1. An­ga­ben, die ein Kfz-Her­stel­ler in ei­nem Ver­kaufs­pro­spekt zum Kraft­stoff­ver­brauch ei­nes Fahr­zeugs macht, sind öf­fent­li­che Äu­ße­run­gen i. S. des § 434 I 3 BGB. Ein Käu­fer kann des­halb i. S. von § 434 I 2 Nr. 2 BGB er­war­ten, dass sein Fahr­zeug so viel Kraft­stoff wie an­ge­ge­ben ver­braucht. Maß­geb­lich ist al­ler­dings nicht der Kraft­stoff­ver­brauch des Fahr­zeugs beim re­gu­lä­ren Be­trieb im Stra­ßen­ver­kehr, son­dern es kommt dar­auf an, ob sich die an­ge­ge­be­nen Wer­te un­ter ge­norm­ten Test­be­din­gun­gen re­pro­du­zier­bar sind.
  2. Ein Man­gel in Ge­stalt ei­nes über­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauchs be­rech­tigt den Käu­fer ei­nes Neu­wa­gens nur dann zum Rück­tritt vom Kauf­ver­trag, wenn der Kraft­stoff­ver­brauch um mehr als 10 % von den Her­stel­ler­an­ga­ben ab­weicht. Maß­geb­lich ist die Ab­wei­chung vom – re­gel­mäig für ein Fahr­zeug mit Grund­aus­stat­tung – an­ge­ge­be­nen „kom­bi­nier­ten“ Ver­brauchs­wert, die bei ei­nem Fahr­zeug mit Son­der­aus­stat­tung mit Blick auf ei­nen aus­stat­tungs­be­ding­ten Mehr­ver­brauch zu kor­ri­gie­ren sein kann. Weicht der Kraft­stoff­ver­brauch um we­ni­ger als 10 % (hier: 9,5 %) von den Her­stel­ler­an­ga­ben ab, liegt nur ein ge­ring­fü­gi­ger Man­gel vor und ist ein Rück­tritt vom Kauf­ver­trag ge­mäß § 323 V 2 BGB aus­ge­schlos­sen (im An­schluss an BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VI­II ZR 19/05, NJW 2007, 2111 Rn. 3 f.).

LG Kas­sel, Ur­teil vom 08.12.2015 – 7 O 55/14

Sach­ver­halt: Der Klä­ger kauf­te von der be­klag­ten Kfz-Händ­le­rin mit Ver­trag vom 11.06.2012 ei­nen fa­brik­neu­en Pkw mit Au­to­ma­tik­ge­trie­be zum Preis von 52.272 € brut­to. Das Fahr­zeug ist un­ter an­de­rem mit ei­nem „M Sport­pa­ket“, ge­gen­über dem Grund­mo­dell brei­te­ren Rei­fen (Som­mer­gür­tel­rei­fen mit Not­lauf­ei­gen­schaf­ten; 245/50 R18 100W) so­wie ei­ner Park Dis­tan­ce Con­trol (PDC) mit Rück­fahr­ka­me­ra aus­ge­stat­tet. Es hat ein Ge­wicht (Leer­mas­se) von 1.945 kg und wiegt da­mit 145 kg mehr als das iden­ti­sche Fahr­zeug­mo­dell oh­ne Son­der­aus­stat­tung.

Vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags hat­te der Klä­ger von der Be­klag­ten ei­nen Ver­kaufs­pro­spekt des Fahr­zeug­her­stel­lers er­hal­ten. Dar­in ist für das vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug­mo­dell oh­ne Zu­satz­aus­stat­tung der Kraft­stoff­ver­brauch (Die­sel) in Li­tern pro 100 km wie folgt an­ge­ge­ben:

in­ner­orts au­ßer­orts kom­bi­niert
6,7 (6,1) 5,0 (5,3) 5,6

In der Fuß­no­te zu die­sen Angha­ben heißt es:

„Als Ba­sis für die Ver­brauch­ser­mitt­lun­gen gilt der ECE-Fahr­zy­klus (93/116/EG). Die­ser setzt sich aus ca. ei­nem Drit­tel Fahrt in­ner­orts und zwei Drit­teln au­ßer­orts (ge­mes­sen an der Weg­stre­cke) zu­sam­men. … Der Ver­brauch wur­de auf Grund­la­ge der Se­ri­en­aus­stat­tung er­rech­net. Son­der­aus­stat­tun­gen (z. B. brei­te­re Rei­fen) kön­nen den Ver­brauch we­sent­lich be­ein­flus­sen.“

Das ge­kauf­te Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger im Ju­ni 2012 über­ge­ben.

Die­ser for­der­te die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 27.06.2012 we­gen ei­nes an­geb­lich er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauchs des Pkw auf, ihm bis zum 05.07.2013 ei­nen man­gel­frei­en Neu­wa­gen zu lie­fern. Nach­dem die ge­setz­te Frist er­folg­los ab­ge­lau­fen war, lei­te­te der Klä­ger ein selbst­stän­di­ges Be­weis­ver­fah­ren ein, das beim LG Kas­sel un­ter dem Ak­ten­zei­chen 9 OH 84/13 ge­führt wur­de.

Der Klä­ger be­haup­tet, dass der Kraft­stoff­ver­brauch sei­nes Fahr­zeugs im Durch­schnitt um 10,6 % von den Her­stel­ler­an­ga­ben ab­wei­che. Das im Ver­gleich zur Grund­aus­stat­tung hö­he­re Ge­wicht des Pkw wir­ke sich auf den Kraft­stoff­ver­brauch nicht oder al­len­falls un­we­sent­lich aus; der aus­stat­tungs­be­ding­te Mehr­ver­brauch be­tra­ge höchs­tens 5 % des ge­sam­ten Kraft­stoff­ver­brauchs. Dar­über hin­aus be­haup­tet der Klä­ger, dass bei sei­nem Fahr­zeug die Park Dis­tan­ce Con­trol (PDC) und die Rück­fahr­ka­me­ra zeit­wei­se aus­fie­len. Auch las­se sich die Heck­klap­pe des Pkw nur ge­le­gent­lich mit dem Funk­schlüs­sel öff­nen.

Der Klä­ger hat die Be­klag­te auf Rück­ab­wick­lung des Kauf­ver­trags (Rück­zah­lung des um ei­ne Nut­zungs­ent­schä­di­gung ver­min­der­ten Kauf­prei­ses nebst Zin­sen Zug um Zug ge­gen Rück­ge­währ des Fahr­zeugs) so­wie auf Er­stat­tung au­ßer­ge­richt­lich an­ge­fal­le­ner Kos­ten in Hö­he von 2.251,48 € nebst Zin­sen in An­spruch ge­nom­men. Dar­über hin­aus hat er die Fest­stel­lung des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten be­gehrt.

Die Be­klag­te hat gel­tend ge­macht, ent­ge­gen der Dar­stel­lung des Klä­gers be­wir­ke das „M Sport­pa­ket“ nicht zwin­gend ei­ne Re­du­zie­rung des Kraft­stoff­ver­brauchs. Viel­mehr sol­le es das Fahr­zeug in ers­ter Li­nie bei hö­he­ren Ge­schwin­dig­kei­ten „auf die Stra­ße drü­cken“, um ein dy­na­mi­sche­res Durch­fah­ren von Kur­ven zu er­mög­li­chen.

Die (zu­läs­si­ge) Kla­ge hat­te kei­nen Er­folg.

Aus den Grün­den: A. Der Klä­ger hat kei­nen An­spruch auf Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs aus §§ 346 I, 348, 437 Nr. 2 Fall 1, §§ 323, 440 BGB. Dem Klä­ger steht kein Recht zum Rück­tritt von dem mit der Be­klag­ten ge­schlos­se­nen Kauf­ver­trag zu. Das streit­be­fan­ge­ne Kfz ist zwar mit ei­nem Sach­man­gel be­haf­tet; die­ser ist je­doch un­er­heb­lich i. S. des § 323 V 2 BGB.

I. Das an den Klä­ger über­ge­be­ne Fahr­zeug ist auf­grund er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauchs man­gel­haft (§ 434 II 2 Nr. 2, Satz 3 BGB).

Da An­halts­punk­te für ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung und ei­ne ver­trag­lich vor­aus­ge­setz­te Ver­wen­dung feh­len, ist hin­sicht­lich der Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs auf des­sen Eig­nung zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung so­wie des­sen üb­li­che und vom Käu­fer zu er­war­ten­de Be­schaf­fen­heit ab­zu­stel­len (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB). Die in dem dem Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags über­las­se­nen Her­stel­ler­pro­spekt ent­hal­te­nen An­ga­ben zum Kraft­stoff­ver­brauch sind öf­fent­li­che Äu­ße­run­gen i. S. des § 434 I 3 BGB. Da­mit wird die Soll­be­schaf­fen­heit des streit­ge­gen­ständ­li­chen Kfz i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB durch die An­ga­ben im Ver­kaufs­pro­spekt be­stimmt (vgl. auch LG Bo­chum, Urt. v. 12.04.2012 – 4 O 250/10, ju­ris Rn. 18). Be­zo­gen auf den Kraft­stoff­ver­brauch des Kfz ist für das Vor­lie­gen der üb­li­chen und zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit maß­geb­lich, ob die im Pro­spekt an­ge­ge­be­nen Wer­te un­ter Test­be­din­gun­gen re­pro­du­zier­bar sind (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2013 – I-28 U 94/12, ju­ris Rn. 37; OLG Bran­den­burg, Urt. v. 27.03.2014 – 5 U 70/12, ju­ris Rn. 18).

Nach die­sen Maß­stä­ben wur­de vor­lie­gend ei­ne Soll­be­schaf­fen­heit des klä­ge­ri­schen Kfz mit ei­nem un­ter Be­rück­sich­ti­gung al­ler Be­triebs­be­din­gun­gen durch­schnitt­li­chen Kraft­stoff­ver­brauch von 5,6 l/100 km ver­ein­bart. Al­lein der her­stel­ler­sei­ti­ge Hin­weis im Ver­kaufs­pro­spekt dar­auf, dass Son­der­aus­stat­tun­gen den Kraft­stoff­ver­brauch des Fahr­zeu­ges we­sent­lich be­ein­flus­sen kön­nen, recht­fer­tigt nicht, die Kraft­stoff­ver­brauchs­an­ga­ben als blo­ße an­prei­sen­de tech­ni­sche Er­läu­te­run­gen oh­ne Be­schaf­fen­heits­cha­rak­ter an­zu­se­hen.

1. Dem vom Klä­ger er­wor­be­nen Fahr­zeug fehl­te bei Ge­fahr­über­gang ei­ne Be­schaf­fen­heit i. S. des § 434 I 2 Nr. 2, Satz 3 BGB, die nach dem Ver­kaufs­pro­spekt des Her­stel­lers zu er­war­ten war. Der in­so­weit dar­le­gungs- und be­weis­be­las­te­te Klä­ger (§ 363 BGB) hat nach­zu­wei­sen ver­mocht, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Kfz nicht die im Ver­kaufs­pro­spekt an­ge­ge­be­nen Kraft­stoff­ver­brauchs­wer­te auf­wies.

Zur Be­wer­tung des Um­stands, ob der Kraft­stoff­ver­brauch des klä­ge­ri­schen Kfz der Soll­be­schaf­fen­heit ent­spricht, kommt es nicht auf den tat­säch­li­chen Kraft­stoff­ver­brauch des Fahr­zeugs im nor­ma­len Ver­kehrs­be­trieb an. Ent­schei­dend ist viel­mehr, wie hoch der Ver­brauch ent­spre­chend den Her­stel­ler­an­ga­ben bei An­wen­dung des Mess­ver­fah­rens nach der EG-Richt­li­nie ist (BGH, Urt. v. 18.06.1997 – VI­II ZR 52/96, BGHZ 136, 94, 96 f. = NJW 1997, 2590, 2591; OLG Frank­furt a. M., Urt. v. 22.12.2011 – 25 U 162/10, ju­ris Rn. 37 m. w. Nachw.).

Aus­weis­lich des schrift­li­chen Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens des Dipl.-Ing. S vom 30.03.2013 im bei­ge­zo­ge­nen selb­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­ren, wel­ches hier ge­mäß § 493 ZPO ver­wer­tet wer­den kann, ver­braucht der Pkw des Klä­gers (un­ter Be­rück­sich­ti­gung ei­ner Mess­to­le­ranz der Prüf­stands­ein­rich­tun­gen von ±2 %) mehr als im Ver­kaufs­pro­spekt an­ge­ge­ben. Das Ge­richt hat kei­ne Zwei­fel an der Rich­tig­keit der Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen. Die­ser hat die dem ge­nann­ten Gut­ach­ten zu­grun­de lie­gen­de Kraft­stoff­ver­brauchs­mes­sung zu­tref­fend nach Maß­ga­be der Ver­ord­nung (EG) Nr. 692/2008 – näm­lich mit­tels Aus­roll­ver­suchs auf dem DE­KRA-Testo­val so­wie ei­ner Rol­len­prüf­stands­mes­sung im DE­KRA-Ab­gas­la­bor in K. – durch­ge­führt.

2. Wei­te­re Män­gel am Kfz lie­gen nach dem Er­geb­nis der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me zur Über­zeu­gung des Ge­richts nicht vor.

Die vom Klä­ger be­haup­te­ten Funk­ti­ons­stö­run­gen der als Park­hil­fe die­nen­den Rück­fahr­ka­me­ra und der Park Dis­tan­ce Con­trol konn­te der Sach­ver­stän­di­ge nach sorg­fäl­ti­ger Über­prü­fung nicht ve­ri­fi­zie­ren. Die vom Sach­ver­stän­di­gen mit­tels On-Board-Dia­gno­se­sys­tem (OBD) durch­ge­führ­te Feh­ler­aus­le­se zeig­te kei­ner­lei tech­ni­sche Stö­run­gen an. Eben­so ver­hielt es sich mit dem vom Sach­ver­stän­di­gen über­prüf­ten Check-Con­trol-Feld der In­stru­men­ten­kom­bi­na­ti­on des Cock­pits.

Dar­über hin­aus hat der Klä­ger ei­nen Man­gel an der funk­fern­ge­steu­er­ten Heck­klap­pen­öff­nung des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs nicht zur Über­zeu­gung des Ge­richts (§ 286 ZPO) nach­zu­wei­sen ver­mocht. Zwar hat der Sach­ver­stän­di­ge im Gut­ach­ten vom 01.04.2015 aus­ge­führt, dass sich die Heck­klap­pe des Fahr­zeugs trotz mehr­fa­cher Be­tä­ti­gung der zum Öff­nen be­stimm­ten Tas­te des Funk­schlüs­sels nicht ha­be öff­nen las­sen. Die au­to­ma­ti­sche Heck­klap­pen­öff­nung ha­be erst funk­tio­niert, nach­dem das Kfz ein­mal mit­tels Funk­schlüs­sels ge­öff­net und an­schlie­ßend wie­der ver­schlos­sen wor­den sei. Ei­nen tech­ni­schen bzw. me­cha­ni­schen De­fekt am be­tref­fen­den Öff­nungs­me­cha­nis­mus konn­te der Sach­ver­stän­di­ge den­noch nicht mit letz­ter Ge­wiss­heit fest­stel­len. Viel­mehr ver­mu­te­te er ei­nen spo­ra­di­schen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­feh­ler in der Funk­stre­cke zwi­schen Schlüs­sel und Kfz als Feh­ler­ur­sa­che. Selbst wenn man die­se Fest­stel­lung des Sach­ver­stän­di­gen im Um­kehr­schluss da­hin ge­hend ver­steht, dass er ei­ne Man­gel­haf­tig­keit des Öff­nungs­me­cha­nis­mus auch nicht aus­zu­schlie­ßen ver­mag, so hat der Klä­ger gleich­wohl auf­grund der ihn tref­fen­den Be­weis­last die mit der Nich­ter­weis­lich­keit des Man­gels ver­bun­de­nen Rechts­nach­tei­le zu tra­gen. Der Klä­ger hat auch bin­nen der vom Ge­richt nach § 411 IV 1 ZPO ge­setz­ten Frist zur Stel­lung­nah­me zum Gut­ach­ten vom 01.04.2015 kei­ne wei­te­ren die Be­gut­ach­tung be­tref­fen­den An­trä­ge und Er­gän­zungs­fra­gen ge­stellt, so­dass ei­ne wei­te­re Be­weis­er­he­bung nicht ge­bo­ten war.

II. Trotz Vor­lie­gens ei­nes Sach­man­gels steht dem Klä­ger kein Rück­tritts­recht zu, da die in der Lie­fe­rung des man­gel­haf­ten Fahr­zeugs lie­gen­de Pflicht­ver­let­zung i. S. von § 323 V 2 BGB un­er­heb­lich ist.

Ei­ne zum Rück­tritt be­rech­ti­gen­de er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung ist nach den in der Recht­spre­chung ent­wi­ckel­ten Grund­sät­zen be­zo­gen auf den Kraft­stoff­mehr­ver­brauch ei­nes Kfz re­gel­mä­ßig dann an­zu­neh­men, wenn der im Ver­kaufs­pro­spekt an­ge­ge­be­ne (kom­bi­nier­te) Ver­brauchs­wert um mehr als 10 % über­schrit­ten wird (BGH, Beschl. v. 08.05.2007 – VI­II ZR 19/05, NJW 2007, 2111 Rn. 3 f.). Das ist bei dem streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug nach dem Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me nicht der Fall.

1. Aus­weis­lich der Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen im bei­ge­zo­ge­nen Gut­ach­ten des selbst­stän­di­gen Be­weis­ver­fah­rens ver­braucht das vom Klä­ger er­wor­be­ne Fahr­zeug nach durch­ge­führ­tem Aus­roll­ver­such (ers­te Ver­brauchs­mes­sung) im Durch­schnitt al­ler Fahr­zy­klen (städ­tisch, au­ßer­städ­tisch, kom­bi­niert) 15,6 % mehr Die­sel­kraft­stoff als im Ver­kaufs­pro­spekt des Her­stel­lers an­ge­ge­ben. Die Kraft­stoff­ver­brauchs­mes­sung auf dem Rol­len­prüf­stand (2. Ver­brauchs­test) er­gab ei­nen um 5,6 % über den Her­stel­ler­an­ga­ben lie­gen­den Ver­brauchs­wert. Der Durch­schnitt die­ser bei­den kom­bi­nier­ten Ver­brauchs­wer­te wie­der­um liegt bei 10,6 %. Der Sach­ver­stän­di­ge stellt wei­ter fest, dass aus­ge­hend von dem er­mit­tel­ten kom­bi­nier­ten Ge­samt­ver­brauch des Kfz ein Ab­schlag we­gen sei­ner Son­der­aus­stat­tung zu ma­chen sei. Die­sen be­misst der Sach­ver­stän­di­ge mit 10 % des Ge­samt­kraft­stoff­ver­brauchs.

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung des vom Sach­ver­stän­di­gen er­mit­tel­ten aus­stat­tungs­be­ding­ten Mehr­ver­brauchs des Fahr­zeugs ist die in der Recht­spre­chung zum er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauch auf­ge­stell­te 10 %-Er­heb­lich­keits­schwel­le vor­lie­gend nicht über­schrit­ten. Bringt man den aus­tat­tungs­be­ding­ten Mehr­ver­brauch in der vom Sach­ver­stän­di­gen ver­an­schlag­ten Hö­he von 10 % in An­satz so, liegt der Ver­brauch des streit­be­fan­ge­nen Kfz um (ge­run­det) 9,5 % über den An­ga­ben im Ka­ta­log.

Die Not­wen­dig­keit der vom Sach­ver­stän­di­gen rich­ti­ger­wei­se vor­ge­nom­me­nen aus­stat­tungs­be­ding­ten Be­rei­ni­gung des Ge­samt­kraft­stoff­ver­brauchs er­gibt sich be­reits aus dem Um­stand, dass sich die im Ver­kaufs­ka­ta­log des Her­stel­lers … an­ge­ge­be­nen Ver­brauchs­wer­te je­weils aus­schließ­lich auf das be­tref­fen­de Fahr­zeug­mo­dell mit Grund­aus­stat­tung be­zie­hen. Das klä­ge­ri­sche Kfz ist aber un­strei­tig mit ei­nem nicht zur Grund­aus­stat­tung ge­hö­ren­den „M Sport­pa­ket“ so­wie ei­ner brei­te­ren Son­der­be­rei­fung mit den Ma­ßen 245/40 R18 (se­ri­en­mä­ßig 225/60 R17) aus­ge­stat­tet.

Auch im Hin­blick auf die Hö­he der vom Sach­ver­stän­di­gen vor­ge­nom­me­nen aus­stat­tungs­be­ding­ten Be­rei­ni­gung des Ge­samt­kraft­stof­fer­brauchs hat das Ge­richt kei­ne Be­den­ken. Nach den über­zeu­gen­den und gut nach­voll­zieh­ba­ren Fest­stel­lun­gen des Sach­ver­stän­di­gen, die sich das Ge­richt nach ein­ge­hen­der Prü­fung zu ei­gen macht, hat das aus­stat­tungs­be­ding­te Mehr­ge­wicht des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs von 145 kg ei­nen er­höh­ten Roll­wi­der­stand und – da­mit ein­her­ge­hend – ei­nen er­höh­ten Kraft­stoff­ver­brauch zur Fol­ge. Hin­zu kommt we­gen der brei­te­ren Be­rei­fung ein er­höh­ter Luft­wi­der­stand, der eben­falls ei­nen ver­mehr­ten Kraft­stoff­ver­brauch be­wirkt. Vor die­sem Hin­ter­grund be­steht aus Sicht des Ge­richts kein An­lass, an der Rich­tig­keit der Hö­he des Ab­zugs von 10 % des Ge­samt­kraft­stoff­ver­brauchs zu zwei­feln.

Es bleibt zu kon­sta­tie­ren, dass der Kraft­stoff­ver­brauch des klä­ge­ri­schen Kfz die 10 %-Mehr­ver­brauchs­schwel­le un­ter­schrei­tet.

2. Die im Rah­men der Prü­fung der Un­er­heb­lich­keit des Man­gels nach § 323 V 2 BGB ge­bo­te­ne um­fas­sen­de In­ter­es­sen­ab­wä­gung recht­fer­tigt vor­lie­gend ei­nen Aus­schluss des klä­ge­ri­schen Rück­tritts­rechts nach § 323 V 2 BGB.

Im Rah­men der In­ter­es­sen­ab­wä­gung zu be­rück­sich­ti­gen sind der für die Män­gel­be­sei­ti­gung er­for­der­li­che Auf­wand, bei ei­nem nicht be­heb­ba­ren Man­gel die von ihm aus­ge­hen­de funk­tio­nel­le oder äs­the­ti­sche Be­ein­träch­ti­gung, aber auch die Schwe­re des Ver­schul­dens des Schuld­ners (vgl. et­wa OLG Karls­ru­he, Urt. v. 13.11.2008 – 9 U 150/08, NJW-RR 2009, 741, 743; Pa­landt/Grü­ne­berg, BGB, 74. Aufl. [2015], § 323 Rn. 32). Die­se ge­nann­ten Be­wer­tungs­pa­ra­me­ter sind kei­nes­wegs ab­schlie­ßend. Die er­for­der­li­che In­ter­es­sen­ab­wä­gung er­for­dert viel­mehr ei­ne um­fas­sen­de Wür­di­gung al­ler re­le­van­ten Ein­zel­fal­l­um­stän­de.

In Be­zug auf den Kraft­stoff­mehr­ver­brauch ist von ei­nem nicht be­heb­ba­ren Man­gel aus­zu­ge­hen. Ei­ne funk­tio­nel­le oder äs­the­ti­sche Be­ein­träch­ti­gung ist vor­lie­gend nicht zu ver­zeich­nen, son­dern le­dig­lich hö­he­re Fol­ge­kos­ten durch er­höh­ten Ben­zin­ver­brauch (vgl. auch LG Es­sen, Urt. v. 21.11.2007 – 3 O 313/07, ju­ris Rn. 28). Auch sind tat­säch­li­che Um­stän­de, die ein Ver­schul­den der Be­klag­ten für den fest­ge­stell­ten Man­gel be­grün­den wür­den, klä­ger­seits we­der dar­ge­tan noch sonst er­sicht­lich. Dar­über hin­aus liegt hier nach dem oben Ge­sag­ten ei­ne die Er­heb­lich­keit in­di­zie­ren­de Ku­mu­la­ti­on von Män­geln nicht vor.

Fer­ner ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Be­klag­te dem Klä­ger vor Ab­schluss des Kauf­ver­trags durch Aus­hän­di­gung des Ver­kaufs­pro­spekts auf ei­nen et­wai­gen aus­tat­tungs­be­ding­ten Mehr­ver­brauch hin­ge­wie­sen hat. Der In­halt des Ver­kaufs­pro­spekts war dem Klä­ger aus­weis­lich sei­ner An­ga­ben im Rah­men der in­for­ma­to­ri­schen An­hö­rung in der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 07.10.2014 be­kannt. Kon­kret wird im Pro­spekt auf Sei­te 65 (dort Fn. 5) dar­auf hin­ge­wie­sen, dass Son­der­aus­stat­tun­gen – ins­be­son­de­re ei­ne ge­gen­über der Grund­aus­stat­tung brei­te­re Be­rei­fung des Kfz – den Kraft­stoff­ver­brauch we­sent­lich be­ein­flus­sen kön­nen. Das klä­ge­ri­sche Fahr­zeug ist mit ei­nem M Sport­pa­ket so­wie ei­ner brei­te­ren Son­der­be­rei­fung (245/40 R18) mit Not­lauf­ei­gen­schaf­ten (Ru­n­On­Flat-Tech­no­lo­gie) aus­ge­stat­tet. In­so­fern wur­de aus Sicht des Klä­gers durch die Be­klag­te be­reits bei Ab­schluss des Kauf­ver­trags kein Ver­trau­en­stat­be­stand da­hin ge­hend ge­schaf­fen, dass der tat­säch­li­che Ver­brauch ent­spre­chend den Her­stel­ler­an­ga­ben bei An­wen­dung des Mess­ver­fah­rens nach der EG-Richt­li­nie in je­dem Ein­zel­fall ein­ge­hal­ten wer­den kann. Auch für den Klä­ger als Er­klä­rungs­emp­fän­ger war in­fol­ge der klar­stel­len­den Er­läu­te­rung im Ver­kaufs­pro­spekt ein­deu­tig er­kenn­bar, dass sich die Her­stel­ler­an­ga­ben zum Kraft­stoff­ver­brauch aus­schließ­lich auf ein Fahr­zeug mit Grund­aus­stat­tung be­zo­gen.

Letzt­lich muss im Rah­men der In­ter­es­sen­ab­wä­gung auch noch Be­rück­sich­ti­gung fin­den, dass die mit der Rück­ab­wick­lung des Ver­trags ver­bun­de­ne Rück­nah­me des Fahr­zeugs auf­sei­ten der Be­klag­ten, selbst nach Ab­zug des vom Klä­ger zu leis­ten­den Nut­zungs­er­sat­zes, zu ei­nem er­heb­li­chen be­triebs­wirt­schaft­li­chen Aus­fall führ­te (so zu­tref­fend auch LG Es­sen, Urt. v. 21.11.2007 – 3 O 313/07, ju­ris Rn. 29). Für den Fall der be­rech­tig­ten Rück­ab­wick­lung ei­ner Viel­zahl von Neu­wa­gen­kauf­ver­trä­gen bei ei­nem Mehr­ver­brauch von le­dig­lich 9,5 % lie­ßen sich die da­mit ver­bun­de­nen pe­ku­niä­ren Fol­gen für die Ver­käu­fer nur da­durch kom­pen­sie­ren, dass zu­künf­tig zu­las­ten al­ler Käu­fer ent­spre­chen­de Ri­si­ko­zu­schlä­ge in die Ver­kaufs­prei­se ein­kal­ku­liert wer­den (LG Es­sen, Urt. v. 21.11.2007 – 3 O 313/07, ju­ris Rn. 29).

Nach al­lem bleibt fest­zu­hal­ten, dass der Kraft­stoff­mehr­ver­brauch des klä­ge­ri­schen Fahr­zeugs von 9,5 % pro 100 km in Er­man­ge­lung wei­te­rer zu­las­ten des Ver­käu­fers zu be­rück­sich­ti­gen­der Um­stän­de (et­wa wei­te­rer Män­gel) als un­er­heb­lich i. S. von § 323 V 2 BGB an­zu­se­hen ist (vgl. in die­sem Zu­sam­men­hang auch LG Es­sen, Urt. v. 21.11.2007 – 3 O 313/07, ju­ris Rn. 27 ff.; Pa­landt/Wei­den­kaff, BGB, 74. Aufl. [2015], § 437 Rn. 23).

B. Be­steht be­reits die mit dem Kla­ge­an­trag zu 1 gel­tend ge­mach­te Haupt­for­de­rung nicht, kön­nen die mit die­ser zu­sam­men­hän­gen­den An­trä­ge zu 2 und zu 3 nicht be­grün­det sein.

Die Kla­ge war ins­ge­samt mit der Kos­ten­fol­ge des § 91 I ZPO ab­zu­wei­sen. …

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