1. Ein aus neu­en Ma­te­ria­li­en zu­sam­men­ge­setz­tes, un­be­nutz­tes Kraft­fahr­zeug ist re­gel­mä­ßig noch fa­brik­neu, wenn und so­lan­ge das Mo­dell die­ses Fahr­zeugs un­ver­än­dert wei­ter­ge­baut wird, wenn es kei­ne durch ei­ne län­ge­re Stand­zeit be­ding­ten Män­gel auf­weist und nach der Her­stel­lung kei­ne er­heb­li­chen Be­schä­di­gun­gen er­lit­ten hat, und wenn zwi­schen Her­stel­lung des Fahr­zeugs und Ab­schluss des Kauf­ver­trags nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen (im An­schluss an BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160).
  2. Auch ein fast zwölf Mo­na­te nach der Her­stel­lung ver­kauf­tes Fahr­zeug, ist dem­nach – so­fern die üb­ri­gen Vor­aus­set­zun­gen er­füllt sind – fa­brik­neu; von der 12-Mo­nats-Frist in ei­nem sol­chen Fall zu­guns­ten des Käu­fers ab­zu­wei­chen, wi­der­sprä­che der In­ten­ti­on des BGH, ei­ne Rechts­si­cher­heit schaf­fen­de und prak­ti­ka­ble Höchst­frist zu be­stim­men.

OLG Hamm, Ur­teil vom 16.08.2016 – 28 U 140/15

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin ver­langt von den Be­klag­ten die Rück­ab­wick­lung ei­nes Kfz-Kauf­ver­tra­ges mit der Be­grün­dung, das er­wor­be­ne Fahr­zeug – ein Mer­ce­des-Benz CL 500 – sei be­reits bei der Über­ga­be man­gel­haft ge­we­sen, weil es den an ei­nen Neu­wa­gen zu stel­len­den An­for­de­run­gen nicht ge­nügt ha­be.

Die Be­klag­te zu 1 ist ei­ne Mer­ce­des-Benz-Ver­trags­händ­le­rin; die Be­klag­te zu 2 ist die Her­stel­le­rin des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs.

Die Klä­ge­rin er­litt am 21.09.2012 mit ih­rem da­ma­li­gen Fahr­zeug, ei­nem Mer­ce­des-Benz CL 500 Coupé, ei­nen Un­fall und nahm mit der Be­kla­gen zu 1 Kon­takt auf, um den Un­fall­scha­den be­gut­ach­ten zu las­sen. Aus die­sem An­lass fand am 24.09.2012 ein Ter­min bei der Be­klag­ten zu 1 statt, an dem zwei Mit­ar­bei­ter der Be­klag­ten zu 1 – der Zeu­ge J und ein wei­te­rer Mit­ar­bei­ter – so­wie die Klä­ge­rin und ihr Ehe­mann, der Zeu­ge E, teil­nah­men. Bei die­sem Ter­min wur­de den Ehe­leu­ten das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug als Er­satz für das ver­un­fall­te Coupé vor­ge­stellt und fand ihr Ge­fal­len.

Nach­dem am 26.09.2012 das Scha­dens­gut­ach­ten vor­lag, aus­weis­lich des­sen das Un­fall­fahr­zeug ei­nen wirt­schaft­li­chen To­tal­scha­den er­lit­ten hat­te, ba­ten die Ehe­leu­te die Be­klag­te zu 1 um ein An­ge­bot für das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug. Die­ses An­ge­bot soll­te ih­nen ur­sprüng­lich am 27.09.2012 tags­über im Hau­se der Be­klag­ten zu 1 er­teilt wer­den; man ei­nig­te sich aber schließ­lich dar­auf, dass die Zeu­gen J und I am Abend des 27.09.2012 in die Woh­nung der Ehe­leu­te kom­men soll­ten. Das An­ge­bot, das die Zeu­gen den Ehe­leu­ten am Abend des 27.09.2012 un­ter­brei­te­ten, be­inhal­te­te ei­nen Lis­ten­preis von 152.885,25 €; als Bar­preis wur­den 113.600 € an­ge­bo­ten. Von die­sem Be­trag soll­te die Klä­ge­rin – nach An­rech­nung des ab­zu­tre­ten­den An­spruchs ge­gen den Kfz-Ver­si­che­rer auf Zah­lung des Wie­der­be­schaf­fungs­wer­tes für das ver­un­fall­te Fahr­zeug – noch 100.000 € zah­len.

Im Rah­men der Be­spre­chung kam das Bau­jahr des streit­be­fan­ge­nen Fahr­zeugs – das nach dem in ers­ter In­stanz un­strei­tig ge­blie­be­nen Vor­trag der Be­klag­ten ein sol­ches des Mo­dell­jah­res 2012 ist – zur Spra­che. Die Ehe­leu­te äu­ßer­ten den Wunsch, ein im Jahr 2012 pro­du­zier­tes Fahr­zeug zu er­wer­ben. Ob die Zeu­gen J und I auf Nach­fra­ge des Zeu­gen E er­klär­ten, der Mer­ce­des sei erst im Jahr 2012 ge­baut wor­den, oder ob sie le­dig­lich mit­teil­ten, sie näh­men an, das Fahr­zeug sei 2012 ge­baut wor­den, sei­en sich aber nicht si­cher, weil sie vor Ort nicht auf den Fir­men­com­pu­ter zu­grei­fen könn­ten, ist strei­tig.

Nach der – von der Klä­ge­rin be­strit­te­nen – Dar­stel­lung der Be­klag­ten schlug der Zeu­ge I, weil das Pro­duk­ti­ons­da­tum nicht in Er­fah­rung ge­bracht wer­den konn­te, vor, die Be­stel­lung schon ein­mal zu fi­xie­ren; er wer­de sich in den nächs­ten Ta­gen bei den Ehe­leu­ten mel­den und ih­nen das ge­naue Pro­duk­ti­ons­da­tum mit­tei­len.

Die Klä­ge­rin un­ter­zeich­ne­te ein Do­ku­ment, aus­weis­lich des­sen sie das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug bei der Be­klag­ten zu 2 be­stell­te und die Be­klag­te zu 1 le­dig­lich ver­mit­telnd tä­tig wur­de. Au­ßer­dem un­ter­zeich­ne­te die Klä­ge­rin – als Ver­käu­fe­rin – ei­ne Ver­ein­ba­rung über den An­kauf ih­res Alt­fahr­zeugs durch dei Be­klag­te zu 1, in der auf der letz­ten Sei­te hand­schrift­lich die oben ge­nann­ten Kon­di­tio­nen (Bar­preis 113.600 €, Ab­tre­tung des ge­gen den den Kfz-Ver­si­che­rer ge­rich­te­ten An­spruchs, Zu­zah­lung 100.000 €) ver­merkt sind.

Am 02.10.2012 teil­te ent­we­der der Zeu­ge J oder der Zeu­ge I dem Zeu­gen E te­le­fo­nisch mit, dass der Mer­ce­des nicht 2012, son­dern be­reits 2011 ge­baut wor­den sei. Es wur­de ver­ein­bart, dass des­halb am 04.10.2012 ei­ne Be­spre­chung im Hau­se der Be­klag­ten zu 1 statt­fin­den sol­le. Im Rah­men die­ser Be­spre­chung un­ter­brei­te­ten die Zeu­gen I und J den Ehe­leu­ten drei Vor­schlä­ge:

— Es bleibt bei der be­reits ge­tä­tig­ten Be­stel­lung; als (wei­te­ren) Bo­nus er­hält die Klä­ge­rin Win­ter­rä­der im Wert von 3.000 €.

— Die Klä­ge­rin er­wirbt ein dem be­stell­ten Fahr­zeug gleich­wer­ti­ges, aber 2012 pro­du­zier­tes Fahr­zeug aus dem Be­stand der Be­klag­ten zu 1 und er­hält auf den Kauf­preis ei­nen Nach­lass von 15 %.

— Die Klä­ge­rin be­stellt ein noch zu pro­du­zie­ren­des Neu­fahr­zeug und er­hält auf den Kauf­preis ei­nen Nach­lass von 10 %.

Für ei­nes der bei­den letzt­ge­nann­ten An­ge­bo­te ent­schied sich die Klä­ge­rin un­strei­tig nicht. Ob sie sich für das ers­te An­ge­bot ent­schied, al­so die Be­stel­lung vom 27.09.2012 am 04.10.2012 aus­drück­lich be­stä­tig­te, ist strei­tig.

Je­den­falls er­stell­ten die Zeu­gen I und J am 04.10.2012 im Auf­trag der Be­klag­ten zu 2 ein schrift­li­ches An­ge­bot be­züg­lich des streit­be­fan­ge­nen Fahr­zeugs. Die­ses An­ge­bot ent­sprach bis auf letzt­lich nicht zum Tra­gen ge­kom­me­ne Über­füh­rungs­kos­ten der Be­stel­lung vom 27.09.2012.

Der streit­be­fan­ge­ne Mer­ce­des wur­de der Klä­ge­rin am 12.10.2012 über­ge­ben. Nach ih­rer Dar­stel­lung zeig­te der Ki­lo­me­ter­zäh­ler des Fahr­zeugs zu die­sem Zeit­punkt ei­ne Lauf­leis­tung von 86 Ki­lo­me­tern an.

Ob die Klä­ge­rin im Ge­gen­zug der Be­klag­ten zu 1 das Un­fall­fahr­zeug über­gab und des­sen Rest­wert von 5.490 € an­ge­rech­net wur­de oder ob die Klä­ge­rin das Un­fall­fahr­zeugs an­der­weit ver­äu­ßer­te und den Kauf­preis in Hö­he des Rest­werts an die Be­klag­te zu 1 zahl­te, ist un­klar. Je­den­falls zahl­te die Klä­ge­rin am 09.10.2012 und am 15.10.2012 ins­ge­samt 105.110 € an die Be­klag­te zu 1, und auch wei­te­re 5.490 € ge­lang­ten an die Be­klag­te zu 1, so­dass die­se – un­strei­tig – ins­ge­samt 110.600 € von der Klä­ge­rin er­hielt.

Am 16.10.2012 er­stell­te die Be­klag­te zu 2 ei­ne Rech­nung über das Fahr­zeug, in der auf die Be­stel­lung vom 27.09.2012 Be­zug ge­nom­men wird und die den in die­ser Be­stel­lung ver­ein­bar­ten Be­trag von 152.885,25 € aus­weist. Au­ßer­dem er­teil­te die Be­klag­te zu 1 der Klä­ge­rin am 17.10.2012 ei­ne Gut­schrift über 42.285,25 €. Die Dif­fe­renz bei­der Be­trä­ge ent­spricht dem von der Klä­ge­rin ge­zahl­ten Be­trag.

En­de 2012 oder An­fang 2013 nah­men die Ehe­leu­te Kon­takt zu der Be­klag­ten zu 1 auf. Sie fühl­ten sich rück­bli­ckend über­vor­teilt, weil der Mer­ce­des – so ih­re Dar­stel­lung – nicht 2012, son­dern be­reits im Sep­tem­ber 2011 pro­du­ziert wor­den sei, schon län­ger bei der Be­klag­ten zu 1 ge­stan­den ha­be („Hal­den­fahr­zeug“) und von ihr als Vor­führ­wa­gen be­nutzt wor­den sei, so­dass er bei der Über­ga­be schon ei­ne Lauf­leis­tung von 86 Ki­lo­me­tern auf­ge­wie­sen ha­be.

An­walt­lich ver­tre­ten un­ter­brei­te­ten die Ehe­leu­te der Be­klag­ten zu 1 am 14.02.2013 ein „Ver­gleichs­an­ge­bot“, das vor­sah, dass die Be­klag­te zu 1 an die Klä­ge­rin 25.000 € zahlt; kom­me ei­ne Ei­ni­gung nicht zu­stan­de, wer­de die Klä­ge­rin das Fahr­zeug zu­rück­ge­ben. Die Be­klag­te zu 1 woll­te we­der das Ver­gleichs­an­ge­bot an­neh­men noch das Fahr­zeug zu­rück­neh­men; da­bei blieb sie auch, nach­dem die Klä­ge­rin mit Schrei­ben vom 06.03.2013 die Lie­fe­rung ei­nes man­gel­frei­en Fahr­zeugs ge­for­dert hat­te.

Mit ih­rer dar­auf­hin am 28.03.2013 er­ho­be­nen Kla­ge hat die Klä­ge­rin zu­nächst nur die Be­klag­te zu 1 auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­tra­ges in An­spruch ge­nom­men. Nach­dem die Be­klag­te zu 1 gel­tend ge­macht hat­te, nicht pas­siv­le­gi­ti­miert zu sein, hat die Klä­ge­rin die Kla­ge un­ter dem 13.08.2013 auf die Be­klag­te zu 2 er­wei­tert.

Das Land­ge­richt hat die Kla­ge nach Ver­neh­mung der Zeu­gen E, I, J, X und M ab­ge­wie­sen und dies im Kern wie folgt be­grün­det:

Ob die Be­klag­te zu 1 pas­siv­le­gi­ti­miert sei, kön­ne da­hin­ste­hen. Denn je­den­falls kön­ne die Klä­ge­rin nicht mit Er­folg die Rück­ab­wick­lung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kfz-Kauf­ver­tra­ges ver­lan­gen, weil sie nicht be­wie­sen ha­be, dass ihr Fahr­zeug bei der Über­ga­be man­gel­haft ge­we­sen sei. Die Klä­ge­rin ha­be den ihr ob­lie­gen­den Be­weis da­für, dass – wie sie be­haup­te – das Fahr­zeug ver­ein­ba­rungs­ge­mäß die Be­schaf­fen­heit „Pro­duk­ti­ons­jahr 2012“ auf­wei­sen soll­te, nicht ge­führt. Die Zeu­gen I und J hät­ten über­ein­stim­mend und glaub­haft be­kun­det, dass sie vor Ver­trags­schluss kei­ne ver­bind­li­che Aus­sa­ge zum Da­tum der Fer­tig­stel­lung des Fahr­zeugs ge­macht hät­ten. Nach den Aus­sa­gen die­ser Zeu­gen ste­he zu­dem fest, dass die Klä­ge­rin den Kauf­ver­trag zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt in Kennt­nis des Pro­duk­ti­ons­da­tums be­stä­tigt ha­be.

Die Klä­ge­rin ha­be auch nicht be­wie­sen, dass der Mer­ce­des bei der Über­ga­be nach ob­jek­ti­ven Kri­te­ri­en man­gel­haft ge­we­sen sei. Dass das Fahr­zeug – wie sie be­haup­te – bei öf­fent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen aus­ge­stellt und für Pro­be­fahr­ten zur Ver­fü­gung ge­stellt wor­den sei, hät­ten die von ihr be­nann­ten Zeu­gen X und M nicht be­stä­tigt. Im Üb­ri­gen ha­be der Mer­ce­des den An­for­de­run­gen ent­spro­chen, die an ein Neu­fahr­zeug zu stel­len sei­en, weil zwi­schen Her­stel­lung und Ver­kauf nicht mehr als ein Jahr ge­le­gen ha­be. Ei­ne mög­li­cher­wei­se bei Über­ga­be be­reits ab­sol­vier­te Lauf­leis­tung von 86 Ki­lo­me­tern än­de­re nichts an der Neu­wa­gen­ei­gen­schaft des Fahr­zeugs.

Die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ge­rin steht kein An­spruch auf Rück­ab­wick­lung des mit der Be­klag­ten zu 2 … ge­schlos­se­nen Kauf­ver­tra­ges aus den §§ 437 Nr. 2, 323, 346, 434 BGB zu.

Es kann nicht fest­ge­stellt wer­den, dass der Mer­ce­des bei Ge­fahr­über­gang ei­nen Sach­man­gel auf­ge­wie­sen hat. Den ihr ob­lie­gen­den Nach­weis, dass dem Fahr­zeug bei Über­ga­be am 12.10.2012 ei­ne ver­trag­lich ver­ein­bar­te Be­schaf­fen­heit i. S. von § 434 I 1 BGB fehl­te oder dass es ob­jek­tiv man­gel­haft ge­mäß § 434 I 2 Nr. 2 BGB ge­we­sen ist, hat die Klä­ge­rin nicht füh­ren kön­nen.

Dar­an schei­tert auch ein An­spruch ge­gen die – nicht Ver­trags­part­ne­rin der Klä­ge­rin ge­wor­de­ne – Be­klag­te zu 1, oh­ne dass der Se­nat ab­schlie­ßend ent­schei­den muss, ob de­ren Haf­tung aus Rechts­schein­grund­sät­zen oder we­gen ei­nes Schuld­bei­tritts ge­ge­ben ist.

I. Wie das Land­ge­richt zu Recht und mit zu­tref­fen­der Be­grün­dung fest­ge­stellt hat, hat die Klä­ge­rin ih­re zur Be­grün­dung ei­ner Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung über das Bau­jahr 2012 er­ho­be­ne Be­haup­tung, es sei ihr vor Un­ter­zeich­nung der Be­stel­lung am 27.09.2012 von den für die Be­klag­ten han­deln­den Zeu­gen I und J ver­bind­lich zu­ge­sagt wor­den, der streit­be­fan­ge­ne Pkw sei im Jahr 2012 pro­du­ziert wor­den, nicht be­wie­sen.

Der Se­nat ist nach § 529 I Nr. 1 ZPO grund­sätz­lich an die Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des Ge­richts des ers­ten Rechts­zu­ges ge­bun­den. Ei­ne er­neu­te Be­weis­auf­nah­me ist nur ge­bo­ten, wenn Zwei­fel an der Rich­tig­keit und Voll­stän­dig­keit der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Fest­stel­lun­gen im erst­in­stanz­li­chen Ur­teil be­ste­hen.

An­halts­punk­te, die ge­eig­net wä­ren, sol­che Zwei­fel zu be­grün­den, wer­den von der Klä­ge­rin mit der Be­ru­fung nicht auf­ge­zeigt. Die Aus­füh­run­gen in der Be­ru­fungs­be­grün­dung be­schrän­ken sich im We­sent­li­chen dar­auf, dass die Klä­ge­rin ih­re Be­weis­wür­di­gung an die Stel­le der vom Land­ge­richt vor­ge­nom­me­nen Be­weis­wür­di­gung setzt. Die nach ih­rer Auf­fas­sung ge­gen die Glaub­haf­tig­keit der Aus­sa­gen der Zeu­gen I und J spre­chen­den Punk­te über­zeu­gen nicht und ma­chen ei­ne er­neu­te Be­weis­auf­nah­me nicht er­for­der­lich.

1. So­weit die Klä­ge­rin meint, ge­gen die Rich­tig­keit der Aus­sa­gen der Zeu­gen I und J spre­che be­reits, dass nach der all­ge­mei­nen Le­bens­er­fah­rung aus­ge­schlos­sen wer­den kön­ne, dass die Zeu­gen den Ter­min am Abend des 27.09.2012 wahr­ge­nom­men hät­ten, oh­ne sich zu­vor De­tail­in­for­ma­tio­nen zum Pro­duk­ti­ons­jahr zu be­sor­gen, teilt der Se­nat die­se Auf­fas­sung nicht.

Dass es der Klä­ge­rin auf das kon­kre­te Pro­duk­ti­ons­da­tum des Fahr­zeugs an­kom­men wür­de, wuss­ten die Zeu­gen I und J nach Ak­ten­la­ge vor dem Orts­ter­min nicht; Nach­fra­ge da­nach hat­te die Klä­ge­rin nach ih­rem Vor­trag im Vor­feld des Be­spre­chungs­ter­mins nicht ge­hal­ten.

Wie der Zeu­ge I nach­voll­zieh­bar be­kun­det hat, sind Fra­gen nach dem Pro­duk­ti­ons­da­tum von Fahr­zeu­gen – an­ders als die Fra­ge nach dem Mo­dell­jahr – nicht die Re­gel, so­dass es nach­voll­zieh­bar er­scheint, wenn die Zeu­gen bei dem Orts­ter­min dar­über kei­ne Un­ter­la­gen mit sich führ­ten.

2. Auch die Ar­gu­men­ta­ti­on der Klä­ge­rin, sie hät­te die Be­stel­lung oh­ne ver­bind­li­che In­for­ma­ti­on über das Bau­jahr nicht un­ter­zeich­net, weil ihr das Pro­duk­ti­ons­jahr be­son­ders wich­tig ge­we­sen sei, wes­halb die ge­gen­tei­li­gen Be­kun­dun­gen der Zeu­gen I und J un­glaub­haft sei­en, ver­fängt nicht.

Vor­aus­set­zung für die von der Klä­ge­rin ge­zo­ge­ne Schluss­fol­ge­rung ist, dass für sie das Pro­duk­ti­ons­jahr 2012 vor Ver­trags­schluss wirk­lich so ent­schei­dend ge­we­sen ist, dass sie den Er­werb des Fahr­zeugs da­von ab­hän­gig ma­chen woll­te. Ge­nau das kann an­ge­sichts der sich wi­der­spre­chen­den Aus­sa­gen des Zeu­gen E ei­ner­seits und der Zeu­gen I bzw. J an­de­rer­seits nicht fest­ge­stellt wer­den.

Ge­gen die An­nah­me, dass der Ver­trags­schluss mit dem Pro­duk­ti­ons­jahr 2012 „ste­hen und fal­len“ soll­te, spricht im Üb­ri­gen, dass die Klä­ge­rin am Ver­trag fest­ge­hal­ten hat, auch nach­dem ihr am 02.10.2012 von dem Zeu­gen I das Pro­duk­ti­ons­jahr 2011 mit­ge­teilt wor­den war. Der Ver­trag wur­de von der Klä­ge­rin – nach Ge­wäh­rung ei­nes wei­te­ren Preis­nach­las­ses von 3.000 € – voll­zo­gen, ob­wohl sie zu die­sem Zeit­punkt po­si­tiv wuss­te, dass der Mer­ce­des nicht im Jahr 2012 pro­du­ziert wor­den war.

3. Ge­gen die Glaub­haf­tig­keit der Aus­sa­gen der Zeu­gen I und J strei­tet auch nicht, dass ih­nen nach Dar­stel­lung der Klä­ge­rin dar­an ge­le­gen ge­we­sen sein soll, den Mer­ce­des vor Ab­lauf der Jah­res­frist nach Pro­duk­ti­ons­da­tum am 31.10.2012 zu ver­kau­fen. Selbst wenn die Zeu­gen be­strebt wa­ren, das Fahr­zeug noch vor Ab­lauf der Jah­res­frist zu ver­kau­fen, lässt das den von der Klä­ge­rin ge­zo­ge­nen Rück­schluss dar­auf, dass die Zeu­gen den Ver­trags­schluss mit un­lau­te­ren Mit­teln her­bei­füh­ren woll­ten, nicht zu.

II. Dar­auf, ob die Klä­ge­rin am 04.10.2012 bzw. kurz dar­auf die Be­stel­lung vom 27.09.2012 aus­drück­lich be­stä­tigt hat, kommt es un­ab­hän­gig da­von, wie ei­ne sol­che Be­stä­ti­gung recht­lich zu be­wer­ten wä­re, im Er­geb­nis nicht an.

III. Ent­ge­gen der Rechts­mei­nung der Klä­ge­rin ist auch die Fest­stel­lung des Land­ge­richts, der Klä­ge­rin sei der Nach­weis ei­nes bei Über­ga­be vor­lie­gen­den ob­jek­ti­ven Sach­man­gels i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB nicht ge­lun­gen, nicht zu be­an­stan­den.

Nach stän­di­ger Recht­spre­chung des BGH (vgl. BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160; vgl. auch BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, BB 2016, 1997; Rein­king/Eg­gert, Der Au­to­kauf, 12. Aufl., Rn. 506 ff.) ist ein Fahr­zeug fa­brik­neu, wenn es aus neu­en Ma­te­ria­li­en zu­sam­men­ge­setzt und un­be­nutzt ist, wenn und so­lan­ge das Mo­dell un­ver­än­dert wei­ter­ge­baut wird, wenn es kei­ne durch län­ge­re Stand­zeit be­ding­te Män­gel auf­weist und nach der Her­stel­lung kei­ne er­heb­li­chen Be­schä­di­gun­gen ein­ge­tre­ten sind, und wenn zwi­schen Her­stel­lung und Ab­schluss des Kauf­ver­tra­ges nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen.

Die­se Vor­aus­set­zun­gen er­füll­te der streit­be­fan­ge­ne Mer­ce­des; Ge­gen­tei­li­ges hat die Klä­ge­rin nicht be­wie­sen.

1. Die Be­haup­tung der Klä­ge­rin, der Mer­ce­des sei nur noch bis Mit­te 2012 pro­du­ziert wor­den und da­her ein „Aus­lauf­mo­dell“, ist vom Land­ge­richt zu­tref­fend als un­sub­stan­zi­iert und ei­nem Be­weis nicht zu­gäng­lich be­wer­tet wor­den. Ein Be­ru­fungs­an­griff wird da­ge­gen nicht ge­führt; die Fest­stel­lung ist für den Se­nat bin­dend (§ 529 I ZPO).

2. Die Be­haup­tung der Klä­ge­rin, der Mer­ce­des sei nicht un­be­nutzt ge­we­sen, weil er bei Über­ga­be ei­ne Lauf­leis­tung von 86 Ki­lo­me­tern auf­ge­wie­sen ha­be und im Rah­men von öf­fent­li­chen Aus­stel­lun­gen als Pro­be­fahr­zeug zur Ver­fü­gung ge­stellt wor­den sei, ist nicht be­wie­sen.

a) Die von der Klä­ge­rin erst­in­stanz­lich für die Ver­wen­dung des Mer­ce­des als Aus­stel­lungs- und Pro­be­fahr­zeug im Stra­ßen­ver­kehr be­nann­ten Zeu­gen X und M ha­ben die Be­haup­tung der Klä­ge­rin nicht be­stä­tigt, ih­re Aus­sa­gen wa­ren un­er­gie­big.

Mit ih­rem erst­mals in zwei­ter In­stanz er­folg­ten Be­weis­an­tritt für die Ver­wen­dung des Mer­ce­des auf Aus­stel­lun­gen durch Be­nen­nung des (wei­te­ren) Zeu­gen L ist die Klä­ge­rin aus­ge­schlos­sen. Die Klä­ge­rin hat kei­ne Um­stän­de vor­ge­tra­gen, die die Zu­las­sung des Be­weis­mit­tels in zwei­ter In­stanz nach § 531 II ZPO recht­fer­ti­gen könn­ten. Au­ßer­dem ist nicht er­sicht­lich oder vor­ge­tra­gen, aus wel­chem Grund der bis­lang von kei­ner Par­tei er­wähn­te Zeu­ge L zu dem Be­weisthe­ma et­was be­kun­den kön­nen soll.

b) Dass der Mer­ce­des bei Über­ga­be be­reits 86 Ki­lo­me­ter ge­lau­fen sein soll, hat die Klä­ge­rin zwar be­haup­tet; ei­nen ob­jek­ti­vier­ba­ren Nach­weis hat sie für ih­re be­strit­te­ne Be­haup­tung aber nicht er­bracht.

Ihr Ehe­mann hat vor dem Land­ge­richt zwar be­stä­tigt, dass das Fahr­zeug die be­haup­te­te Lauf­leis­tung bei Über­ga­be auf­ge­wie­sen ha­be. Das er­ach­tet der Se­nat al­ler­dings an­ge­sichts des Um­stands, dass die Lauf­leis­tung bei Über­nah­me des Mer­ce­des am 12.10.2012 nicht er­wähnt oder ge­rügt wor­den ist, ob­wohl der Zeu­ge E sie nach sei­nen Be­kun­dun­gen vor dem Land­ge­richt be­merkt ha­ben will, als nicht glaub­haft.

Im Üb­ri­gen führt die im am 12.10.2012 von der Klä­ge­rin un­ter­zeich­ne­ten „Tor­pass“ do­ku­men­tier­te vor­be­halt­lo­se Über­nah­me des Fahr­zeugs als ver­trags­ge­recht da­zu, dass die Klä­ge­rin sich nicht im Nach­hin­ein auf ei­ne an­geb­lich un­zu­mut­bar ho­he und dem Cha­rak­ter ei­nes Neu­fahr­zeugs wi­der­spre­chen­de Lauf­leis­tung be­ru­fen kann. Ob ei­ne Lauf­leis­tung von 86 Ki­lo­me­tern grund­sätz­lich bei ei­nem Neu­fahr­zeug noch ak­zep­ta­bel wä­re, wenn sie – wie von den Be­klag­ten be­haup­tet – bei Über­füh­rungs­fahr­ten an­ge­fal­len ist, be­darf nach al­lem kei­ner ab­schlie­ßen­den Ent­schei­dung.

c) Dass der Mer­ce­des bei Er­werb durch die Be­klag­te nicht äl­ter als zwölf Mo­na­te war (zu die­ser Frist s. BGH, Urt. v. 29.06.2016 – VI­II ZR 191/15, BB 2016, 1997; Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02, NJW 2004, 160; Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 180/05, NJW 2006, 2694), steht nach Ak­ten­la­ge fest. Das Fahr­zeug wur­de am 30.09.2011 pro­du­ziert. Die Klä­ge­rin hat die Be­stel­lung am 27.09.2012 un­ter­zeich­net; die die An­nah­me der Be­stel­lung durch die Be­klag­te zu 2 do­ku­men­tie­ren­de Aus­stel­lung des „Tor­pas­ses“ da­tiert auf den 28.09.2012.

An ih­rer erst­mals in zwei­ter In­stanz er­ho­be­nen Be­haup­tung, der streit­be­fan­ge­ne Mer­ce­des sei nicht am 30.09.2011, son­dern schon im Jahr 2010 pro­du­ziert wor­den, hat die Klä­ge­rin nicht mehr fest­ge­hal­ten; der Vor­trag wur­de im Se­nats­ter­min nach Vor­la­ge wei­te­rer Be­le­ge durch die Be­klag­ten auf­ge­ge­ben.

So­weit die Klä­ge­rin im Se­nats­ter­min die Auf­fas­sung ver­tre­ten hat, die vom BGH an­ge­setz­te, ab dem Pro­duk­ti­ons­da­tum lau­fen­de Jah­res­frist dür­fe nicht streng be­rech­net wer­den, son­dern ein fast zwölf Mo­na­te al­tes Fahr­zeug wie das streit­ge­gen­ständ­li­che sei eben­falls nicht mehr „neu­wer­tig“, folgt der Se­nat dem nicht. Der BGH war bei Ab­fas­sung der Ent­schei­dung vom 15.10.2003 ge­hal­ten, ei­ne Rechts­si­cher­heit schaf­fen­de und prak­ti­ka­ble Höchst­frist zu be­stim­men, ab de­ren Ab­lauf ein Kraft­fahr­zeug nicht mehr als „Neu­wa­gen“ be­zeich­net wer­den darf. Dem ist mit der Be­stim­mung der Jah­res­frist Rech­nung ge­tra­gen wor­den; ei­ne Auf­wei­chung der zeit­li­chen Gren­ze wi­der­sprä­che der In­ten­ti­on die­ser Recht­spre­chung …

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