- Ein vom VW-Abgasskandal betroffener Gebrauchtwagen, bei dem eine „Abschaltsoftware“ erkennt, dass das Fahrzeug auf einem Prüfstand einem Emissionstest unterzogen wird, und deshalb den Stickoxidausstoß reduziert, ist i. S. des § 434 I 2 Satz 2 BGB mangelhaft. Denn weder ist der Einsatz einer entsprechenden Software in vergleichbaren Fahrzeugen anderer Hersteller bekanntermaßen üblich, noch erwartet ein Durchschnittskäufer, dass die gesetzlich vorgegebenen Emissionsgrenzwerte nur scheinbar eingehalten werden. Darüber hinaus eignet sich ein vom VW-Abgasskandal betroffenes Fahrzeug nicht zur gewöhnlichen Verwendung, weil es im Rahmen einer Rückrufaktion umgerüstet werden muss, um den Auflagen des Kraftfahrt-Bundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der Allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren.
- Die Beweislast dafür, dass die ihm vorzuwerfende Pflichtverletzung i. S. des § 323 V 2 BGB unerheblich ist und deshalb einen Rücktritt vom Kaufvertrag nicht rechtfertigt, trifft den Rücktrittsgegner.
- Der Mangel, der einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Fahrzeug anhaftet, ist schon deshalb nicht i. S. des § 323 V 2 BGB geringfügig, weil das Kraftfahrt-Bundesamt die zur Mangelbeseitigung vorgesehenen Maßnahmen prüfen und genehmigen muss. Außerdem führt bereits das Risiko, dass trotz ordnungsgemäßer Nachbesserung ein merkantiler Minderwert dazu, dass der Mangel nicht als geringfügig angesehen werden kann.
LG Regensburg, Urteil vom 21.11.2016 – 6 O 409/16 (3)
Sachverhalt: Der Kläger verlangt die Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrages, den er mit der Beklagten geschlossen hat.
Die Parteien schlossen am 22.01.2015 einen Kaufvertrag über einen gebrauchten VW Touran 1.6 TDI. Den Kaufpreis in Höhe von 20.745 € entrichtete der Kläger, indem er seinen Gebrauchtwagen für 4.500 € bei der Beklagten in Zahlung gab und den restlichen Restkaufpreis zahlte. Als der streitgegenständliche VW Touran dem Kläger übergeben wurde, wies er eine Laufleistung von 7.100 km auf.
Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor vom Typ EA189 ausgestattet. In ihm kommt eine Software („Abschaltsoftware“) zum Einsatz, die erkennt, dass sich das Fahrzeug auf einem Prüfstand befindet, und dann den Ausstoß von Stickoxiden reduziert. Im normalen Fahrbetrieb sind deshalb die Stickoxidemissionen höher als während eines Emissionstests auf dem Prüfstand und insbesondere höher als von der Fahrzeugherstellerin öffentlich angegebenen.
Der Kläger sieht darin einen Mangel und forderte die Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 16.12.2015 zu dessen Beseitigung auf. Hierfür setzte er der Beklagten eine Frist bis zum 08.01.2016. Gleichzeitig wurde die Beklagte „zur Vermeidung gerichtlicher Schritte“ aufgefordert, bis zum 31.12.2016 darauf zu verzichten, die Einrede der Verjährung zu erheben.
Diese Erklärung gab die Beklagte mit Schreiben vom 17.12.2015 ab.
Mit Schreiben vom 03.02.2016 forderte der Kläger die Beklagte erneut zur Nachbesserung auf und setzte ihr diesmal eine Frist bis zum 12.02.2016.
Eine Nachbesserung ist bislang nicht erfolgt. Der Beginn der Rückrufaktion für den Motor, mit dem auch das Fahrzeug des Klägers ausgestattet ist, ist für die 50. Kalenderwoche des Jahres 2016 geplant. Eine Freigabe des Kraftfahrt-Bundesamtes liegt jedoch noch nicht vor.
Nach Ansicht des Klägers ist sein Fahrzeug wegen der „Abschaltsoftware“ und deshalb mangelhaft, weil der VW Touran tatsächlich mehr Schadstoffe ausstößt als erlaubt. Weiter abzuwarten, bis sein Fahrzeug im Rahmen der geplanten Rückrufaktion überarbeitet wird, hält der Kläger für unzumutbar. Er behauptet außerdem, dass die geplante Nachbesserung ohnehin nicht zu einer vollständigen Mangelbeseitigung führen würde, schon weil bei einem Weiterverkauf des Fahrzeugs mit hohen finanziellen Einbußen zu rechnen sei.
Die Beklagte behauptet demgegenüber, dass eine vollständige Nachbesserung dadurch möglich sei, dass direkt vor dem Luftmassenmesser ein sogenannter Strömungstransformator befestigt und ein Softwareupdate aufgespielt werde. Dies sei voraussichtlich mit einem Zeitaufwand von weniger als einer Stunde und einem Kostenaufwand von rund 100 € verbunden. Mit Blick darauf, so meint die Beklagte, scheitere ein Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag an § 323 V 2 BGB, weil der dem VW Touran anhaftende Mangel jedenfalls geringfügig sei. Im Übrigen ist die Beklagte der Auffassung, dass dem Kläger ein weiteres Abwarten zuzumuten sei, weil er sein Fahrzeug bis zu einer Nachbesserung uneingeschränkt nutzen könne.
Die im Wesentlichen auf Zahlung von 18.586,07 € und den Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten (1.100,51 €) nebst Zinsen gerichtete Klage hatte zum weit überwiegenden Teil Erfolg.
Aus den Gründen: I. Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 17.029,86 € Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs … gemäß §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323 I, 346 BGB zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Der Kläger ist wirksam vom Kaufvertrag zurückgetreten. Gemäß §§ 433, 434, 437 Nr. 2, 323 BGB kann der Käufer vom Kaufvertrag durch Erklärung zurücktreten, wenn die Kaufsache mangelhaft ist, dem Verkäufer eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gesetzt wurde und es sich nicht um einen unerheblichen Mangel handelt. Diese Voraussetzungen liegen … hier … vor.
1. Die im streitgegenständlichen Fahrzeug installierte Software zur Beeinflussung der Schadstoffemission im Testbetrieb stellt einen Sachmangel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB dar.
Nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB ist der Kaufgegenstand frei von Sachmängeln, wenn er sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, welche bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann. Die im streitgegenständlichen Fahrzeug eingebaute „Abschaltsoftware“ ist keine Beschaffenheit, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach Art der Sache auch erwarten kann. Die Installation und Verwendung einer sogenannten Abschaltsoftware ist bei Fahrzeugen anderer Hersteller in einer vergleichbaren Fahrzeugklasse jedenfalls nicht bekanntermaßen üblich (so auch LG Braunschweig, Urt. v. 12.10.2016 – 4 O 202/16). Auch erwartet ein Durchschnittskäufer nicht, dass die gesetzlich vorgegebenen Abgaswerte nur deshalb eingehalten und entsprechend attestiert werden, weil eine Software installiert worden ist, die dafür sorgt, dass der Prüfstandlauf erkannt und über entsprechende Programmierung der Motorsteuerung in gesetzlich unzulässiger Weise insbesondere der Stickoxidausstoß reduziert wird. Insoweit resultiert die Mangelhaftigkeit nicht etwa daraus, dass die unter Laborbedingungen gemessenen Werte im alltäglichen Straßenverkehr nicht eingehalten werden, sondern basiert darauf, dass der Motor die Vorgaben im Prüfstandlauf nur aufgrund der manipulierten Software einhält (LG Münster, Urt. v. 14.03.2016 – 011 O 341/15; LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16).
Auch eignet sich das Fahrzeug nicht zur gewöhnlichen Verwendung. Zwar ist der Beklagtenseite zuzugestehen, dass der Kläger derzeit das streitgegenständliche Fahrzeug uneingeschränkt nutzen kann. Allerdings muss das Fahrzeug unstreitig im Rahmen einer Rückrufaktion umgerüstet werden, um den entsprechenden Auflagen des Kraftfahrt-Bundesamtes zu genügen und nicht den Verlust der Allgemeinen Betriebserlaubnis zu riskieren. Wenn es dem Kläger also nicht freisteht, dem Rückruf seines Fahrzeugs Folge zu leisten und dessen Zulassung Im Straßenverkehr zu erhalten, dann kann nicht von einer gewöhnlichen Verwendungsmöglichkeit des streitgegenständlichen Fahrzeugs ausgegangen werden (LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16).
2. Der Kläger hat der Beklagten auch eine angemessene Frist zur Nacherfüllung gemäß § 323 I BGB gesetzt. Zwar ist die Fristsetzung aus dem Schreiben des Klägervertreters vom 16.12.2015 bis zum 08.01.2016 gerade im Hinblick auf die anstehenden Feiertage und den Jahreswechsel als zu kurz und daher nicht angemessen anzusehen. Auch die Nachfristsetzung mit Schriftsatz vom 03.02.2016 bis zum 12.02.2016 ist im vorliegenden Streitfall als zu kurz bemessen anzusehen, insbesondere auch im Hinblick auf den von der Beklagten erklärten Verzicht auf die Verjährungseinrede bis zum 31.12.2006.
Zu berücksichtigen ist aber, dass durch die Fristsetzung überhaupt eine objektiv angemessene Frist in Gang gesetzt wird (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Aufl. [2016], § 323 Rn. 14). Eine angemessene Frist ist zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bereits abgelaufen.
Bei der Bestimmung der Angemessenheit der Frist ist auf den Sinn und Zweck der Fristsetzung abzustellen. Die Frist soll dem Schuldner eine letzte Gelegenheit zur Vertragserfüllung eröffnen. Dem Kläger ist es bei Zugrundelegung aller Umstände des Einzelfalls nicht mehr zumutbar, die geplante Rückrufaktion abzuwarten. Zwischen erster Fristsetzung und Zugang der Klageschrift, welche als Rücktrittserklärung i. S. des § 349 BGB auszulegen ist, vergingen bereits mehr als drei Monate, bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 17.10.2016 sogar zehn Monate, ohne dass bislang eine Nachbesserung seitens der Beklagten erfolgt ist. Jedenfalls bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wurde der Beklagten eine Frist zur Nacherfüllung gewährt, die auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten angeführten Gesamtkoordination der Rückrufaktion und der Vielzahl der betroffenen Fahrzeuge als angemessen angesehen werden muss, zumal nach eigenem Vortrag der Beklagten und der Streithelferin die Nachbesserungsarbeiten an sich sowohl vom erforderlichen Zeitmaß als auch von den Kosten als gering einzustufen sind. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, warum bislang für den hier streitgegenständlichen Motortyp immer noch die Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt fehlt.
Zwar muss berücksichtigt werden, dass auf Betreiben des Klägers die Beklagte bis zum 31.12.2016 auf die Einrede der Verjährung verzichtet hat. Dies wurde ausdrücklich vom Kläger gefordert, um das Beschreiten gerichtlicher Schritte zu vermeiden. Hierin ist aber keinesfalls ein Verzicht auf die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte bis zum 31.12.2016 zu sehen. Vielmehr spielt dieser Aspekt eine Rolle bei der Entscheidung – wie oben bereits dargestellt –, ob vom Kläger vor Einreichung der Klage bereits eine angemessene Nacherfüllungsfrist gesetzt wurde, was zu verneinen ist. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung stellt sich die Situation jedoch so dar, dass die Streithelferin nicht zusichern kann, dass bis zum 31.12.2016 das streitgegenständliche Fahrzeug an der erforderlichen Rückrufaktion teilnehmen wird. Die Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt, die in keinster Weise im Einflussbereich der Streithelferin bzw. der Beklagten steht, steht noch aus, sodass lediglich Planungen für den Beginn der Rückrufaktion ab 50. Kalenderwoche gemacht werden können.
Abgesehen davon, dass es sich lediglich um eine Planung handelt, deren Durchführung zum jetzigen Zeitpunkt noch völlig unsicher ist, ist es auch im Hinblick auf die dann anstehenden Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel äußerst zweifelhaft, dass eine Umrüstung des streitgegenständlichen Fahrzeugs noch im Jahr 2016 erfolgt. Aufgrund dieser Perspektive und Prognose war es dem Kläger zumindest zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung trotz des erfolgten Verzichts auf die Verjährungseinrede nicht mehr zumutbar, weiter abzuwarten, sodass eine objektiv angemessene Frist zu diesem Zeitpunkt abgelaufen war.
3. Das Rücktrittsrecht des Klägers ist auch nicht gemäß § 323 V 2 BGB ausgeschlossen, da der vorliegende Mangel nicht unerheblich ist.
Gemäß § 323 V 2 BGB ist der Rücktritt ausgeschlossen, wenn der Schuldner eine Schlechtleistung erbracht hat, die Pflichtverletzung jedoch unerheblich ist. Beweisbelastet hierfür ist die Beklagte als Rücktrlttsgegnerin (MünchKomm-BGB/Ernst, 7. Aufl. [2016], § 323 Rn. 254).
Nach der Rechtsprechung des BGH ist für die Entscheidung der Frage, ob die Pflichtverletzung unerheblich ist, eine umfassende Interessenabwägung auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Ist der Mangel behebbar, ist in der Interessenabwägung insbesondere auf das Verhältnis der Beseitigungskosten zum Kaufpreis abzustellen. Bei einem behebbaren Mangel ist im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung von einer Geringfügigkeit des Mangels und damit von einer Unerheblichkeit der Pflichtverletzung jedenfalls nicht mehr auszugehen, wenn der Mangelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises übersteigt (BGH, Urt. v. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13 Rn. 30 ff.).
Im vorliegenden Fall ist der streitgegenständliche Mangel grundsätzlich behebbar. Nach dem Vortrag der Beklagten erfordert die Nachbesserung lediglich das Aufspielen einer neuen Software sowie den Einbau eines sogenannten Strömungstransformators direkt vor dem Luftmassenmesser. Dies erfordere lediglich eine Arbeitszeit von weniger als einer Stunde und Kosten in Höhe von circa 100 €. Im vorliegenden FaII würde daher unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Mangelbeseitigungsaufwand und Kaufpreis nach dem Vortrag der Beklagten keine erhebliche Pflichtverletzung vorliegen.
Dem Antrag der Beklagten auf Erholung eines Sachverständigengutachtens hierzu war jedoch nicht nachzukommen, da nach der Rechtsprechung des BGH nicht alleine das Verhältnis des Mangelbeseitigungsaufwandes zum Kaufpreis für die Erheblichkeit der Pflichtverletzung entscheidend ist, sondern vielmehr eine umfassende Interessenabwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls durchzuführen ist. Selbst bei Unterstellung der Richtigkeit des Beklagtenvortrags führt diese umfassende Interessenabwägung im vorliegenden Streitfall jedoch dazu, dass die Pflichtverletzung der Beklagten als erheblich anzusehen ist.
Zugunsten der Beklagten ist bei dieser umfassenden Abwägung im Gegensatz zu dem vom LG München I (Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15) zu entscheidenden Fall zu berücksichtigen, dass der Beklagten eine arglistige Täuschung nicht vorzuwerfen ist. Die Beklagte ist keine Vertragshändlerin der Streithelferin, sodass ihr die Angaben zum Schadstoffausstoß sowie der Einbau der „Abschaltsoftware“ durch die Streithelferin nicht zugerechnet werden können.
Zulasten der Beklagten ist jedoch insbesondere zu berücksichtigen, dass die Beseitigung des vorliegenden Mangels tatsächlich nicht in absehbarer Zeit durchgeführt werden kann. Hierbei verkennt das Gericht nicht, dass die Frage des fruchtlosen Fristablaufs hinsichtlich der Nacherfüllung eine gesonderte gesetzliche Voraussetzung für die Entstehung und Ausübung eines gesetzlichen Rücktrittsrechts darstellt (§ 323 I BGB). Im vorliegenden Streitfall kommt diesem Kriterium jedoch Relevanz auch hinsichtlich der Frage zu, ob die Pflichtverletzung unerheblich ist. Zwar bedarf bei Unterstellung der Richtigkeit des Beklagtenvortrags die Durchführung der Nachbesserung lediglich eines geringen Zeitaufwands, Dies kann jedoch nicht isoliert betrachtet werden. Nach den eigenen Angaben der Beklagten und der Streithelferin ist für die technische Vorbereitung der beabsichtigten Mangelbeseitigung nunmehr ein Vorlauf von mehr als einem Jahr erforderlich. Erst dann soll der Mangel innerhalb einer Stunde behoben werden können. Es kann sich daher vorliegend nicht um eine einfache technische Maßnahme, die kurzfristig und ohne weitere Vorbereitungen hätte vorgenommen werden können, handeln. Hinzu kommt, dass die Mangelbeseitigung nicht im Belieben der Beklagten steht. Nach eigenem Vortrag der Beklagten kann sie die Nachbesserung nur nach Rücksprache und Freigabe durch den Hersteller vornehmen, der wiederum einer Genehmigung durch das Kraftfahrt-Bundesamt bedarf. Eine Mangelbeseitigungsmaßnahme, die der vorherigen behördlichen Prüfung und Genehmigung bedarf, kann nicht als unerheblich angesehen werden. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall die Freigabe durch das Kraftfahrt-Bundesamt zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch noch nicht vorlag. Auch konnte die Streithelferin nicht angeben, wann mit einer solchen Freigabe zuverlässig zu rechnen ist. Lediglich die Planungen der Streithelferin laufen dahin gehend, dass bezüglich des streitgegenständlichen Fahrzeugs die Rückrufaktion gegen 50. Kalenderwoche dieses Jahres erfolgen kann.
Desweiteren ist zulasten der Beklagten zu berücksichtigen, dass nicht sicher ist, ob die geplanten technischen Maßnahmen tatsächlich erfolgreich und ohne Nebenwirkungen sein werden. Wäre dem tatsächlich so einfach, wie von der Beklagten und der Streithelferin vorgetragen, so ist nicht nachzuvollziehen, warum mehrere Monate nach Aufdeckung des VW-Abgasskandals noch immer keine Entfernung der zum Mangel führenden Software möglich ist (so auch LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16). Darüber hinaus ist derzeit nicht absehbar, ob und in welchem Umfang sich aufgrund des Mangels bzw. des sogenannten Abgasskandals ein merkantiler Minderwert des streitgegenständlichen Fahrzeugs realisieren wird. Der sogenannte Abgasskandal ist Gegenstand weiter öffentlicher Wahrnehmung und Diskussion, einschließlich der Nachbesserungsversuche von Herstellerseite. Bereits das Bestehen eines naheliegenden Risikos eines bleibenden merkantilen Minderwerts führt aber dazu, dass der Mangel nicht als unerheblich angesehen werden kann (so auch LG Oldenburg, Urt. v. 01.09.2016 – 16 O 790/16, LG München I (LG München I, Urt. v. 14.04.2016 – 23 O 23033/15).
Zwar vermag der Kläger das streitgegenständliche Fahrzeug derzeit noch ohne Einschränkungen zu benutzen; die oben dargestellten Umstände zulasten der Beklagten überwiegen jedoch erheblich, sodass ein Ausschluss des Rücktrittsrechts gemäß § 323 V 2 BGB hier nicht eingreift.
4. Mit Einreichung der Klageschrift am 02.03.2016 und Zustellung am 02.04.2016 hat der Kläger konkludent den Rücktritt erklärt (§ 349 BGB).
5. Dem Kläger steht der geltend gemachte Zahlungsanspruch jedoch nicht in vollem Umfang zu. Der Kläger hat aufgrund der von dem Kaufpreis abzuziehenden Nutzungsentschädigung in Höhe von 3.715,14 € lediglich Anspruch auf Zahlung von 17.029,86 €.
Nach § 346 I BGB ist Rechtsfolge des Rücktritts die Rückgewähr empfangener Leistungen und die Herausgabe gezogener Nutzungen. Die Beklagte muss daher den erlangten Kaufpreis in Höhe von 20.745 € Zug um Zug gegen Rückgabe des streitgegenständlichen Fahrzeugs zurückzahlen.
Unstreitig … ist … der Kaufpreis vollständig durch Zahlung und lnzahlunggabe des gebrauchten Fahrzeugs des Klägers erfüllt worden … Soweit die Streithelferin den Wert des in Zahlung gegebenen Fahrzeugs mit 4.500 € mit Nichtwissen bestreitet, ist dies hier nicht zu berücksichtigen, da sie sich mit diesem Vortrag in Widerspruch zur Hauptpartei setzt (§ 67 ZPO). Von dem Kaufpreis in Höhe von 20.745 € ist jedoch ein Wertersatzanspruch für die Nutzung des Fahrzeugs abzuziehen. Der Wert der Nutzung des erworbenen Pkw durch den Kläger ist anhand des Bruttokaufpreises, der Fahrstrecke und der zu erwartenden Restlaufleistung auf Grundlage linearer Wertminderung zu errechnen (MünchKomm-BGB/Gaier, 7. Aufl. [2016], § 346 Rn. 27). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Pkw zum Zeitpunkt der Übergabe an den Kläger eine Laufleistung von 7.100 km aufwies und mit einer Gesamtlaufleistung von 250.000 km zu rechnen ist. Unbestritten blieb auch die Angabe des Klägers in der mündlichen Verhandlung, dass zum 17.10.2016 das streitgegenständliche Fahrzeug eine Laufleistung von 43.500 km aufwies. Diese Werte berücksichtigend ergibt sich ein Nutzungsvorteil von 3.715,14 €
$$\left({\frac{\text{20.745,00 €}\times\text{43.500 km}}{\text{(250.000 km − 7.100 km)}}}\right).$$
Dem Kläger steht danach ein Kaufpreisrückzahlungsanspruch in Höhe von 17.029,86 € zu. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.
II. Der Kläger kann in Prozessstandschaft die Zahlung der vorgerichtllchen Anwaltskosten in Höhe von 1.100,51 € gemäß §§ 433, 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 3, 280 I, 325 BGB verlangen …