Er­klärt der Ver­käu­fer ei­nes ge­brauch­ten Wohn­mo­bils, in­dem er ein ent­spre­chen­des Käst­chen im Kauf­ver­trags­for­mu­lar an­kreuzt, das Fahr­zeug ha­be in der Zeit, in der es sein Ei­gen­tum war, kei­nen Was­ser- oder Feuch­tig­keits­scha­den er­lit­ten, so liegt ei­ne Be­schaf­fen­heits­ver­ein­ba­rung (§ 434 I 1 BGB) vor. Der Ver­käu­fer haf­tet des­halb auch dann für ei­nen be­reits bei Über­ga­be des Wohn­mo­bils vor­han­de­nen Was­ser- bzw. Feuch­tig­keits­scha­den, wenn der Kauf­ver­trag ei­nen – an sich wirk­sa­men – Ge­währ­leis­tungs­aus­schluss ent­hält.

LG Nürn­berg-Fürth, Ur­teil vom 01.10.2013 – 12 O 8990/12

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von dem Be­klag­ten mit Kauf­ver­trag vom 08.09.2012 ein ge­brauch­tes Wohn­mo­bil zum Preis von 14.300 €. Das Fahr­zeug wur­de dem Klä­ger am glei­chen Tag über­ge­ben.

Die Par­tei­en be­dien­ten sich ei­nes ADAC-Kauf­ver­trag­for­mu­lars, in dem es un­ter an­de­rem heißt:

„Das Wohn­mo­bil wird un­ter Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ver­kauft.

I. An­ga­ben des Ver­käu­fers:
1. Der Käu­fer ga­ran­tiert: …
1.3. dass das Wohn­mo­bil in der Zeit, in der es sein Ei­gen­tum war,
☒ kei­nen Un­fall­scha­den
☒ kei­nen Was­ser-/Feuch­tig­keits­scha­den
☒ kei­ne sonst. Be­schä­di­gun­gen (z. B. Ha­gel­scha­den) … er­lit­ten hat.“

Am 12.10.2012 er­klär­te der Klä­ger ge­gen­über dem Be­klag­ten den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te ihn – ver­geb­lich – zur Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses bis zum 26.10.2012 auf.

Der Klä­ger hat be­haup­tet, er ha­be be­reits kurz nach Über­ga­be des Wohn­mo­bils fest­stel­len müs­sen, dass es im Heck­be­reich ei­nen mas­si­ven Was­ser- bzw. Feuch­tig­keits­scha­den auf­wei­se. Das im Heck­be­reich ver­bau­te Holz ver­fau­le und wei­se Feuch­tig­keits- so­wie Stock­fle­cken auf. Die­ser Zu­stand ha­be be­reits bei der Über­ga­be des Fahr­zeugs be­stan­den. Die ver­quol­le­ne Wand sei je­doch durch Vor­hän­ge gut ver­steckt ge­we­sen und ihm, dem Klä­ger, des­halb – eben­so wie der Mo­der­ge­ruch – zu­nächst nicht auf­ge­fal­len.

Wäh­rend der Be­sitz­zeit des Vor­ei­gen­tü­mers L, so hat der Klä­ger wei­ter beaup­tet, sei kein Was­ser­scha­den im Heck­be­reich des Wohn­mo­bils auf­ge­tre­ten.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: II. … 1. Der Klä­ger hat ge­gen den Be­klag­ten ei­nen Rück­erstat­tungs­an­spruch aus §§ 437 Nr. 2 Fall 1, 323 I, 346 I BGB.

a) Un­strei­tig ha­ben die Par­tei­en am 08.09.2012 ei­nen Kauf­ver­trag über ein ge­brauch­tes Wohn­mo­bil ge­schlos­sen.

b) Die­ses Fahr­zeug wies ei­nen Sach­man­gel i. S. von § 437 BGB auf. Dies steht zur Über­zeu­gung des Ge­richts auf­grund der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me fest.

aa) Der Sach­ver­stän­di­ge O hat in sei­nem schrift­li­chen Gut­ach­ten aus­ge­führt, der Heck­bo­den sei im Be­reich des Über­gangs zur Heck­wand teil­wei­se auf­ge­quol­len und stark brü­chig. Es sei ein star­ker und fort­ge­schrit­te­ner Feuch­tig­keits­ein­drang er­kenn­bar. An den in­nen lie­gen­den Sperr­holz­schich­ten wa­ren star­ke Spu­ren von Mo­der­fäu­le und Res­te von Was­ser­spu­ren zu ver­zeich­nen. Ur­sa­che sei ein star­ker Ver­schleiß im Be­reich der Schutz­leis­te am Über­gang von Heck­wand und Dach­au­ßen­haut. Das Scha­dens­bild ma­che ei­nen bal­di­gen Aus­tausch der Heck­wand not­wen­dig. …

Der be­schrie­be­ne Zu­stand ent­spricht je­den­falls nicht der zur ge­wöhn­li­chen Ver­wen­dung ei­nes Wohn­mo­bils er­for­der­li­chen Be­schaf­fen­heit (§ 434 I 2 Nr. 2 BGB).

bb) Der fest­ge­stell­te Feuch­tig­keits­scha­den lag auch bei Ge­fahr­über­gang – al­so bei Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Klä­ger am 08.09.2012& – vor. Dies er­gibt sich eben­falls aus den plau­si­blen Schluss­fol­ge­run­gen des Sach­ver­stän­di­gen O, de­nen sich die Kam­mer an­schließt.

c) Der Be­klag­te kann sich nicht auf den ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen. Die­ser be­geg­net als sol­cher zwar kei­nen recht­li­chen Be­den­ken. Er er­fasst den vor­lie­gen­den Sach­man­gel je­doch nicht.

aa) Haf­tungs­aus­schlüs­se sind im Zwei­fel eng aus­zu­le­gen (vgl. Be­ckOK-BGB/Faust, § 444 Rn. 5). Dies gilt ins­be­son­de­re, wenn sie sich – wie hier – in All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen fin­den (vgl. auch § 305c II BGB).

Die An­ga­be des Be­klag­ten im Kauf­ver­trag, dass das Fahr­zeug wäh­rend sei­ner Ei­gen­tums­zeit kei­nen Was­ser-/Feuch­tig­keits­scha­den er­lit­ten hat, ist als Be­schaf­fen­heits­an­ga­be i. S. von § 434 I 1 BGB zu ver­ste­hen. Da­bei ist nicht ent­schei­dend, dass der Be­klag­te selbst die­se Pas­sa­ge des Ver­trags­for­mu­lars nicht an­ge­kreuzt hat. Er hat die Er­klä­rung mit sei­ner Un­ter­schrift als ei­ge­ne über­nom­men. Dar­über hin­aus spricht aus der Ur­kun­de die tat­säch­li­che Ver­mu­tung, dass sie den Wil­len der Ver­trags­par­tei­en rich­tig wie­der­gibt (vgl. BGH, Urt. v. 05.07.2002 – V ZR 143/01, NJW 2002, 3164 f.).

An­ge­sichts der lan­gen Nut­zungs­zeit des Be­klag­ten von acht Jah­ren kann sei­ne Er­klä­rung zur Be­schaf­fen­heit des Fahr­zeugs bei le­bens­na­her Be­trach­tung nur so ver­stan­den wer­den, dass das Wohn­mo­bil im Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses kei­nen Was­ser­scha­den auf­weist. Dies gilt um­so mehr, als der Be­klag­te auch münd­lich auf aus­drück­li­che Nach­fra­ge des Klä­gers er­klärt hat, ein Was­ser­scha­den sei nicht vor­han­den. Der ent­spre­chen­de Sach­vor­trag … des Klä­gers … ist un­wi­der­spro­chen ge­blie­ben.

Ein pau­scha­ler for­mu­lar­mä­ßi­ger Aus­schluss der Sach­män­gel­haf­tung ist re­gel­mä­ßig da­hin ge­hend aus­zu­le­gen, dass er nicht für das Feh­len ei­ner ver­ein­bar­ten Be­schaf­fen­heit gel­ten soll (vgl. BGH, Urt. v. 29.11.2006 – VI­II ZR 92/06, BGHZ 170, 86 = NJW 2007, 1346 Rn. 31; OLG Bran­den­burg, Urt. v. 28.01.2010 – 5 U 48/09, NJW-RR 2010, 1169, 1171 f.; OLG Mün­chen, Urt. v. 13.03.2013 – 7 U 3602/11, ju­ris Rn. 8). Folg­lich ist die Be­schaf­fen­heits­an­ga­be nicht un­ver­bind­lich. Viel­mehr bleibt es bei der ge­setz­li­chen Haf­tung des Be­klag­ten für den Was­ser­scha­den.

bb) Dar­über hin­aus ver­fügt der Be­klag­te als Kfz-Me­cha­ni­ker über ei­ge­ne Sach­kun­de. Auch dies ist un­strei­tig ge­blie­ben. Wenn er un­ter die­sen Um­stän­den das Vor­lie­gen ei­nes Feuch­tig­keits­scha­dens auf Nach­fra­ge ver­neint – sei es münd­lich oder in Ge­stalt ei­ner schrift­li­chen Er­klä­rung –, oh­ne sich gänz­lich si­cher sein zu kön­nen, so han­delt es sich nach An­sicht des Ge­richts um ei­ne An­ga­be „ins Blaue hin­ein“. Da­bei ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die äu­ße­ren Er­schei­nun­gen der star­ken Durch­feuch­tung bei ent­spre­chend in­ten­si­ver Kon­trol­le am 08.09.2012 er­kannt wer­den kön­nen. Da­für spricht das Er­geb­nis der Be­weis­auf­nah­me. Der Be­klag­te hat sei­nen be­grenz­ten Kennt­nis­stand in­des­sen nicht hin­rei­chend deut­lich ge­macht. Dies be­grün­det den Vor­wurf der Arg­list, so­dass sich der Be­klag­te auch aus die­sem Grund nicht auf den Haf­tungs­aus­schluss be­ru­fen kann (§ 444 Fall 1 BGB; vgl. BGH, Urt. v. 07.06.2006 – VI­II ZR 209/05, BGHZ 168, 64).

d) Der Be­klag­te hat die Nach­er­fül­lung un­strei­tig ab­ge­lehnt. Die dies­be­züg­lich ge­setz­ten Fris­ten sind ver­stri­chen.

e) Folg­lich hat der Klä­ger am 12.10.2012 zu Recht den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag er­klärt (§ 349 BGB).

f) Die je­weils emp­fan­ge­nen Leis­tun­gen sind Zug um Zug zu­rück­zu­ge­wäh­ren (§ 348 BGB). Da­bei schul­det der Klä­ger Her­aus­ga­be der ge­zo­ge­nen Nut­zun­gen in Ge­stalt der Ge­brauchs­vor­tei­le (§§ 346 I, 100 BGB). Die­se sind un­strei­tig mit 60,56 € zu be­wer­ten. Da­her er­gibt sich nach Ver­rech­nung ein zu er­stat­ten­der Kauf­preis von 14.236,44 €.

2. Fer­ner kann der Klä­ger im We­ge des Scha­dens- und Auf­wen­dungs­er­sat­zes Er­stat­tung der Zu­las­sungs­kos­ten und der vor­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten ver­lan­gen (§§ 437 Nr. 3, 280 I, 284 BGB). Es han­delt sich in­so­fern um Man­gel­fol­ge­schä­den.

a) Die Ge­samt­zu­las­sungs­kos­ten be­lau­fen sich un­be­strit­ten auf 80,30 €. Sie stel­len ver­geb­li­che Auf­wen­dun­gen des Klä­gers dar. …

b) Die Be­auf­tra­gung ei­nes Rechts­an­walts war im vor­lie­gen­den Fall zur zweck­ge­rich­te­ten Recht­ver­fol­gung er­for­der­lich und an­ge­mes­sen. Die an­ge­fal­le­nen Kos­ten sind da­her der Sa­che nach er­stat­tungs­fä­hig.

Der Klä­ger hat nicht dar­ge­legt, war­um die Tä­tig­keit sei­nes an­walt­li­chen Ver­tre­ters um­fang­reich oder schwie­rig war und die­ser folg­lich mehr als ei­ne 1,3-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr in An­satz brin­gen durf­te (Nr. 2300 VV RVG). Da­her kann das Ge­richt auch nicht prü­fen, ob das dem Rechts­an­walt er­öff­ne­te Er­mes­sen ord­nungs­ge­mäß aus­ge­übt wor­den ist (§ 14 I RVG). Es gibt auch kei­nen der ge­richt­li­chen Prü­fung ent­zo­ge­nen „To­le­ranz­be­reich“ (vgl. BGH, Urt. v. 11.07.2012 – VI­II ZR 323/11, NJW 2012, 2813 Rn. 9 ff.). So­mit bleibt es beim ge­setz­li­chen Re­gel­ge­büh­ren­satz nach der bis zum 31.07.2013 gel­ten­den Fas­sung des RVG. Zu er­stat­ten ist ei­ne 1,3-fa­che Ge­schäfts­ge­bühr aus ei­nem Ge­gen­stands­wert von 14.316,74 € nebst Aus­la­gen­pau­scha­le und Mehr­wert­steu­er, mit­hin 899,40 €. …

III. Die Fest­stel­lungs­kla­ge ist zu­läs­sig und be­grün­det.

1. Das not­wen­di­ge Fest­stel­lungs­in­ter­es­se (§ 256 I ZPO) folgt aus den be­son­de­ren Vor­aus­set­zun­gen der Zwangs­voll­stre­ckung im Fal­le ei­ner Zug-um-Zug-Ver­ur­tei­lung (§§ 756 I, 765 Nr. 1 ZPO).

2. Der Be­klag­te hat das vor­ge­richt­li­che An­ge­bot auf Rück­ga­be des ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs nicht an­ge­nom­men. Er be­fin­det sich da­her im An­nah­me­ver­zug (§§ 293 ff. BGB). …

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