1. Eine Bestimmung in einem eBay-Angebot, wonach ein „Spaßbieter“ eine Vertragsstrafe in Höhe von 20 % des Kaufpreises zu zahlen hat, ist nach der Wertung des § 305c II BGB unwirksam, weil der Begriff „Spaßbieter“ mehrdeutig ist.
  2. Ein Käufer, der grundsätzlich rechtlich anerkannte und nicht offensichtlich unerhebliche Gründe dafür vorbringt, warum er am Kaufvertrag nicht festhalten will, ist kein „Spaßbieter“, ohne dass es darauf ankommt, ob er sich tatsächlich vom Kaufvertrag lösen darf.
  3. Ein Rücktritt von einem Gebrauchtwagenkaufvertrag ist ausgeschlossen, wenn die tatsächliche Laufleistung des Fahrzeugs nur geringfügig höher ist als die vertraglich vereinbarte Laufleistung (hier: 129.121 km statt 128.500 km) und die Abweichung sich deshalb auf den Wert und die Gebrauchstauglichkeit des Wagens jedenfalls nicht nennenswert auswirkt.

OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 12.05.2016 – 22 U 205/14

Sachverhalt: Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung einer Vertragsstrafe.

Er bot 2013 einen im Januar 2007 erstzugelassenen Pkw auf der Internetplattform eBay zum Kauf an. In der Beschreibung des Fahrzeugs, dessen Laufleistung mit 128.500 km angegeben wurde, hieß es unter anderem: „TÜV/AU neu“. Als Termin für die nächste Haupt- und Abgasuntersuchung war „01.2015“ genannt. Das Fahrzeug wurde als „taschentuch-gepflegt“, „fehlerfrei“ und „scheckheft-gepflegt“ beschrieben. Außerdem hieß es in dem Angebot des Klägers:

„Keine Nachverhandlung! Spaßbieter zahlen 20 % des KP!

Probefahrt in S., nicht für JEDEN

Bilder: http://… Fragen? …“

Bei Ende der Auktion war der Beklagte mit einem Gebot von 25.100 € Höchstbietender.

Anschließend stellte der Kläger das Fahrzeug beim TÜV vor. Im Bericht über diese letzte Haupt- und Abgas-Untersuchung heißt es „geringe Mängel“ ud „Motor/Antrieb/Kühlsystem, Umweltbelastung: Getriebe ölfeucht (GM)“. Der Kläger übersandte dem Beklagten den TÜV-Bericht, ohne auf die festgestellten Mängel gesondert hinzuweisen.

Nachdem sich die Parteien auf eine Abholung des Fahrzeugs in S. verständigt hatten und der Beklagte hierfür Vorbereitungen getroffen hatte, übersandte der Kläger dem Beklagten ein Foto des Kilometerzählers, der einen Kilometerstand von 129.121 anzeigte. Der Beklagte teilte dem Kläger daraufhin per WhatsApp mit, dass er vom Kaufvertrag zurücktrete, weil das Fahrzeug nach der Auktion noch circa 650 km gefahren worden sei und bei der TÜV-Untersuchung Mängel festgestellt worden seien.

Mit Anwaltsschreiben vom 25.07.2013 forderte der Kläger den Beklagten zur Zahlung einer Vertragsstrafe von 5.020 € bis zum 09.08.2013 auf. Die Zahlung dieses Betrages lehnte der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 07.08.2013 ab.

Der Kläger hat behauptet, das von ihm zum Kauf angebotene Fahrzeug weise keine Mängel auf. Er hat gemeint, der Beklagte sei gemäß § 339 Satz 1 BGB zur Zahlung von 5.020 € verpflichtet, weil die Parteien eine Vertragsstrafe in dieser Höhe wirksam vereinbart hätten und diese verwirkt sei. Der Beklagte habe keinen rechtlichen Grund für seinen Rücktritt und müsse sich deshalb als „Spaßbieter“ behandeln lassen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, der Beklagte sei kein „Spaßbieter“, sondern habe sich vertraglich binden wollen. Außerdem handele es sich bei der Regelung zur Vertragsstrafe schon deshalb um eine überraschende Klausel, weil nicht klar sei, was ein „Spaßbieter“ sein solle. Abgesehen davon sei der Beklagte auch zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt gewesen, weil der Kläger den Beklagten jedenfalls nach der Hauptuntersuchung auf die Undichtigkeit des Getriebes hätte hinweisen müssen.

Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: II. … Der Kläger hat unter mehreren Gesichtspunkten keinen Anspruch … auf die geltend gemachte Vertragsstrafe.

1. Die „Spaßbieterklausel“ in dem eBay-Angebot des Klägers – „Spaßbieter zahlen 20 % des KP“ – ist als Vertragsstrafe i. S. des § 339 BGB auszulegen.

Die Vertragsstrafe ist eine meist in Geld bestehende Leistung, die der Schuldner für den Fall der Nichterfüllung oder der nicht gehörigen Erfüllung einer Verbindlichkeit verspricht (Palandt/Grüneberg, BGB, 75. Auf., § 339 Rn. 1). Sie hat eine doppelte Zielrichtung: Sie soll einmal als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung seiner versprochenen Leistung anhalten; zum anderen soll sie dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung ohne Einzelnachweis eröffnen (vgl. BGH, Urt. v. 23.06.1988 – VII ZR 117/87, BGHZ 105, 24).

Genau das ist hier beabsichtigt. Mit der Klausel sollen Kaufinteressenten dazu angehalten werden, nur ernstgemeinte Angebote abzugeben und sich an den aufgrund dieser Angebote zustande gekommenen Vertrag zu halten. Gleichzeitig kann der Verkäufer aufgrund dieser Klausel von einem vertragsreuigen Käufer den Betrag in Höhe von 20 % des Kaufpreises verlangen, ohne dass er einen entsprechenden Schaden darlegen müsste.

2. Um Ansprüchen aus dieser Vertragsstrafe nach § 339 BGB überhaupt ausgesetzt sein zu können, muss der Beklagte zunächst den streitgegenständlichen Pkw ersteigert haben, was hier der Fall war. Durch das Höchstgebot des Beklagten während der Internetversteigerung bei eBay ist über das Fahrzeug ein Kaufvertrag wirksam zustande gekommen.

Bei einer Versteigerung im Internet geht in der Regel das Angebot vom Verkäufer aus. Es richtet sich an den, der innerhalb der Laufzeit der Auktion das höchste Gebot abgibt. Die Festsetzung der Laufzeit ist eine Fristbestimmung zur Annahme i. S. des § 148 BGB. Die Annahme erfolgt durch die Willenserklärung dessen, der innerhalb der Laufzeit der Versteigerung das höchste Gebot abgibt (BGH, Urt. v. 03.11.2004 – VIII ZR 375/03, NJW 2005, 53 f.).

3. Allerdings ist die „Spaßbieterklausel“ in diesem Vertrag nicht wirksam vereinbart worden.

a) Dabei kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass die eBay-Annonce als Allgemeine Geschäftsbedingung qualifiziert werden kann (so aber LG Wiesbaden, Beschl. v. 26.02.2014 und v. 05.05.2014 – 1 S 38/13, juris; AG Waiblingen, Urt. v. 11.12.2008 – 9 C 1000/08, juris; gegen das Vorliegen von AGB: AG Essen, Urt. v. 19.04.2007 – 24 C 357/06, BeckRS 2008, 01456; AG Bremen, Urt. v. 20.10.2005 – 16 C 168/05, juris; AG Wittmund, Urt. v. 28.08.2008 – 4 C 183/08, juris).

Gemäß § 305 I 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt.

Hier wollte der Kläger aber nur den einen streitgegenständlichen Pkw mittels eines einzigen Kaufvertrages verkaufen. Dafür, dass er beabsichtigte, die „Spaßbieterklausel“ in mehreren Kaufverträgen zu verwenden, ist nichts vorgetragen und ersichtlich. Allein aus dem Angebot ergibt sich nicht, dass der Kläger gewerblich oder regelmäßig mit Fahrzeugen oder anderen Gegenständen handelt und dabei regelmäßig diese Klausel verwendet.

Die Klausel richtet sich auch nicht deswegen an eine unbestimmte Vielzahl von Vertragspartnern bzw. Partnern von vertragsähnlichen Schuldverhältnissen, weil sie sich nicht nur an denjenigen wendet, der später … Vertragspartner des Verkäufers wird, sondern an alle potenziellen Bieter, die im Rahmen der Auktion, vor Zustandekommen des endgültigen Vertrages, ein Gebot abgeben (so aber AG Waiblingen, Urt. v. 11.12.2008 – 9 C 1000/08, juris). Hiergegen spricht vor allem, dass mit diesen Bietern, die Gebote abgegeben haben, aber am Ende der Auktionslaufzeit nicht Höchstbietender sind, unter keinen Umständen ein Vertrag mit dem Verkäufer zustande kommt. Das gilt selbst dann, wenn der Höchstbietende mit einem „berechtigten Grund“ sein Gebot zurücknimmt, da auch dann nach § 6 Nr. 7 der eBay-AGB kein Vertrag zwischen dem Verkäufer und dem nach der Gebotsrücknahme wieder Höchstbietenden zustande kommt.

Außerdem würde eine solche Auslegung dazu führen, dass möglicherweise die Vertragsstrafe von mehreren Bietern, die im Laufe der Auktion zu irgendeinem Zeitpunkt mitgeboten haben, verwirkt werden würde, oder dass sie von Bietern verlangt werden könnte, obwohl die Auktion gar nicht mit einem Vertragsschluss beendet wurde, weil zum Beispiel eine berechtigte Gebotsrücknahme i. S. des § 6 Nr. 7 eBay-AGB vorlag oder der Verkäufer die Auktion durch eine berechtigte Angebotsrücknahme (vgl. § 6 Nr. 6 eBay-AGB) beendet hat.

Diese Ergebnisse erscheinen nicht sachgerecht. Der Senat geht deshalb davon aus, dass sich die „Spaßbieterklausel“ nur an den letztendlich Höchstbietenden richtet, mit dem der Vertrag zustande kommt.

b) Auch wenn danach die eBay-Annonce formal keine Allgemeinen Geschäftsbedingungen darstellt, ist es dennoch geboten, die Wertungen der §§ 305 ff. BGB, insbesondere die Wertung des § 305c II BGB, hier entsprechend heranzuziehen (vgl. auch AG Wiesbaden, Urt. v. 15.10.2013 – 91 C 2145/13, juris).

Die Klausel richtet sich zwar nicht an alle potenziellen Bieter, gleichzeitig steht bei Erstellung der Annonce der zukünftige Vertragspartner aber auch noch nicht konkret fest. Im Gegenteil ist der Kreis der möglichen Vertragspartner angesichts des Angebots über das Internet ausgesprochen groß und nicht überschaubar. Entscheidend kommt hinzu, dass ein Bieter und damit auch der zukünftige Vertragspartner keine Möglichkeit hat, die Bedingungen des Angebots nach seinen Wünschen zu verändern. Er kann nur entweder mitbieten und das Angebot als Ganzes akzeptieren oder sich an der Auktion nicht beteiligen. Ein individueller Kontakt zwischen Verkäufer und Käufer ist zwar möglich, ein Aushandeln einzelner Bedingungen aber grundsätzlich ausgeschlossen.

Diese Situation ist derjenigen bei Vorliegen von Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedenfalls derart vergleichbar, dass eine analoge Anwendung der Vorschriften möglich erscheint.

In Bezug auf § 305c II BGB ist im Übrigen anerkannt, dass diese Bestimmung entsprechend auf Willenserklärungen anzuwenden ist, die – wie hier – mittels moderner Kommunikationstechnik abgegeben werden und sich wie Allgemeine Geschäftsbedingungen an einen unbestimmten Kreis potenzieller Kunden richten (Palandt/Ellenberger, BGB, 75. Aufl. [2016], § 133 Rn. 23, MünchKomm-BGB/Busche, 7. Aufl. [2015], § 133 Rn. 24).

c) Ein Verstoß gegen § 305c II BGB ist vorliegend anzunehmen, weil der Begriff „Spaßbieter“ unterschiedlich verstanden werden kann und damit mehrdeutig in diesem Sinne ist.

So könnte mit „Spaßbieter“ (nur) ein Bieter gemeint sein, der ein Gebot abgibt, obwohl er den Gegenstand gar nicht kaufen will; so ist die Auffassung des Landgerichts. Nicht erfasst könnte aber ein Käufer sein, der den Gegenstand zunächst tatsächlich erwerben will, den dann aber Vertragsreue überfällt, oder der aus rechtlich nicht anerkannten Gründen den Vertrag nicht einhalten will. Ein solcher hätte – jedenfalls könnte man das so verstehen – nicht zum Spaß geboten, sondern würde lediglich im Nachhinein am Vertrag, aus unterschiedlich denkbaren Gründen, nicht mehr festhalten.

Nach dem Verständnis des Klägers sind jedoch alle Personen als Spaßbieter anzusehen, die sich unbegründet nicht an den Vertrag halten wollen, sodass unter „Spaßbieter“ auch Personen fallen, die zunächst ernsthaft geboten haben, dann aber keinen – ausreichenden – rechtlichen Grund für einen Rücktritt bzw. für die Verweigerung der Abnahme haben (so auch AG Essen, Urt. v. 19.04.2007 – 24 C 357/06, BeckRS 2008, 01456).

Dabei ist aus dem Wortlaut der Klausel auch nicht eindeutig zu entnehmen, unter welchen Umständen Einwendungen zum Beispiel betreffend die Gewährleistung als begründet anzusehen sind oder nicht. Es bleibt vielmehr völlig offen, welche Kriterien und welche Sichtweise dafür zugrunde zu legen sind.

Diese Überlegungen machen deutlich, wie viele Auslegungen des Begriffs möglich sind. Eine eindeutige objektive Herleitung ist auch bei Berücksichtigung der Interessenlage des Verkäufers nur eingeschränkt möglich. Wenn selbst die zur Auslegung berufenen Gerichte unterschiedlicher Meinung hinsichtlich der Wirkungen der Klausel sind, sind die Voraussetzungen des § 305c II BGB hier zu bejahen.

4. Der Anspruch des Klägers ist aber auch unter weiteren Aspekten unbegründet. Selbst wenn man von einer eindeutigen Formulierung und damit einer wirksamen Vereinbarung der Vertragsstrafe ausgeht, scheitert eine Zahlungsverpflichtung des Beklagten … daran, dass dieser kein „Spaßbieter“ war.

Als ein solcher ist eindeutig ein Käufer anzusehen, der ganz ohne Gründe an dem geschlossenen Vertrag nicht festhalten will und diesen Vertrag also nur „zum Spaß“ abgeschlossen hat. Als „Spaßbieter“ muss aber auch ein Käufer gewertet werden, der zwar Gründe anführt, warum er den Vertrag nicht einhalten will, dessen Einwendungen gegen den Vertrag aber eindeutig völlig unerheblich bzw. offensichtlich unbegründet sind. Ansonsten hätte es ein Käufer allein durch Nennung von Gründen – wie abwegig auch immer – in der Hand, ob er als „Spaßbieter“ zu behandeln ist oder nicht.

Kein „Spaßbieter“ kann jedoch sein, wer grundsätzlich rechtlich anerkannte Gründe dafür vorbringt, warum er an dem Vertrag nicht mehr festhalten will. Diese Gründe (Rücktritts-, Anfechtungs- oder Gewährleistungsgründe) stellt das Gesetz gerade zur Verfügung, um ein Lösen von einem eigentlich verbindlichen Vertrag aus rechtlich anerkannten Gesichtspunkten zu ermöglichen. Deswegen kann es nicht angehen, ein Berufen hierauf mittels einer „Spaßbieterklausel“ zu sanktionieren.

Dabei kann die Anwendung der Klausel nicht davon abhängen, ob im Ergebnis die Rücktritts-, Anfechtungs- oder Gewährleistungsgründe tatsächlich durchgreifen. Für eine solche Prüfung sind oftmals fundierte juristische und/oder sonstige sachverständige Kenntnisse erforderlich, über die ein Laie nicht verfügt. Es muss deswegen ausreichen, um ein „Spaßbieten“ zu verneinen, dass die vorgebrachten Gründe nicht offensichtlich ausgeschlossen sind.

a) Derartig offensichtlich unbegründete Einwendungen hat der Beklagte hier nur hinsichtlich des abweichenden Kilometerstandes erhoben.

Zwar ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Angabe eines bestimmten Kilometerstands als Zusicherung einer Eigenschaft gewertet werden kann (grundlegend BGH, Urt. v. 25.06.1975 – VIII ZR 244/73, NJW 1975, 1693 [1694 f.]). Allerdings hat eine derartige Zusicherung – auch ohne dass es eines ausdrücklichen Hinweises bedarf – nicht den genauen Kilometerstand, sondern nur die bisherige Fahrleistung innerhalb bestimmter Grenzen zum Gegenstand (BGH, Urt. v. 25.06.1975 – VIII ZR 244/73, NJW 1975, 1693 [1694 f.]). Ein Rücktritt ist also nicht möglich, wenn die Abweichung im Ergebnis unwesentlich und für den Kaufentschluss von nur untergeordneter Bedeutung ist, weil der Wert und die Gebrauchstauglichkeit des Wagens durch eine verhältnismäßig geringe Überschreitung der angegebenen Laufleistung nicht oder jedenfalls nicht wesentlich beeinflusst wird (OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.12.2000 – 8 U 49/00, juris).

Hier lag die Abweichung nur bei 621 km gegenüber den in der Anzeige mitgeteilten 128.500 km, sodass es um eine Abweichung von ungefähr 0,5 % ging. Das kann eindeutig und auch von einem Laien erkennbar nicht als wesentlich angesehen werden (vgl. auch OLG Oldenburg, Urt. v. 27.05.1998 – 2 U 63/98, juris, das eine Überschreitung von 5.000 km bei einer Zusicherung von 70.000 km [= 7,1 %] noch als geringfügig angesehen hat).

b) Anders ist das jedoch bezüglich des Umstands, dass bei der TÜV-Untersuchung vor der Übergabe festgestellt worden war, dass „geringe Mängel" vorliegen, nämlich „Motor/Antrieb/Kühlsystem, Umweltbelastung: Getriebe öffeucht (GM)“, worauf der Kläger den Beklagten nicht hingewiesen hatte.

Dabei kann offenbleiben, ob tatsächlich ein Sachmangel gegeben war. Jedenfalls stellte dieser Umstand vorliegend keine eindeutig unerhebliche Einwendung dar.

Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass das LG Oldenburg (Urt. v. 15.01.2004 – 16 S 612/03, juris) bei einem fünf Jahre alten Fahrzeug mit 110.000 km einen geringen Ölverlust am Differential nicht als Sachmangel angesehen hat und das LG Kassel (Urt. v. 30.06.2005 – 1 S 2/05, juris) bei einen neun Jahre alten Fiat Punto zum Kaufpreis von 2.950 € und mit einem Kilometerstand von 120.000 unter anderem Ölverlust als übliche Verschleißerscheinung angesehen hat.

Hier ist nämlich zu berücksichtigen, dass es sich zwar auch um ein sechs Jahre altes Fahrzeug mit einem Kilometerstand von 128.500 km gehandelt hat. Allerdings wurde das Fahrzeug zu einem ganz erheblichen Preis von 25.100 € verkauft und als „taschentuch-gepflegt“, „fehlerfrei“ und „scheckheft-gepflegt“ beschrieben. Es ging also nicht um irgendein älteres Gebrauchtfahrzeug, sondern um etwas Besonderes, einen „Eyecatcher“, ein „Einzelstück“, bei dem der Käufer davon ausgehen konnte, dass ein solches Fahrzeug dann tatsächlich „fehlerfrei“ ist und auch nicht den „Fehler“ hat, dass das Getriebe ölfeucht ist.

Unabhängig davon, ob diese Ölfeuchte im Ergebnis tatsächlich als Sachmangel gewertet werden könnte, kann bei einem solchen Fahrzeug das Berufen hierauf nicht als offensichtlich unbegründet angesehen werden.

5. Die Geltendmachung der Vertragsstrafe wäre schließlich auch deswegen ausgeschlossen, weil sich der Beklagte mit seiner Verbindlichkeit nicht in Verzug befand, da der Kläger keine Mahnung ausgesprochen und die Geltendmachung der Vertragsstrafe nicht angekündigt hatte.

a) Ein Anspruch aus einer Vertragsstrafe wird nach § 339 Satz 1 BGB mit Verzug des Schuldners (hier also des Beklagten) mit seiner Verbindlichkeit – Abnahme und Bezahlung des Pkw – verwirkt. Dabei tritt Verzug grundsätzlich nur nach einer Mahnung des Verkäufers (des Klägers) ein. Eine solche liegt hier nicht vor. Der Kläger hat den Beklagten zu keinem Zeitpunkt nach Fälligkeit, also nach der vereinbarten Abholung des Fahrzeugs am 04.06.2013, aufgefordert, das Fahrzeug abzunehmen und zu bezahlen, sondern er hat mit Anwaltsschreiben vom 25.07.2013 sogleich seinen Anspruch auf Vertragsstrafe geltend gemacht.

b) Vorliegend kann auch nicht nach § 286 II Nr. 3 BGB davon ausgegangen werden, dass eine Mahnung entbehrlich war, weil der Beklagte mit seiner WhatsApp-Mitteilung, dass er vom Kaufvertrag zurücktrete, … seine Leistung endgültig und ernsthaft verweigert habe.

An das Vorliegen einer Erfüllungsverweigerung i. S. des § 286 II Nr. 3 BGB sind strenge Anforderungen zu stellen. Der Schuldner muss die Erfüllung des Vertrages gegenüber dem Gläubiger unmissverständlich, endgültig und ernstlich ablehnen, sodass für den Gläubiger nicht zweifelhaft sein darf, dass er unter keinen Umständen mehr mit einer freiwilligen Leistung rechnen kann. Die Fristsetzung bzw. Mahnung darf nur noch als leere Formalität erscheinen. Der Schuldner muss eindeutig und gewissermaßen als „sein letztes Wort“ den Willen zum Ausdruck gebracht haben, dass er seine Vertragspflichten nicht erfüllen werde (BGH, Urt. v. 14.06.2012 – VII ZR 148/10, BGHZ 193, 315 = ZIP 2012, 1463; BeckOK-BGB/Unberath, Stand: 01.03.2011, § 281 Rn. 22; Palandt/Grüneberg, a. a. O., § 286 Rn. 24, § 281 Rn. 14).

Zwar kann es für die Annahme einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung genügen, wenn der Schuldner ungerechtfertigter Weise erklärt, vom Vertrag zurücktreten zu wollen (BGH, Urt. v. 14.06.2012 – VII ZR 148/10, BGHZ 193, 315). Mit einem solchermaßen rechtsgrundlosen Ansinnen bringt der Kunde jedoch nicht per se zum Ausdruck, an der Durchführung des Vertrages unumstößlich kein Interesse mehr zu haben. Gerade dann, wenn der Käufer in der irrtümlichen Annahme vom Vertrag zurücktritt, hierzu ohne Weiteres berechtigt zu sein, kann er in Anbetracht der mit einer Mahnung verbundenen Warnung seine Entscheidung im Hinblick auf die Konsequenzen seines Handelns – hier: die Verwirkung einer Vertragsstrafe von 20 % des Kaufpreises – durchaus auch noch überdenken (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 18.06.2013 – 4 U 23/13, juris).

Mit der erwähnten WhatsApp-Nachricht hat der Beklagte zwar auch den Rücktritt von dem Kaufvertrag erklärt, er hat aber vor allem und erstmalig Punkte aufgeführt, die seiner Ansicht nach Mängel des Fahrzeuges darstellten. Ob diese Beanstandungen [gemeint wohl: Mängel] tatsächlich vorlagen, ob sie unerheblich oder von Bedeutung und ob sie behebbar waren, war zu diesem Zeitpunkt ebenso offen wie die Frage, ob der Rücktritt berechtigt war und wie der Kläger auf diese Mängelanzeige reagieren würde. Bei dieser Sachlage kann nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, ob der Beklagte endgültig seine Leistung nicht mehr erbringen wollte.

Es wäre deshalb eine Mahnung des Klägers dahin gehend erforderlich gewesen, den Beklagten zur Abnahme und Bezahlung des Fahrzeugs aufzufordern und anzukündigen, ansonsten von der Vertragsstrafenregelung Gebrauch zu machen. …

PDF erstellen