa­che am 29.06.2016 man­gel­frei an­ge­bo­ten. Bei der An­ga­be der Lauf­leis­tung han­delt es sich nicht um ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung, son­dern um ei­ne Wis­sens­er­klä­rung. Ein Rück­tritt nach  § 323 I BGB war da­her nicht mög­lich.

Im Kauf­ver­trag ist un­ter Nr. 3 „Ta­chostand 19.500 km“ an­ge­ge­ben so­wie un­ter Nr. 6 „Al­le An­ga­ben im Kauf­ver­trag ins­bes. zu … Lauf­leis­tung … ver­ste­hen sich laut Vor­be­sit­zer bzw. laut Fahr­zeug­brief und sind kei­ne ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­hei­ten im Sin­ne des § 434 ff.“; bei den un­ter Nr. 6 ste­hen­den be­son­de­ren Ver­trags­be­din­gun­gen han­delt es sich um All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen. Der BGH misst in stän­di­ger Recht­spre­chung bei der hier ge­bo­te­nen ob­jek­ti­ven Aus­le­gung ein­schrän­ken­den Zu­sät­zen wie „laut Fahr­zeug­brief“, „laut Vor­be­sit­zer“, „so­weit ihm be­kannt“ kei­nen rechts­ver­bind­li­chen Er­klä­rungs­ge­halt bei, son­dern sieht dar­in al­lein ei­ne Wis­sens­er­klä­rung (BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, ju­ris Rn. 33). Auf den ent­spre­chen­den Hin­weis in der La­dung hat sich die Klä­ge­rin nicht mehr ge­äu­ßert.

1.2.2 Oh­ne Er­folg be­ruft sich die Klä­ge­rin dar­auf, sie ha­be we­gen des „un­se­riö­sen Ver­hal­tens“ der Be­klag­ten bei der Ver­hand­lung über die Min­de­rung des Kauf­prei­ses nach § 324 BGB zu­rück­tre­ten kön­nen.

Da­bei kann hier zu­guns­ten der Klä­ge­rin ihr Vor­trag als wahr un­ter­stellt wer­den, die Be­klag­te ha­be der Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin den Text zur Un­ter­schrift vor­ge­legt, ob­wohl sie ihn wäh­rend ei­ner kur­zen Ab­we­sen­heit der Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin ab­ge­än­dert hat­te.

Ei­ne Ver­let­zung der Pflicht nach § 241 II BGB, auf die In­ter­es­sen des an­de­ren Teils Rück­sicht zu neh­men, be­rech­tigt näm­lich nur dann zum Rück­tritt, wenn dem Gläu­bi­ger ein Fest­hal­ten am Ver­trag nicht mehr zu­zu­mu­ten ist. Dies hat die Klä­ge­rin nicht dar­ge­tan. Die Un­zu­mut­bar­keit ei­nes Fest­hal­tens am Ver­trag ist ent­ge­gen des schein­bar nur die Be­lan­ge des Gläu­bi­gers be­rück­sich­ti­gen­den Wort­lauts des § 324 BGB auf­grund ei­ner Ab­wä­gung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen fest­zu­stel­len. Da­bei sind ins­be­son­de­re der Ver­trags­ge­gen­stand, das für die Durch­füh­rung des Ver­trags not­wen­di­ge Ver­trau­ens­ver­hält­nis und die Dau­er der Ver­trags­be­zie­hung zu be­rück­sich­ti­gen. Wenn­gleich die Vor­schrift kein Ver­schul­den des Schuld­ners vor­aus­setzt, so ist doch der Grad der Vor­werf­bar­keit mit zu be­rück­sich­ti­gen. In die­sem Rah­men kann es auch von Be­deu­tung sein, wenn der Gläu­bi­ger die Pflicht­ver­let­zung mit zu ver­tre­ten hat (OLG Schles­wig, Urt. v. 01.03.2016 – 3 U 12/15, ju­ris Rn. 41). Hier han­delt es sich nicht um ei­ne län­ge­re Ver­trags­be­zie­hung, son­dern um den ein­ma­li­gen Kauf ei­nes ge­brauch­ten Kfz. Im Ge­schäfts­ver­kehr kann er­war­tet wer­den, dass Ver­ein­ba­run­gen vor der Un­ter­schrift ge­le­sen wer­den, was die Ge­schäfts­füh­re­rin der Klä­ge­rin auch ge­macht hat.

2 Da die Klä­ge­rin ih­rer Pflicht zur Ab­nah­me der Kauf­sa­che nicht nach­ge­kom­men ist, war die Be­klag­te nicht nur nach § 323 I BGB zum Rück­tritt be­rech­tigt, son­dern sie konn­te nach § 325 BGB da­ne­ben Scha­dens­er­satz statt der Leis­tung nach §§ 280 I, III, 281 I 1, II BGB ver­lan­gen.

2.1 Aus den oben dar­ge­leg­ten Grün­den war die Klä­ge­rin auf­grund des Kauf­ver­trags vom 17.06.2016 zur Ab­nah­me des – man­gel­frei­en – Fahr­zeugs ver­pflich­tet.

2.2 Nach­dem die Be­klag­te die Klä­ge­rin mit E-Mail vom 30.06.2016 ge­be­ten hat­te, das Fahr­zeug bis zum 08.07.2016 ab­zu­ho­len, hat die Klä­ge­rin mit E-Mail vom 01.07.2016 zum Aus­druck ge­bracht, dass sie kein In­ter­es­se an dem Fahr­zeug hat, und da­mit end­gül­tig die Er­fül­lung ih­rer Ab­nah­me­pflicht ver­wei­gert. Die Be­klag­te konn­te da­her vor Ab­lauf der Nach­frist nach § 323 I und II BGB vom Ver­trag zu­rück­tre­ten.

2.3 Der streit­ge­gen­ständ­li­che An­spruch auf Rück­zah­lung des Rest­kauf­prei­ses in Hö­he von 8.950 € ist durch Auf­rech­nung mit ei­nem Scha­dens­er­satz­an­spruch in die­ser Hö­he durch die im Schrei­ben vom 05.07.2016 ent­hal­te­ne Auf­rech­nungs­er­klä­rung er­lo­schen.

2.3.1 Die Auf­rech­nung muss nicht aus­drück­lich er­klärt wer­den; der Auf­rech­nungs­wil­le der Be­klag­ten ist klar er­kenn­bar.

2.3.2 Der Be­klag­ten steht nach §§ 280 I, III, 281 I 1, II BGB in Ver­bin­dung mit Ab­schnitt IV Nr. 2 der All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen ein pau­scha­lier­ter Scha­dens­er­satz in Hö­he von 10 % des Kauf­prei­ses zu, da die Klä­ge­rin ih­rer Ab­nah­me­pflicht nicht nach­ge­kom­men ist.

Die Klau­sel hält der AGB-Kon­trol­le stand. Sie ver­stößt we­der ge­gen den Grund­ge­dan­ken des § 309 Nr. 5 lit. a BGB, der auch im Ver­kehr zwi­schen Un­ter­neh­mern im Rah­men der ge­mäß §§ 307, 310 I BGB vor­zu­neh­men­den In­halts­kon­trol­le zu be­rück­sich­ti­gen ist, noch schließt sie den Nach­weis ei­nes we­sent­lich nied­ri­ge­ren Scha­dens aus (vgl. BGH, Urt. v. 22.10.2015 – VII ZR 58/14, ju­ris Rn. 28 f.). Ei­ne 10%ige Scha­dens­pau­scha­le kann nicht als un­ge­wöhn­lich hoch an­ge­se­hen wer­den (BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VI­II ZR 123/09, BGHZ 185, 178 Rn. 14). Nach der Recht­spre­chung des BGH ge­nügt im Üb­ri­gen selbst ge­gen­über Ver­brau­chern der Hin­weis auf die Mög­lich­keit des Ge­gen­be­wei­ses, der ei­nem rechts­un­kun­di­gen Ver­trags­part­ner oh­ne Wei­te­res deut­lich macht, dass dar­in die Mög­lich­keit des Nach­wei­ses, ein Scha­den sei über­haupt nicht ent­stan­den, ein­ge­schlos­sen ist (BGH, Urt. v. 14.04.2010 – VI­II ZR 123/09, BGHZ 185, 178 Rn. 20).

Ei­nen nied­ri­ge­ren Scha­den hat die Klä­ge­rin nicht nach­ge­wie­sen. In ers­ter In­stanz hat die Klä­ge­rin sich dar­auf be­schränkt, den Vor­trag der Be­kla­gen, sie ha­be das Fahr­zeug für (nur) 78.900 € an die X-GmbH wei­ter­ver­kauft, zu be­strei­ten. So­weit die Klä­ge­rin zum Be­weis der Tat­sa­che, dass das Fahr­zeug ‚zu ei­nem deut­lich hö­he­ren Preis‘ ver­kauft wur­de, die Zeu­gin C an­bie­tet, kann die­ses neue Be­weis­an­ge­bot nicht nach § 531 II ZPO zu­ge­las­sen wer­den. Oh­ne Er­folg be­ruft sich die Klä­ge­rin dar­auf, die Be­klag­te ha­be ent­ge­gen der An­ord­nung des Land­ge­richts vom 24.11.2016 kei­ne Ko­pie des Kauf­ver­trags vor­ge­legt. Ab­ge­se­hen da­von, dass es sich bei ei­ner Ko­pie nicht um ei­ne Ur­kun­de han­delt, ist die Nicht­be­fol­gung ei­ner An­ord­nung nach § 142 I ZPO ge­mäß §§ 286, 427 Satz 2 ZPO frei zu wür­di­gen (BGH, Urt. v. 26.06.2007 – XI ZR 277/05, BGHZ 173, 23 Rn. 20). Man­gels kon­kre­ter Be­haup­tun­gen der Klä­ge­rin zum In­halt der Ur­kun­de, ins­be­son­de­re zum Kauf­preis, kön­nen sie auch nicht nach § 427 Satz 2 ZPO als be­wie­sen an­ge­nom­men wer­den.

2.4 Auf ei­nen et­wai­gen Scha­dens­er­satz­an­spruch der Klä­ge­rin nach §§ 280 I, 241 II, 311 II BGB we­gen fal­scher Wie­der­ga­be des Ta­chostands (vgl. BGH, Urt. v. 12.03.2008 – VI­II ZR 253/05, ju­ris Rn. 16), auf den zur Be­grün­dung ei­nes Ver­gleichs­vor­schlags hin­ge­wie­sen wur­de, kommt es nicht an, da er nicht streit­ge­gen­ständ­lich ist. Die Klä­ge­rin hat le­dig­lich auf Sei­te 3 des Schrift­sat­zes vom 21.10.2016 hilfs­wei­se die Auf­rech­nung er­klärt. Zu die­sem Zeit­punkt war der Scha­dens­er­satz­an­spruch der Be­klag­ten we­gen der von ihr er­klär­ten Auf­rech­nung je­doch be­reits er­lo­schen. …“

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