1. Trans­port­schä­den – hier: ge­ring­fü­gi­ge Lack­schä­den – sind bei ei­nem Neu­wa­gen nur dann kein Man­gel, wenn sie bis zur Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Käu­fer sach- und fach­ge­recht in Werks­qua­li­tät be­ho­ben wer­den. Un­fall­schä­den stel­len hin­ge­gen so­wohl bei ei­nem Neu- wie auch bei ei­nem Ge­braucht­fahr­zeug selbst dann ei­nen Man­gel dar, wenn das Fahr­zeug fach­ge­recht re­pa­riert wor­den ist.
  2. Ein als Neu­wa­gen ver­kauf­ter Pkw, der nach Ver­las­sen des Her­stel­ler­werks nicht ganz un­er­heb­li­che Lack­schä­den er­lit­ten hat, ist auch dann nicht mehr fa­brik­neu, wenn die Schä­den vor Über­ga­be des Fahr­zeugs an den Käu­fer durch ei­ne Neu­la­ckie­rung aus­ge­bes­sert wer­den. Die Fa­brik­neu­heit bleibt nur bei fach­ge­rech­ter Be­sei­ti­gung ge­ring­fü­gi­ger Lack­schä­den er­hal­ten.

LG Saar­brü­cken, Ur­teil vom 22.10.2012 – 3 O 356/11

Sach­ver­halt: Der Klä­ger er­warb von der Be­klag­ten ei­nen Neu­wa­gen (BMW 125i Coupé) zum Ge­samt­preis von 31.940 €. Das Fahr­zeug wur­de ihm ge­gen Zah­lung des Kauf­prei­ses am 07.06.2011 über­ge­ben. Be­reits zu die­sem Zeit­punkt wur­de ein Krat­zer an der Heck­klap­pe fest­ge­stellt, der nicht so­fort be­sei­tigt wer­den konn­te. Nach­dem der Klä­ger das Fahr­zeug zu Hau­se ge­nau­er un­ter­sucht hat­te, re­kla­mier­te er fer­ner Krat­zer im Dach­be­reich.

Bei ei­nem Werk­statt­ter­min am 09.06.2011 wur­den die Krat­zer nicht be­sei­tigt. Im Rah­men ei­nes wei­te­ren Werk­statt­ter­mins am 16.06.2011 äu­ßer­te ein hin­zu­ge­zo­ge­ner Fach­mann die Auf­fas­sung, dass ei­ne Neu­la­ckie­rung des Fahr­zeugs not­wen­dig sei. Bei ei­ner er­neu­ten Be­gut­ach­tung des Fahr­zeugs am 07.07.2011 ei­nig­te man sich dar­auf, dass der Wa­gen ei­nen gan­zen Tag in der Werk­statt zur Nach­be­ar­bei­tung blei­ben sol­le. Der Klä­ger be­ließ das Fahr­zeug des­halb am 07.07.2011 bei der Be­klag­ten und er­hielt es am 13.07.2011 zu­rück. Bei der er­neu­ten Über­ga­be re­kla­mier­te der Klä­ger ver­blie­be­ne Krat­zer so­wie Wol­ken auf dem Lack, die of­fen­sicht­lich durch das Nach­po­lie­ren her­vor­ge­ru­fen wor­den wa­ren.

Mit Schrei­ben vom 15.07.2011 teil­te die Be­klag­te mit, dass leich­te Krat­zer in Dach, Front und Heck­klap­pe durch die Nach­bes­se­rung der Ober­flä­chen­be­schich­tung be­sei­tigt wor­den sei­en und sich das Fahr­zeug nun­mehr in ei­nem tech­nisch und op­tisch ein­wand­frei­en Zu­stand be­fin­de.

Auf der Grund­la­ge ei­ner vom Klä­ger ver­an­lass­te Be­gut­ach­tung des Fahr­zeugs hielt ein Sach­ver­stän­di­ger fest, dass die ur­sprüng­li­chen Krat­zer kaum noch zu er­ken­nen sei­en, da­für aber der Lack an ein­zel­nen Stel­len bis zur Grun­die­rung durch­po­liert wor­den sei und sich auf der Heck­klap­pe, dem Dach und der Mo­tor­hau­be deut­li­che Ho­lo­gram­me vom Nach­po­lie­ren be­fän­den. Wei­ter wur­den Schram­men am Kot­flü­gel, der Mo­tor­hau­be, dem Dach und auf der ge­sam­ten Fah­rer­sei­te fest­ge­stellt.

Der Klä­ger er­klär­te dar­auf­hin über sei­nen Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten mit Schrei­ben vom 02.08.2011 den Rück­tritt vom Kauf­ver­trag und for­der­te die Er­stat­tung des Kauf­prei­ses in Hö­he von 31.940 € Zug um Zug ge­gen Über­ga­be des Fahr­zeugs. Man­gels Re­ak­ti­on der Be­klag­ten kün­dig­te der Klä­ger mit Schrei­ben vom 25.08.2011 an, das Fahr­zeug am 01.09.2011 um 11.00 Uhr Zug um Zug ge­gen Rück­zah­lung des Kauf­prei­ses zu­rück­ge­ben zu wol­len. Mit Schrift­satz ih­rer Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten vom 29.08.2011 lehn­te die Be­klag­te ei­ne Rück­nah­me des Fahr­zeugs ab, be­stritt das Vor­lie­gen von Män­geln und er­klär­te sich le­dig­lich zu ei­ner er­neu­ten In­au­gen­schein­nah­me be­reit. Mit Schrei­ben vom 31.08.2011 wies der Klä­ger dar­auf hin, dass wei­te­re Nach­bes­se­run­gen ab­ge­lehnt wür­den und er ei­ne In­au­gen­schein­nah­me im Rah­men der Rück­nah­me des Fahr­zeugs vor­schla­ge. Das der Be­klag­ten vom Klä­ger am 01.09.2011 zur Rück­nah­me an­ge­bo­te­ne Fahr­zeug nahm die Be­klag­ten nicht an. Auf Wunsch der Be­klag­ten räum­te ihr der Klä­ger am 20.09.2011 noch­mals ei­ne Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit ein, wo­bei er je­doch nicht be­reit war, ei­ne Neu­la­ckie­rung des Fahr­zeugs zu ak­zep­tie­ren.

Durch die er­neu­ten Nach­bes­se­rung des Fahr­zeugs konn­te zwar ei­ne Ver­bes­se­rung, nicht je­doch ei­ne Be­sei­ti­gung der vor­han­de­nen Män­gel er­reicht wer­den.

Mit Schrei­ben vom 30.09.2011 leg­te die Be­klag­te dar, dass im We­sent­li­chen kei­ne Män­gel vor­lä­gen und et­wa ver­blie­be­ne Män­gel je­den­falls nicht zum Rück­tritt be­rech­tig­ten. Mit Schrei­ben vom 18.10.2011 teil­te der Klä­ger der Be­klag­ten mit, dass der Rück­tritt vom 02.08.2011 auf­recht­er­hal­ten blei­be. Zu ei­ner Rück­nah­me des Fahr­zeugs und zur Rück­zah­lung des ge­leis­te­ten Kauf­prei­ses kam es in der Fol­ge nicht.

Die Kla­ge hat­te über­wie­gend Er­folg.

Aus den Grün­den: Der Klä­ger kann von der Be­klag­ten auf­grund des er­klär­ten Rück­tritts vom Kauf­ver­trag ge­mäß den §§ 346 I und II, 323 I und II Nr. 1, §§ 440, 437 Nr. 2 Fall 1, § 434 I 2 Nr. 2 BGB Zug um Zug ge­gen Rück­ga­be des Fahr­zeugs … Zah­lung in Hö­he von 29.907 € ver­lan­gen.

Auf­grund der ei­ge­nen un­strei­ti­gen Ein­las­sun­gen der Par­tei­en steht für das er­ken­nen­de Ge­richt zwei­fels­frei fest, dass das Fahr­zeug be­reits bei der Über­ga­be am 07.06.2011 ei­nen Sach­man­gel i. S. des § 434 I 2 Nr. 2 BGB auf­wies, da es Lack­krat­zer an meh­re­ren Fahr­zeug­tei­len zeig­te, die hin­sicht­lich ei­nes Neu­wa­gens ei­ne Ab­wei­chung der Ist­be­schaf­fen­heit von der ver­trag­lich vor­ge­se­he­nen Soll­be­schaf­fen­heit dar­stel­len.

So­weit in der Recht­spre­chung an­er­kannt wird, dass al­lein das Vor­lie­gen von Trans­port­schä­den noch kei­ne Man­gel­haf­tig­keit ei­nes Neu­wa­gens dar­stellt, gilt dies grund­sätz­lich nur un­ter der Vor­aus­set­zung, dass die­se zum Zeit­punkt der Über­ga­be des Fahr­zeugs sach- und fach­ge­recht in Werks­qua­li­tät be­reits be­ho­ben wor­den sind. Nach den Ein­las­sun­gen bei­der Par­tei­en ist da­von aus­zu­ge­hen, dass es sich bei den ur­sprüng­li­chen Krat­zern um der­ar­ti­ge Trans­port­be­schä­di­gun­gen han­del­te, nicht je­doch um Un­fall­be­schä­di­gun­gen, die so­wohl bei ei­nem Neu- wie auch bei ei­nem Ge­braucht­fahr­zeug selbst bei fach­ge­rech­ter Re­pa­ra­tur ei­ne Ab­wei­chung von der üb­li­chen, vom Ver­käu­fer be­rech­tig­ter­wei­se zu er­war­ten­den Be­schaf­fen­heit dar­stel­len und des­halb nach § 434 I 2 Nr. 2 BGB grund­sätz­lich ei­nen Sach­man­gel be­grün­den (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2007 – VI­II ZR 330/06, NJW 2008, 53, 54). Von die­sem grund­sätz­lich man­gel­be­grün­den­den und of­fen­ba­rungs­pflich­ti­gen Un­fall­schä­den sind Ba­ga­tell­schä­den ab­zu­gren­zen, wor­un­ter ins­be­son­de­re ge­ring­fü­gi­ge Lack­schä­den fal­len (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 17.11.2011 – I-28 U 109/11). Vor­lie­gend ist nicht fest­zu­stel­len und sind ins­be­son­de­re kei­ne An­halts­punk­te da­für ge­ge­ben, dass die vom Klä­ger ur­sprüng­lich mo­nier­ten Krat­zer über der­ar­ti­ge trans­port­be­ding­te Ba­ga­tell­schä­den hin­aus­ge­gan­gen wä­ren.

Die Über­ga­be des Fahr­zeugs mit die­sen un­re­pa­rier­ten Ba­ga­tell­schä­den stellt je­doch ei­ne Über­ga­be ei­nes man­gel­be­haf­te­ten Fahr­zeugs dar.

Der Klä­ger war gleich­wohl auf­grund die­ser Um­stän­de noch nicht zum Rück­tritt be­rech­tigt, viel­mehr hat­te er der Be­klag­ten grund­sätz­lich die Mög­lich­keit der Nach­er­fül­lung ein­zu­räu­men. Als Er­geb­nis der durch­ge­führ­ten Be­weis­auf­nah­me steht je­doch fest, dass die der Be­klag­ten ins­ge­samt drei ge­währ­ten Mög­lich­kei­ten der Nach­er­fül­lung letzt­lich fehl­ge­schla­gen sind.

Die am 09.06.2011 ge­währ­te Nach­er­fül­lungs­mög­lich­keit ist nach über­ein­stim­men­der Auf­fas­sung der be­tei­lig­ten Par­tei­en er­folg­los ge­blie­ben. Auch die durch Über­las­sung des Fahr­zeugs vom 11.07.2011 bis zur Rück­ga­be am 13.07.2011 ge­währ­te Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit ist fehl­ge­schla­gen. Zwar hat die Be­ar­bei­tung der mo­nier­ten Krat­zer of­fen­bar zu ei­ner vor­der­grün­di­gen Be­sei­ti­gung der­sel­ben ge­führt, kau­sa­le Fol­ge der durch­ge­führ­ten Nach­bes­se­rung und Be­sei­ti­gung ist je­doch das Auf­tre­ten ei­ner Wol­ken­bil­dung, von Ho­lo­gram­men und wei­te­ren Krat­zern auf meh­re­ren Fahr­zeug­tei­len. So­mit war auch die zwei­te Nach­bes­se­rungs­mög­lich­keit nicht er­folg­reich, da die Be­klag­te zwar die ur­sprüng­lich ge­rüg­ten Män­gel im We­sent­li­chen zu be­sei­ti­gen ver­moch­te, dies je­doch nur um den Preis des Auf­tre­tens wei­te­rer, eben­falls als Man­gel ein­zu­stu­fen­der Fol­ge­er­schei­nun­gen. So­mit sind be­reits vor der Rück­tritts­er­klä­rung vom 02.08.2011 der Be­klag­ten zwei Nach­bes­se­rungs­ver­su­che ge­währt wor­den, die letzt­lich als fehl­ge­schla­gen zu be­ur­tei­len sind.

Zu­dem liegt in dem Schrei­ben der Be­klag­ten vom 15.07.2011 ei­ne ernst­haf­te und end­gül­ti­ge Ver­wei­ge­rung der Nach­er­fül­lung i. S. des § 440 Satz 1 Fall 1 BGB.

Zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis führt auch der wei­te­re der Be­klag­ten ein­ge­räum­te und von die­ser nun­mehr auch wahr­ge­nom­me­ne Nach­bes­se­rungs­ver­such vom 20.09.2011, der zwar ei­ne Ver­bes­se­rung des Ge­samt­bilds des Fahr­zeugs her­vor­ge­ru­fen hat, eben­falls je­doch nicht zur Be­sei­ti­gung der ins­ge­samt ge­rüg­ten La­cker­schei­nun­gen ge­führt hat. Das Fahr­zeug war so­mit auch zum Zeit­punkt 20.09.2011 nach wie vor man­gel­haft.

Auf­grund der Fest­stel­lun­gen des ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen S steht zwei­fels­frei fest, dass das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug auch nach den drei der Be­klag­ten ge­währ­ten Nach­bes­se­rungs­mög­lich­kei­ten La­cker­schei­nun­gen auf­weist, näm­lich Po­lier­rän­der und Ho­lo­gram­me im Be­reich der Mo­tor­hau­be und des Dachs, Lack­be­schä­di­gun­gen (Krat­zer) ober­halb der Schluss­leuch­te und im C-Säu­len­be­reich so­wie Ho­lo­gramm­bil­dun­gen und Lack­be­schä­di­gun­gen in Form von Krat­zern im Be­reich des Kof­fer­raum­de­ckels und des Heck­stoß­fän­gers. Die Be­sei­ti­gung die­ser Män­gel ist nach den kla­ren, ein­deu­ti­gen und wi­der­spruchs­frei­en Fest­stel­lun­gen des ge­richt­lich be­stell­ten Sach­ver­stän­di­gen nur durch die Durch­füh­rung ei­ner Neu­la­ckie­rung des Kof­fer­raum­de­ckels, der rech­ten Sei­ten­wand des Dachs, des Heck­stoß­fän­gers und der Mo­tor­hau­be mög­lich, zu­mal sie von den üb­li­chen Ge­brauchs­spu­ren ei­nes ver­gleich­ba­ren Fahr­zeugs er­heb­lich ab­wei­chen. Dies hat der Sach­ver­stän­di­ge ins­be­son­de­re an­schau­lich da­durch ver­deut­licht, dass er das Auf­tre­ten der fest­ge­stell­ten Er­schei­nun­gen bei ei­ner in halb­jähr­li­chen In­ter­val­len sach- und fach­ge­recht durch­ge­führ­ten Pfle­ge ei­nes Fahr­zeugs über ei­nen er­heb­li­chen Zeit­raum für ver­meid­bar an­sieht.

Da so­mit trotz drei­er der Be­klag­ten ge­währ­ter Nach­bes­se­rungs­ver­su­che auch zum Zeit­punkt des Schlus­ses der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung das Fahr­zeug nach wie vor als man­gel­haft ein­zu­stu­fen ist, bleibt das Rück­tritts­be­geh­ren des Klä­gers vom 02.08.2011 nach wie vor be­rech­tigt.

Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten han­delt es sich vor­lie­gend auch nicht um un­we­sent­li­che Män­gel. Zwar ist der Be­klag­ten zwei­fels­frei zu­zu­stim­men, dass die ge­rüg­ten La­cker­schei­nun­gen hin­sicht­lich ih­rer Er­kenn­bar­keit maß­geb­lich von den herr­schen­den Wit­te­rungs­be­din­gun­gen ab­hän­gig sind. Dies ist ins­be­son­de­re im Rah­men des vom Ge­richt selbst durch­ge­führ­ten In­au­gen­schein­nah­me­ter­mins des Fahr­zeugs deut­lich ge­wor­den. Die­ser bei be­deck­ten Wit­te­rungs­ver­hält­nis­sen statt­ge­fun­de­ne Ter­min hat für das Ge­richt kei­ner­lei er­kenn­ba­ren Auf­schlüs­se über die Be­schä­di­gung im Lack­be­reich des streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeugs ge­bracht, ins­be­son­de­re war ein Ab­gleich mit den aus dem vor­lie­gen­den Pri­vat­gut­ach­ten er­sicht­li­chen Be­schä­di­gungsphä­no­men nicht mög­lich. Die­se maß­geb­li­che Ab­hän­gig­keit von den herr­schen­den Licht­ver­hält­nis­sen hat auch der ge­richt­lich be­stell­te Sach­ver­stän­di­ge S im Rah­men sei­ner münd­li­chen Er­läu­te­rung aus­drück­lich be­stä­tigt. Maß­geb­lich für das Vor­lie­gen ei­nes Man­gels ist je­doch nicht, dass die­ser zu je­der Zeit auch un­ter al­len er­denk­li­chen Ge­sichts­punk­ten er­kenn­bar ist; aus­rei­chend ist viel­mehr, dass je­den­falls auch un­ter üb­li­chen, nor­ma­len Be­din­gun­gen, wor­un­ter auch üb­li­cher­wei­se zu­min­dest zeit­wei­se herr­schen­de Wit­te­rungs­be­din­gun­gen in Form von Son­nen­schein ge­hö­ren, die vom Klä­ger ge­rüg­ten La­cker­schei­nun­gen sehr wohl auch für je­der­mann op­tisch wahr­nehm­bar sind, oh­ne dass es be­son­de­rer wei­te­rer Hilfs­mit­tel be­dürf­te.

Wie der ge­richt­lich be­stell­te Sach­ver­stän­di­ge S wei­ter aus­ge­führt hat, ist ei­ne Be­sei­ti­gung die­ser Er­schei­nun­gen nur durch ei­ne par­ti­el­le Neu­la­ckie­rung mög­lich. Die Durch­füh­rung ei­ner sol­chen Neu­la­ckie­rung der am vor­lie­gen­den streit­ge­gen­ständ­li­chen Fahr­zeug be­trof­fe­nen Tei­le wür­den an dem­sel­ben je­doch zu ei­nem Ver­lust der Ei­gen­schaft der Fa­brik­neu­heit füh­ren, wo­mit die Man­gel­haf­tig­keit des Fahr­zeugs eben­falls wei­ter be­grün­det wä­re.

Ei­ne sach- und fach­ge­rech­te Be­sei­ti­gung der ge­rüg­ten Män­gel wä­re da­her nur um den Preis des Ver­lus­tes der Ei­gen­schaft der Fa­brik­neu­heit mög­lich ge­we­sen, so­dass der Klä­ger be­rech­tig­ter­wei­se die Durch­füh­rung ei­ner Neu­la­ckie­rung ab­ge­lehnt hat. Nach der Recht­spre­chung ge­hört die Fa­brik­neu­heit zu den nach § 434 I BGB ge­schul­de­ten Be­schaf­fen­hei­ten ei­nes Neu­wa­gens (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.1980 – VI­II ZR 185/79; Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02). Fa­brik­neu sind da­nach nur sol­che Fahr­zeu­ge, die aus neu­en Ma­te­ria­li­en her­ge­stellt und ab­ge­se­hen von der Über­füh­rung un­ge­nutz­te Fahr­zeu­ge sind, wenn und so­lan­ge das Mo­dell die­ses Fahr­zeugs un­ver­än­dert wei­ter­ge­baut wird, es kei­ne durch län­ge­re Stand­zei­ten be­ding­ten Män­gel auf­weist, zwi­schen Her­stel­lung und Kauf­ab­schluss nicht mehr als zwölf Mo­na­te lie­gen, und wenn nach sei­ner Her­stel­lung kei­ne er­heb­li­chen Be­schä­di­gun­gen ein­ge­tre­ten sind, auch wenn sie vor Aus­lie­fe­rung an den Käu­fer nach­ge­bes­sert wur­den. Hier­nach sind als Neu­wa­gen ver­kauf­te Pkw, die nach Ver­las­sen des Her­stel­ler­werks nicht ganz un­er­heb­li­che Lack­schä­den er­lit­ten ha­ben, auch dann nicht mehr fa­brik­neu, wenn die Schä­den vor Über­ga­be durch Neu­la­ckie­rung aus­ge­bes­sert wor­den sind (vgl. BGH, Urt. v. 18.06.1980 – VI­II ZR 185/79; Urt. v. 15.10.2003 – VI­II ZR 227/02), an­ders nur, so­weit es sich um ge­ring­fü­gi­ge Lack­schä­den han­delt, die fach­ge­recht be­sei­tigt wur­den (vgl. hier­zu OLG Hamm, Urt. v. 20.04.1998 – 32 U 159/97; OLG Mün­chen, Urt. v. 25.03.1998 – 30 U 598/97).

Un­ter Be­rück­sich­ti­gung die­ser Kri­te­ri­en wä­re im vor­lie­gen­den Fal­le durch ei­ne Neu­la­ckie­rung die Gren­ze der Ge­ring­fü­gig­keit ei­nes Lack­scha­dens zwei­fels­frei über­schrit­ten, da so­wohl der Kof­fer­raum­de­ckel, die rech­te Sei­ten­wand, das Dach, der Heck­stoß­fän­ger und die Mo­tor­hau­be hät­ten neu la­ckiert wer­den müs­sen. Be­reits die Auf­lis­tung die­ser neu zu la­ckie­ren­den Teil­flä­chen ver­deut­licht, dass vom Ge­samt­bild des Fahr­zeugs ein ganz er­heb­li­cher Be­reich – vor­lie­gend mehr als die Hälf­te der sicht­ba­ren Fahr­zeug­flä­che – von ei­ner ent­spre­chen­den Neu­la­ckie­rung be­trof­fen ge­we­sen wä­re.

Nach­dem der Klä­ger vor­lie­gend der Be­klag­ten drei Ge­le­gen­hei­ten zur Nach­bes­se­rung ge­ge­ben hat, war ei­ne wei­te­re Nach­er­fül­lungs­auf­for­de­rung mit Frist­set­zung nicht mehr er­for­der­lich; ins­be­son­de­re ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass die Be­klag­te be­reits nach dem zwei­ten Nach­bes­se­rungs­ver­such ei­ne wei­te­re Nach­er­fül­lung ernst­haft und end­gül­tig ver­wei­ger­te, so­dass die Vor­aus­set­zun­gen nach § 440 Satz 1 Fall 1 BGB vor­la­gen.

Der Klä­ger hat da­her mit Schrift­satz vom 02.08.2011 be­rech­tig­ter­wei­se den Rück­tritt er­klärt und die­sen auch zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung wei­ter auf­recht­er­hal­ten.

Im Hin­blick auf den Rück­tritt sind die ge­währ­ten Leis­tun­gen grund­sätz­lich zu­rück­zu­ge­wäh­ren. Auf­grund der Re­ge­lung des § 346 I BGB hat sich der Klä­ger vor­lie­gend je­doch ge­zo­ge­ne Nut­zungs­vor­tei­le aus der Wei­ter­ver­wen­dung des Fahr­zeugs an­rech­nen zu las­sen. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Klä­gers sind die­se nicht le­dig­lich mit 0,5 % des Kauf­prei­ses pro ge­fah­re­ne 1.000 Ki­lo­me­ter an­zu­set­zen, son­dern mit ei­nem Be­trag in Hö­he von 0,67 % des Kauf­prei­ses pro ge­fah­re­ne 1.000 Ki­lo­me­ter (vgl. OLG Ros­tock, Urt. v. 19.02.1997 – 6 U 316/96; OLG Saar­brü­cken, Urt. v. 22.02.2011 – 4 U 557/09). Auf­grund des un­strei­ti­gen Kauf­prei­ses von 31.940 € er­gibt dies so­mit pro ge­fah­re­ne 1.000 Ki­lo­me­ter ei­nen Be­trag in Hö­he von 214 €. Un­ter Zu­grun­de­le­gung des zum Schluss der münd­li­chen Ver­hand­lung un­strei­tig vor­lie­gen­den Ki­lo­me­ter­stands von 9.500 km er­gibt sich so­mit ein Be­trag in Hö­he von 2.033 €. Die­sen Be­trag hat sich der Käu­fer als ge­zo­ge­ne Nut­zun­gen an­rech­nen zu las­sen, so­dass vom Kauf­preis nur ein Rest­be­trag in Hö­he von (31.940 € − 2.033 € =) 29.907 € zu­rück­zu­er­stat­ten ist.

So­weit der Klä­ger dar­über hin­aus die Er­stat­tung auf­ge­wen­de­ter 811 € für ei­nen Satz Win­ter­rei­fen so­wie ei­nen Rei­fen­pi­lo­ten von der Be­klag­ten ver­langt, steht ihm die­ser An­spruch un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt zu, ins­be­son­de­re nicht über die §§ 994, 677 ff. BGB.

Zu­nächst ist zu be­rück­sich­ti­gen, dass der Klä­ger die­se Auf­wen­dun­gen erst zu ei­nem Zeit­punkt ge­tä­tigt hat, als er ge­gen­über der Be­klag­ten be­reits den Rück­tritt er­klärt hat­te. Al­lein auf­grund die­ser Tat­sa­che kommt be­reits ein An­spruch un­ter dem Ge­sichts­punkt der Ge­schäfts­füh­rung oh­ne Auf­trag nicht in Be­tracht, da ein ent­spre­chen­der hy­po­the­ti­scher Wil­le der Be­klag­ten nicht er­kenn­bar ist.

Da der Klä­ger die Auf­wen­dun­gen auch nicht im In­ter­es­se der Be­klag­ten ge­tä­tigt hat, son­dern vor­wie­gend im ei­ge­nen In­ter­es­se, näm­lich dem In­ter­es­se der Wei­ter­nut­zung des Fahr­zeugs, schei­det auch ein An­spruch über §§ 994, 677 ff. BGB aus. Zwar ist dem Klä­ger in­so­weit zu­zu­stim­men, dass er auf­grund der stra­ßen­ver­kehrs­recht­li­chen Be­stim­mun­gen ge­hal­ten war, das Fahr­zeug in den Win­ter­mo­na­ten nur mit ei­ner win­ter­taug­li­chen Be­rei­fung im Stra­ßen­ver­kehr zu füh­ren. Gleich­wohl ist die­se Wei­ter­be­nut­zung des Fahr­zeugs den ei­ge­nen In­ter­es­sen des Klä­gers ge­schul­det, so­dass auch die Vor­aus­set­zun­gen der §§ 679, 680 BGB nicht vor­lie­gen. Da der Klä­ger zum Zeit­punkt des Er­werbs des Rei­fen­sat­zes be­reits die Rück­tritts­er­klä­rung ge­gen­über der Be­klag­ten aus­ge­spro­chen hat­te, ob­lag ihm auch un­ter Scha­dens­min­de­rungs­ge­sichts­punk­ten bei der ent­spre­chen­den win­ter­taug­li­chen Aus­stat­tung des Fahr­zeugs, den nach sei­nen ei­ge­nen Vor­stel­lun­gen kaum über ei­ne Win­ter­pe­ri­ode hin­aus­ge­hend ver­blei­ben­den Nut­zungs­zeit­raum des Fahr­zeugs zu be­rück­sich­ti­gen. In­so­weit war dem Klä­ger ins­be­son­de­re die An­zei­ge ge­mäß § 681 BGB ge­gen­über der Be­klag­ten ab­zu­ver­lan­gen, um die­ser die An­schaf­fung und Be­reit­stel­lung ge­brauch­ter Fel­gen und ei­nes kos­ten­güns­ti­ge­ren Rei­fen­sat­zes zu er­mög­li­chen.

Schließ­lich hat der Klä­ger auch nicht dar­ge­legt, dass ihm die Wei­ter­nut­zung der er­wor­be­nen Rei­fen auf ei­nem Nach­fol­ge­fahr­zeug nicht mög­lich sei oder auch ei­ne Ver­äu­ße­rung der­sel­ben für ihn nicht in Be­tracht ge­zo­gen wer­den kön­ne. Ein dies­be­züg­li­cher Er­satz­an­spruch ist dem Klä­ger da­her un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt zu­zu­bil­li­gen.

Dem Klä­ger ist je­doch ge­mäß § 280 I BGB i. V. mit § 433 BGB ein Scha­den­er­satz­an­spruch in Hö­he von 790,99 € zu­zu­spre­chen. Der Klä­ger durf­te ins­be­son­de­re im Hin­blick auf das Ver­hal­ten der Be­klag­ten im Zu­ge der durch­ge­führ­ten Nach­bes­se­rungs­ter­mi­ne sich sach­ver­stän­di­ger Hil­fe be­die­nen. Der in­so­weit un­strei­tig auf­ge­wand­te Be­trag ist dem Klä­ger da­her sei­tens der Be­klag­ten zu er­stat­ten.

Der Klä­ger hat dar­über hin­aus ge­mäß § 280 I BGB i. V. mit § 433 BGB An­spruch auf Er­stat­tung vor­ge­richt­lich auf­ge­wen­de­ter Rechts­an­walts­kos­ten. Der Scha­den­er­satz­an­spruch ist je­doch in­so­weit der Hö­he nach ge­mäß § 249 BGB durch die not­wen­di­gen Kos­ten be­grenzt. Vor­lie­gend ist … we­der dar­ge­legt noch aus dem ge­schil­der­ten Sach­ver­halt auch nur vom An­satz her er­sicht­lich, dass ein von der Mit­tel­ge­bühr … ab­wei­chen­der Ge­büh­ren­an­satz ge­recht­fer­tigt sein könn­te. Dem Klä­ger sind da­her vor­ge­richt­li­che Rechts­an­walts­kos­ten aus ei­nem Streit­wert bis 35.000 € un­ter An­satz ei­ner 1,3-fa­chen Ge­bühr … zu­zu­spre­chen. Dies er­gibt ins­ge­samt ei­nen Be­trag in Hö­he von 1.307,80 €. Dar­über hin­aus­ge­hen­de An­sprü­che auf vor­ge­richt­lich auf­ge­wen­de­te Rechts­an­walts­kos­ten ste­hen dem Klä­ger hin­ge­gen nicht zu.

Der Klä­ger hat schließ­lich ge­mäß § 256 ZPO i. V. mit § 294 BGB ei­nen An­spruch auf Fest­stel­lung des Vor­lie­gens des An­nah­me­ver­zugs der Be­klag­ten. Der Klä­ger hat der Be­klag­ten das streit­ge­gen­ständ­li­che Fahr­zeug tat­säch­lich zur Rück­nah­me an­ge­bo­ten, die­ses An­ge­bot hat die Be­klag­te un­be­rech­tig­ter­wei­se ab­ge­lehnt. Die Vor­aus­set­zun­gen des An­nah­me­ver­zugs sind da­mit seit dem tat­säch­li­chen An­ge­bot am 01.09.2011 ge­ge­ben. …

PDF er­stel­len