Ei­ne Klau­sel in ei­nem for­mu­lar­mä­ßig ver­wen­de­ten Ge­braucht­wa­gen­ga­ran­tie­ver­trag („EU­ROP­lus-Ga­ran­tie“), wo­nach ein Ga­ran­tie­an­spruch un­ab­hän­gig von der Ur­säch­lich­keit für den ein­ge­tre­te­nen Scha­den nur be­steht, wenn die Hin­wei­se des Fahr­zeug­her­stel­lers in der zum Fahr­zeug ge­hö­ren­den Be­triebs­an­lei­tung be­ach­tet wur­den, ist we­gen un­an­ge­mes­se­ner Be­nach­tei­li­gung des Kun­den un­wirk­sam.

LG Mün­chen I, Ur­teil vom 13.02.2013 – 3 O 3084/09

Sach­ver­halt: Die Klä­ge­rin macht ge­gen­über der Be­klag­ten An­sprü­che aus ei­ner im Zu­sam­men­hang mit dem Kauf ei­nes Kraft­fahr­zeugs ge­schlos­se­nen Ga­ran­tie­ver­ein­ba­rung gel­tend.

Die Klä­ge­rin kauf­te bei der Be­klag­ten am 14.11.2006 ei­nen ge­brauch­ten BMW X3 für 41.100 €. Der Kauf­preis wur­de voll­stän­dig be­zahlt. Im Zu­sam­men­hang mit dem Kauf­ver­trag schlos­sen die Klä­ge­rin und die Be­klag­te am 24.11.2006 ei­ne Ga­ran­tie­ver­ein­ba­rung („EU­ROP­lus-Ga­ran­tie“), die bis 07.03„.2009 gül­tig sein soll­te.

Die Ga­ran­tie­ver­ein­ba­rung hat aus­zugs­wei­se fol­gen­den In­halt:

1. Re­pa­ra­tur­durch­füh­rung bei der ga­ran­tie­ge­ben­den Nie­der­las­sung …

Grund­sätz­lich sind im Ga­ran­tie­fall al­le Re­pa­ra­tur­ar­bei­ten aus­schließ­lich bei der ga­ran­tie­ge­ben­den Nie­der­las­sung … durch­füh­ren zu las­sen. Die­se mel­det den Scha­den te­le­fo­nisch bei der EU­ROP­lus-Ser­vice­stel­le und holt vor Durch­füh­rung der Re­pa­ra­tur die Frei­ga­be (Kos­ten­über­nah­me­zu­sa­ge) ein.

2. Re­pa­ra­tur­durch­füh­run­gen durch an­de­re Händ­ler (z. B. im Aus­land …)

Für den Fall, dass Sie die Re­pa­ra­tur nicht bei der ga­ran­tie­ge­ben­den Nie­der­las­sung durch­füh­ren las­sen kön­nen, mel­den Sie dies vor Re­pa­ra­tur­be­ginn bit­te te­le­fo­nisch bei der EU­ROP­lus-Ser­vice­stel­le.

Die Be­din­gun­gen der EU­ROP­lus-Ga­ran­tie 01/07

Ge­gen­stand der Ga­ran­tie ist die Funk­ti­ons­fä­hig­keit al­ler me­cha­ni­schen und elek­tri­schen Tei­le des Fahr­zeu­ges mit nach­ste­hen­den Aus­schlüs­sen:

  • Kraft­stoff­sys­tem: Ver­un­rei­ni­gun­gen im Kraft­stoff­sys­tem

Nicht von der Ga­ran­tie ge­deckt sind fer­ner fol­gen­de Schä­den:

  • Fol­ge­schä­den:

     

    • ein Scha­den an ei­nem Bau­teil, das von der Ga­ran­tie ab­ge­deckt ist, durch ei­nen Scha­den an ei­nem Bau­teil, das nicht von der Ga­ran­tie er­fasst ist;
    • die dar­auf be­ru­hen, dass die Drch­füh­rung von In­spek­tio­nen, War­tungs­ar­bei­ten oder sons­ti­gen Re­pa­ra­tu­ren durch ei­ne nicht au­to­ri­sier­te Werk­statt feh­ler­haft war.

An­zei­ge und Ab­wick­lung der Re­pa­ra­tur ga­ran­tie­pflich­ti­ger Schä­den

Für die Über­prü­fung und Ab­wick­lung ga­ran­tie­pflich­ti­ger Schä­den ist in ers­ter Li­nie die ga­ran­tie­ge­ben­de Nie­der­la­sung zu­stän­dig.

Die Re­pa­ra­tur kann auch von ei­ner an­de­ren, vom Her­stel­ler au­to­ri­sier­ten Ser­vice­werk­statt durch­ge­führt wer­den. In die­sem Fall hat der Käu­fer si­cher­zu­stel­len, dass die­se Werk­statt vor Re­pa­ra­tur­be­ginn te­le­fo­nisch, per Te­le­fax oder E-Mail den Scha­den an die EU­ROP­lus-Ser­vice­stel­le mel­det und von die­ser die vor­he­ri­ge Frei­ga­be zur Re­pa­ra­tur ein­holt Die Kos­ten ei­ner Re­pa­ra­tur oh­ne vor­he­ri­ge Frei­ga­be durch die EU­ROP­lus-Ser­vice­stel­le trägt der Käu­fer selbst.

Pflich­ten des Käu­fers

Der Käu­fer hat die Hin­wei­se des Her­stel­lers in der Be­triebs­an­lei­tung zum Be­trjeb des Fahr­zeu­ges zu be­ach­ten. Die Ein­hal­tung der in die­sem und in den vor­ste­hen­den Ab­schnit­ten ge­nann­ten Pflich­ten ist Vor­aus­set­zung für den Ga­ran­tie­an­spruch und ei­ne Kos­ten­über­nah­me bzw. -er­stat­tung.

Im Fe­bru­ar 2008 wur­de das Fahr­zeug der Klä­ge­rin ver­se­hent­lich von dem Zeu­gen Z mit fal­schem Kraft­stoff be­tankt und dar­auf­hin zur Be­klag­ten ge­schleppt. Die­se teil­te der Klä­ge­rin mit, dass sie bei der Un­ter­su­chung des Fahr­zeugs Spä­ne im Tank ge­fun­den ha­be und gab ein Re­pa­ra­tur­an­ge­bot ab.

Mit der Re­pa­ra­tur wur­den dann aber nicht die Be­klag­te, son­dern die D be­auf­tragt, die das Fahr­zeug voll­stän­dig und fach­ge­recht re­pa­rie­ren soll­te.

Im Ok­to­ber 2008 leuch­te­te die Mo­tor­kon­troll­leuch­te in dem Fahr­zeug der Klä­ge­rin auf. In Ab­stimm­mung mit der Be­klag­ten ließ die Klä­ge­rin das Fahr­zeug bei der G-GmbH über­prü­fen. Die­se konn­te zu­nächst kei­nen Feh­ler fin­den und schal­te­te des­halb zur Un­ter­stüt­zung die Be­klag­te ein.

Zu­vor hat­te die G-GmbH ei­ne Ga­ran­tie­an­fra­ge an die Be­klag­te ge­rich­tet. Die­se hat­te dar­auf­hin ei­ne Frei­ga­be „nur für die Re­pa­ra­tur“ und nicht für ei­nen „Trieb­werks­tausch“ er­teilt, wo­bei die­se Frei­ga­be un­ter an­de­rem vor­be­halt­lich ei­ner Tei­le­prü­fung er­folg­te und bis zum 26.12.2008 gül­tig war.

So­dann wur­de fest­ge­stellt, dass der Zy­lin­der­kopf des Mo­tors so­wie des­sen An­bau­tei­le ver­kokt wa­ren. Der Mo­tor­scha­den wur­de an­schlie­ßend von der G-GmbH be­ho­ben, die der Klä­ge­rin da­für un­ter dem 04.02.2009 ins­ge­samt 6.038,74 € in Rech­nung stell­te.

Mit Schrei­ben ih­rer Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 10.02.2009 teil­te die Be­klag­te der Klä­ge­rin mit, dass ein An­spruch aus der EU­ROP­lus-Ga­ran­tie nicht be­ste­he, und wei­ger­te sich, die Klä­ge­rin von der For­de­rung der G-GmbH frei­zu­stel­len.

Die Be­klag­te ist der Auf­fas­sung, dass ein Ga­ran­tie­an­spruch nicht ge­ge­ben sei, weil es sich bei dem Mo­tor­scha­den um ei­nen durch die Falsch­be­tan­kung des Fahr­zeugs ver­ur­sach­ten Fol­ge­scha­den han­de­le und die Klä­ge­rin die Be­triebs­hin­wei­se des Fahr­zeug­her­stel­lers miss­ach­tet ha­be.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: A. … I. Die Klä­ge­rin hat ge­gen die Be­klag­te ei­nen An­spruch auf Frei­stel­lung von den Re­pa­ra­tur­kos­ten auf­grund der zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen un­selbst­stän­di­gen Ga­ran­tie­ver­ein­ba­rung ge­mäß § 443 BGB.

1. Die Par­tei­en ha­ben mit dem Ab­schluss der EU­ROP­lus-Ga­ran­tie ei­nen un­selb­selbst­stän­di­gen Ga­ran­tie­ver­trag in der Form der Halt­bar­keits­ga­ran­tie ge­schlos­sen. Un­strei­tig kam es wäh­rend der Ga­ran­tiel­auf­zeit zu ei­nem Mo­tor­scha­den durch Ver­ko­kung des An­saug- und Ab­gas­sys­tems so­wie des Zy­lin­der­kopfs. Der Mo­tor­scha­den wur­de der Be­klag­ten auch vor der Re­pa­ra­tur … mit­ge­teilt.

Der streit­ge­gen­ständ­li­che Mo­tor­scha­den ist von der Ga­ran­tie um­fasst. Von der Ga­ran­tie nicht um­fasst sind zwar Ver­un­rei­ni­gun­gen des Kraft­stoff­sys­tems. Der Aus­schluss­grund „Kraft­stoff­sys­tem: Ver­un­rei­ni­gung im Kraft­stoff­sys­tem“ er­fasst be­reits vom Wort­laut her je­doch nur das Krafts­foff­sys­tem, nicht aber den hier streit­ge­gen­ständ­li­chen Mo­tor­scha­den.

2. Der Ga­ran­tie­an­spruch der Klä­ge­rin ist nicht da­durch aus­ge­schlos­sen, dass nach den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen die Ein­hal­tung der Hin­wei­se des Her­stel­lers in der Be­triebs­an­lei­tung zum Be­trieb des Fahr­zeugs Vor­aus­set­zung für den Ga­ran­tie­an­spruch ist und durch die Falsch­be­tan­kung des Fahr­zeugs der Klä­ge­rin un­strei­tig ge­gen die Hin­wei­se in der Be­triebs­an­lei­tung des Fahr­zeugs ver­sto­ßen wur­de.

Bei den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen han­delt es sich um All­ge­mei­ne Ge­schäfts­be­din­gun­gen ge­mäß § 305 BGB, die der In­halts­kon­trol­le nach den §§ 307 ff. BGB un­ter­lie­gen. Die in den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen un­ter „Pflich­ten des Käu­fers“ ent­hal­te­ne ne­ga­ti­ve An­spruchs­vor­aus­set­zung, dass die Ein­hal­tung der Hin­wei­se des Her­stel­lers in der Be­triebs­an­lei­tung zum Be­trieb des Fahr­zeugs An­spruchs­vor­aus­set­zung für ei­nen Ga­ran­tie­an­spruch des Käu­fers ist, ist we­gen un­an­ge­mes­se­ner Be­nach­tei­li­gung nach § 307 I 1 BGB un­wirk­sam.

Nach der Recht­spre­chung des BGH (Urt. v. 06.07.2011 – VI­II ZR 293/10) un­ter­lie­gen auch als ne­ga­ti­ve An­spruchs­vor­aus­set­zung for­mu­lier­te Klau­seln der ln­halts­kon­trol­le nach §§ 307 ff. BGB. Für die In­halts­kon­trol­le am Maß­stab des § 307 I 1 BGB kommt es nicht maß­geb­lich auf die ge­wähl­te Art der Klau­sel­for­mu­lie­rung an. Auch als ne­ga­ti­ve An­spruchs­vor­aus­set­zung for­mu­lier­te Klau­seln un­ter­lie­gen da­mit der In­halts­kon­trol­le, wenn sie nicht den en­gen Be­reich der Leis­tungs­be­zeich­nung be­tref­fen, oh­ne de­ren Vor­lie­gen man­gels Be­stimmt­heit oder Be­stimm­bar­keit des we­sent­li­chen Ver­trags­in­hal­tes ein wirk­sa­mer Ver­trag nicht an­ge­nom­men wer­den kann. Ab­re­den, die zwar mit­tel­ba­re Aus­wir­kun­gen auf Preis und Leis­tung ha­ben, an de­ren Stel­le aber, wenn ei­ne wirk­sa­me ver­trag­li­che Re­ge­lung fehlt, dis­po­si­ti­ves Ge­set­zes­recht tre­ten kann, un­ter­lie­gen der In­halts­kon­trol­le nach § 307 I 1 BGB.

Ei­ne Aus­le­gung der Klau­sel an­hand die­ser Kri­te­ri­en er­gibt, dass die ge­nann­te Klau­sel nicht dem Kern­be­reich der Ga­ran­tie­zu­sa­ge zu­zu­ord­nen ist, son­dern dass die Klau­sel das auf Ge­wäh­rung der Ga­ran­tie ge­rich­te­te Haupt­leis­tungs­ver­spre­chen der Be­klag­ten le­dig­lich durch Hin­zu­fü­gen ei­ner Ein­schrän­kung ein­grenzt. Da es sich im streit­ge­gen­ständ­li­chen Fall um ei­nen Ge­braucht­wa­gen­kauf han­delt, kann auch nicht die von dem BGH sta­tu­ier­te be­son­de­re In­ter­es­sen­la­ge beim Ab­satz von Neu­wa­gen her­an­ge­zo­gen wer­den, um die Klau­sel als un­mit­tel­ba­re Leis­tungs­be­schrei­bung zu qua­li­fi­zie­ren. Die Klau­sel un­ter­liegt da­mit der In­halts­kon­trol­le nach den §§ 307 ff. BGB.

Die Klau­sel ei­ner ent­gelt­lich ge­währ­ten Ga­ran­tie, dass ein Ga­ran­tie­an­spruch nur ge­ge­ben ist, wenn die Hin­wei­se des Her­stel­lers in der Be­triebs­an­lei­tung be­ach­tet wer­den, un­ab­hän­gig da­von, ob der Ver­stoß ge­gen die Hin­wei­se in der Be­triebs­an­lei­tung über­haupt für den gel­tend ge­mach­ten Man­gel kau­sal ge­wor­den ist, stellt ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung der Ver­trags­par­tei des Klau­sel­ver­wen­ders nach § 307 I 1 BGB dar.

Ei­ne For­mu­lar­klau­sel ist un­an­ge­mes­sen, wenn der Ver­wen­der miss­bräuch­lich ei­ge­ne In­ter­es­sen auf Kos­ten des Ver­trags­part­ners durch­zu­set­zen ver­sucht. Zwar hat die Be­klag­te ein In­ter­es­se dar­an, zur Si­cher­stel­lung der Funk­ti­ons­fä­hig­keit der von der Ga­ran­tie er­fass­ten Fahr­zeu­ge auf die Be­ach­tung der Be­die­nungs­an­lei­tung zu drin­gen, um da­durch si­cher­zu­stel­len, nur für tat­säch­li­che Ga­ran­tie­fäl­le und nicht für ein Fehl­ver­hal­ten des Kun­den ein­ste­hen zu müs­sen. Al­ler­dings wer­den die In­ter­es­sen des Kun­den nicht hin­rei­chend be­rück­sich­tigt, wenn ei­ne Klau­sel den Ver­wen­der von sei­ner Leis­tungs­pflicht oh­ne Rück­sicht dar­auf frei­stellt, ob der Ver­stoß des Kun­den ge­gen sei­ne Ob­lie­gen­heit zur Be­ach­tung der Be­die­nungs­an­lei­tung für den re­pa­ra­tur­be­dürf­ti­gen Scha­den über­haupt ur­säch­lich ge­wor­den ist (vgl. BGH, Urt. v. 17.10.2007 – VI­II ZR 251/06, NZV 2008, 87). Dies gilt ins­be­son­de­re des­halb, weil in ei­ner Be­triebs­an­lei­tung ei­ne Viel­zahl von Be­die­nungs­hin­wei­sen ent­hal­ten ist und in der ne­ga­ti­ven An­spruchs­vor­aus­set­zung in kei­ner Wei­se nach der Be­deu­tung der in der Be­triebs­an­lei­tung ent­hal­te­nen Hin­wei­se für ei­nen scha­dens- und stö­rungs­frei­en Be­trieb des Fahr­zeugs und de­ren Scha­den­s­träch­tig­keit im Fal­le ei­nes Ver­sto­ßes dif­fe­ren­ziert wird. Durch ei­ne sol­che Klau­sel, die die Leis­tungs­pflicht be­reits bei ei­nem Ver­stoß ge­gen jeg­li­chen Hin­weis in der Be­triebs­an­lei­tung oh­ne ei­ne Mög­lich­keit des feh­len­den Kau­sa­li­täts­nach­wei­ses der Ob­lie­gen­heits­pflicht­ver­let­zung aus­schließt, wird da­her die Ga­ran­tie­zu­sa­ge un­an­ge­mes­sen aus­ge­höhlt. Es ist dem Klau­sel­ver­wen­der zu­zu­mu­ten, dass er sich mit den Fäl­len aus­ein­an­der­set­zen muss, in de­nen die Kau­sa­li­tät ernst­haft strei­tig ist.

Et­was an­de­res gilt nur für un­ent­gelt­lich ge­währ­te Ga­ran­tie­zu­sa­gen. Bei ei­ner un­ent­gelt­lich ge­währ­ten Ga­ran­tie han­delt es sich um ei­ne frei­wil­li­ge Leis­tung, die über das ver­trag­lich und ge­setz­lich ge­schul­de­te Maß hin­aus­geht. In die­sem Fall kann da­her der Ga­ran­tie­ge­ber die Ga­ran­tie­be­din­gun­gen frei wäh­len.

Auf­grund der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me steht je­doch zur Über­zeu­gung des Ge­richts ge­mäß § 286 ZPO fest, dass es sich bei der der Klä­ge­rin ge­währ­ten EU­ROP­lus-Ga­ran­tie nicht um ei­ne un­ent­gelt­li­che, son­dern um ent­gelt­lich ge­währ­te Ga­ran­tie han­delt.

Nach § 286 I 1 ZPO hat das Ge­richt un­ter Be­rück­sich­ti­gung des ge­sam­ten In­halts der Ver­hand­lung und des Er­geb­nis­ses ei­ner Be­weis­auf­nah­me nach frei­er Über­ze!gung zu ent­schei­den, ob ei­ne tat­säch­li­che Be­haup­tung für wahr oder nicht wahr zu er­ach­ten ist. Die­se Über­zeu­gung des Rich­ters er­for­dert kei­ne – oh­ne­hin nicht er­reich­ba­re – ab­so­lu­te oder un­um­stöß­li­che, gleich­sam ma­the­ma­ti­sche Ge­wiss­heit und auch kei­ne „an Si­cher­heit gren­zen­de Wahr­schein­lich­keit“, son­dern nur ei­nen für das prak­ti­sche Le­ben brauch­ba­ren Grad von Ge­wiss­heit, der Zwei­feln Schwei­gen ge­bie­tet.

Der Zeu­ge X hat in sei­ner Zeu­gen­ver­neh­mung aus­ge­sagt, dass die Ga­ran­tie zwar nicht ge­son­dert aus­ge­wie­sen wer­de, aber im Kauf­preis ent­hal­ten sei. Der Ver­kaufs­preis wer­de durch den Fahr­zeug­preis, die Kos­ten der In­stand­set­zung und die Kos­ten für die Ga­ran­tie be­stimmt. Für die Ga­ran­tie wer­de ei­ne Ver­si­che­rungs­prä­mie be­zahlt, die sich nach der Mo­to­ri­sie­rung des Fahr­zeugs rich­te. Die­ser Be­trag wer­de in die Kal­ku­la­ti­on des Kauf­prei­ses ein­ge­stellt. BMW wür­de nur Au­tos mit Ga­ran­tie ver­kau­fen. Oh­ne die Ga­ran­tie könn­te BMW die Au­tos güns­ti­ger ver­kau­fen. Dies wür­de je­doch nicht ge­macht. Auch der Zeu­ge Y hat be­stä­tigt, dass für die Ga­ran­tie­ge­wäh­rung Kos­ten an­fal­len, die in die in­ter­ne Kal­ku­la­ti­on ein­ge­rech­net wür­den. Der Zeu­ge hat zu­dem eben­falls be­stä­tigt, dass man heu­te nur noch ganz schwie­rig Ge­braucht­wa­gen oh­ne Ga­ran­tie ver­kau­fe, weil die Kun­den ei­ne Ga­ran­tie ein­for­dern wür­den.

Dies zeigt aber ein­deu­tig, dass es sich bei der Ga­ran­tie­ge­wäh­rung um ei­ne ent­gelt­li­che und nicht um ei­ne un­ent­gelt­li­che Leis­tung han­delt, weil der Kun­de auch für den Ver­käu­fer er­kenn­bar nur des­halb be­reit ist, den ge­for­der­ten Kauf­preis zu zah­len, weil er im Ge­gen­zug zu­sätz­lich zu dem Fahr­zeug von dem Ver­käu­fer ei­ne Ga­ran­tie­zu­sa­ge er­hält. Der Kun­de zahlt da­mit den Kauf­preis er­kenn­bar nicht nur als Ge­gen­leis­tung für das Fahr­zeug, son­dern auch als Ge­gen­leis­tung für die Ga­ran­tie­ge­wäh­rung.

Die Ent­gelt­lich­keit der Ga­ran­tie­ge­wäh­rung ent­fällt nicht da­durch, dass der für die Ga­ran­tie­ge­wäh­rung ge­zahl­te Be­trag man­gels ge­son­der­ter Aus­prei­sung be­trags­mä­ßig nicht ge­nau be­stimmt wer­den kann. Die Ent­gelt­lich­keit der Ga­ran­tie­ge­wäh­rung ent­fällt auch nicht da­durch, dass die auf Ver­käu­fer­sei­te für die Ga­ran­tie­ge­wäh­rung an die Ver­si­che­rung zu zah­len­den Kos­ten nicht eins zu eins auf den Kauf­preis auf­ge­schla­gen wer­den und im We­sent­li­chen den auf Ver­käu­fer­sei­te an­de­ren­falls für ge­setz­li­che Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che an­fal­len­den Kos­ten ent­spre­chen.

Ent­schei­dend für die An­nah­me der Ent­gelt­lich­keit ist viel­mehr al­lein, dass ein Fahr­zeug oh­ne Ga­ran­tie auf­grund der Markt­be­din­gun­gen nicht zu dem­sel­ben Kauf­preis am Markt ver­kauft wer­den kann wie ein Fahr­zeug mit Ga­ran­tie. Auch wenn sich der Kauf­preis auf­grund der in­ter­nen Kal­ku­la­ti­on rein rech­ne­risch da­her durch die Ab­schaf­fung der EU­ROP­lus-Ga­ran­tie nicht re­du­zie­ren wür­de, weil die Kos­ten der Ga­ran­tie be­trags­mä­ßig der an­de­ren­falls in die Kal­ku­la­ti­on ein­zu­stel­len­den Kos­ten für ge­setz­li­che Ge­währ­leis­tungs­an­sprü­che ent­spre­chen, wird nach Aus­sa­ge des Zeu­gen Y tat­säch­lich nur der am Markt er­ziel­ba­re Kauf­preis ge­for­dert. Auf­grund der Markt­be­din­gun­gen (Er­war­tungs­hal­tung der Kun­den, Ga­ran­tie­ge­wäh­rung durch die Wett­be­wer­ber) ist aber am Markt für ein Fahr­zeug oh­ne Ga­ran­tie nicht der­sel­be Kauf­preis zu er­zie­len wie für ein Fahr­zeug mit Ga­ran­tie. Da­mit han­delt es sich ge­ra­de nicht um ei­ne rein frei­wil­lig ge­währ­te, un­ent­gelt­li­che Leis­tung, son­dern um ei­ne zwar frei­wil­lig ver­trag­lich ver­spro­che­ne Leis­tung, die aber ge­währt wird, um ei­nen ent­spre­chend hö­he­ren Ver­kaufs­preis als oh­ne Ga­ran­tie zu er­zie­len.

Die Klau­sel, dass die Ein­hal­tung der Be­friebs­an­lei­tung Vor­aus­set­zung für ei­nen Ga­ran­tie­an­spruch ist, ist da­mit nach § 307 I 1 BGB we­gen un­an­ge­mes­se­ner Be­nach­tei­li­gung un­wirk­sam. We­gen des Ver­bots der gel­tungs­er­hal­ten­den Re­duk­ti­on ist es auch nicht mög­lich, die Klau­sel mit dem In­halt auf­recht­zu­er­hal­ten, dass im Fal­le ei­nes Ver­sto­ßes ge­gen die Be­die­nungs­an­lei­tung der Kun­de die Be­weis­last für die Nicht­ur­säch­lich­keit des Ver­sto­ßes ge­gen die Be­die­nungs­an­lei­tung trägt.

3. Der An­spruch der Klä­ge­rin ist nicht durch ei­nen der in den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen vor­ge­se­he­nen Aus­schluss­grün­de aus­ge­schlos­sen.

Nach den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen ist ein Ga­ran­tie­an­spruch aus­ge­schlos­sen für Schä­den, die vor­sätz­lich oder durch grob fahr­läs­si­ges Ver­hal­ten her­bei­ge­führt wor­den sind, und für Schä­den, die dar­auf be­ru­hen, dass die Durch­füh­rung von Re­pa­ra­tu­ren durch ei­ne nicht au­to­ri­sier­te Werk­statt feh­ler­haft war. Die in­so­weit be­weis­be­las­te­te Be­klag­te hat je­doch nicht nach­ge­wie­sen, dass der Mo­tor­scha­den ei­nen kau­sa­ler Fol­ge­scha­den der Falsch­be­tan­kung und de­ren be­haup­te­ter feh­ler­haf­ter Re­pa­ra­tur dar­stellt und da­mit die Aus­schluss­grün­de grei­fen.

Auf­grund der Ver­mu­tungs­wir­kung des § 443 II BGB, dass ein wäh­rend der Gel­tungs­dau­er ei­ner Halt­bar­keits­ga­ran­tie auf­tre­ten­der Sach­man­gel die Rech­te aus der Ga­ran­tie be­grün­det, trägt die Be­klag­te die Dar­le­gungs- und Be­weis­last da­für, dass der Mo­tor­scha­den durch ei­ne un­sach­ge­mä­ße Be­hand­lung der Kauf­sa­che … verursacht.​wurde (MünchKomm-BGB/H. P. Wes­ter­mann, 6. Aufl. [2012], § 443 Rn. 23). Bei die­ser Be­weis­last­ver­tei­lung bleibt es ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten auch dann, wenn un­strei­tig fest­steht, dass es im Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Käu­fers zu ei­ner un­sach­ge­mä­ßen Be­hand­lung der Kauf­sa­che ge­kom­men ist, wenn de­ren Ur­säch­lich­keit für den Scha­den je­doch strei­tig ist und da­ne­ben auch noch tech­ni­sche Män­gel aus dem Ver­ant­wor­tungs­be­reich des Ver­käu­fers als Ur­sa­che in Be­tracht kom­men (vgl. BGH, Urt. v. 19.06.1996 – VI­II ZR 117/95, NJW 1996, 2504).

Der Ga­ran­tie­ge­ber hat es in­so­weit selbst in der Hand, den In­halt der Ga­ran­tie – auch hin­sicht­lich des Be­weis­las­t­ri­si­kos – so aus­zu­ge­stal­ten, wie es sei­ne In­ter­es­sen er­for­dern (vgl. BGH, Urt. v. 19.06.1996 – VI­II ZR 117/95, NJW 1996, 2504). Nach den vor­lie­gen­den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen hat die Be­klag­te aber nach dem in­so­weit ein­deu­ti­gen Wort­laut die Ga­ran­tie nur für den Fall aus­ge­schlos­sen, dass die Schä­den auf ei­ner feh­ler­haf­ten Re­pa­ra­tur ei­ner nicht au­to­ri­sier­ten Werk­statt be­ru­hen, der Scha­den durch ei­nen Scha­den an ei­nem Bau­teil, das nicht von der Ga­ran­tie er­fasst ist, ent­stan­den ist oder der Scha­den durch vor­sätz­li­ches oder grob fahr­läs­si­ges Ver­hal­ten her­bei­ge­führt wor­den ist.

Die Be­klag­te hat da­mit von der ihr grund­sätz­lich of­fen­ste­hen­den Mög­lich­keit ab­ge­se­hen, den Aus­schluss­tat­be­stand be­reits dann ein­grei­fen zu las­sen, wenn ei­ne Re­pa­ra­tur durch ei­ne nicht au­to­ri­sier­te Werk­statt feh­ler­haft war, au­ßer wenn die­se feh­ler­haf­te Re­pa­ra­tur für den Scha­den nach­weis­lich nicht ur­säch­lich war. Dass die Be­klag­te da­mit nach der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung das Ri­si­ko für die Nich­ter­weis­lich­keit der Ur­säch­lich­keit der feh­ler­haf­ten Re­pa­ra­tur tra­gen soll­te, er­gibt sich ins­be­son­de­re auch dar­aus, dass hin­sicht­lich der Ver­wen­dung re­pa­ra­tur­be­dürf­ti­ger Tei­le aus­drück­lich das Be­weis­ri­si­ko um­ge­kehrt ver­teilt wur­de („Nicht von der Ga­ran­tie ge­deckt sind fer­ner fol­gen­de Schä­den: durch die Ver­wen­dung ei­nes er­kenn­bar re­pa­ra­tur­be­dürf­ti­gen Tei­les, es sei denn, dass der Scha­den mit der Re­pa­ra­tur­be­dürf­tig­keit nach­weis­lich nicht in Zu­sam­men­hang steht …“).

Die Be­klag­te hat den Nach­weis der Kau­sa­li­tät der Falsch­be­tan­kung bzw. de­ren feh­ler­haf­ter Re­pa­ra­tur für den Mo­tor­scha­den nicht er­bracht. Der Sach­ver­stän­di­ge S hat zwar fest­ge­stellt, dass die … Re­pa­ra­tur nicht fach­ge­recht durch­ge­führt wur­de. Er konn­te je­doch kei­ne ein­deu­ti­ge Aus­sa­ge zur Scha­dens­ent­ste­hung tref­fen und da­mit nicht si­cher fest­stel­len, dass der Mo­tor­scha­den dar­auf be­ruht, dass die Re­pa­ra­tur des durch die Falsch­be­tan­kung ent­stan­de­nen Scha­dens feh­ler­haft war.

Da­mit hat die Be­klag­te nicht nach­ge­wie­sen, dass ein Aus­schluss­grund der Ga­ran­tie greift. Die Klä­ge­rin hat da­her nach den Ga­ran­tie­be­din­gun­gen ei­nen An­spruch auf Er­satz sämt­li­cher er­for­der­li­chen, tat­säch­lich an­fal­len­den Re­pa­ra­tur­kos­ten ein­schließ­lich der Kos­ten für not­wen­di­ge Er­satz­tei­le. Sie kann so­mit von der Be­klag­ten die Frei­stel­lung von dem An­spruch auf Be­zah­lung der Re­pa­ra­tur­kos­ten … ver­lan­gen.

II. Die Klä­ge­rin hat kei­nen An­spruch auf Er­satz der au­ßer­ge­richt­li­chen Rechts­an­walts­kos­ten in Hö­he von 603,93 € … Die Klä­ge­rin hat nicht schlüs­sig vor­ge­tra­gen, dass sich die Be­klag­te be­reits bei Be­auf­tra­gung der Klä­ger­ver­tre­ter … in Ver­zug be­fand.

III. Die Klä­ge­rin hat kei­nen An­spruch auf Ver­zin­sung des Frei­stel­lungs­an­spruchs … Ver­zugs­zin­sen sind nach § 288 BGB nur für Geld­schul­den zu leis­ten. Bei ei­nem Frei­stel­lungs­an­spruch han­delt es sich je­doch nicht um ei­ne Geld­schuld …

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