Der Garantieanspruch eines Kfz-Käufers gegen den Fahrzeughersteller ist kein Recht i. S. des § 437 BGB. Deshalb kann der Käufer als Garantienehmer auch dann nicht gestützt auf den Garantievertrag vom Kaufvertrag zurücktreten, den Kaufpreis mindern oder erfolgreich Schadensersatz verlangen, wenn die Garantieleistung ausbleibt, weil sie unmöglich ist oder verweigert wird.
LG Köln, Urteil vom 01.03.2012 – 27 O 341/11
(nachfolgend: OLG Köln, Beschluss vom 25.09.2012 – 7 U 36/12)
Sachverhalt: Der Kläger nimmt die beklagte Fahrzeugherstellerin auf Rückabwicklung eines Kfz-Kaufvertrags in Anspruch.
Der Kläger bestellte am 24.03.2009 bei der T-GmbH, einer Vertragshändlerin der Beklagten, einen gebrauchten Pkw Nissan Pathfinder. Das Fahrzeug, das am 10.09.2008 erstzugelassen worden war, wurde am 31.03.2009 an ihn ausgeliefert. Der Kaufpreis betrug 24.000 €.
Die Beklagte gewährte für den Wagen eine dreijährige Herstellergarantie ab Erstzulassung, beschränkt auf eine maximale Kilometerlaufleistung von 100.000 Kilometern. Nach den Garantiebedingungen werden im Rahmen der Garantie Material- oder Verarbeitungsfehler, die vom Hersteller zu vertreten sind, durch Instandsetzung oder Austausch fehlerhafter Teile beseitigt (Nr. 4). Um eine Leistungspflicht der Beklagte auszulösen, müssen sechs Voraussetzungen erfüllt sein (Nr. 5). Außerdem heißt es in den Garantiebedingungen:
„9. Weitergehende Ansprüche, insbesondere auf Rücktritt vom Kaufvertrag, Minderung oder Schadensersatz (auch bei Folgeschäden) stehen dem Käufer aus dieser Garantie gegen NISSAN nicht zu. Die gesetzlichen Rechte des Käufers gegen den Verkäufer bei Vorliegen von Sachmängeln bleiben unberührt.“
Der Kläger behauptet, am 29.01.2010 sei es zu einem Getriebefehler an seinem Fahrzeug gekommen. Dieser habe dazu geführt, dass das Fahrzeug nur noch 25 km/h gefahren und das ESP ausgefallen sei. Auch sei der Notbetriebsmodus ausgelöst worden. Dieser Vorfall sei der Grund dafür gewesen, dass er – was unstreitig ist – am 08.02.2009 und am 09.02.2009 die T-GmbH aufgesucht habe. Dort sei ihm mitgeteilt worden, es handele sich lediglich um einen sporadischen Defekt. Am 08.12.2010 und am 13.12.2010 sei es zu weiteren Fehlern an dem Fahrzeug gekommen. Es habe sich die Wegfahrsperre ausgelöst, und es sei angezeigt worden, dass der Lenkwinkelsensor defekt sei. Eine Werkstatt suchte der Kläger deshalb nicht auf. Sämtliche behaupteten Defekte seien – so behauptet der Kläger – keinem bestimmten Teil des Fahrzeugs zuzuordnen, sodass sich nach Ansicht des Klägers aus der Garantie ein Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags, jedenfalls ein Schadensersatzanspruch, ergibt.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: I. Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 24.000 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs zu.
1. Ein solcher Anspruch folgt nicht aus der von der Beklagten gewährten Herstellergarantie (§ 443 BGB in Verbindung mit dem der erteilten Garantie).
Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger sämtliche Garantiebedingungen gem. Nr. 5 der Garantiebedingungen erfüllt hat. Auch kann offenbleiben, ob überhaupt ein von der Beklagen zu vertretener Material- und/oder Verarbeitungsfehler an den Fahrzeug vorliegt. Jedenfalls ist das Begehren des Klägers …, sei es in Form eines Schadensersatzes oder als Folge eines Rücktritts, nicht von der erteilten Garantie gedeckt.
Eine Neuwagengarantie, wie sie hier von der Beklagten gewährt wurde , gibt dem Berechtigten grundsätzlich keinen Anspruch auf Schadensersatz, sondern im Allgemeinen nur einen Anspruch auf kostenlose Beseitigung des Mangels, mitunter auch nur einen Kostenerstattungsanspruch (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 11. Aufl., Rn. 1568 m. w. Nachw.). Ausweislich Nr. 4 der Garantiebedingungen der Beklagten garantiert diese nur eine Instandsetzung oder ein Austausch fehlerhafter Teile. Dies verlangt der Kläger aber gerade nicht.
Gemäß Nr. 9 der Garantiebedingungen umfasst die Garantie gerade nicht weitergehende Ansprüche, insbesondere aus Rücktritt oder Schadensersatz. Ein Anspruch auf Schadensersatz ergibt sich auch dann nicht, wenn – wie der Kläger es behauptet – eine Mängelbeseitigung unmöglich ist. Wenn dies im kaufrechtlichen Verhältnis möglicherweise auch einen entsprechenden Anspruch begründen würde, so gilt dies jedoch nicht in einem Garantievertrag. Denn der Anspruch aus der Garantieerklärung des Herstellers ist kein Recht des Käufers wegen Mangelhaftigkeit des Fahrzeugs, wie sie in § 437 BGB niedergelegt sind, sondern ein unabhängiger Erfüllungsanspruch aus der Garantie mit der Folge, dass der Garantienehmer auch dann nicht auf die sekundären Mängelrechte nach § 437 Nr. 2 und Nr. 3 BGB zurückgreifen kann, wenn die Garantieleistung, sei es wegen Unmöglichkeit, sei es wegen Verweigerung der Garantie, ausbleibt (Reinking/Eggert, a. a. O., Rn. 1569 m. w. Nachw.).
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist auch nicht unter Berücksichtigung der Ausführungen im Beschluss des OLG Frankfurt a. M. vom 08.07.2009 – 4 U 85/08 –, welches einen Schadensersatzanspruch bei ernsthafter und endgültiger Verweigerung der Garantieleistung annimmt, gerechtfertigt. Der hiesige Fall ist mit dem dortigen Fall nicht vergleichbar. Eine ernsthafte und endgültige Verweigerung der Garantieleistung ist schon nicht hinreichend dargelegt. Sofern die Beklagte auf das Schreiben vom 14.04.2011, welches einen konkreten Mangel nicht bezeichnete, antwortete, sie könne „aktuell“ einen Anspruch nicht nachvollziehen, kann darin eine endgültige Verweigerung nicht gesehen werden, denn schon die Formulierung „aktuell“ zeigt, dass bei weiterer Erläuterungen evtl. eine Bereitschaft bestehen würde. Zudem wurde hier abweichend zu dem vom OLG Frankfurt entschiedenen Fall die Leistung von Schadensersatz in den Garantiebedingungen ausdrücklich ausgeschlossen.
Auch aus dem vom Kläger zitierten Urteil des OLG Braunschweig vom 17.07.2008 – 1 U 52/06 – ergibt sich keine andere Wertung, denn dieses betrifft einen Fall, in dem es um die kaufvertragliche Gewährleistung geht und nicht wie hier um eine Herstellergarantie.
2. Ein solcher Anspruch folgt auch nicht aus §§ 433, 434, 437 Nr. 2 bzw. Nr. 3 BGB. Auch an dieser Stelle kann offenbleiben, ob das Fahrzeug überhaupt mangelhaft ist. Jedenfalls setzt die kaufvertragliche Gewährleistung einen Kaufvertrag zwischen den Parteien voraus. An einem solchen fehlt es vorliegend, denn den Kaufvertrag hat der Kläger mit der T-GmbH und nicht mit der Beklagten geschlossen.
3. Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich …
Hinweis: Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Das OLG Köln hat sie mit Beschluss vom 25.09.2012 – 7 U 36/12 – zurückgewiesen, nachdem es den Kläger darauf hingewiesen hatte, dass die Berufung „offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg“ habe. In dem Hinweisbeschluss vom 31.07.2012 heißt es unter anderem:
„Der Ansicht des Klägers, von der Beklagten nicht erfüllte Garantieansprüche … könnten … einen Schadensersatzanspruch und die Rückabwicklung des Vertrags … auslösen, vermag der Senat nicht zu folgen. Dabei kann offenbleiben, ob es sich bei den von ihm gerügten Störungen an dem streitgegenständlichen Fahrzeug um einen ‚sporadischen Mangel‘ handelt …
Die von der Beklagten aufgrund der Garantie unter den weiteren Voraussetzungen geschuldete Beseitigung des gerügten Mangels – dessen Vorliegen als gegeben unterstellt – verlangt der Kläger – wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat – nicht.
Aus dem bestehenden Garantievertrag ergibt sich – entgegen der Ansicht des Klägers – auch nicht ausnahmsweise ein Schadensersatzanspruch statt der Leistung wegen Unmöglichkeit der Beseitigung des gerügten Mangels. Entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil, denen sich der Senat anschließt, waren nach Nr. 9 der Garantiebedingungen der Beklagten – anders als in der vom Kläger in Bezug genommenen Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. vom 08.07.2009 – 4 U 85/08, DAR 2010, 89 – weitergehende Ansprüche, insbesondere auf Rücktritt vom Kaufvertrag, Minderung oder Schadensersatz, ausdrücklich ausgeschlossen, sodass die dortigen Ausführungen auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sind. In der Ausgestaltung der Garantiebedingungen, insbesondere hinsichtlich Art und Umfang der in der Garantie übernommenen Ansprüche ist der Garantiegeber frei; dem Käufer stehen – unabhängig von den nicht verdrängten Rechten aus § 437 BGB und vom Verschulden – nur die in der Garantie bestimmten Ansprüche zu (Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 443 Rn. 17, 21).
Der geltend gemachte Schadensersatzanspruch statt der Leistung besteht aus den zuvor dargelegten Gründen auch nicht unter den der Gewährleistung zugrunde liegenden Gesichtspunkten, zumal weder dargetan noch aus der vorgelegten Korrespondenz ersichtlich ist, dass die Beklagte mehrfach die Nacherfüllung in Form der Diagnose/Behebung des Mangels abgelehnt hat. Ebenso wenig ist das streitgegenständliche Fahrzeug – anders als in der zitierten Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. – mehreren erfolglosen Nachbesserungsversuchen unterzogen worden. Der Kläger hat dieses lediglich am 08.02. und 09.02.2010 bei der Vertragswerkstatt der Beklagten, der T-GmbH, vorgeführt, die … keinen Fehler hat feststellen können. Wegen der sodann am 08.12. und 13.12.2010 aufgetretenen weiteren angeblichen Fehlermeldungen erfolgte keine Vorführung des Fahrzeuges bei der Vertragswerkstatt mehr …